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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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Geschichte des dritten Bischof Alberts, achtzehntes Jahr,
1214daß Steinschützen und bewafnete Männer den Hafen der Düne bewachten: gin-
gen sie nach Saletsa, rückten hinan bis an den See Astigerwe, plünderten
der Letten Dörfer aus, machten die Weiber zu Gefangenen, und brachten die
Männer ums Leben. Es versamleten sich auch einige Letten, die hinter
ihnen herfolgten und manche, so sie ergriffen, niedermachten; die andern flo-
hen nach den Schiffen. Hierauf hatte die Kirche auf wenige Tage Ruhe, und
wartete auf die Ankunft ihres Bischofs.

Des Bischof Alberts achtzehntes Jahr,
vom Jahr Christi 1215 bis 1216.
§. 1.
1215

Es war das achtzehnte Jahr des Bischofs, da er vom römischen Hofe zu-
rück kam. Er war in Hagenow vom König Friedrichen vertröstet
worden, und kehrte wieder nach Liefland mit dem Bischof von Esth-
land, Dietrichen,
und mit andern gläubigen Rittern und Pilgern,
fand aber seine Leute in Dunemunde den Hafen bewahren. Diese erzählten
ihm ihre Züge nach Esthland, den Tod des Königs Woldemars, und wel-
chergestalt sie in allen ihren Trübsalen getröstet worden wären. Also entstand eine
grosse Freude in der Gemeine, sowol über die Ankunft des Bischofs, als über ihre
Befreyung von den Russen und andern Völkern.

§. 2.

Nachdem kamen die Bischöfe mit den Brüdern von der Ritterschaft zusammen,
und machten eine Theilung über Esthland. Weil aber selbige nachmals keinen
Bestand hatte, so halte ichs für unnütze, sie zu beschreiben. Jch wil lieber mel-
den, wie die Rigischen mit den Liven und Letten, und der Ordensmeister
Volquin mit seinen Brüdern und Pilgern, wie auch mit den Leuten des Bischofs,
von neuem zusammen getreten und mit ihrer Armee, doch in allem Frieden, nach
der schon getauften Provinz Saccala gezogen. Sie liessen die Landesältesten
zu sich kommen, nach deren Rath sie sich an die andern Esthen machten, und ge-
brauchten sie zu Wegweisern. Am Tage der Himmelfahrt Mariä aber fielen sie
in die Provinz Harrien, die mitten in Esthland lieget, wo auch alle umherliegen-
de Völker jährlich, um verschiedenes abzumachen, in Rugele *) zusammen zu kom-
men pflegten. Als wir dahin kamen, theilten wir unsere Armee durch alle Wege
und Dörfer, ingleichen durch alle Provinzen dieses Landes, sengten und ver-
wüsteten alles, machten nieder was männlich war, nahmen Weib und Kinder ge-
fangen, und nahmen ihnen viel Pferde ab. Endlich kamen wir nach dem grossen
Dorfe Lone a) so über dem Bache mitten im Lande ist, lagen drey Tage stille,
verwüsteten das ganze Land umher, und streiften bis an die Revelschen Dörfer.
Am vierten Tage laurten wir an dem Dorfe auf, erhaschten neune von ihnen, und
machten auch etliche nieder. Die Armee kehrte mit grosser Beute zurück, und trieb
unzählige Ochsen und Schafe mit weg. Zwar setzten ihnen die Esthen mit einer
starken Malewa b) nach, und wolten ihnen in Rücken fallen. Das Loos ihrer
Götter aber fiel fürs Gegentheil aus. Hierauf kehrten die Rigischen mit grosser
Freude nach Liefland, und theilten alles, was sie mit sich genommen, in Liebe.

a) Ganz Esthland ist in 5 Provinzen getheilet, nemlich, Alentaken, dessen Hauptstadt
Narva ist; Wirland, worinne Borcholm; Harrien, darinne Revel; Jer-
wen,
darinne Weissenstein; und Wyck oder die Strandwyck, darinne Leal
*) Mein Manuseript list Rangola.

Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, achtzehntes Jahr,
1214daß Steinſchuͤtzen und bewafnete Maͤnner den Hafen der Duͤne bewachten: gin-
gen ſie nach Saletſa, ruͤckten hinan bis an den See Aſtigerwe, pluͤnderten
der Letten Doͤrfer aus, machten die Weiber zu Gefangenen, und brachten die
Maͤnner ums Leben. Es verſamleten ſich auch einige Letten, die hinter
ihnen herfolgten und manche, ſo ſie ergriffen, niedermachten; die andern flo-
hen nach den Schiffen. Hierauf hatte die Kirche auf wenige Tage Ruhe, und
wartete auf die Ankunft ihres Biſchofs.

Des Biſchof Alberts achtzehntes Jahr,
vom Jahr Chriſti 1215 bis 1216.
§. 1.
1215

Es war das achtzehnte Jahr des Biſchofs, da er vom roͤmiſchen Hofe zu-
ruͤck kam. Er war in Hagenow vom Koͤnig Friedrichen vertroͤſtet
worden, und kehrte wieder nach Liefland mit dem Biſchof von Eſth-
land, Dietrichen,
und mit andern glaͤubigen Rittern und Pilgern,
fand aber ſeine Leute in Dunemunde den Hafen bewahren. Dieſe erzaͤhlten
ihm ihre Zuͤge nach Eſthland, den Tod des Koͤnigs Woldemars, und wel-
chergeſtalt ſie in allen ihren Truͤbſalen getroͤſtet worden waͤren. Alſo entſtand eine
groſſe Freude in der Gemeine, ſowol uͤber die Ankunft des Biſchofs, als uͤber ihre
Befreyung von den Ruſſen und andern Voͤlkern.

§. 2.

Nachdem kamen die Biſchoͤfe mit den Bruͤdern von der Ritterſchaft zuſammen,
und machten eine Theilung uͤber Eſthland. Weil aber ſelbige nachmals keinen
Beſtand hatte, ſo halte ichs fuͤr unnuͤtze, ſie zu beſchreiben. Jch wil lieber mel-
den, wie die Rigiſchen mit den Liven und Letten, und der Ordensmeiſter
Volquin mit ſeinen Bruͤdern und Pilgern, wie auch mit den Leuten des Biſchofs,
von neuem zuſammen getreten und mit ihrer Armee, doch in allem Frieden, nach
der ſchon getauften Provinz Saccala gezogen. Sie lieſſen die Landesaͤlteſten
zu ſich kommen, nach deren Rath ſie ſich an die andern Eſthen machten, und ge-
brauchten ſie zu Wegweiſern. Am Tage der Himmelfahrt Mariaͤ aber fielen ſie
in die Provinz Harrien, die mitten in Eſthland lieget, wo auch alle umherliegen-
de Voͤlker jaͤhrlich, um verſchiedenes abzumachen, in Rugele *) zuſammen zu kom-
men pflegten. Als wir dahin kamen, theilten wir unſere Armee durch alle Wege
und Doͤrfer, ingleichen durch alle Provinzen dieſes Landes, ſengten und ver-
wuͤſteten alles, machten nieder was maͤnnlich war, nahmen Weib und Kinder ge-
fangen, und nahmen ihnen viel Pferde ab. Endlich kamen wir nach dem groſſen
Dorfe Lone a) ſo uͤber dem Bache mitten im Lande iſt, lagen drey Tage ſtille,
verwuͤſteten das ganze Land umher, und ſtreiften bis an die Revelſchen Doͤrfer.
Am vierten Tage laurten wir an dem Dorfe auf, erhaſchten neune von ihnen, und
machten auch etliche nieder. Die Armee kehrte mit groſſer Beute zuruͤck, und trieb
unzaͤhlige Ochſen und Schafe mit weg. Zwar ſetzten ihnen die Eſthen mit einer
ſtarken Malewa b) nach, und wolten ihnen in Ruͤcken fallen. Das Loos ihrer
Goͤtter aber fiel fuͤrs Gegentheil aus. Hierauf kehrten die Rigiſchen mit groſſer
Freude nach Liefland, und theilten alles, was ſie mit ſich genommen, in Liebe.

