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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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Geschichte des dritten Bischof Alberts, zwanzigstes Jahr,
1217gesund nach Hause und sungen den ganzen Weg, ausser einem Soldaten des Hein-
rich Burewins,
welcher an der Wunde eines Pfeils starb, und einem Letten,
Veko,
der sich an einen Baum gestelt und allein mit neun Russen sich lange Zeit
herumschlug, bis er endlich eine Wunde von hinten bekam, niederfiel und starb.
Die andern Liven und Letten kamen alle ohne Schaden davon, von welchen viele
aus dem Busche, worinne sie sich verkrochen, wieder zu den Deutschen auf den
Weg kamen, und mit ihnen sich freueten, daß sie, so wenig ihrer auch gewesen,
einer so starken Anzahl Russen entgangen wären. Und sie lobten alle die Gna-
de des Heilandes, der sie zurückgeführet, und aus den Händen ihrer Feinde erlö-
set hatte, daß sie bey ihrem gar schwachen Haufen fast funfzig Russen umgebracht,
und ihnen Gewehr, Raub und Pferde abgenommen. Es waren aber von den
Russen sechszehen tausend Mann, die der Groskönig von Nogarden durch ganz
Rußland schon zwey Jahre lang werben, und mit der besten Rüstung, die man
in Rußland hatte, versehen lassen. Diese fielen nach drey Tagen in Liefland ein.

§. 4.

Gleich anfangs plünderten sie die Dörfer der Letten an der Ymer, und
steckten ihre Kirche in Brand. Nachher versamleten sie sich bey dem Schlosse
Urele, lagen zwey Tage daselbst stille, und kamen den dritten Tag auf den Hof
des Priester Alobrands oberhalb Raupa f), wie ihm Woldemar einmal
voraus gesaget, blieben daselbst drey Tage liegen, verbranten alle Kirchen so wol
der Liven als der Ydumeer umher, plünderten alle Provinzen und Klöster,
nahmen die Weiber und Kinder gefangen, schlugen das Mannsvolk, so sie erwisch-
ten, todt, schlepten das Korn von dem Felde allenthalben zusammen und legten
Feuer darein. Ebenfals kam Gerceslaws g), Woldemars Sohn, mit einem
andern Heer, belagerte die Brüder der Ritterschaft in Wenden, und fochte mit
ihnen den ganzen Tag. Tages darauf ging er über die Goiwa zu dem König
von Nogarden und zu seinem Vater nach Jdumea, plünderte und verheerte
das Land der Letten, der Ydumeer und Liven, und verübte allen möglichen
Schaden. Die Rigischen, die von allem Unheil Nachricht hatten, was die
Russen in Ydumea stifteten, stunden wieder auf mit dem Ordensmeister Vol-
quin,
mit Heinrich Burewinen und ihren Pilgern und Liven, und gingen
nach Thoreida, liessen aus den herumliegenden Provinzen alle Mannsleute zu-
sammen kommen, und wolten wieder mit den Russen anbinden. Sie schickten
auch Kundschafter nach ihnen aus, die so gleich einen Haufen Russen auf dem
Dorfe Ymme antrafen, denen sie auch bis nach Raupa nachjagten.

f) Ropa ist noch heutiges Tages ein Schloß und Gut der Herren von Alvendiel.
g) Es ist einerley, ob man Gercislaus lieset, oder Werceslaus. Beyde Namen sind
Sclavonisch. Denn derjenige, den Adam von Bremen, libr. 2 c. 28. den König
Gerzlef von Rußland nennet, heisset in der Historie von den Königen in Norwe-
gen
c. 16 der König Wirzlaus, wie wir durch die Bank Wilhelmus und Guiliel-
mus, Guelphus
und Welfus schreiben; ob wir gleich eines dem andern vorziehen.
§. 5.

Nachdem sie wieder zu den Jhrigen kamen, so berichteten sie, die Deutschen
wären im Anmarsch. Auf diese Nachricht brachen die Russen gleich da auf, gin-
gen über die Goiwe, belagerten das Schloß Wenden, und fochten mit ihnen
den ganzen Tag. Die Schützen der Ordensbrüder kamen auch aus ihrem Schlosse,
warfen sich in das Schloß der Wenden, erlegten mit ihren Steinschleudern viele,
und verwundeten noch mehrere. Daher wurden viel vornehme Herren nach har-
ten Blessuren zwischen zwey Pferden auf ihren Tragsesseln halbtodt aus der Schlacht
getragen. Der Ordensmeister von Wenden aber war mit seinen Brüdern Ta-
ges vorher nach dem Versamlungsort der Deutschen abgegangen. Die ganze

