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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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von 1222 bis 1223.
und Vieh heraus, theilten es gerade unter sich, und liessen die Menschen auf ihre1222
Dörfer gehen. Nach Theilung der Beute rückten sie vor ein ander Schloß an der
Pala, und machten sich ebenfals über selbiges her. Jene aber beforgten die Er-
oberung ihres Schlosses, die Pestilenz, die Sterbefälle, welche in vorigem Schloß
hausiret hatten, und mehr dergleichen Unglück; daher ergaben sie sich je eher je lie-
ber den Christen in die Hände, und baten nur ums Leben und ihre Freyheit.
Jhr Vermögen alle aber liessen sie der Armee Preis. Die Christen gestunden
ihnen auch Leben und Freyheit zu, schickten sie nach ihren Dörfern, erhielten reiche
Beute, Pferde, Schafe, Ochsen und alles, was im Schlosse war; und lobten
dabey auch GOtt für die Wiedererlangung der zwey Schlösser, wie auch für die
abermalige Bezwingung dieses verkehrten Volkes, und kehrten mit grosser Freude
nach Liefland.

a) Weil hier die letzte Erwehnung *) des Bernhards von der Lippe geschiehet, und un-
ten beym Jahr 1224 n. 7 ein anderer Bischof der Semgallen, Lambert, ans Licht
trit; so wollen wir doch hier bemerken, was Cäsarius von Heisterbach von diesem
ihm gar wohl bekanten Herrn aufgezeichnet hat; theils weil es die Gemüthseigenschaften
dieses Bernhards bekant macht; theils weil Zeugen von eigener Erfahrung in der Ge-
"schichte rar, und vor allen andern müssen gehöret werden. "Es erzählte uns, schreibt
"Cäsarius libr. 9 c. 37. der Herr Bernhard von der Lippe, Abt in Liefland, nun-
"mehriger Bischof daselbst, eine gar ruhmwürdige Begebenheit. Als ein gewisser Be-
"kehrter, wenn ich mich recht besinne, der nur neulich den christlichen Glauben ange-
*) Da die Geschichte dieses Herrn manche Merkwürdigkeiten enthalten, so wollen wir zum Vergnügen des
Lesers das übrige mit beybringen. Sein Vater war Bernhard der I, und seine Mutter eine An-
verwandtin des Kaisers Lotharius, Petronella von Arne. Er hatte in seiner Jugend den geist-
lichen Stand erwählen müssen, und erhielt auch ein Kanonicat im Stifte Hildesheim, weil ihm
aber sein ältester Bruder durch den Tod zur Regirung Platz machte, so überredete ihn der Vater den
geistlichen Stand niederzulegen. Die Uebermacht seiner Feinde, die in seinen Ländern übel hausten,
nöthigte ihn bey Heinrich dem Löwen Dienste zu nehmen, wo ihm seiner bekanten Herzhaftigkeit
und Klugheit wegen das Hauptpanier anvertrauet, und der Zuname Achilles und Ulysses gegeben
wurde. Henricus Leo erlaubte ihm eine Armee, um seine verlornen Länder wieder zu erobern;
weil er ihn inständigst um Beyhülfe ersuchet hatte. Der Graf gab diesen Soldaten eine schimmernde
Rüstung, und ließ seinen Unterthanen ihre Pflugscharen, Spaten und ander Eisenzeug so blank
machen, daß die Feinde, weil ihnen die Armee bey scheinender Sonne mit ihren polirten Waffen so
in die Augen blitzte, aus Furcht die Flucht ergriffen. Weil es diesem Graf aber an Vestungen fehlte,
