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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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von 1223 bis 1224.
sie unter die Kirche nach Riga gehörten, freueten sie sich sehr, und bezahlten1223
Tribut für zwey ganze Jahre, den sie wegen des Ueberfals der Dänen nicht
entrichtet hatten. Die von Ungannien freueten sich gleichfals über die Herr-
schaft des Bischof Hermanns, der in Odempe war; aber der König Vies-
ceka
störte sie mit seinen Leuten von Tarbat, denn er war für die Sacca-
laner
und andere angrenzende Esthen ein Falstrick, und recht ein grosser
Teufel.

b) Das wird deswegen dabey gesetze, daß man wisse, der Theil von Esthland, der un-
ter den Dänen stand, sey davon auszunehmen.
c) Kylegunde scheint von Kirche, Kiliche, Kile *) genennet zu seyn, und ist ein klei-
ner Strich Landes, dessen Einwohner, ob sie gleich zerstreuet wohnen, doch alle dar-
inne in eine Kirche gepfarret seyn; welches wir gemeiniglich eine Parochie (Kirchspiel)
nennen. Unten n. 7 und 8 heissen die Provinzen Kylegunden. Und in diesem Ver-
stande muß man die Kylegunden auf Oesel nehmen, beym Jahr 1225 n. 5, als die
zwar noch heidnisch und ohne Kirchen waren, die aber unser Chronikschreiber vor-
läufig so mag genennet haben. Hauptsächlich aber ist hier zu erwehnen, daß die Strand-
wyk
noch heute zu Tage in die sieben Kirchpiele, von denen hier die Rede ist, abge-
theilet sey, deren Namen ich, weil sie ausser Werpel und Rötel sehr kauderwelsch
klingen, aus dem Register der undeutschen Grammatik (ex nomenclatore) abzuschreiben
keine Lust habe. Siehe beym Jahr 1221 not. g).
§. 3.

Die Bischöfe schickten auch Boten an den König nach Tarbet, mit Bitte,
er möchte von den Rebellen im Schlosse sich wegmachen, welche das Sacrament
ihrer Taufe geschändet, den Glauben an JEsum Christum verworfen, zum
Heidenthum übergetreten, die Brüder der Ritterschaft als ihre Mitbrüder und
Herren theils durch Todtschlagen, theils durch Gefangennehmen aus ihren Gren-
zen geschaft, und alle benachbarte Provinzen, die zum Glauben an JEsum Chri-
stum
gekommen, durch tägliches Plündern verwüstet hätten. Der König aber
wolte nicht von ihnen weg, weil die Nogarder und Könige der Russen ihm das
Schloß mit den angrenzenden Ländern durch eine ewige Schenkung abgetreten, und
Schutz vor der Deutschen Ueberfal versprochen hatten. Jn diesem Schlosse
hatten sich beym Könige alle Bösewichter aus den benachbarten Provinzen
von Saccala eingefunden, die nun Verräther und Mörder ihrer Brüder, der
Brüder der Ritterschaft und Kaufleute, und Erfinder von allen heillosen Rath-
schlägen wider die Kirche in Liefland geworden waren. Jhr Fürst und Ober-
herr war der König selbst, der die alte Wurzel alles Unglücks in Liefland gewe-
sen, der den Frieden des wahrhaftig Friedfertigen und aller Christen gebrochen,
der die ihm getreuen Männer, welche die Rigischen ihm wider den Einfal der
Litthauer zu Hülfe geschickt, heimtückischer Weise ums Leben und um alle ihre
Güter gebracht. Diese alle nun pochten auf ihr oberwehntes sehr vestes Schloß,
verachteten den Frieden der Christen, und trachteten täglich ihnen zu schaden:
denn in der That war dis Schloß vester als alle Schlösser in Esthland, weil
die Ordensbrüder es vorher mit vieler Mühe und Kosten zur Vestung gemacht,
und mit ihrem Gewehr und Steinschleudern wohl versehen hatten, so die Treulo-
sen alle zu sich rissen. Der König hatte auch viele Rußische Schützen da, wel-
che theils Pfeile schossen, theils aus Katapulten warfen. Ueberdem machten sie
Patherellen nach Oeselscher Manier und andre Kriegsgeräthschaft zu rechte.