Rußi-

Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, zwanzigſtes Jahr,
1217geſund nach Hauſe und ſungen den ganzen Weg, auſſer einem Soldaten des Hein-
rich Burewins,
welcher an der Wunde eines Pfeils ſtarb, und einem Letten,
Veko,
der ſich an einen Baum geſtelt und allein mit neun Ruſſen ſich lange Zeit
herumſchlug, bis er endlich eine Wunde von hinten bekam, niederfiel und ſtarb.
Die andern Liven und Letten kamen alle ohne Schaden davon, von welchen viele
aus dem Buſche, worinne ſie ſich verkrochen, wieder zu den Deutſchen auf den
Weg kamen, und mit ihnen ſich freueten, daß ſie, ſo wenig ihrer auch geweſen,
einer ſo ſtarken Anzahl Ruſſen entgangen waͤren. Und ſie lobten alle die Gna-
de des Heilandes, der ſie zuruͤckgefuͤhret, und aus den Haͤnden ihrer Feinde erloͤ-
ſet hatte, daß ſie bey ihrem gar ſchwachen Haufen faſt funfzig Ruſſen umgebracht,
und ihnen Gewehr, Raub und Pferde abgenommen. Es waren aber von den
Ruſſen ſechszehen tauſend Mann, die der Groskoͤnig von Nogarden durch ganz
Rußland ſchon zwey Jahre lang werben, und mit der beſten Ruͤſtung, die man
in Rußland hatte, verſehen laſſen. Dieſe fielen nach drey Tagen in Liefland ein.

§. 4.

Gleich anfangs pluͤnderten ſie die Doͤrfer der Letten an der Ymer, und
ſteckten ihre Kirche in Brand. Nachher verſamleten ſie ſich bey dem Schloſſe
Urele, lagen zwey Tage daſelbſt ſtille, und kamen den dritten Tag auf den Hof
des Prieſter Alobrands oberhalb Raupa f), wie ihm Woldemar einmal
voraus geſaget, blieben daſelbſt drey Tage liegen, verbranten alle Kirchen ſo wol
der Liven als der Ydumeer umher, pluͤnderten alle Provinzen und Kloͤſter,
nahmen die Weiber und Kinder gefangen, ſchlugen das Mannsvolk, ſo ſie erwiſch-
ten, todt, ſchlepten das Korn von dem Felde allenthalben zuſammen und legten
Feuer darein. Ebenfals kam Gerceslaws g), Woldemars Sohn, mit einem
andern Heer, belagerte die Bruͤder der Ritterſchaft in Wenden, und fochte mit
ihnen den ganzen Tag. Tages darauf ging er uͤber die Goiwa zu dem Koͤnig
von Nogarden und zu ſeinem Vater nach Jdumea, pluͤnderte und verheerte
das Land der Letten, der Ydumeer und Liven, und veruͤbte allen moͤglichen
Schaden. Die Rigiſchen, die von allem Unheil Nachricht hatten, was die
Ruſſen in Ydumea ſtifteten, ſtunden wieder auf mit dem Ordensmeiſter Vol-
quin,
mit Heinrich Burewinen und ihren Pilgern und Liven, und gingen
nach Thoreida, lieſſen aus den herumliegenden Provinzen alle Mannsleute zu-
ſammen kommen, und wolten wieder mit den Ruſſen anbinden. Sie ſchickten
auch Kundſchafter nach ihnen aus, die ſo gleich einen Haufen Ruſſen auf dem
Dorfe Ymme antrafen, denen ſie auch bis nach Raupa nachjagten.

f) Ropa iſt noch heutiges Tages ein Schloß und Gut der Herren von Alvendiel.
g) Es iſt einerley, ob man Gercislaus lieſet, oder Werceslaus. Beyde Namen ſind
Sclavoniſch. Denn derjenige, den Adam von Bremen, libr. 2 c. 28. den Koͤnig
Gerzlef von Rußland nennet, heiſſet in der Hiſtorie von den Koͤnigen in Norwe-
gen
c. 16 der Koͤnig Wirzlaus, wie wir durch die Bank Wilhelmus und Guiliel-
mus, Guelphus
und Welfus ſchreiben; ob wir gleich eines dem andern vorziehen.
§. 5.

Nachdem ſie wieder zu den Jhrigen kamen, ſo berichteten ſie, die Deutſchen
waͤren im Anmarſch. Auf dieſe Nachricht brachen die Ruſſen gleich da auf, gin-
gen uͤber die Goiwe, belagerten das Schloß Wenden, und fochten mit ihnen
den ganzen Tag. Die Schuͤtzen der Ordensbruͤder kamen auch aus ihrem Schloſſe,
warfen ſich in das Schloß der Wenden, erlegten mit ihren Steinſchleudern viele,
und verwundeten noch mehrere. Daher wurden viel vornehme Herren nach har-
ten Bleſſuren zwiſchen zwey Pferden auf ihren Tragſeſſeln halbtodt aus der Schlacht
getragen. Der Ordensmeiſter von Wenden aber war mit ſeinen Bruͤdern Ta-
ges vorher nach dem Verſamlungsort der Deutſchen abgegangen. Die ganze