so wandte er sich wieder an Heinrich den Löwen und brachte es auf einem Reichstage dahin, daß
Friede gemacht, und er Freyheit erhielt das heutige Lippstadt anzulegen. Anno 1156 ging er mit
dem Herzog als dessen General unter Kaiser Fridrich dem I in Jtalien zu Felde, hielt im Bisthum
Cöln auf gut soldatisch haus, und ward Commendante in Haldensleben, wovon er 1180 die Be-
lagerer tapfer wegschlug; auch das folgende Jahr ein gleiches that, aber doch endlich den Ort mit
Accord übergab. Er sprung mit des Herzogs Feinden übel um, daher ihm viele gram wurden, und
die benachbarten Bischöfe ihm seine Länder aufs neue entrissen, konte auch in dem Cölnischen Ver-
gleiche nichts mehr als Lippe und Lipperode erhalten, dagegen ihm der Herzog Heinrich die
Herrschaft Engern und mehr andre Güter schenkte. Aus Gewissensangst legte er 1190 den Degen
nieder, trente sich von seiner Gemahlin und ging 1210 nach Liefland. Jn seiner Jugend machte er
sich in Thurnieren ein grosses Ansehen, erhielt auch den Beynamen des Grosmüthigen. Er war
dabey gastfrey, und rühmet man ihm nach, daß er öfters mehr Gäste gehabt, als Stühle für sie
zu bekommen gewesen, wobey er sich mit Musik brav lustig gemacht. Andre Geschichtschreiber und
Herr P. Kelch setzen seinen Tod Anno 1220 in der Dünemünde, wir finden ihn aber hier 2 Jahr
nachher noch lebendig. Der 23 Jan. wird ihm zum Andenken gefeyert. Seine Gemahlin sol Graf
Friedrichs des Streitbaren zu Arensberg Tochter, Namens Sophia, gewesen seyn. Weil seine
Kinder nicht alle bekant sind, so hat Herr Gruber ein altes Document von 244 angebracht, dar-
inne sein Sohn Gerhard, Erzbischof von Bremen, ein Vermächtniß allen seinen Brüdern und
Schwestern bestimmet, und seine Mutter nicht Sophia, sondern Heilwig eine edle Matrone nennet
Die Kinder waren also
1) Herr Gerhard,   Erzbischof von   Bremen.
2)   Otto,    Bischof zu   Utrecht.
3)   Bernhard,   Bischof zu   Paterborn.
4)   Dietrich,   Probst zu   Deventer.
5)   Hermann,   von   Lippia.
6) Frau Hethelint,   Aebtißin zu   Berse.
7)   Gerdrut,   - - zu   Hervorden.
8)   Conegundis,   - - zu   Vrekenhorst.
9)   Athelheid,   - - zu   Alten.
10)   Heilwig,   Gräfin von   Kegenhagen.
11)   Beatrix,- - von   Lutterberg.
A a a 2

von 1222 bis 1223.
und Vieh heraus, theilten es gerade unter ſich, und lieſſen die Menſchen auf ihre1222
Doͤrfer gehen. Nach Theilung der Beute ruͤckten ſie vor ein ander Schloß an der
Pala, und machten ſich ebenfals uͤber ſelbiges her. Jene aber beforgten die Er-
oberung ihres Schloſſes, die Peſtilenz, die Sterbefaͤlle, welche in vorigem Schloß
hauſiret hatten, und mehr dergleichen Ungluͤck; daher ergaben ſie ſich je eher je lie-
ber den Chriſten in die Haͤnde, und baten nur ums Leben und ihre Freyheit.
Jhr Vermoͤgen alle aber lieſſen ſie der Armee Preis. Die Chriſten geſtunden
ihnen auch Leben und Freyheit zu, ſchickten ſie nach ihren Doͤrfern, erhielten reiche
Beute, Pferde, Schafe, Ochſen und alles, was im Schloſſe war; und lobten
dabey auch GOtt fuͤr die Wiedererlangung der zwey Schloͤſſer, wie auch fuͤr die
abermalige Bezwingung dieſes verkehrten Volkes, und kehrten mit groſſer Freude
nach Liefland.

