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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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von 1209 bis 1210.
und Letten, nach Ungannien vor das Schloß Odempe, trafen aber wenige1209
Leute darinne an. Die im Schlosse, waren also bey ihrer gar schwachen Anzahl
in Schrecken, und liessen Bertolden mit guten Worten ins Schloß ein. Die
Bedienten des Bischofs nebst einigen Liven, die um Bertolds Einlassung ins
Schloß nichts wusten, erstiegen das Schloß auf der andern Seite. Die ganze
Armee folgte ihnen nach, und erstiegen den Wall der Burg, bemeisterten sich der
Vestungswerke, machten alle streitbare Männer im Schlosse nieder, nahmen das
Weibesvolk gefangen, und raubten viele Beute. Einige entflohen. Hierauf la-
gen sie etliche Tage daselbst stille, theilten den Raub aus, zündeten das Schloß
an, und kehrten wieder nach Liefland.

§. 7.

Die Kirche in Liefland stund damals in grossen Drangsalen, nemlich mit-
ten unter so vielen Nationen, und herumliegenden Russen und Litthauern, die
alle an einem Rath schmiedeten, sie zu verstören. Dahero entschlossen sich die Ri-
gischen
an den König von Plosceke Boten zu schicken, ob sie vielleicht mit ihm
einen Friedenstractat treffen könten. Rudolph von Jericho ward also mit
einigen andern abgefertiget nach Rußland zu gehen.

§. 8.

Da sie nun nahe an Wenden kamen, siehe! so kamen die Esthen mit star-
ker Heeresmacht und belagerten Wenden. Rudolph mit seinen Leuten warf sich
ins Schloß. Die Esthen stritten mit Bertholden und seinen Brüdern und
den Wenden drey Tage, bey dem alten Schlosse, in welchem die Brüder mit den
Wenden noch wohnten. Die Esthen wurden von den Steinschleuderern ver-
wundet, und musten ins Gras beissen, gleichfals wurden auch etliche der Wenden
durch die feindlichen Lanzen hingerichtet. Denn die Esthen trugen grosse Holz-
haufen zusammen, legten zur Aufbrennung des Schlosses Feuer an, rissen ganze
Bäume mit Wurzeln aus den Wäldern, legten sie wie eine Schanze übereinander,
bevestigten und verkeilten sie mit anderm Holze, fochten darunter, und machten
von oben her mit Feuer und Rauch denen, so im Schlosse waren, viel Beschwer-
de. Und wenn die Tage des Krieges nicht wären verkürzet worden, hätten sie
freylich grössern Schaden gethan; weil durch einiger Nachläßigkeit die Zeitung
den Rigischen weder den ersten, noch den andern, sondern erst den dritten Tag
nach der Belagerung zu Ohren kam, daher sie sich den vierten Tag aufmachten und
nach Siegenwolde aufbrachen. Da nun die Esthen desselben Tages hörten,
daß ein grosser Schwarm Liven und Letten samt Caupo und seinen Freunden
sich versamlet hatte: begaben sie sich von Wenden weg, gingen über die Goiwe,
und hielten Nachtlager bey einer See, so an der Strasse nach Beverin liegt.
Die Brüder aber von Wenden und Caupo folgten mit ihren Liven und Letten
früh nach, liessen sich bey eben dieser See nieder, das Mittagsmahl zu geniessen,
schickten auch Spionen und Kundschafter voraus, davon einige zurück kamen mit
Vermelden, daß die Esthen über Hals und Kopf über der Ymer flüchteten.
Die Liven und Letten glaubten ihren Worten alzugeschwinde, und eilten alzu-
hitzig ihnen nachzusetzen, sagten dabey, sie könten auf das Zaudern der Rigi-
schen
nicht länger warten. Caupo aber mit seinen Deutschen sprach: Last
uns auf unsre Brüder warten, alsdenn können wir fechten, und mit diesen unsern
Flügeln erst in die Höhe fliegen. Sie aber schlugen diese heilsame Warnung in
Wind, wolten auch lieber der Deutschen Untergang sehen, und jagten den
Esthen nach. Doch hatten sie die Deutschen an die Spitze gestellet, daß sie
im Rücken stünden und den Ausgang des Krieges sehen möchten, damit sie desto
fertiger wären, entweder nachzuhauen, oder das Hasenpanier zu ergreifen. Dar-
auf zogen sie nach der Ymer, wusten aber nicht, daß die Armee der Esthen in
den Gebüschen an der Ymer verborgen stäcken, und sahen also das ganze Heer

plötzlich
X

von 1209 bis 1210.
und Letten, nach Ungannien vor das Schloß Odempe, trafen aber wenige1209
Leute darinne an. Die im Schloſſe, waren alſo bey ihrer gar ſchwachen Anzahl
in Schrecken, und lieſſen Bertolden mit guten Worten ins Schloß ein. Die
Bedienten des Biſchofs nebſt einigen Liven, die um Bertolds Einlaſſung ins
Schloß nichts wuſten, erſtiegen das Schloß auf der andern Seite. Die ganze
Armee folgte ihnen nach, und erſtiegen den Wall der Burg, bemeiſterten ſich der
Veſtungswerke, machten alle ſtreitbare Maͤnner im Schloſſe nieder, nahmen das
Weibesvolk gefangen, und raubten viele Beute. Einige entflohen. Hierauf la-
gen ſie etliche Tage daſelbſt ſtille, theilten den Raub aus, zuͤndeten das Schloß
an, und kehrten wieder nach Liefland.

