Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Am Bette eines Kindes.

Wiege sie sanft, o Schlaf, die holde Kleine!
Durch die zarte Verhüllung deines Schleiers
Lächelt sie; so lächelt die Rose still durch
Abendgedüfte.
Wiege sie sanft, und lege deinem Bruder
Sie, dem ernsteren, leise in die Arme,
Ihm, durch dessen dichteren Schleier uns kein
Lächeln mehr schimmert!
Denn mit gezücktem Dolche harrt der Kummer
An der seligen Kindheit Pforte meines
Lieblings, wo der Friede sie scheidend küßt, und
Schwindet auf immer.

Am Bette eines Kindes.

Wiege ſie ſanft, o Schlaf, die holde Kleine!
Durch die zarte Verhuͤllung deines Schleiers
Laͤchelt ſie; ſo laͤchelt die Roſe ſtill durch
Abendgeduͤfte.
Wiege ſie ſanft, und lege deinem Bruder
Sie, dem ernſteren, leiſe in die Arme,
Ihm, durch deſſen dichteren Schleier uns kein
Laͤcheln mehr ſchimmert!
Denn mit gezuͤcktem Dolche harrt der Kummer
An der ſeligen Kindheit Pforte meines
Lieblings, wo der Friede ſie ſcheidend kuͤßt, und
Schwindet auf immer.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0230" n="216"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Am Bette eines Kindes.</hi><lb/>
          </head>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>iege &#x017F;ie &#x017F;anft, o Schlaf, die holde Kleine!</l><lb/>
              <l>Durch die zarte Verhu&#x0364;llung deines Schleiers</l><lb/>
              <l>La&#x0364;chelt &#x017F;ie; &#x017F;o la&#x0364;chelt die Ro&#x017F;e &#x017F;till durch</l><lb/>
              <l>Abendgedu&#x0364;fte.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Wiege &#x017F;ie &#x017F;anft, und lege deinem Bruder</l><lb/>
              <l>Sie, dem ern&#x017F;teren, lei&#x017F;e in die Arme,</l><lb/>
              <l>Ihm, durch de&#x017F;&#x017F;en dichteren Schleier uns kein</l><lb/>
              <l>La&#x0364;cheln mehr &#x017F;chimmert!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Denn mit gezu&#x0364;cktem Dolche harrt der Kummer</l><lb/>
              <l>An der &#x017F;eligen Kindheit Pforte meines</l><lb/>
              <l>Lieblings, wo der Friede &#x017F;ie &#x017F;cheidend ku&#x0364;ßt, und</l><lb/>
              <l>Schwindet auf immer.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0230] Am Bette eines Kindes. Wiege ſie ſanft, o Schlaf, die holde Kleine! Durch die zarte Verhuͤllung deines Schleiers Laͤchelt ſie; ſo laͤchelt die Roſe ſtill durch Abendgeduͤfte. Wiege ſie ſanft, und lege deinem Bruder Sie, dem ernſteren, leiſe in die Arme, Ihm, durch deſſen dichteren Schleier uns kein Laͤcheln mehr ſchimmert! Denn mit gezuͤcktem Dolche harrt der Kummer An der ſeligen Kindheit Pforte meines Lieblings, wo der Friede ſie ſcheidend kuͤßt, und Schwindet auf immer.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/230
Zitationshilfe: Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/230>, abgerufen am 23.04.2024.