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Lesser, Ludwig: Zur Geschichte der Berliner Börse und des Eisenbahnaktien-Handels. Berlin, 1844.

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schen Städte) immer sehr bedeutend gewesen ist und
noch lebhaft fortdauert, während die Oestreichische Re-
gierung ihren Unterthanen all' und jeden Handel
mit auswärtigen Papieren längst streng ver-
boten hat.
So liegt denn auch in dem Gesetze vom
24. Mai, das überhaupt nicht gegen den reellen
Geschäftsbetrieb gerichtet ist, nirgend ein Motiv zur
Befürchtung, diesen mit auswärtigen Börsen künftig
verringert zu sehen; er wird sich unbedingt ferner in
dem Maaße fortgestalten, wie es das innerste Wesen
der kommerziellen Verbindungen erforderlich macht.*)
-- Die Schwierigkeit oder gar Unmöglichkeit der Re-
gulirungen trat endlich noch am Schlusse des Monats
Juni ganz besonders hervor, wo hunderte von nota-
riellen Protesten es bekunden mußten, wie theils die
Größe der Differenz, theils der böse Wille, die Erfül-
lung vieler eingegangenen Verpflichtungen hinderten.
Daß diese Erscheinung finanzielle Störungen und eine
mißmüthige Stimmung erzeugten, welche die Lust zu
neuen Geschäften benahm, war natürlich. Auch blieben

*) Gewinn oder Verlust werden sich dabei immer nach ver-
schiedenen Seiten
hin vertheilen, in sofern den Geschäften
das wirkliche Bedürfniß der Geldanlegung oder nur allgemeine
Spekulationslust zu Grunde liegt, und bald Handels-, bald poli-
tische Verhältnisse auf die Resultate einen Einfluß üben. Es ist
deshalb wohl nur als eine sanguinische Verirrung zu betrachten,
wenn Herr L .., der Verfasser der schon obengedachten Brochüre,
darin kathegorisch die Meinung ausspricht: "es läßt sich voraus-
setzen, daß in der Negel bei allen merkantilischen Unternehmungen
mit dem Auslande gewonnen wird" -- und "die ins Ausland ge-
schickten Werthe kommen immer vergrößert zurück." Welch' ein
Mährchen!

ſchen Städte) immer ſehr bedeutend geweſen iſt und
noch lebhaft fortdauert, während die Oeſtreichiſche Re-
gierung ihren Unterthanen all’ und jeden Handel
mit auswärtigen Papieren längſt ſtreng ver-
boten hat.
So liegt denn auch in dem Geſetze vom
24. Mai, das überhaupt nicht gegen den reellen
Geſchäftsbetrieb gerichtet iſt, nirgend ein Motiv zur
Befürchtung, dieſen mit auswärtigen Börſen künftig
verringert zu ſehen; er wird ſich unbedingt ferner in
dem Maaße fortgeſtalten, wie es das innerſte Weſen
der kommerziellen Verbindungen erforderlich macht.*)
— Die Schwierigkeit oder gar Unmöglichkeit der Re-
gulirungen trat endlich noch am Schluſſe des Monats
Juni ganz beſonders hervor, wo hunderte von nota-
riellen Proteſten es bekunden mußten, wie theils die
Größe der Differenz, theils der böſe Wille, die Erfül-
lung vieler eingegangenen Verpflichtungen hinderten.
Daß dieſe Erſcheinung finanzielle Störungen und eine
mißmüthige Stimmung erzeugten, welche die Luſt zu
neuen Geſchäften benahm, war natürlich. Auch blieben

*) Gewinn oder Verluſt werden ſich dabei immer nach ver-
ſchiedenen Seiten
hin vertheilen, in ſofern den Geſchäften
das wirkliche Bedürfniß der Geldanlegung oder nur allgemeine
Spekulationsluſt zu Grunde liegt, und bald Handels-, bald poli-
tiſche Verhältniſſe auf die Reſultate einen Einfluß üben. Es iſt
deshalb wohl nur als eine ſanguiniſche Verirrung zu betrachten,
wenn Herr L .., der Verfaſſer der ſchon obengedachten Brochüre,
darin kathegoriſch die Meinung ausſpricht: „es läßt ſich voraus-
ſetzen, daß in der Negel bei allen merkantiliſchen Unternehmungen
mit dem Auslande gewonnen wird″ — und „die ins Ausland ge-
ſchickten Werthe kommen immer vergrößert zurück.″ Welch’ ein
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[32/0038] ſchen Städte) immer ſehr bedeutend geweſen iſt und noch lebhaft fortdauert, während die Oeſtreichiſche Re- gierung ihren Unterthanen all’ und jeden Handel mit auswärtigen Papieren längſt ſtreng ver- boten hat. So liegt denn auch in dem Geſetze vom 24. Mai, das überhaupt nicht gegen den reellen Geſchäftsbetrieb gerichtet iſt, nirgend ein Motiv zur Befürchtung, dieſen mit auswärtigen Börſen künftig verringert zu ſehen; er wird ſich unbedingt ferner in dem Maaße fortgeſtalten, wie es das innerſte Weſen der kommerziellen Verbindungen erforderlich macht. *) — Die Schwierigkeit oder gar Unmöglichkeit der Re- gulirungen trat endlich noch am Schluſſe des Monats Juni ganz beſonders hervor, wo hunderte von nota- riellen Proteſten es bekunden mußten, wie theils die Größe der Differenz, theils der böſe Wille, die Erfül- lung vieler eingegangenen Verpflichtungen hinderten. Daß dieſe Erſcheinung finanzielle Störungen und eine mißmüthige Stimmung erzeugten, welche die Luſt zu neuen Geſchäften benahm, war natürlich. Auch blieben *) Gewinn oder Verluſt werden ſich dabei immer nach ver- ſchiedenen Seiten hin vertheilen, in ſofern den Geſchäften das wirkliche Bedürfniß der Geldanlegung oder nur allgemeine Spekulationsluſt zu Grunde liegt, und bald Handels-, bald poli- tiſche Verhältniſſe auf die Reſultate einen Einfluß üben. Es iſt deshalb wohl nur als eine ſanguiniſche Verirrung zu betrachten, wenn Herr L .., der Verfaſſer der ſchon obengedachten Brochüre, darin kathegoriſch die Meinung ausſpricht: „es läßt ſich voraus- ſetzen, daß in der Negel bei allen merkantiliſchen Unternehmungen mit dem Auslande gewonnen wird″ — und „die ins Ausland ge- ſchickten Werthe kommen immer vergrößert zurück.″ Welch’ ein Mährchen!

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Zitationshilfe: Lesser, Ludwig: Zur Geschichte der Berliner Börse und des Eisenbahnaktien-Handels. Berlin, 1844, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lesser_boerse_1844/38>, abgerufen am 18.04.2024.