§. 4. Also
*) Kylegunde scheinet wol natürlicher von kül, das einen Haufen, eine Menge bedeutet, oder von kül,
külla,
pagus, eine Dorfschaft, herzukommen, dem man nachher die Endigung gunde angehänget,
um die ganze Provinz, die man nach dem Hauptdorfe, oder dem Landesältesten benennet, anzuzei-
gen. So wird es auch in unserm Verfasser oftmals hinten an gesetzet, als Memekulle, Jmme-
külle, Wanekulle,
davon doch die letztere Sylbe le heutiges Tages wegfält.
C c c

von 1223 bis 1224.
ſie unter die Kirche nach Riga gehoͤrten, freueten ſie ſich ſehr, und bezahlten1223
Tribut fuͤr zwey ganze Jahre, den ſie wegen des Ueberfals der Daͤnen nicht
entrichtet hatten. Die von Ungannien freueten ſich gleichfals uͤber die Herr-
ſchaft des Biſchof Hermanns, der in Odempe war; aber der Koͤnig Vieſ-
ceka
ſtoͤrte ſie mit ſeinen Leuten von Tarbat, denn er war fuͤr die Sacca-
laner
und andere angrenzende Eſthen ein Falſtrick, und recht ein groſſer
Teufel.

b) Das wird deswegen dabey geſetze, daß man wiſſe, der Theil von Eſthland, der un-
ter den Daͤnen ſtand, ſey davon auszunehmen.
c) Kylegunde ſcheint von Kirche, Kiliche, Kile *) genennet zu ſeyn, und iſt ein klei-
ner Strich Landes, deſſen Einwohner, ob ſie gleich zerſtreuet wohnen, doch alle dar-
inne in eine Kirche gepfarret ſeyn; welches wir gemeiniglich eine Parochie (Kirchſpiel)
nennen. Unten n. 7 und 8 heiſſen die Provinzen Kylegunden. Und in dieſem Ver-
ſtande muß man die Kylegunden auf Oeſel nehmen, beym Jahr 1225 n. 5, als die
zwar noch heidniſch und ohne Kirchen waren, die aber unſer Chronikſchreiber vor-
laͤufig ſo mag genennet haben. Hauptſaͤchlich aber iſt hier zu erwehnen, daß die Strand-
wyk
noch heute zu Tage in die ſieben Kirchpiele, von denen hier die Rede iſt, abge-
theilet ſey, deren Namen ich, weil ſie auſſer Werpel und Roͤtel ſehr kauderwelſch
klingen, aus dem Regiſter der undeutſchen Grammatik (ex nomenclatore) abzuſchreiben
keine Luſt habe. Siehe beym Jahr 1221 not. g).
§. 3.