a) Weil hier die letzte Erwehnung *) des Bernhards von der Lippe geſchiehet, und un-
ten beym Jahr 1224 n. 7 ein anderer Biſchof der Semgallen, Lambert, ans Licht
trit; ſo wollen wir doch hier bemerken, was Caͤſarius von Heiſterbach von dieſem
ihm gar wohl bekanten Herrn aufgezeichnet hat; theils weil es die Gemuͤthseigenſchaften
dieſes Bernhards bekant macht; theils weil Zeugen von eigener Erfahrung in der Ge-
„ſchichte rar, und vor allen andern muͤſſen gehoͤret werden. „Es erzaͤhlte uns, ſchreibt
Caͤſarius libr. 9 c. 37. der Herr Bernhard von der Lippe, Abt in Liefland, nun-
„mehriger Biſchof daſelbſt, eine gar ruhmwuͤrdige Begebenheit. Als ein gewiſſer Be-
„kehrter, wenn ich mich recht beſinne, der nur neulich den chriſtlichen Glauben ange-
*) Da die Geſchichte dieſes Herrn manche Merkwuͤrdigkeiten enthalten, ſo wollen wir zum Vergnuͤgen des
Leſers das uͤbrige mit beybringen. Sein Vater war Bernhard der I, und ſeine Mutter eine An-
verwandtin des Kaiſers Lotharius, Petronella von Arne. Er hatte in ſeiner Jugend den geiſt-
lichen Stand erwaͤhlen muͤſſen, und erhielt auch ein Kanonicat im Stifte Hildesheim, weil ihm
aber ſein aͤlteſter Bruder durch den Tod zur Regirung Platz machte, ſo uͤberredete ihn der Vater den
geiſtlichen Stand niederzulegen. Die Uebermacht ſeiner Feinde, die in ſeinen Laͤndern uͤbel hauſten,
noͤthigte ihn bey Heinrich dem Loͤwen Dienſte zu nehmen, wo ihm ſeiner bekanten Herzhaftigkeit
und Klugheit wegen das Hauptpanier anvertrauet, und der Zuname Achilles und Ulyſſes gegeben
wurde. Henricus Leo erlaubte ihm eine Armee, um ſeine verlornen Laͤnder wieder zu erobern;
weil er ihn inſtaͤndigſt um Beyhuͤlfe erſuchet hatte. Der Graf gab dieſen Soldaten eine ſchimmernde
Ruͤſtung, und ließ ſeinen Unterthanen ihre Pflugſcharen, Spaten und ander Eiſenzeug ſo blank
machen, daß die Feinde, weil ihnen die Armee bey ſcheinender Sonne mit ihren polirten Waffen ſo
in die Augen blitzte, aus Furcht die Flucht ergriffen. Weil es dieſem Graf aber an Veſtungen fehlte,
ſo wandte er ſich wieder an Heinrich den Loͤwen und brachte es auf einem Reichstage dahin, daß
Friede gemacht, und er Freyheit erhielt das heutige Lippſtadt anzulegen. Anno 1156 ging er mit
dem Herzog als deſſen General unter Kaiſer Fridrich dem I in Jtalien zu Felde, hielt im Bisthum
Coͤln auf gut ſoldatiſch haus, und ward Commendante in Haldensleben, wovon er 1180 die Be-
lagerer tapfer wegſchlug; auch das folgende Jahr ein gleiches that, aber doch endlich den Ort mit
Accord uͤbergab. Er ſprung mit des Herzogs Feinden uͤbel um, daher ihm viele gram wurden, und
die benachbarten Biſchoͤfe ihm ſeine Laͤnder aufs neue entriſſen, konte auch in dem Coͤlniſchen Ver-
gleiche nichts mehr als Lippe und Lipperode erhalten, dagegen ihm der Herzog Heinrich die
Herrſchaft Engern und mehr andre Guͤter ſchenkte. Aus Gewiſſensangſt legte er 1190 den Degen
nieder, trente ſich von ſeiner Gemahlin und ging 1210 nach Liefland. Jn ſeiner Jugend machte er
ſich in Thurnieren ein groſſes Anſehen, erhielt auch den Beynamen des Grosmuͤthigen. Er war
dabey gaſtfrey, und ruͤhmet man ihm nach, daß er oͤfters mehr Gaͤſte gehabt, als Stuͤhle fuͤr ſie
zu bekommen geweſen, wobey er ſich mit Muſik brav luſtig gemacht. Andre Geſchichtſchreiber und
Herr P. Kelch ſetzen ſeinen Tod Anno 1220 in der Duͤnemuͤnde, wir finden ihn aber hier 2 Jahr
nachher noch lebendig. Der 23 Jan. wird ihm zum Andenken gefeyert. Seine Gemahlin ſol Graf
Friedrichs des Streitbaren zu Arensberg Tochter, Namens Sophia, geweſen ſeyn. Weil ſeine
Kinder nicht alle bekant ſind, ſo hat Herr Gruber ein altes Document von 244 angebracht, dar-
inne ſein Sohn Gerhard, Erzbiſchof von Bremen, ein Vermaͤchtniß allen ſeinen Bruͤdern und
Schweſtern beſtimmet, und ſeine Mutter nicht Sophia, ſondern Heilwig eine edle Matrone nennet
Die Kinder waren alſo
1) Herr Gerhard,   Erzbiſchof von   Bremen.
