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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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Geschichte des dritten Bischof Alberts, zwölftes Jahr,
1209aber im Schlosse ein Mangel an Wasser und die Hungersnoth einriß, so baten sie
die Russen um Frieden. Diese gaben ihnen auch Frieden und tauften etliche un-
ter ihnen mit ihrer Taufe; nahmen anbey von ihnen vier hundert Mark an Na-
gaten
c), zogen wieder in ihr Land, und liessen sagen, sie wolten ihre Popen
(Priester) zu ihnen senden, die das Bad der heiligen Taufe weiter ertheilen sol-
ten, so sie aber doch aus Furcht vor den Deutschen nachher unterliessen. Denn
die Ungannier nahmen die Rigischen Priester an, und liessen sich von ihnen
taufen, wurden aber nicht mit unter die Rigische Gemeine gezählet.

b) Siehe beym Jahre 1206 not. k).
c) Es gibt etliche, die sich einbilden, als ob die Liven vor Ankunft der Sachsen weder
vom Gebrauch des Geldes *) noch von dem Namen desselben was gewust; das ist aber
falsch. Denn die Esthen nennen das Geld Rahha, was die Liven, Naud heis-
sen. Wexion. descript. Suec. l. 3. c. 11. so allem Ansehen nach aus Nagat zusammen
gezogen ist, und seinen Ursprung verräth. Es scheinet überdem, daß sie eine Sorte
Geld gehabt; wie ich denn dafür halte, daß die Oeseringe beym Jahr 1214 n. 3. dafür
anzunehmen seyn.
§. 3.

Nach etlichen Jahren **) kamen Friesen mit Pilgern auf vorerwehnte Jnsel
Gothland, und fanden da Curen vor sich mit grossem Raube; daher umzingel-
ten sie dieselben, schlugen sich mit ihnen gleich herum, und erlegten fast alle, be-
mächtigten sich auch vier Kaperschiffe mit samt der Beute, führten sie mit nach
Riga, nahmen ihnen unsäglich viel Schafe ab, so sie aus christlichen Ländern er-
beutet, und brachten sie mit nach Riga. Ueber diese Rache an den Curen ent-
stand grosse Freude.

§. 4.

Ob nun gleich der Bischof über bis anhaltende Ungemach und den Tod der
Seinigen sich ungemein betrübte: so nahm er seine Zuflucht doch ferner zum HErrn,
empfal ihm seine Reise und Verrichtungen, und ging wieder nach Deutschland.
Er klagte den Schaden der Seinigen frommen und gottesfürchtigen Seelen auf Gas-
sen und Strassen; er suchte in Grafschaften und Schlössern auf, wer sich zur Mauer
um das Haus des HErrn stellen; wer das Zeichen des Kreuzes sich anheften, und
zur See gehen wolte, um den wenigen zum Troste nach Liefland zu segeln, welche
daselbst geblieben waren. Und es fand sich Yso, Bischof von Verden, samt dem
Bischof Philipp von Ratzeburg, wie auch der Bischof von Padelborn d),
die sich zur Reise aufs folgende Jahr mit ihren Rittern und vielen andern an-
schickten.

d) Auch der Bischof von Münster Otto, hatte sich mit dem Kreuze zeichnen lassen: wie
der an ihn so wol als den von Verden und Paderborn abgelassene Brief des Pabsts
*) Daß diese Nation einen besondern Namen zum Gelde hat, macht keine gewisse Folge, daß auch vorher
unter ihnen Geld gangbar gewesen. Denn ausser dem, daß diese Wörter überhaupt ihrem Ursprung
nach Hab und Gut bedeuten, sind viele Dinge mit eigenen Benennungen versehen worden, die vorher
entweder nicht im Gebrauch gewesen, oder doch erst durch Ausländer bekant geworden. Zwar wird
wol in den meisten fremden Sachen der fremde Name beybehalten, oder doch nach der Mundart nur
so geändert, daß man gleich sein Herkommen errathen kan. Doch hat zum Exempel die Esthnische
Sprache ganz einheimische Namen zu verschiedenen Dingen, die aus der Fremde gekommen, als Schild-
kröte, Löwe, Wiege, Drache, Pulver, Affe, Schröpfen
etc. Aber der Name Oesering ist
deutsch, davon bey gemeldetem Jahre.
**) [So stehet zwar im Lateinischen, post annos aliquot; kan aber unmöglich richtig seyn, obgleich weder
beym Herrn Grubern noch aus den Handschriften etwas angemerket wird: indem nicht zu begreifen ist,
warum der Verfasser solte eine Sache, die etliche Jahre später geschehen, hierauf setzen in des Bischofs
zwölftes Jahr. Es streitet auch dawider, daß die Friesen vorerwehnte Kaper und Curländer noch
mit gesamter Beute angetroffen haben, dergleichen nicht zu vermuthen ist, wenn diese Friesen nach et-
lichen Jahren gekommen sind. Daher wol wahrscheinlich mag gestanden haben, post 7anas aliquot; oder
septimanas, (Wochen,) so ein Abschreiber gar leicht in Jahre verwandelt hat. Des Bischofs §. 4 gemel-
dete Abreise muß nicht für verschieden von der §. 1. gemeldeten gehalten werden, indem er sich in Goth-
land
scheinet etwas aufgehalten, und eben daselbst von gedachtem Unfal der Seinigen Nachricht erhal-
ten, und alsdenn die Reise fortgesetzet zu haben.]

Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, zwoͤlftes Jahr,
1209aber im Schloſſe ein Mangel an Waſſer und die Hungersnoth einriß, ſo baten ſie
die Ruſſen um Frieden. Dieſe gaben ihnen auch Frieden und tauften etliche un-
ter ihnen mit ihrer Taufe; nahmen anbey von ihnen vier hundert Mark an Na-
gaten
c), zogen wieder in ihr Land, und lieſſen ſagen, ſie wolten ihre Popen
(Prieſter) zu ihnen ſenden, die das Bad der heiligen Taufe weiter ertheilen ſol-
ten, ſo ſie aber doch aus Furcht vor den Deutſchen nachher unterlieſſen. Denn
die Ungannier nahmen die Rigiſchen Prieſter an, und lieſſen ſich von ihnen
taufen, wurden aber nicht mit unter die Rigiſche Gemeine gezaͤhlet.

b) Siehe beym Jahre 1206 not. k).
c) Es gibt etliche, die ſich einbilden, als ob die Liven vor Ankunft der Sachſen weder
vom Gebrauch des Geldes *) noch von dem Namen deſſelben was gewuſt; das iſt aber
falſch. Denn die Eſthen nennen das Geld Rahha, was die Liven, Naud heiſ-
ſen. Wexion. deſcript. Suec. l. 3. c. 11. ſo allem Anſehen nach aus Nagat zuſammen
gezogen iſt, und ſeinen Urſprung verraͤth. Es ſcheinet uͤberdem, daß ſie eine Sorte
Geld gehabt; wie ich denn dafuͤr halte, daß die Oeſeringe beym Jahr 1214 n. 3. dafuͤr
anzunehmen ſeyn.
§. 3.

Nach etlichen Jahren **) kamen Frieſen mit Pilgern auf vorerwehnte Jnſel
Gothland, und fanden da Curen vor ſich mit groſſem Raube; daher umzingel-
ten ſie dieſelben, ſchlugen ſich mit ihnen gleich herum, und erlegten faſt alle, be-
maͤchtigten ſich auch vier Kaperſchiffe mit ſamt der Beute, fuͤhrten ſie mit nach
Riga, nahmen ihnen unſaͤglich viel Schafe ab, ſo ſie aus chriſtlichen Laͤndern er-
beutet, und brachten ſie mit nach Riga. Ueber dieſe Rache an den Curen ent-
ſtand groſſe Freude.

§. 4.

Ob nun gleich der Biſchof uͤber bis anhaltende Ungemach und den Tod der
Seinigen ſich ungemein betruͤbte: ſo nahm er ſeine Zuflucht doch ferner zum HErrn,
empfal ihm ſeine Reiſe und Verrichtungen, und ging wieder nach Deutſchland.
Er klagte den Schaden der Seinigen frommen und gottesfuͤrchtigen Seelen auf Gaſ-
ſen und Straſſen; er ſuchte in Grafſchaften und Schloͤſſern auf, wer ſich zur Mauer
um das Haus des HErrn ſtellen; wer das Zeichen des Kreuzes ſich anheften, und
zur See gehen wolte, um den wenigen zum Troſte nach Liefland zu ſegeln, welche
daſelbſt geblieben waren. Und es fand ſich Yſo, Biſchof von Verden, ſamt dem
Biſchof Philipp von Ratzeburg, wie auch der Biſchof von Padelborn d),
die ſich zur Reiſe aufs folgende Jahr mit ihren Rittern und vielen andern an-
ſchickten.