Rußi-
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[140/0172] Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, zwanzigſtes Jahr, geſund nach Hauſe und ſungen den ganzen Weg, auſſer einem Soldaten des Hein- rich Burewins, welcher an der Wunde eines Pfeils ſtarb, und einem Letten, Veko, der ſich an einen Baum geſtelt und allein mit neun Ruſſen ſich lange Zeit herumſchlug, bis er endlich eine Wunde von hinten bekam, niederfiel und ſtarb. Die andern Liven und Letten kamen alle ohne Schaden davon, von welchen viele aus dem Buſche, worinne ſie ſich verkrochen, wieder zu den Deutſchen auf den Weg kamen, und mit ihnen ſich freueten, daß ſie, ſo wenig ihrer auch geweſen, einer ſo ſtarken Anzahl Ruſſen entgangen waͤren. Und ſie lobten alle die Gna- de des Heilandes, der ſie zuruͤckgefuͤhret, und aus den Haͤnden ihrer Feinde erloͤ- ſet hatte, daß ſie bey ihrem gar ſchwachen Haufen faſt funfzig Ruſſen umgebracht, und ihnen Gewehr, Raub und Pferde abgenommen. Es waren aber von den Ruſſen ſechszehen tauſend Mann, die der Groskoͤnig von Nogarden durch ganz Rußland ſchon zwey Jahre lang werben, und mit der beſten Ruͤſtung, die man in Rußland hatte, verſehen laſſen. Dieſe fielen nach drey Tagen in Liefland ein. 1217 §. 4. Gleich anfangs pluͤnderten ſie die Doͤrfer der Letten an der Ymer, und ſteckten ihre Kirche in Brand. Nachher verſamleten ſie ſich bey dem Schloſſe Urele, lagen zwey Tage daſelbſt ſtille, und kamen den dritten Tag auf den Hof des Prieſter Alobrands oberhalb Raupa f⁾ , wie ihm Woldemar einmal voraus geſaget, blieben daſelbſt drey Tage liegen, verbranten alle Kirchen ſo wol der Liven als der Ydumeer umher, pluͤnderten alle Provinzen und Kloͤſter, nahmen die Weiber und Kinder gefangen, ſchlugen das Mannsvolk, ſo ſie erwiſch- ten, todt, ſchlepten das Korn von dem Felde allenthalben zuſammen und legten Feuer darein. Ebenfals kam Gerceslaws g⁾ , Woldemars Sohn, mit einem andern Heer, belagerte die Bruͤder der Ritterſchaft in Wenden, und fochte mit ihnen den ganzen Tag. Tages darauf ging er uͤber die Goiwa zu dem Koͤnig von Nogarden und zu ſeinem Vater nach Jdumea, pluͤnderte und verheerte das Land der Letten, der Ydumeer und Liven, und veruͤbte allen moͤglichen Schaden. Die Rigiſchen, die von allem Unheil Nachricht hatten, was die Ruſſen in Ydumea ſtifteten, ſtunden wieder auf mit dem Ordensmeiſter Vol- quin, mit Heinrich Burewinen und ihren Pilgern und Liven, und gingen nach Thoreida, lieſſen aus den herumliegenden Provinzen alle Mannsleute zu- ſammen kommen, und wolten wieder mit den Ruſſen anbinden. Sie ſchickten auch Kundſchafter nach ihnen aus, die ſo gleich einen Haufen Ruſſen auf dem Dorfe Ymme antrafen, denen ſie auch bis nach Raupa nachjagten. f⁾ Ropa iſt noch heutiges Tages ein Schloß und Gut der Herren von Alvendiel. g⁾ Es iſt einerley, ob man Gercislaus lieſet, oder Werceslaus. Beyde Namen ſind Sclavoniſch. Denn derjenige, den Adam von Bremen, libr. 2 c. 28. den Koͤnig Gerzlef von Rußland nennet, heiſſet in der Hiſtorie von den Koͤnigen in Norwe- gen c. 16 der Koͤnig Wirzlaus, wie wir durch die Bank Wilhelmus und Guiliel- mus, Guelphus und Welfus ſchreiben; ob wir gleich eines dem andern vorziehen. §. 5. Nachdem ſie wieder zu den Jhrigen kamen, ſo berichteten ſie, die Deutſchen waͤren im Anmarſch. Auf dieſe Nachricht brachen die Ruſſen gleich da auf, gin- gen uͤber die Goiwe, belagerten das Schloß Wenden, und fochten mit ihnen den ganzen Tag. Die Schuͤtzen der Ordensbruͤder kamen auch aus ihrem Schloſſe, warfen ſich in das Schloß der Wenden, erlegten mit ihren Steinſchleudern viele, und verwundeten noch mehrere. Daher wurden viel vornehme Herren nach har- ten Bleſſuren zwiſchen zwey Pferden auf ihren Tragſeſſeln halbtodt aus der Schlacht getragen. Der Ordensmeiſter von Wenden aber war mit ſeinen Bruͤdern Ta- ges vorher nach dem Verſamlungsort der Deutſchen abgegangen. Die ganze Rußi-

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/172>, abgerufen am 24.04.2024.