2)   Otto,    Biſchof zu   Utrecht.
3)   Bernhard,   Biſchof zu   Paterborn.
4)   Dietrich,   Probſt zu   Deventer.
5)   Hermann,   von   Lippia.
6) Frau Hethelint,   Aebtißin zu   Berſe.
7)   Gerdrut,   ‒ ‒ zu   Hervorden.
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9)   Athelheid,   ‒ ‒ zu   Alten.
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[187/0219] von 1222 bis 1223. und Vieh heraus, theilten es gerade unter ſich, und lieſſen die Menſchen auf ihre Doͤrfer gehen. Nach Theilung der Beute ruͤckten ſie vor ein ander Schloß an der Pala, und machten ſich ebenfals uͤber ſelbiges her. Jene aber beforgten die Er- oberung ihres Schloſſes, die Peſtilenz, die Sterbefaͤlle, welche in vorigem Schloß hauſiret hatten, und mehr dergleichen Ungluͤck; daher ergaben ſie ſich je eher je lie- ber den Chriſten in die Haͤnde, und baten nur ums Leben und ihre Freyheit. Jhr Vermoͤgen alle aber lieſſen ſie der Armee Preis. Die Chriſten geſtunden ihnen auch Leben und Freyheit zu, ſchickten ſie nach ihren Doͤrfern, erhielten reiche Beute, Pferde, Schafe, Ochſen und alles, was im Schloſſe war; und lobten dabey auch GOtt fuͤr die Wiedererlangung der zwey Schloͤſſer, wie auch fuͤr die abermalige Bezwingung dieſes verkehrten Volkes, und kehrten mit groſſer Freude nach Liefland. 1222 a⁾ Weil hier die letzte Erwehnung *) des Bernhards von der Lippe geſchiehet, und un- ten beym Jahr 1224 n. 7 ein anderer Biſchof der Semgallen, Lambert, ans Licht trit; ſo wollen wir doch hier bemerken, was Caͤſarius von Heiſterbach von dieſem ihm gar wohl bekanten Herrn aufgezeichnet hat; theils weil es die Gemuͤthseigenſchaften dieſes Bernhards bekant macht; theils weil Zeugen von eigener Erfahrung in der Ge- „ſchichte rar, und vor allen andern muͤſſen gehoͤret werden. „Es erzaͤhlte uns, ſchreibt „Caͤſarius libr. 9 c. 37. der Herr Bernhard von der Lippe, Abt in Liefland, nun- „mehriger Biſchof daſelbſt, eine gar ruhmwuͤrdige Begebenheit. Als ein gewiſſer Be- „kehrter, wenn ich mich recht beſinne, der nur neulich den chriſtlichen Glauben ange- „nommen *) Da die Geſchichte dieſes Herrn manche Merkwuͤrdigkeiten enthalten, ſo wollen wir zum Vergnuͤgen des Leſers das uͤbrige mit beybringen. Sein Vater war Bernhard der I, und ſeine Mutter eine An- verwandtin des Kaiſers Lotharius, Petronella von Arne. Er hatte in ſeiner Jugend den geiſt- lichen Stand erwaͤhlen muͤſſen, und erhielt auch ein Kanonicat im Stifte Hildesheim, weil ihm aber ſein aͤlteſter Bruder durch den Tod zur Regirung Platz machte, ſo uͤberredete ihn der Vater den geiſtlichen Stand niederzulegen. Die Uebermacht ſeiner Feinde, die in ſeinen Laͤndern uͤbel hauſten, noͤthigte ihn bey Heinrich dem Loͤwen Dienſte zu nehmen, wo ihm ſeiner bekanten Herzhaftigkeit und Klugheit wegen das Hauptpanier anvertrauet, und