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Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759.

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XXX.
Der Schäfer und die Nachtigall.

Du zürnest, Liebling der Musen, über die lau-
te Menge des parnassischen Geschmeisses? -- O
höre von mir, was einst die Nachtigall hören
mußte.

Singe doch, liebe Nachtigall! rief ein Schäfer
der schweigenden Sängerin, an einem lieblichen
Frühlingsabende, zu.

Ach! sagte die Nachtigall; die Frösche machen
sich so laut, daß ich alle Lust zum Singen ver-
liere. Hörest du sie nicht?

Ich höre sie freylich: versetzte der Schäfer.
Aber nur dein Schweigen ist Schuld, daß ich
sie höre.



Abhand-
XXX.
Der Schäfer und die Nachtigall.

Du zürneſt, Liebling der Muſen, über die lau-
te Menge des parnaſſiſchen Geſchmeiſſes? — O
höre von mir, was einſt die Nachtigall hören
mußte.

Singe doch, liebe Nachtigall! rief ein Schäfer
der ſchweigenden Sängerin, an einem lieblichen
Frühlingsabende, zu.

Ach! ſagte die Nachtigall; die Fröſche machen
ſich ſo laut, daß ich alle Luſt zum Singen ver-
liere. Höreſt du ſie nicht?

Ich höre ſie freylich: verſetzte der Schäfer.
Aber nur dein Schweigen iſt Schuld, daß ich
ſie höre.



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[110/0130] XXX. Der Schäfer und die Nachtigall. Du zürneſt, Liebling der Muſen, über die lau- te Menge des parnaſſiſchen Geſchmeiſſes? — O höre von mir, was einſt die Nachtigall hören mußte. Singe doch, liebe Nachtigall! rief ein Schäfer der ſchweigenden Sängerin, an einem lieblichen Frühlingsabende, zu. Ach! ſagte die Nachtigall; die Fröſche machen ſich ſo laut, daß ich alle Luſt zum Singen ver- liere. Höreſt du ſie nicht? Ich höre ſie freylich: verſetzte der Schäfer. Aber nur dein Schweigen iſt Schuld, daß ich ſie höre. Abhand-

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/130>, abgerufen am 29.03.2024.