d) Auch der Biſchof von Muͤnſter Otto, hatte ſich mit dem Kreuze zeichnen laſſen: wie
der an ihn ſo wol als den von Verden und Paderborn abgelaſſene Brief des Pabſts
*) Daß dieſe Nation einen beſondern Namen zum Gelde hat, macht keine gewiſſe Folge, daß auch vorher
unter ihnen Geld gangbar geweſen. Denn auſſer dem, daß dieſe Woͤrter uͤberhaupt ihrem Urſprung
nach Hab und Gut bedeuten, ſind viele Dinge mit eigenen Benennungen verſehen worden, die vorher
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wol in den meiſten fremden Sachen der fremde Name beybehalten, oder doch nach der Mundart nur
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Sprache ganz einheimiſche Namen zu verſchiedenen Dingen, die aus der Fremde gekommen, als Schild-
kroͤte, Loͤwe, Wiege, Drache, Pulver, Affe, Schroͤpfen
ꝛc. Aber der Name Oeſering iſt
deutſch, davon bey gemeldetem Jahre.
**) [So ſtehet zwar im Lateiniſchen, poſt annos aliquot; kan aber unmoͤglich richtig ſeyn, obgleich weder
beym Herrn Grubern noch aus den Handſchriften etwas angemerket wird: indem nicht zu begreifen iſt,
warum der Verfaſſer ſolte eine Sache, die etliche Jahre ſpaͤter geſchehen, hierauf ſetzen in des Biſchofs
zwoͤlftes Jahr. Es ſtreitet auch dawider, daß die Frieſen vorerwehnte Kaper und Curlaͤnder noch
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lichen Jahren gekommen ſind. Daher wol wahrſcheinlich mag geſtanden haben, poſt 7anas aliquot; oder
ſeptimanas, (Wochen,) ſo ein Abſchreiber gar leicht in Jahre verwandelt hat. Des Biſchofs §. 4 gemel-
dete Abreiſe muß nicht fuͤr verſchieden von der §. 1. gemeldeten gehalten werden, indem er ſich in Goth-
land
ſcheinet etwas aufgehalten, und eben daſelbſt von gedachtem Unfal der Seinigen Nachricht erhal-
ten, und alsdenn die Reiſe fortgeſetzet zu haben.]
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[78/0110] Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, zwoͤlftes Jahr, aber im Schloſſe ein Mangel an Waſſer und die Hungersnoth einriß, ſo baten ſie die Ruſſen um Frieden. Dieſe gaben ihnen auch Frieden und tauften etliche un- ter ihnen mit ihrer Taufe; nahmen anbey von ihnen vier hundert Mark an Na- gaten c⁾ , zogen wieder in ihr Land, und lieſſen ſagen, ſie wolten ihre Popen (Prieſter) zu ihnen ſenden, die das Bad der heiligen Taufe weiter ertheilen ſol- ten, ſo ſie aber doch aus Furcht vor den Deutſchen nachher unterlieſſen. Denn die Ungannier nahmen die Rigiſchen Prieſter an, und lieſſen ſich von ihnen taufen, wurden aber nicht mit unter die Rigiſche Gemeine gezaͤhlet. 1209 b⁾ Siehe beym Jahre 1206 not. k). c⁾ Es gibt etliche, die ſich einbilden, als ob die Liven vor Ankunft der Sachſen weder vom Gebrauch des Geldes *) noch von dem Namen deſſelben was gewuſt; das iſt aber falſch. Denn die Eſthen nennen das Geld Rahha, was die Liven, Naud heiſ- ſen. Wexion. deſcript. Suec. l. 3. c. 11. ſo allem Anſehen nach aus Nagat zuſammen gezogen iſt, und ſeinen Urſprung verraͤth. Es ſcheinet uͤberdem, daß ſie eine Sorte Geld gehabt; wie ich denn dafuͤr halte, daß die Oeſeringe beym Jahr 1214 n. 3. dafuͤr anzunehmen ſeyn. §. 