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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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von 1218 bis 1219.
Schnees, und einer muste hinter dem andern hergehen. Daher waren auch die1218
Deutschen, so weit von ferne im Rücken folgten, noch nicht angekommen, und uns
vördersten fiel ihr Aussenbleiben beschwerlich. Doch vertrauten wir dem HErrn,
und stelten die Letten zur Linken. Die Deutschen aber marschirten alle auf der
Landstrasse, und postirten sich zur Rechten. Wie wir aber die Standarte der Or-
densbrüder ankommen und dabey den Herzog Albert mit seiner grossen Fahne nach-
folgen sahen; wurden wir nicht wenig erfreuet. Der Herzog erblickte unsre we-
nige Anzahl und jener ihre Menge, und fragte: Sind sie denn Feinde Christi?
Und einer antwortete mit Ja. Hierauf sprach der Herzog: So last uns im
Namen des HErrn drauf los gehen.
Und gleich rückten wir mit den Brü-
dern der Ritterschaft, in Begleitung der Deutschen und Esthen an sie an, bra-
chen mitten in sie ein, und metzelten zur Rechten und Linken, daß sie von allen
Seiten fielen, wie Heu zur Erde fält vor dem Mäher. Wir schlugen selbige bis
ans Dorf, setzten den Flüchtlingen durch Gassen und Häuser nach, zogen sie heraus,
und machten sie nieder. Die auf die Dächer gestiegen, und sich über den Holzhau-
fen wehrten, rissen wir herunter, brachten alle mit der Schärfe des Schwerdts um,
und wolten keines von ihnen schonen. Es sprungen auch die Gerwischen Wei-
ber hervor, so von den Oeselern gefangen waren, die schlugen mit eigner Hand
und dicken Prügeln auf die schon vorher geklopften Oeseler zu, und sagten
dabey: Es schlage dich der Christen GOtt! Die Deutschen jagten sie
aus dem Dorfe aufs Feld, schlugen sie aufm Felde bis an ihre See, und besudel-
ten ihren geheiligten Wald mit dem Blut ihrer Erschlagenen. Die Letten aber
streiften ums Dorf herum, begegneten einigen Flüchtlingen, zerstreueten sie hin
und wieder, machten sie todt, raubten ihre Pferde, und zogen mit ihrer Beute
davon. Nach ihrer Zurückkunft auf das Schlachtfeld, bekamen sie Pferde, Klei-
der und viele Beute. Die Gefangenen aber mit Weibern und Kindern stelten sie
denen von Gerwen wieder zu. Doch die Pferde und andre übrige Beute theil-
ten die Deutschen und Letten in gleiche Theile unter sich, und lobten den HErrn,
der einen so herrlichen Sieg durch die Hand weniger verschaffet. Es lagen aber
auf der Wahlstat bey fünfhundert Mann, und mehrere waren aufm Felde, den Stras-
sen und anderwerts umgekommen. Von unsern blieben zwey Deutsche und zwey
Letten; des Rußins Bruder, und Drunwalds Bruder von Astigerwe.
Von Deutschen, der eine Graf aus der Familie des Bischofs t), und ein Ritter
des Herzogs; deren Gedächtniß im Segen bleiben, und ihre Seelen in Christo
ruhen müssen. Die Liven aber, die zur Linken einen andern Weg genommen,
und die Esthen, so zur Rechten abgebeuget, waren nicht zum Treffen gekommen
und erhielten folglich auch bey Theilung der Beute ihr Antheil nicht; sondern sie
waren die Nacht durch gerades Weges nach Harrien gegangen, wo sie mit frühem
Morgen ihre Armee auf allen Dörfern ausbreiteten, die Männer todtschlugen,
die Weiber gefangen nahmen, und viele Beute aufbrachten. Die Deutschen
und Letten folgten ihnen aufm Fusse nach, verübten Tages darauf gleichen Scha-
den, und verlegten ihr Hauptquartier in das Dorf Lone, so mitten im Lande lie-
get. Die Liven aber nahmen ihren Sammelplaz anderer Orten, und die Sac-
calaner
lagerten sich bey Revel. Doch diese überschritten den Befehl ihrer Lan-
desältesten, und plünderten die Provinz Revel aus, so das Joch der Dänen
schon übernommen hatte. Die von Warbol u) aber schickten zu uns, liessen um
Friede bitten, und zugleich ersuchen, wir möchten aus ihren Grenzen gehen. Der
Ordensmeister Volquin hingegen erwiederte: Wenn ihr mit uns Einen GOtt
ehren, euch taufen lassen, und eure Kinder zu Geisseln geben wollet; so wol-
len wir mit euch einen ewigen Frieden machen.