der Zuname Achilles und Ulyſſes gegeben wurde. Henricus Leo erlaubte ihm eine Armee, um ſeine verlornen Laͤnder wieder zu erobern; weil er ihn inſtaͤndigſt um Beyhuͤlfe erſuchet hatte. Der Graf gab dieſen Soldaten eine ſchimmernde Ruͤſtung, und ließ ſeinen Unterthanen ihre Pflugſcharen, Spaten und ander Eiſenzeug ſo blank machen, daß die Feinde, weil ihnen die Armee bey ſcheinender Sonne mit ihren polirten Waffen ſo in die Augen blitzte, aus Furcht die Flucht ergriffen. Weil es dieſem Graf aber an Veſtungen fehlte, ſo wandte er ſich wieder an Heinrich den Loͤwen und brachte es auf einem Reichstage dahin, daß Friede gemacht, und er Freyheit erhielt das heutige Lippſtadt anzulegen. Anno 1156 ging er mit dem Herzog als deſſen General unter Kaiſer Fridrich dem I in Jtalien zu Felde, hielt im Bisthum Coͤln auf gut ſoldatiſch haus, und ward Commendante in Haldensleben, wovon er 1180 die Be- lagerer tapfer wegſchlug; auch das folgende Jahr ein gleiches that, aber doch endlich den Ort mit Accord uͤbergab. Er ſprung mit des Herzogs Feinden uͤbel um, daher ihm viele gram wurden, und die benachbarten Biſchoͤfe ihm ſeine Laͤnder aufs neue entriſſen, konte auch in dem Coͤlniſchen Ver- gleiche nichts mehr als Lippe und Lipperode erhalten, dagegen ihm der Herzog Heinrich die Herrſchaft Engern und mehr andre Guͤter ſchenkte. Aus Gewiſſensangſt legte er 1190 den Degen nieder, trente ſich von ſeiner Gemahlin und ging 1210 nach Liefland. Jn ſeiner Jugend machte er ſich in Thurnieren ein groſſes Anſehen, erhielt auch den Beynamen des Grosmuͤthigen. Er war dabey gaſtfrey, und ruͤhmet man ihm nach, daß er oͤfters mehr Gaͤſte gehabt, als Stuͤhle fuͤr ſie zu bekommen geweſen, wobey er ſich mit Muſik brav luſtig gemacht. Andre Geſchichtſchreiber und Herr P. Kelch ſetzen ſeinen Tod Anno 1220 in der Duͤnemuͤnde, wir finden ihn aber hier 2 Jahr nachher noch lebendig. Der 23 Jan. wird ihm zum Andenken gefeyert. Seine Gemahlin ſol Graf Friedrichs des Streitbaren zu Arensberg Tochter, Namens Sophia, geweſen ſeyn. Weil ſeine Kinder nicht alle bekant ſind, ſo hat Herr Gruber ein altes Document von 244 angebracht, dar- inne ſein Sohn Gerhard, Erzbiſchof von Bremen, ein Vermaͤchtniß allen ſeinen Bruͤdern und Schweſtern beſtimmet, und ſeine Mutter nicht Sophia, ſondern Heilwig eine edle Matrone nennet Die Kinder waren alſo 1) Herr Gerhard, Erzbiſchof von Bremen. 2) Otto, Biſchof zu Utrecht. 3) Bernhard, Biſchof zu Paterborn. 4) Dietrich, Probſt zu Deventer. 5) Hermann, von Lippia. 6) Frau Hethelint, Aebtißin zu Berſe. 7) Gerdrut, ‒ ‒ zu Hervorden. 8) Conegundis, ‒ ‒ zu Vrekenhorſt. 9) Athelheid, ‒ ‒ zu Alten. 10) Heilwig, Graͤfin von Kegenhagen. 11) Beatrix,‒ ‒ von Lutterberg. A a a 2

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/219>, abgerufen am 25.04.2024.