Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Robert und der Invalide.

Robert.

Siehst unser Hüttlein du im Abend schimmern? --
Es lacht hinaus in's öde Heideland,
Als wohnt' in ihm das Glück, das uns entschwand,
Und nicht ein finstres Paar von Menschentrümmern.
Aus einer andern Zeit, der guten, alten,
Als noch das Glück geruht in Hüttleins Schooß,
Und reicher Segen das Gefild umfloß,
Hat es die heitre Miene sich erhalten.
Hier sah man einst in schönen Sommertagen
Die frohen Lämmer auf der Weide springen,
Hier hörte man die Hirtenflöte klingen
Und im Getreide hell die Wachtel schlagen.
Hier zog der Pfad durch frische Wiesengründe,
Daß Abends er dem fröhlichen Gesellen
Den schnellsten Weg zu seinem Liebchen künde;
Nun wiegt kein Saatfeld seine goldnen Wellen,
Und Alles schläft in tiefer Heideruh.
Der Pfad, der nichts der Liebe mehr zu künden,
Robert und der Invalide.

Robert.

Siehſt unſer Huͤttlein du im Abend ſchimmern? —
Es lacht hinaus in's oͤde Heideland,
Als wohnt' in ihm das Gluͤck, das uns entſchwand,
Und nicht ein finſtres Paar von Menſchentruͤmmern.
Aus einer andern Zeit, der guten, alten,
Als noch das Gluͤck geruht in Huͤttleins Schooß,
Und reicher Segen das Gefild umfloß,
Hat es die heitre Miene ſich erhalten.
Hier ſah man einſt in ſchoͤnen Sommertagen
Die frohen Laͤmmer auf der Weide ſpringen,
Hier hoͤrte man die Hirtenfloͤte klingen
Und im Getreide hell die Wachtel ſchlagen.
Hier zog der Pfad durch friſche Wieſengruͤnde,
Daß Abends er dem froͤhlichen Geſellen
Den ſchnellſten Weg zu ſeinem Liebchen kuͤnde;
Nun wiegt kein Saatfeld ſeine goldnen Wellen,
Und Alles ſchlaͤft in tiefer Heideruh.
Der Pfad, der nichts der Liebe mehr zu kuͤnden,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0206" n="192"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Robert und der Invalide.</hi><lb/>
          </head>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p><hi rendition="#g">Robert</hi>.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">S</hi>ieh&#x017F;t un&#x017F;er Hu&#x0364;ttlein du im Abend &#x017F;chimmern? &#x2014;</l><lb/>
            <l>Es lacht hinaus in's o&#x0364;de Heideland,</l><lb/>
            <l>Als wohnt' in ihm das Glu&#x0364;ck, das uns ent&#x017F;chwand,</l><lb/>
            <l>Und nicht ein fin&#x017F;tres Paar von Men&#x017F;chentru&#x0364;mmern.</l><lb/>
            <l>Aus einer andern Zeit, der guten, alten,</l><lb/>
            <l>Als noch das Glu&#x0364;ck geruht in Hu&#x0364;ttleins Schooß,</l><lb/>
            <l>Und reicher Segen das Gefild umfloß,</l><lb/>
            <l>Hat es die heitre Miene &#x017F;ich erhalten.</l><lb/>
            <l>Hier &#x017F;ah man ein&#x017F;t in &#x017F;cho&#x0364;nen Sommertagen</l><lb/>
            <l>Die frohen La&#x0364;mmer auf der Weide &#x017F;pringen,</l><lb/>
            <l>Hier ho&#x0364;rte man die Hirtenflo&#x0364;te klingen</l><lb/>
            <l>Und im Getreide hell die Wachtel &#x017F;chlagen.</l><lb/>
            <l>Hier zog der Pfad durch fri&#x017F;che Wie&#x017F;engru&#x0364;nde,</l><lb/>
            <l>Daß Abends er dem fro&#x0364;hlichen Ge&#x017F;ellen</l><lb/>
            <l>Den &#x017F;chnell&#x017F;ten Weg zu &#x017F;einem Liebchen ku&#x0364;nde;</l><lb/>
            <l>Nun wiegt kein Saatfeld &#x017F;eine goldnen Wellen,</l><lb/>
            <l>Und Alles &#x017F;chla&#x0364;ft in tiefer Heideruh.</l><lb/>
            <l>Der Pfad, der nichts der Liebe mehr zu ku&#x0364;nden,</l><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0206] Robert und der Invalide. Robert. Siehſt unſer Huͤttlein du im Abend ſchimmern? — Es lacht hinaus in's oͤde Heideland, Als wohnt' in ihm das Gluͤck, das uns entſchwand, Und nicht ein finſtres Paar von Menſchentruͤmmern. Aus einer andern Zeit, der guten, alten, Als noch das Gluͤck geruht in Huͤttleins Schooß, Und reicher Segen das Gefild umfloß, Hat es die heitre Miene ſich erhalten. Hier ſah man einſt in ſchoͤnen Sommertagen Die frohen Laͤmmer auf der Weide ſpringen, Hier hoͤrte man die Hirtenfloͤte klingen Und im Getreide hell die Wachtel ſchlagen. Hier zog der Pfad durch friſche Wieſengruͤnde, Daß Abends er dem froͤhlichen Geſellen Den ſchnellſten Weg zu ſeinem Liebchen kuͤnde; Nun wiegt kein Saatfeld ſeine goldnen Wellen, Und Alles ſchlaͤft in tiefer Heideruh. Der Pfad, der nichts der Liebe mehr zu kuͤnden,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/206
Zitationshilfe: Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/206>, abgerufen am 20.04.2024.