Dieser Vertrag gefiel denen
von Warbol, und sie lieferten Geisseln.

s) Das ist die einzige Stelle, wo die Brüder von der Ritterschaft Christi Gladiferi
(Schwerdtträger) heissen, Ensiferi nirgends. Von Schurzfleischens Tractätchen, das
er Historia Ensiferorum (die Geschichte der Schwerdtbrüder) betitelt, haben wir andres
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von 1218 bis 1219.
Schnees, und einer muſte hinter dem andern hergehen. Daher waren auch die1218
Deutſchen, ſo weit von ferne im Ruͤcken folgten, noch nicht angekommen, und uns
voͤrderſten fiel ihr Auſſenbleiben beſchwerlich. Doch vertrauten wir dem HErrn,
und ſtelten die Letten zur Linken. Die Deutſchen aber marſchirten alle auf der
Landſtraſſe, und poſtirten ſich zur Rechten. Wie wir aber die Standarte der Or-
densbruͤder ankommen und dabey den Herzog Albert mit ſeiner groſſen Fahne nach-
folgen ſahen; wurden wir nicht wenig erfreuet. Der Herzog erblickte unſre we-
nige Anzahl und jener ihre Menge, und fragte: Sind ſie denn Feinde Chriſti?
Und einer antwortete mit Ja. Hierauf ſprach der Herzog: So laſt uns im
Namen des HErrn drauf los gehen.
Und gleich ruͤckten wir mit den Bruͤ-
dern der Ritterſchaft, in Begleitung der Deutſchen und Eſthen an ſie an, bra-
chen mitten in ſie ein, und metzelten zur Rechten und Linken, daß ſie von allen
Seiten fielen, wie Heu zur Erde faͤlt vor dem Maͤher. Wir ſchlugen ſelbige bis
ans Dorf, ſetzten den Fluͤchtlingen durch Gaſſen und Haͤuſer nach, zogen ſie heraus,
und machten ſie nieder. Die auf die Daͤcher geſtiegen, und ſich uͤber den Holzhau-
fen wehrten, riſſen wir herunter, brachten alle mit der Schaͤrfe des Schwerdts um,
und wolten keines von ihnen ſchonen. Es ſprungen auch die Gerwiſchen Wei-
ber hervor, ſo von den Oeſelern gefangen waren, die ſchlugen mit eigner Hand
und dicken Pruͤgeln auf die ſchon vorher geklopften Oeſeler zu, und ſagten
dabey: Es ſchlage dich der Chriſten GOtt! Die Deutſchen jagten ſie
aus dem Dorfe aufs Feld, ſchlugen ſie aufm Felde bis an ihre See, und beſudel-
ten ihren geheiligten Wald mit dem Blut ihrer Erſchlagenen. Die Letten aber
ſtreiften ums Dorf herum, begegneten einigen Fluͤchtlingen, zerſtreueten ſie hin
und wieder, machten ſie todt, raubten ihre Pferde, und zogen mit ihrer Beute
davon. Nach ihrer Zuruͤckkunft auf das Schlachtfeld, bekamen ſie Pferde, Klei-
der und viele Beute. Die Gefangenen aber mit Weibern und Kindern ſtelten ſie
denen von Gerwen wieder zu. Doch die Pferde und andre uͤbrige Beute theil-
ten die Deutſchen und Letten in gleiche Theile unter ſich, und lobten den HErrn,
der einen ſo herrlichen Sieg durch die Hand weniger verſchaffet. Es lagen aber
auf der Wahlſtat bey fuͤnfhundert Mann, und mehrere waren aufm Felde, den Straſ-
ſen und anderwerts umgekommen. Von unſern blieben zwey Deutſche und zwey
Letten; des Rußins Bruder, und Drunwalds Bruder von Aſtigerwe.
