Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
An die Ersehnte.

Umsonst! du bist auf immer mir verloren!
Laut rufend in den dunkeln Wald des Lebens,
Hat ohne Rast die Sehnsucht dich beschworen;
Ihr Ruf durchklang die Einsamkeit vergebens.
Tief ist mein Herz erkrankt an einer Ahnung,
Von der ich nimmer wohl genesen werde,
Es flüstert mir mein Herz die trübe Mahnung;
"Noch ist sie nicht geboren dieser Erde!"
"Die Stunden, die mit frohen Wandersängen
"Das Mädchen einst durchs Erdenthal geleiten,
"Sie schlummern in der Zukunft Schattengängen
"Bei ihrer Bürde noch von Seligkeiten,
"Von Seligkeiten, die mit leichten Händen
"Die wachen einst entgegenstreuen Allen,
"An welche sie die schöne Gunst verschwenden,
"Mit ihrer Königin vorbeizuwallen.
An die Ersehnte.

Umſonſt! du biſt auf immer mir verloren!
Laut rufend in den dunkeln Wald des Lebens,
Hat ohne Raſt die Sehnſucht dich beſchworen;
Ihr Ruf durchklang die Einſamkeit vergebens.
Tief iſt mein Herz erkrankt an einer Ahnung,
Von der ich nimmer wohl geneſen werde,
Es fluͤſtert mir mein Herz die truͤbe Mahnung;
„Noch iſt ſie nicht geboren dieſer Erde!“
„Die Stunden, die mit frohen Wanderſaͤngen
„Das Maͤdchen einſt durchs Erdenthal geleiten,
„Sie ſchlummern in der Zukunft Schattengaͤngen
„Bei ihrer Buͤrde noch von Seligkeiten,
„Von Seligkeiten, die mit leichten Haͤnden
„Die wachen einſt entgegenſtreuen Allen,
„An welche ſie die ſchoͤne Gunſt verſchwenden,
„Mit ihrer Koͤnigin vorbeizuwallen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0076" n="62"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">An die Ersehnte.</hi><lb/>
          </head>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">U</hi>m&#x017F;on&#x017F;t! du bi&#x017F;t auf immer mir verloren!</l><lb/>
              <l>Laut rufend in den dunkeln Wald des Lebens,</l><lb/>
              <l>Hat ohne Ra&#x017F;t die Sehn&#x017F;ucht dich be&#x017F;chworen;</l><lb/>
              <l>Ihr Ruf durchklang die Ein&#x017F;amkeit vergebens.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Tief i&#x017F;t mein Herz erkrankt an einer Ahnung,</l><lb/>
              <l>Von der ich nimmer wohl gene&#x017F;en werde,</l><lb/>
              <l>Es flu&#x0364;&#x017F;tert mir mein Herz die tru&#x0364;be Mahnung;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Noch i&#x017F;t &#x017F;ie nicht geboren die&#x017F;er Erde!&#x201C;</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>&#x201E;Die Stunden, die mit frohen Wander&#x017F;a&#x0364;ngen</l><lb/>
              <l>&#x201E;Das Ma&#x0364;dchen ein&#x017F;t durchs Erdenthal geleiten,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Sie &#x017F;chlummern in der Zukunft Schattenga&#x0364;ngen</l><lb/>
              <l>&#x201E;Bei ihrer Bu&#x0364;rde noch von Seligkeiten,</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>&#x201E;Von Seligkeiten, die mit leichten Ha&#x0364;nden</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die wachen ein&#x017F;t entgegen&#x017F;treuen Allen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;An welche &#x017F;ie die &#x017F;cho&#x0364;ne Gun&#x017F;t ver&#x017F;chwenden,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Mit ihrer Ko&#x0364;nigin vorbeizuwallen.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0076] An die Ersehnte. Umſonſt! du biſt auf immer mir verloren! Laut rufend in den dunkeln Wald des Lebens, Hat ohne Raſt die Sehnſucht dich beſchworen; Ihr Ruf durchklang die Einſamkeit vergebens. Tief iſt mein Herz erkrankt an einer Ahnung, Von der ich nimmer wohl geneſen werde, Es fluͤſtert mir mein Herz die truͤbe Mahnung; „Noch iſt ſie nicht geboren dieſer Erde!“ „Die Stunden, die mit frohen Wanderſaͤngen „Das Maͤdchen einſt durchs Erdenthal geleiten, „Sie ſchlummern in der Zukunft Schattengaͤngen „Bei ihrer Buͤrde noch von Seligkeiten, „Von Seligkeiten, die mit leichten Haͤnden „Die wachen einſt entgegenſtreuen Allen, „An welche ſie die ſchoͤne Gunſt verſchwenden, „Mit ihrer Koͤnigin vorbeizuwallen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/76
Zitationshilfe: Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/76>, abgerufen am 16.04.2024.