Die Biſchoͤfe ſchickten auch Boten an den Koͤnig nach Tarbet, mit Bitte,
er moͤchte von den Rebellen im Schloſſe ſich wegmachen, welche das Sacrament
ihrer Taufe geſchaͤndet, den Glauben an JEſum Chriſtum verworfen, zum
Heidenthum uͤbergetreten, die Bruͤder der Ritterſchaft als ihre Mitbruͤder und
Herren theils durch Todtſchlagen, theils durch Gefangennehmen aus ihren Gren-
zen geſchaft, und alle benachbarte Provinzen, die zum Glauben an JEſum Chri-
ſtum
gekommen, durch taͤgliches Pluͤndern verwuͤſtet haͤtten. Der Koͤnig aber
wolte nicht von ihnen weg, weil die Nogarder und Koͤnige der Ruſſen ihm das
Schloß mit den angrenzenden Laͤndern durch eine ewige Schenkung abgetreten, und
Schutz vor der Deutſchen Ueberfal verſprochen hatten. Jn dieſem Schloſſe
hatten ſich beym Koͤnige alle Boͤſewichter aus den benachbarten Provinzen
von Saccala eingefunden, die nun Verraͤther und Moͤrder ihrer Bruͤder, der
Bruͤder der Ritterſchaft und Kaufleute, und Erfinder von allen heilloſen Rath-
ſchlaͤgen wider die Kirche in Liefland geworden waren. Jhr Fuͤrſt und Ober-
herr war der Koͤnig ſelbſt, der die alte Wurzel alles Ungluͤcks in Liefland gewe-
ſen, der den Frieden des wahrhaftig Friedfertigen und aller Chriſten gebrochen,
der die ihm getreuen Maͤnner, welche die Rigiſchen ihm wider den Einfal der
Litthauer zu Huͤlfe geſchickt, heimtuͤckiſcher Weiſe ums Leben und um alle ihre
Guͤter gebracht. Dieſe alle nun pochten auf ihr oberwehntes ſehr veſtes Schloß,
verachteten den Frieden der Chriſten, und trachteten taͤglich ihnen zu ſchaden:
denn in der That war dis Schloß veſter als alle Schloͤſſer in Eſthland, weil
die Ordensbruͤder es vorher mit vieler Muͤhe und Koſten zur Veſtung gemacht,
und mit ihrem Gewehr und Steinſchleudern wohl verſehen hatten, ſo die Treulo-
ſen alle zu ſich riſſen. Der Koͤnig hatte auch viele Rußiſche Schuͤtzen da, wel-
che theils Pfeile ſchoſſen, theils aus Katapulten warfen. Ueberdem machten ſie
Patherellen nach Oeſelſcher Manier und andre Kriegsgeraͤthſchaft zu rechte.