a) Ganz Eſthland iſt in 5 Provinzen getheilet, nemlich, Alentaken, deſſen Hauptſtadt
Narva iſt; Wirland, worinne Borcholm; Harrien, darinne Revel; Jer-
wen,
darinne Weiſſenſtein; und Wyck oder die Strandwyck, darinne Leal
*) Mein Manuſeript liſt Rangola.
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[122/0154] Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, achtzehntes Jahr, daß Steinſchuͤtzen und bewafnete Maͤnner den Hafen der Duͤne bewachten: gin- gen ſie nach Saletſa, ruͤckten hinan bis an den See Aſtigerwe, pluͤnderten der Letten Doͤrfer aus, machten die Weiber zu Gefangenen, und brachten die Maͤnner ums Leben. Es verſamleten ſich auch einige Letten, die hinter ihnen herfolgten und manche, ſo ſie ergriffen, niedermachten; die andern flo- hen nach den Schiffen. Hierauf hatte die Kirche auf wenige Tage Ruhe, und wartete auf die Ankunft ihres Biſchofs. 1214 Des Biſchof Alberts achtzehntes Jahr, vom Jahr Chriſti 1215 bis 1216. §. 1. Es war das achtzehnte Jahr des Biſchofs, da er vom roͤmiſchen Hofe zu- ruͤck kam. Er war in Hagenow vom Koͤnig Friedrichen vertroͤſtet worden, und kehrte wieder nach Liefland mit dem Biſchof von Eſth- land, Dietrichen, und mit andern glaͤubigen Rittern und Pilgern, fand aber ſeine Leute in Dunemunde den Hafen bewahren. Dieſe erzaͤhlten ihm ihre Zuͤge nach Eſthland, den Tod des Koͤnigs Woldemars, und wel- chergeſtalt ſie in allen ihren Truͤbſalen getroͤſtet worden waͤren. Alſo entſtand eine groſſe Freude in der Gemeine, ſowol uͤber die Ankunft des Biſchofs, als uͤber ihre Befreyung von den Ruſſen und andern Voͤlkern. §. 2. Nachdem kamen die Biſchoͤfe mit den Bruͤdern von der Ritterſchaft zuſammen, und machten eine Theilung uͤber Eſthland. Weil aber ſelbige nachmals keinen Beſtand hatte, ſo halte ichs fuͤr unnuͤtze, ſie zu beſchreiben. Jch wil lieber mel- den, wie die Rigiſchen mit den Liven und Letten, und der Ordensmeiſter Volquin mit ſeinen Bruͤdern und Pilgern, wie auch mit den Leuten des Biſchofs, von neuem zuſammen getreten und mit ihrer Armee, doch in allem Frieden, nach der ſchon getauften Provinz Saccala gezogen. Sie lieſſen die Landesaͤlteſten zu ſich kommen, nach deren Rath ſie ſich an die andern Eſthen machten, und ge- brauchten ſie zu Wegweiſern. Am Tage der Himmelfahrt Mariaͤ aber fielen ſie in die Provinz Harrien, die mitten in Eſthland lieget, wo auch alle umherliegen- de Voͤlker jaͤhrlich, um verſchiedenes abzumachen, in Rugele *) zuſammen zu kom- men pflegten. Als wir dahin kamen, theilten wir unſere Armee durch alle Wege und Doͤrfer, ingleichen durch alle Provinzen dieſes Landes, ſengten und ver- wuͤſteten alles, machten nieder was maͤnnlich war, nahmen Weib und Kinder ge- fangen, und nahmen ihnen viel Pferde ab. Endlich kamen wir nach dem groſſen Dorfe Lone a⁾ ſo uͤber dem Bache mitten im Lande iſt, lagen drey Tage ſtille, verwuͤſteten das ganze Land umher, und ſtreiften bis an die Revelſchen Doͤrfer. Am vierten Tage laurten wir an dem Dorfe auf, erhaſchten neune von ihnen, und machten auch etliche nieder. Die Armee kehrte mit groſſer Beute zuruͤck, und trieb unzaͤhlige Ochſen und Schafe mit weg. Zwar ſetzten ihnen die Eſthen mit einer ſtarken Malewa b⁾ nach, und wolten ihnen in Ruͤcken fallen. Das Loos ihrer Goͤtter aber fiel fuͤrs Gegentheil aus. Hierauf kehrten die Rigiſchen mit groſſer Freude nach Liefland, und theilten alles, was ſie mit ſich genommen, in Liebe. a⁾ Ganz Eſthland iſt in 5 Provinzen getheilet, nemlich, Alentaken, deſſen Hauptſtadt Narva iſt; Wirland, worinne Borcholm; Harrien, darinne Revel; Jer- wen, darinne Weiſſenſtein; und Wyck oder die Strandwyck, darinne Leal liegen. *) Mein Manuſeript liſt Rangola.

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/154>, abgerufen am 29.03.2024.