Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Geschichte des dritten Bischof Alberts, sieben und zwanzigstes Jahr,
1224Frauen, nebst mehrern andern verständigen und bescheidenen Männern bey sich
hatte. Erst kam er nach Cubbesele e), hielt den Liven daselbst die Messe, und
predigte das Wort des Heils, um sie im katholischen Glauben zu stärken. Nachher
machte ers eben so in Vitisele und Letthegore. Ferner that er ein gleiches in
Metsepole, in Ydumea, und in Lettland, streuete den Samen des Evan-
gelii für alle aus, lehrte sie gute Früchte bringen, und erklärte ihnen den christlichen
Glauben deutlich und fleißig. Hierauf begab er sich nach Ungannien, und fand
daselbst die Kirche der Gläubigen so wol an Deutschen als Esthen, wie auch
das von den neuen Einwohnern bewohnte und vest erbaute Schloß Odempe,
und priese den HErrn, daß er auch in Esthland eine Versamlung der Gläubigen
angetroffen. Die Esthen unterwieß er im Glauben an JEsum Christum:
die Deutschen vermahnte er treulich, und warnete sie, wie sie gütlich bey ein
ander leben, und sich unter ein ander keinen Verdruß machen solten; daß die
Deutschen den Schultern der Neubekehrten kein unerträglich Joch zur Beschwerde
auflegen, sondern das sanfte und leichte Joch des HErrn, und ihnen immerfort die
Geheimnisse des Glaubens beybringen möchten. Er segnete sie hierauf ein, und
reiste nach Saccala, wo er im ersten Kirchspiel, das er bey der See Worce-
gerbe
fand, die Neubekehrten sehr erbaulich lehrte, und vermahnte, nimmer vom
Glauben unsers HErrn JEsu Christi abzutreten. Von da machte er sich nach
dem Schlosse Viliende, welches den Ordensbrüdern gehörig war, und sie damals
sehr veste erbauet hatten. Die Brüder selbst kamen heraus und gingen mit Freu-
den dem Gesandten des apostolischen Stuhls entgegen, nahmen ihn in ihr Schloß,
und erzählten ihm alles Unglück, so sie des christlichen Glaubens halber von den
Esthen ausgestanden. Er ließ hierauf die Esthen, Männer und Weiber, zur
Kirche rufen, ging zu ihnen, ertheilte ihnen treulich das Wort der Ermahnung,
und warnete sie, sie möchten nicht mehr solch Böses thun, und sich unterfangen die
Geheimnisse des Glaubens zu beschimpfen. Gleichfals ertheilte er den Brüdern
der Ritterschaft Ermahnungen der heiligen Lehre gar erwecklich, und stelte ihnen
vor, sie möchten doch nicht ihren Unterthanen den dummen Esthen weder in Em-
pfang des Zehnden, noch irgend in andern Stücken alzuschwer fallen, damit sie nicht
durch dergleichen Veranlaßung wieder in den abgöttischen Dienst des Heidenthums
verfielen. Es kamen auch die Boten der Dänen aus Revel daselbst zu ihm, die
ihn mit Freuden wilkommen hiessen, und ihm ihre Anfechtungen und Kriege erzähl-
ten. Ebenfals langten die Boten der Strandesten, so mit den Dänen sich im-
mer in Haaren lagen, bey ihm an, erboten ihm ihr Land und ihre Provinzen, wie
sie dieselben auch den Rigischen immer anboten, wenn er sie nur vor den Dänen
und Oeselern schützen wolte, welche er auch in Schutz nahm. Nachdem kehrte
er wieder in Lettland, und in Tricatien trafen die Letten bey ihm ein aus der
ganzen Provinz, die Tolowa hieß; denen er das Wort GOttes mit Freuden
predigte, und alle Glaubenslehren treulich und fleißig vortrug. Von da brach er
nach Wenden auf, und ward von den daselbst wohnenden Ordensbrüdern und
andern Deutschen mit grosser Ehrfurcht in Empfang genommen, er fand auch