§. 7.

Die Kirche in Liefland ſtund damals in groſſen Drangſalen, nemlich mit-
ten unter ſo vielen Nationen, und herumliegenden Ruſſen und Litthauern, die
alle an einem Rath ſchmiedeten, ſie zu verſtoͤren. Dahero entſchloſſen ſich die Ri-
giſchen
an den Koͤnig von Ploſceke Boten zu ſchicken, ob ſie vielleicht mit ihm
einen Friedenstractat treffen koͤnten. Rudolph von Jericho ward alſo mit
einigen andern abgefertiget nach Rußland zu gehen.

§. 8.

Da ſie nun nahe an Wenden kamen, ſiehe! ſo kamen die Eſthen mit ſtar-
ker Heeresmacht und belagerten Wenden. Rudolph mit ſeinen Leuten warf ſich
ins Schloß. Die Eſthen ſtritten mit Bertholden und ſeinen Bruͤdern und
den Wenden drey Tage, bey dem alten Schloſſe, in welchem die Bruͤder mit den
Wenden noch wohnten. Die Eſthen wurden von den Steinſchleuderern ver-
wundet, und muſten ins Gras beiſſen, gleichfals wurden auch etliche der Wenden
durch die feindlichen Lanzen hingerichtet. Denn die Eſthen trugen groſſe Holz-
haufen zuſammen, legten zur Aufbrennung des Schloſſes Feuer an, riſſen ganze
Baͤume mit Wurzeln aus den Waͤldern, legten ſie wie eine Schanze uͤbereinander,
beveſtigten und verkeilten ſie mit anderm Holze, fochten darunter, und machten
von oben her mit Feuer und Rauch denen, ſo im Schloſſe waren, viel Beſchwer-
de. Und wenn die Tage des Krieges nicht waͤren verkuͤrzet worden, haͤtten ſie
freylich groͤſſern Schaden gethan; weil durch einiger Nachlaͤßigkeit die Zeitung
den Rigiſchen weder den erſten, noch den andern, ſondern erſt den dritten Tag
nach der Belagerung zu Ohren kam, daher ſie ſich den vierten Tag aufmachten und
nach Siegenwolde aufbrachen. Da nun die Eſthen deſſelben Tages hoͤrten,
daß ein groſſer Schwarm Liven und Letten ſamt Caupo und ſeinen Freunden
ſich verſamlet hatte: begaben ſie ſich von Wenden weg, gingen uͤber die Goiwe,
und hielten Nachtlager bey einer See, ſo an der Straſſe nach Beverin liegt.
Die Bruͤder aber von Wenden und Caupo folgten mit ihren Liven und Letten
fruͤh nach, lieſſen ſich bey eben dieſer See nieder, das Mittagsmahl zu genieſſen,
ſchickten auch Spionen und Kundſchafter voraus, davon einige zuruͤck kamen mit
Vermelden, daß die Eſthen uͤber Hals und Kopf uͤber der Ymer fluͤchteten.
Die Liven und Letten glaubten ihren Worten alzugeſchwinde, und eilten alzu-
hitzig ihnen nachzuſetzen, ſagten dabey, ſie koͤnten auf das Zaudern der Rigi-
ſchen
nicht laͤnger warten. Caupo aber mit ſeinen Deutſchen ſprach: Laſt
uns auf unſre Bruͤder warten, alsdenn koͤnnen wir fechten, und mit dieſen unſern
Fluͤgeln erſt in die Hoͤhe fliegen. Sie aber ſchlugen dieſe heilſame Warnung in
Wind, wolten auch lieber der Deutſchen Untergang ſehen, und jagten den
Eſthen nach. Doch hatten ſie die Deutſchen an die Spitze geſtellet, daß ſie
im Ruͤcken ſtuͤnden und den Ausgang des Krieges ſehen moͤchten, damit ſie deſto
fertiger waͤren, entweder nachzuhauen, oder das Haſenpanier zu ergreifen. Dar-
auf zogen ſie nach der Ymer, wuſten aber nicht, daß die Armee der Eſthen in
den Gebuͤſchen an der Ymer verborgen ſtaͤcken, und ſahen alſo das ganze Heer