§. 4. Alſo
*) Kylegunde ſcheinet wol natuͤrlicher von kuͤl, das einen Haufen, eine Menge bedeutet, oder von kuͤl,
kuͤlla,
pagus, eine Dorfſchaft, herzukommen, dem man nachher die Endigung gunde angehaͤnget,
um die ganze Provinz, die man nach dem Hauptdorfe, oder dem Landesaͤlteſten benennet, anzuzei-
gen. So wird es auch in unſerm Verfaſſer oftmals hinten an geſetzet, als Memekulle, Jmme-
kuͤlle, Wanekulle,
davon doch die letztere Sylbe le heutiges Tages wegfaͤlt.
C c c
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[193/0225] von 1223 bis 1224. ſie unter die Kirche nach Riga gehoͤrten, freueten ſie ſich ſehr, und bezahlten Tribut fuͤr zwey ganze Jahre, den ſie wegen des Ueberfals der Daͤnen nicht entrichtet hatten. Die von Ungannien freueten ſich gleichfals uͤber die Herr- ſchaft des Biſchof Hermanns, der in Odempe war; aber der Koͤnig Vieſ- ceka ſtoͤrte ſie mit ſeinen Leuten von Tarbat, denn er war fuͤr die Sacca- laner und andere angrenzende Eſthen ein Falſtrick, und recht ein groſſer Teufel. 1223 b⁾ Das wird deswegen dabey geſetze, daß man wiſſe, der Theil von Eſthland, der un- ter den Daͤnen ſtand, ſey davon auszunehmen. c⁾ Kylegunde ſcheint von Kirche, Kiliche, Kile *) genennet zu ſeyn, und iſt ein klei- ner Strich Landes, deſſen Einwohner, ob ſie gleich zerſtreuet wohnen, doch alle dar- inne in eine Kirche gepfarret ſeyn; welches wir gemeiniglich eine Parochie (Kirchſpiel) nennen. Unten n. 7 und 8 heiſſen die Provinzen Kylegunden. Und in dieſem Ver- ſtande muß man die Kylegunden auf Oeſel nehmen, beym Jahr 1225 n. 5, als die zwar noch heidniſch und ohne Kirchen waren, die aber unſer Chronikſchreiber vor- laͤufig ſo mag genennet haben. Hauptſaͤchlich aber iſt hier zu erwehnen, daß die Strand- wyk noch heute zu Tage in die ſieben Kirchpiele, von denen hier die Rede iſt, abge- theilet ſey, deren Namen ich, weil ſie auſſer Werpel und Roͤtel ſehr kauderwelſch klingen, aus dem Regiſter der undeutſchen Grammatik (ex nomenclatore) abzuſchreiben keine Luſt habe. Siehe beym Jahr 1221 not. g). §. 3. Die Biſchoͤfe ſchickten auch Boten an den Koͤnig nach Tarbet, mit Bitte, er moͤchte von den Rebellen im Schloſſe ſich wegmachen, welche das Sacrament ihrer Taufe geſchaͤndet, den Glauben an JEſum Chriſtum verworfen, zum Heidenthum uͤbergetreten, die Bruͤder der Ritterſchaft als ihre Mitbruͤder und Herren theils durch Todtſchlagen, theils durch Gefangennehmen aus ihren Gren- zen geſchaft, und alle benachbarte Provinzen, die zum Glauben an JEſum Chri- ſtum gekommen, durch taͤgliches Pluͤndern verwuͤſtet haͤtten. Der Koͤnig aber wolte nicht von ihnen weg, weil die Nogarder und Koͤnige der Ruſſen ihm das Schloß mit den angrenzenden Laͤndern durch eine ewige Schenkung abgetreten, und Schutz vor der Deutſchen Ueberfal verſprochen hatten. Jn dieſem Schloſſe hatten ſich beym Koͤnige alle Boͤſewichter aus den benachbarten Provinzen von Saccala eingefunden, die nun Verraͤther und Moͤrder ihrer Bruͤder, der Bruͤder der Ritterſchaft und Kaufleute, und Erfinder von allen heilloſen Rath- ſchlaͤgen wider die Kirche in Liefland geworden waren. Jhr Fuͤrſt und Ober- herr war der Koͤnig ſelbſt, der die alte Wurzel alles Ungluͤcks in Liefland gewe- ſen, der den Frieden des wahrhaftig Friedfertigen und aller Chriſten gebrochen, der die ihm getreuen Maͤnner, welche die Rigiſchen ihm wider den Einfal der Litthauer zu Huͤlfe geſchickt, heimtuͤckiſcher Weiſe ums Leben und um alle ihre Guͤter gebracht. Dieſe alle nun pochten auf ihr oberwehntes ſehr veſtes Schloß, verachteten den Frieden der Chriſten, und trachteten taͤglich ihnen zu ſchaden: denn in der That war dis Schloß veſter als alle Schloͤſſer in Eſthland, weil die Ordensbruͤder es vorher mit vieler Muͤhe und Koſten zur Veſtung gemacht, und mit ihrem Gewehr und Steinſchleudern wohl verſehen hatten, ſo die Treulo- ſen alle zu ſich riſſen. Der Koͤnig hatte auch viele Rußiſche Schuͤtzen da, wel- che theils Pfeile ſchoſſen, theils aus Katapulten warfen. Ueberdem machten ſie Patherellen nach Oeſelſcher Manier und andre Kriegsgeraͤthſchaft zu rechte. §. 4. Alſo *) Kylegunde ſcheinet wol natuͤrlicher von kuͤl, das einen Haufen, eine Menge bedeutet, oder von kuͤl, kuͤlla, pagus, eine Dorfſchaft, herzukommen, dem man nachher die Endigung gunde angehaͤnget, um die ganze Provinz, die man nach dem Hauptdorfe, oder dem Landesaͤlteſten benennet, anzuzei- gen. So wird es auch in unſerm Verfaſſer oftmals hinten an geſetzet, als Memekulle, Jmme- kuͤlle, Wanekulle, davon doch die letztere Sylbe le heutiges Tages wegfaͤlt. C c c

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/225>, abgerufen am 28.03.2024.