Von Deutſchen, der eine Graf aus der Familie des Biſchofs t), und ein Ritter
des Herzogs; deren Gedaͤchtniß im Segen bleiben, und ihre Seelen in Chriſto
ruhen muͤſſen. Die Liven aber, die zur Linken einen andern Weg genommen,
und die Eſthen, ſo zur Rechten abgebeuget, waren nicht zum Treffen gekommen
und erhielten folglich auch bey Theilung der Beute ihr Antheil nicht; ſondern ſie
waren die Nacht durch gerades Weges nach Harrien gegangen, wo ſie mit fruͤhem
Morgen ihre Armee auf allen Doͤrfern ausbreiteten, die Maͤnner todtſchlugen,
die Weiber gefangen nahmen, und viele Beute aufbrachten. Die Deutſchen
und Letten folgten ihnen aufm Fuſſe nach, veruͤbten Tages darauf gleichen Scha-
den, und verlegten ihr Hauptquartier in das Dorf Lone, ſo mitten im Lande lie-
get. Die Liven aber nahmen ihren Sammelplaz anderer Orten, und die Sac-
calaner
lagerten ſich bey Revel. Doch dieſe uͤberſchritten den Befehl ihrer Lan-
desaͤlteſten, und pluͤnderten die Provinz Revel aus, ſo das Joch der Daͤnen
ſchon uͤbernommen hatte. Die von Warbol u) aber ſchickten zu uns, lieſſen um
Friede bitten, und zugleich erſuchen, wir moͤchten aus ihren Grenzen gehen. Der
Ordensmeiſter Volquin hingegen erwiederte: Wenn ihr mit uns Einen GOtt
ehren, euch taufen laſſen, und eure Kinder zu Geiſſeln geben wollet; ſo wol-
len wir mit euch einen ewigen Frieden machen.
Dieſer Vertrag gefiel denen
von Warbol, und ſie lieferten Geiſſeln.

s) Das iſt die einzige Stelle, wo die Bruͤder von der Ritterſchaft Chriſti Gladiferi
(Schwerdttraͤger) heiſſen, Enſiferi nirgends. Von Schurzfleiſchens Tractaͤtchen, das
er Hiſtoria Enſiferorum (die Geſchichte der Schwerdtbruͤder) betitelt, haben wir andres
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[153/0185] von 1218 bis 1219. Schnees, und einer muſte hinter dem andern hergehen. Daher waren auch die Deutſchen, ſo weit von ferne im Ruͤcken folgten, noch nicht angekommen, und uns voͤrderſten fiel ihr Auſſenbleiben beſchwerlich. Doch vertrauten wir dem HErrn, und ſtelten die Letten zur Linken. Die Deutſchen aber marſchirten alle auf der Landſtraſſe, und poſtirten ſich zur Rechten. Wie wir aber die Standarte der Or- densbruͤder ankommen und dabey den Herzog Albert mit ſeiner groſſen Fahne nach- folgen ſahen; wurden wir nicht wenig erfreuet. Der Herzog erblickte unſre we- nige Anzahl und jener ihre Menge, und fragte: Sind ſie denn Feinde Chriſti? Und einer antwortete mit Ja. Hierauf ſprach der Herzog: So laſt uns im Namen des HErrn drauf los gehen. Und gleich ruͤckten wir mit den Bruͤ- dern der Ritterſchaft, in Begleitung der Deutſchen und Eſthen an ſie an, bra- chen mitten in ſie ein, und metzelten zur Rechten und Linken, daß ſie von allen Seiten fielen, wie Heu zur Erde faͤlt vor dem Maͤher. Wir ſchlugen ſelbige bis ans Dorf, ſetzten den Fluͤchtlingen durch Gaſſen und Haͤuſer nach, zogen ſie heraus, und machten ſie nieder. Die auf die Daͤcher geſtiegen, und ſich uͤber den Holzhau- fen wehrten, riſſen wir herunter, brachten alle mit der Schaͤrfe des