eine sehr grosse Menge Wenden und Letten da vor sich. Demnach ließ er mit
frühem Morgen alle Letten zusammen kommen, und predigte ihnen lustig und mit
Freuden die fröliche Lehre unsers HErrn JEsu Christi vor, erinnerte sie oftmals
an die Paßion des HErrn JEsu, machte die ohndem frölich waren unter ihnen,
damit nochmehr erfreuet, und rühmte ihre Treue und Standhaftigkeit, weil sie
von freyen Stücken und ohne Kriegsgetümmel gleich anfangs den christlichen Glau-
ben angenommen, und nachher niemals den Bund der Taufe, wie die Liven und
Esthen doch gethan, gebrochen hätten. Er priese auch ihre Demuth und Ge-
duld, als die den Namen JEsu Christi zu den Esthen und zu den andern Na-
tionen mit Freuden getragen, und viele aus ihren Landsleuten, die wegen des
christlichen Glaubens hingerichtet worden, ohne Zweifel in die Gemeinschaft der
Märtyrer gesandt hätten. Auch den Wenden f) entzog er die treuen Ermahnun-

gen

Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, ſieben und zwanzigſtes Jahr,
1224Frauen, nebſt mehrern andern verſtaͤndigen und beſcheidenen Maͤnnern bey ſich
hatte. Erſt kam er nach Cubbeſele e), hielt den Liven daſelbſt die Meſſe, und
predigte das Wort des Heils, um ſie im katholiſchen Glauben zu ſtaͤrken. Nachher
machte ers eben ſo in Vitiſele und Letthegore. Ferner that er ein gleiches in
Metſepole, in Ydumea, und in Lettland, ſtreuete den Samen des Evan-
gelii fuͤr alle aus, lehrte ſie gute Fruͤchte bringen, und erklaͤrte ihnen den chriſtlichen
Glauben deutlich und fleißig. Hierauf begab er ſich nach Ungannien, und fand
daſelbſt die Kirche der Glaͤubigen ſo wol an Deutſchen als Eſthen, wie auch
das von den neuen Einwohnern bewohnte und veſt erbaute Schloß Odempe,
und prieſe den HErrn, daß er auch in Eſthland eine Verſamlung der Glaͤubigen
angetroffen. Die Eſthen unterwieß er im Glauben an JEſum Chriſtum:
die Deutſchen vermahnte er treulich, und warnete ſie, wie ſie guͤtlich bey ein
ander leben, und ſich unter ein ander keinen Verdruß machen ſolten; daß die
Deutſchen den Schultern der Neubekehrten kein unertraͤglich Joch zur Beſchwerde
auflegen, ſondern das ſanfte und leichte Joch des HErrn, und ihnen immerfort die
Geheimniſſe des Glaubens beybringen moͤchten. Er ſegnete ſie hierauf ein, und
reiſte nach Saccala, wo er im erſten Kirchſpiel, das er bey der See Worce-
gerbe
fand, die Neubekehrten ſehr erbaulich lehrte, und vermahnte, nimmer vom
Glauben unſers HErrn JEſu Chriſti abzutreten. Von da machte er ſich nach
dem Schloſſe Viliende, welches den Ordensbruͤdern gehoͤrig war, und ſie damals
ſehr veſte erbauet hatten. Die Bruͤder ſelbſt kamen heraus und gingen mit Freu-
den dem Geſandten des apoſtoliſchen Stuhls entgegen, nahmen ihn in ihr Schloß,
und erzaͤhlten ihm alles Ungluͤck, ſo ſie des chriſtlichen Glaubens halber von den
Eſthen ausgeſtanden. Er ließ hierauf die Eſthen, Maͤnner und Weiber, zur
Kirche rufen, ging zu ihnen, ertheilte ihnen treulich das Wort der Ermahnung,
und warnete ſie, ſie moͤchten nicht mehr ſolch Boͤſes thun, und ſich unterfangen die
Geheimniſſe des Glaubens zu beſchimpfen. Gleichfals ertheilte er den Bruͤdern
der Ritterſchaft Ermahnungen der heiligen Lehre gar erwecklich, und ſtelte ihnen
vor, ſie moͤchten doch nicht ihren Unterthanen den dummen Eſthen weder in Em-
pfang des Zehnden, noch irgend in andern Stuͤcken alzuſchwer fallen, damit ſie nicht
