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Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.

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Da unten braust der wilde Bach,
Führt reichen, frischen Tod,
Die Wogen rufen laut mir nach:
"Komm, komm, und trinke Tod!"
Das klingt so lieblich wie Musik.
Wird wo ein Paar getraut;
Doch zieht vom Sprunge mich zurück
Das Wort der todten Braut.
Stets finstrer wird der Wolkendrang.
Der Sturm im Walde brüllt,
Und ferne hebt sich Donnerklang,
Der immer stärker schwillt.
O schlängle dich, du Wetterstrahl,
Herab, ein Faden mir,
Der aus dem Labyrinth der Qual
Hinaus mich führt zu ihr!

Da unten brauſt der wilde Bach,
Fuͤhrt reichen, friſchen Tod,
Die Wogen rufen laut mir nach:
„Komm, komm, und trinke Tod!“
Das klingt ſo lieblich wie Muſik.
Wird wo ein Paar getraut;
Doch zieht vom Sprunge mich zuruͤck
Das Wort der todten Braut.
Stets finſtrer wird der Wolkendrang.
Der Sturm im Walde bruͤllt,
Und ferne hebt ſich Donnerklang,
Der immer ſtaͤrker ſchwillt.
O ſchlaͤngle dich, du Wetterſtrahl,
Herab, ein Faden mir,
Der aus dem Labyrinth der Qual
Hinaus mich fuͤhrt zu ihr!

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[57/0071] Da unten brauſt der wilde Bach, Fuͤhrt reichen, friſchen Tod, Die Wogen rufen laut mir nach: „Komm, komm, und trinke Tod!“ Das klingt ſo lieblich wie Muſik. Wird wo ein Paar getraut; Doch zieht vom Sprunge mich zuruͤck Das Wort der todten Braut. Stets finſtrer wird der Wolkendrang. Der Sturm im Walde bruͤllt, Und ferne hebt ſich Donnerklang, Der immer ſtaͤrker ſchwillt. O ſchlaͤngle dich, du Wetterſtrahl, Herab, ein Faden mir, Der aus dem Labyrinth der Qual Hinaus mich fuͤhrt zu ihr!

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Zitationshilfe: Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/71>, abgerufen am 29.03.2024.