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[81/0113] von 1209 bis 1210. und Letten, nach Ungannien vor das Schloß Odempe, trafen aber wenige Leute darinne an. Die im Schloſſe, waren alſo bey ihrer gar ſchwachen Anzahl in Schrecken, und lieſſen Bertolden mit guten Worten ins Schloß ein. Die Bedienten des Biſchofs nebſt einigen Liven, die um Bertolds Einlaſſung ins Schloß nichts wuſten, erſtiegen das Schloß auf der andern Seite. Die ganze Armee folgte ihnen nach, und erſtiegen den Wall der Burg, bemeiſterten ſich der Veſtungswerke, machten alle ſtreitbare Maͤnner im Schloſſe nieder, nahmen das Weibesvolk gefangen, und raubten viele Beute. Einige entflohen. Hierauf la- gen ſie etliche Tage daſelbſt ſtille, theilten den Raub aus, zuͤndeten das Schloß an, und kehrten wieder nach Liefland. 1209 §. 7. Die Kirche in Liefland ſtund damals in groſſen Drangſalen, nemlich mit- ten unter ſo vielen Nationen, und herumliegenden Ruſſen und Litthauern, die alle an einem Rath ſchmiedeten, ſie zu verſtoͤren. Dahero entſchloſſen ſich die Ri- giſchen an den Koͤnig von Ploſceke Boten zu ſchicken, ob ſie vielleicht mit ihm einen Friedenstractat treffen koͤnten. Rudolph von Jericho ward alſo mit einigen andern abgefertiget nach Rußland zu gehen. §. 8. Da ſie nun nahe an Wenden kamen, ſiehe! ſo kamen die Eſthen mit ſtar- ker Heeresmacht und belagerten Wenden. Rudolph mit ſeinen Leuten warf ſich ins Schloß. Die Eſthen ſtritten mit Bertholden und ſeinen Bruͤdern und den Wenden drey Tage, bey dem alten Schloſſe, in welchem die Bruͤder mit den Wenden noch wohnten. Die Eſthen wurden von den Steinſchleuderern ver- wundet, und muſten ins Gras beiſſen, gleichfals wurden auch etliche der Wenden durch die feindlichen Lanzen hingerichtet. Denn die Eſthen trugen groſſe Holz- haufen zuſammen, legten zur Aufbrennung des Schloſſes Feuer an, riſſen ganze Baͤume mit Wurzeln aus den Waͤldern, legten ſie wie eine Schanze uͤbereinander, beveſtigten und verkeilten ſie mit anderm Holze, fochten darunter, und machten von oben her mit Feuer und Rauch denen, ſo im Schloſſe waren, viel Beſchwer- de. Und wenn die Tage des Krieges nicht waͤren verkuͤrzet worden, haͤtten ſie freylich groͤſſern Schaden gethan; weil durch einiger Nachlaͤßigkeit die Zeitung den Rigiſchen weder den erſten, noch den andern, ſondern erſt den dritten Tag nach der Belagerung zu Ohren kam, daher ſie ſich den vierten Tag aufmachten und nach Siegenwolde aufbrachen. Da nun die Eſthen deſſelben Tages hoͤrten, daß ein groſſer Schwarm Liven und Letten ſamt Caupo und ſeinen Freunden ſich verſamlet hatte: begaben ſie ſich von Wenden weg, gingen uͤber die Goiwe, und hielten Nachtlager bey einer See, ſo an der Straſſe nach Beverin liegt. Die Bruͤder aber von Wenden und Caupo folgten mit ihren Liven und Letten fruͤh nach, lieſſen ſich bey eben dieſer See nieder, das Mittagsmahl zu genieſſen, ſchickten auch Spionen und Kundſchafter voraus, davon einige zuruͤck kamen mit Vermelden, daß die Eſthen uͤber Hals und Kopf uͤber der Ymer fluͤchteten. Die Liven und Letten glaubten ihren Worten alzugeſchwinde, und eilten alzu- hitzig ihnen nachzuſetzen, ſagten dabey, ſie koͤnten auf das Zaudern der Rigi- ſchen nicht laͤnger warten. Caupo aber mit ſeinen Deutſchen ſprach: Laſt uns auf unſre Bruͤder warten, alsdenn koͤnnen wir fechten, und mit dieſen unſern Fluͤgeln erſt in die Hoͤhe fliegen. Sie aber ſchlugen dieſe heilſame Warnung in Wind, wolten auch lieber der Deutſchen Untergang ſehen, und jagten den Eſthen nach. Doch hatten ſie die Deutſchen an die Spitze geſtellet, daß ſie im Ruͤcken ſtuͤnden und den Ausgang des Krieges ſehen moͤchten, damit ſie deſto fertiger waͤren, entweder nachzuhauen, oder das Haſenpanier zu ergreifen. Dar- auf zogen ſie nach der Ymer, wuſten aber nicht, daß die Armee der Eſthen in den Gebuͤſchen an der Ymer verborgen ſtaͤcken, und ſahen alſo das ganze Heer ploͤtzlich X

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/113>, abgerufen am 20.04.2024.