Schwerdts um, und wolten keines von ihnen ſchonen. Es ſprungen auch die Gerwiſchen Wei- ber hervor, ſo von den Oeſelern gefangen waren, die ſchlugen mit eigner Hand und dicken Pruͤgeln auf die ſchon vorher geklopften Oeſeler zu, und ſagten dabey: Es ſchlage dich der Chriſten GOtt! Die Deutſchen jagten ſie aus dem Dorfe aufs Feld, ſchlugen ſie aufm Felde bis an ihre See, und beſudel- ten ihren geheiligten Wald mit dem Blut ihrer Erſchlagenen. Die Letten aber ſtreiften ums Dorf herum, begegneten einigen Fluͤchtlingen, zerſtreueten ſie hin und wieder, machten ſie todt, raubten ihre Pferde, und zogen mit ihrer Beute davon. Nach ihrer Zuruͤckkunft auf das Schlachtfeld, bekamen ſie Pferde, Klei- der und viele Beute. Die Gefangenen aber mit Weibern und Kindern ſtelten ſie denen von Gerwen wieder zu. Doch die Pferde und andre uͤbrige Beute theil- ten die Deutſchen und Letten in gleiche Theile unter ſich, und lobten den HErrn, der einen ſo herrlichen Sieg durch die Hand weniger verſchaffet. Es lagen aber auf der Wahlſtat bey fuͤnfhundert Mann, und mehrere waren aufm Felde, den Straſ- ſen und anderwerts umgekommen. Von unſern blieben zwey Deutſche und zwey Letten; des Rußins Bruder, und Drunwalds Bruder von Aſtigerwe. Von Deutſchen, der eine Graf aus der Familie des Biſchofs t⁾ , und ein Ritter des Herzogs; deren Gedaͤchtniß im Segen bleiben, und ihre Seelen in Chriſto ruhen muͤſſen. Die Liven aber, die zur Linken einen andern Weg genommen, und die Eſthen, ſo zur Rechten abgebeuget, waren nicht zum Treffen gekommen und erhielten folglich auch bey Theilung der Beute ihr Antheil nicht; ſondern ſie waren die Nacht durch gerades Weges nach Harrien gegangen, wo ſie mit fruͤhem Morgen ihre Armee auf allen Doͤrfern ausbreiteten, die Maͤnner todtſchlugen, die Weiber gefangen nahmen, und viele Beute aufbrachten. Die Deutſchen und Letten folgten ihnen aufm Fuſſe nach, veruͤbten Tages darauf gleichen Scha- den, und verlegten ihr Hauptquartier in das Dorf Lone, ſo mitten im Lande lie- get. Die Liven aber nahmen ihren Sammelplaz anderer Orten, und die Sac- calaner lagerten ſich bey Revel. Doch dieſe uͤberſchritten den Befehl ihrer Lan- desaͤlteſten, und pluͤnderten die Provinz Revel aus, ſo das Joch der Daͤnen ſchon uͤbernommen hatte. Die von Warbol u⁾ aber ſchickten zu uns, lieſſen um Friede bitten, und zugleich erſuchen, wir moͤchten aus ihren Grenzen gehen. Der Ordensmeiſter Volquin hingegen erwiederte: Wenn ihr mit uns Einen GOtt ehren, euch taufen laſſen, und eure Kinder zu Geiſſeln geben wollet; ſo wol- len wir mit euch einen ewigen Frieden machen. Dieſer Vertrag gefiel denen von Warbol, und ſie lieferten Geiſſeln. 1218 s⁾ Das iſt die einzige Stelle, wo die Bruͤder von der Ritterſchaft Chriſti Gladiferi (Schwerdttraͤger) heiſſen, Enſiferi nirgends. Von Schurzfleiſchens Tractaͤtchen, das er Hiſtoria Enſiferorum (die Geſchichte der Schwerdtbruͤder) betitelt, haben wir andres Orts Q q

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/185>, abgerufen am 28.03.2024.