durch dergleichen Veranlaßung wieder in den abgoͤttiſchen Dienſt des Heidenthums
verfielen. Es kamen auch die Boten der Daͤnen aus Revel daſelbſt zu ihm, die
ihn mit Freuden wilkommen hieſſen, und ihm ihre Anfechtungen und Kriege erzaͤhl-
ten. Ebenfals langten die Boten der Strandeſten, ſo mit den Daͤnen ſich im-
mer in Haaren lagen, bey ihm an, erboten ihm ihr Land und ihre Provinzen, wie
ſie dieſelben auch den Rigiſchen immer anboten, wenn er ſie nur vor den Daͤnen
und Oeſelern ſchuͤtzen wolte, welche er auch in Schutz nahm. Nachdem kehrte
er wieder in Lettland, und in Tricatien trafen die Letten bey ihm ein aus der
ganzen Provinz, die Tolowa hieß; denen er das Wort GOttes mit Freuden
predigte, und alle Glaubenslehren treulich und fleißig vortrug. Von da brach er
nach Wenden auf, und ward von den daſelbſt wohnenden Ordensbruͤdern und
andern Deutſchen mit groſſer Ehrfurcht in Empfang genommen, er fand auch
eine ſehr groſſe Menge Wenden und Letten da vor ſich. Demnach ließ er mit
fruͤhem Morgen alle Letten zuſammen kommen, und predigte ihnen luſtig und mit
Freuden die froͤliche Lehre unſers HErrn JEſu Chriſti vor, erinnerte ſie oftmals
an die Paßion des HErrn JEſu, machte die ohndem froͤlich waren unter ihnen,
damit nochmehr erfreuet, und ruͤhmte ihre Treue und Standhaftigkeit, weil ſie
von freyen Stuͤcken und ohne Kriegsgetuͤmmel gleich anfangs den chriſtlichen Glau-
ben angenommen, und nachher niemals den Bund der Taufe, wie die Liven und
Eſthen doch gethan, gebrochen haͤtten. Er prieſe auch ihre Demuth und Ge-
duld, als die den Namen JEſu Chriſti zu den Eſthen und zu den andern Na-
tionen mit Freuden getragen, und viele aus ihren Landsleuten, die wegen des
chriſtlichen Glaubens hingerichtet worden, ohne Zweifel in die Gemeinſchaft der
Maͤrtyrer geſandt haͤtten. Auch den Wenden f) entzog er die treuen Ermahnun-

gen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0236" n="204"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ge&#x017F;chichte des dritten Bi&#x017F;chof Alberts, &#x017F;ieben und zwanzig&#x017F;tes Jahr,</hi></fw><lb/><note place="left">1224</note>Frauen, neb&#x017F;t mehrern andern ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen und be&#x017F;cheidenen Ma&#x0364;nnern bey &#x017F;ich<lb/>
hatte. Er&#x017F;t kam er nach <hi rendition="#fr">Cubbe&#x017F;ele</hi> <note place="end" n="e)"/>, hielt den <hi rendition="#fr">Liven</hi> da&#x017F;elb&#x017F;t die Me&#x017F;&#x017F;e, und<lb/>
predigte das Wort des Heils, um &#x017F;ie im katholi&#x017F;chen Glauben zu &#x017F;ta&#x0364;rken. Nachher<lb/>
machte ers eben &#x017F;o in <hi rendition="#fr">Viti&#x017F;ele</hi> und <hi rendition="#fr">Letthegore.</hi> Ferner that er ein gleiches in<lb/><hi rendition="#fr">Met&#x017F;epole,</hi> in <hi rendition="#fr">Ydumea,</hi> und in <hi rendition="#fr">Lettland,</hi> &#x017F;treuete den Samen des Evan-<lb/>
gelii fu&#x0364;r alle aus, lehrte &#x017F;ie gute Fru&#x0364;chte bringen, und erkla&#x0364;rte ihnen den chri&#x017F;tlichen<lb/>
Glauben deutlich und fleißig. Hierauf begab er &#x017F;ich nach <hi rendition="#fr">Ungannien,</hi> und fand<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t die Kirche der Gla&#x0364;ubigen &#x017F;o wol an <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chen</hi> als <hi rendition="#fr">E&#x017F;then,</hi> wie auch<lb/>