3. Nach etlichen Jahren **) kamen Frieſen mit Pilgern auf vorerwehnte Jnſel Gothland, und fanden da Curen vor ſich mit groſſem Raube; daher umzingel- ten ſie dieſelben, ſchlugen ſich mit ihnen gleich herum, und erlegten faſt alle, be- maͤchtigten ſich auch vier Kaperſchiffe mit ſamt der Beute, fuͤhrten ſie mit nach Riga, nahmen ihnen unſaͤglich viel Schafe ab, ſo ſie aus chriſtlichen Laͤndern er- beutet, und brachten ſie mit nach Riga. Ueber dieſe Rache an den Curen ent- ſtand groſſe Freude. §. 4. Ob nun gleich der Biſchof uͤber bis anhaltende Ungemach und den Tod der Seinigen ſich ungemein betruͤbte: ſo nahm er ſeine Zuflucht doch ferner zum HErrn, empfal ihm ſeine Reiſe und Verrichtungen, und ging wieder nach Deutſchland. Er klagte den Schaden der Seinigen frommen und gottesfuͤrchtigen Seelen auf Gaſ- ſen und Straſſen; er ſuchte in Grafſchaften und Schloͤſſern auf, wer ſich zur Mauer um das Haus des HErrn ſtellen; wer das Zeichen des Kreuzes ſich anheften, und zur See gehen wolte, um den wenigen zum Troſte nach Liefland zu ſegeln, welche daſelbſt geblieben waren. Und es fand ſich Yſo, Biſchof von Verden, ſamt dem Biſchof Philipp von Ratzeburg, wie auch der Biſchof von Padelborn d⁾ , die ſich zur Reiſe aufs folgende Jahr mit ihren Rittern und vielen andern an- ſchickten. d⁾ Auch der Biſchof von Muͤnſter Otto, hatte ſich mit dem Kreuze zeichnen laſſen: wie der an ihn ſo wol als den von Verden und Paderborn abgelaſſene Brief des Pabſts beſaget. *) Daß dieſe Nation einen beſondern Namen zum Gelde hat, macht keine gewiſſe Folge, daß auch vorher unter ihnen Geld gangbar geweſen. Denn auſſer dem, daß dieſe Woͤrter uͤberhaupt ihrem Urſprung nach Hab und Gut bedeuten, ſind viele Dinge mit eigenen Benennungen verſehen worden, die vorher entweder nicht im Gebrauch geweſen, oder doch erſt durch Auslaͤnder bekant geworden. Zwar wird wol in den meiſten fremden Sachen der fremde Name beybehalten, oder doch nach der Mundart nur ſo geaͤndert, daß man gleich ſein Herkommen errathen kan. Doch hat zum Exempel die Eſthniſche Sprache ganz einheimiſche Namen zu verſchiedenen Dingen, die aus der Fremde gekommen, als Schild- kroͤte, Loͤwe, Wiege, Drache, Pulver, Affe, Schroͤpfen ꝛc. Aber der Name Oeſering iſt deutſch, davon bey gemeldetem Jahre. **) [So ſtehet zwar im Lateiniſchen, poſt annos aliquot; kan aber unmoͤglich richtig ſeyn, obgleich weder beym Herrn Grubern noch aus den Handſchriften etwas angemerket wird: indem nicht zu begreifen iſt, warum der Verfaſſer ſolte eine Sache, die etliche Jahre ſpaͤter geſchehen, hierauf ſetzen in des Biſchofs zwoͤlftes Jahr. Es ſtreitet auch dawider, daß die Frieſen vorerwehnte Kaper und Curlaͤnder noch mit geſamter Beute angetroffen haben, dergleichen nicht zu vermuthen iſt, wenn dieſe Frieſen nach et- lichen Jahren gekommen ſind. Daher wol wahrſcheinlich mag geſtanden haben, poſt 7anas aliquot; oder ſeptimanas, (Wochen,) ſo ein Abſchreiber gar leicht in Jahre verwandelt hat. Des Biſchofs §. 4 gemel- dete Abreiſe muß nicht fuͤr verſchieden von der §. 1. gemeldeten gehalten werden, indem er ſich in Goth- land ſcheinet etwas aufgehalten, und eben daſelbſt von gedachtem Unfal der Seinigen Nachricht erhal- ten, und alsdenn die Reiſe fortgeſetzet zu haben.]

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/110>, abgerufen am 25.04.2024.