das von den neuen Einwohnern bewohnte und ve&#x017F;t erbaute Schloß <hi rendition="#fr">Odempe,</hi><lb/>
und prie&#x017F;e den HErrn, daß er auch in <hi rendition="#fr">E&#x017F;thland</hi> eine Ver&#x017F;amlung der Gla&#x0364;ubigen<lb/>
angetroffen. Die <hi rendition="#fr">E&#x017F;then</hi> unterwieß er im Glauben an <hi rendition="#fr">JE&#x017F;um Chri&#x017F;tum:</hi><lb/>
die <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chen</hi> vermahnte er treulich, und warnete &#x017F;ie, wie &#x017F;ie gu&#x0364;tlich bey ein<lb/>
ander leben, und &#x017F;ich unter ein ander keinen Verdruß machen &#x017F;olten; daß die<lb/><hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chen</hi> den Schultern der Neubekehrten kein unertra&#x0364;glich Joch zur Be&#x017F;chwerde<lb/>
auflegen, &#x017F;ondern das &#x017F;anfte und leichte Joch des HErrn, und ihnen immerfort die<lb/>
Geheimni&#x017F;&#x017F;e des Glaubens beybringen mo&#x0364;chten. Er &#x017F;egnete &#x017F;ie hierauf ein, und<lb/>
rei&#x017F;te nach <hi rendition="#fr">Saccala,</hi> wo er im er&#x017F;ten Kirch&#x017F;piel, das er bey der See <hi rendition="#fr">Worce-<lb/>
gerbe</hi> fand, die Neubekehrten &#x017F;ehr erbaulich lehrte, und vermahnte, nimmer vom<lb/>
Glauben un&#x017F;ers HErrn <hi rendition="#fr">JE&#x017F;u Chri&#x017F;ti</hi> abzutreten. Von da machte er &#x017F;ich nach<lb/>
dem Schlo&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#fr">Viliende,</hi> welches den Ordensbru&#x0364;dern geho&#x0364;rig war, und &#x017F;ie damals<lb/>
&#x017F;ehr ve&#x017F;te erbauet hatten. Die Bru&#x0364;der &#x017F;elb&#x017F;t kamen heraus und gingen mit Freu-<lb/>
den dem Ge&#x017F;andten des apo&#x017F;toli&#x017F;chen Stuhls entgegen, nahmen ihn in ihr Schloß,<lb/>
und erza&#x0364;hlten ihm alles Unglu&#x0364;ck, &#x017F;o &#x017F;ie des chri&#x017F;tlichen Glaubens halber von den<lb/><hi rendition="#fr">E&#x017F;then</hi> ausge&#x017F;tanden. Er ließ hierauf die <hi rendition="#fr">E&#x017F;then,</hi> Ma&#x0364;nner und Weiber, zur<lb/>
Kirche rufen, ging zu ihnen, ertheilte ihnen treulich das Wort der Ermahnung,<lb/>
und warnete &#x017F;ie, &#x017F;ie mo&#x0364;chten nicht mehr &#x017F;olch Bo&#x0364;&#x017F;es thun, und &#x017F;ich unterfangen die<lb/>
Geheimni&#x017F;&#x017F;e des Glaubens zu be&#x017F;chimpfen. Gleichfals ertheilte er den Bru&#x0364;dern<lb/>
der Ritter&#x017F;chaft Ermahnungen der heiligen Lehre gar erwecklich, und &#x017F;telte ihnen<lb/>
vor, &#x017F;ie mo&#x0364;chten doch nicht ihren Unterthanen den dummen <hi rendition="#fr">E&#x017F;then</hi> weder in Em-<lb/>
pfang des Zehnden, noch irgend in andern Stu&#x0364;cken alzu&#x017F;chwer fallen, damit &#x017F;ie nicht<lb/>
durch dergleichen Veranlaßung wieder in den abgo&#x0364;tti&#x017F;chen Dien&#x017F;t des Heidenthums<lb/>
verfielen. Es kamen auch die Boten der <hi rendition="#fr">Da&#x0364;nen</hi> aus <hi rendition="#fr">Revel</hi> da&#x017F;elb&#x017F;t zu ihm, die<lb/>
ihn mit Freuden wilkommen hie&#x017F;&#x017F;en, und ihm ihre Anfechtungen und Kriege erza&#x0364;hl-<lb/>
ten. Ebenfals langten die Boten der Strande&#x017F;ten, &#x017F;o mit den <hi rendition="#fr">Da&#x0364;nen</hi> &#x017F;ich im-<lb/>
mer in Haaren lagen, bey ihm an, erboten ihm ihr Land und ihre Provinzen, wie<lb/>
&#x017F;ie die&#x017F;elben auch den <hi rendition="#fr">Rigi&#x017F;chen</hi> immer anboten, wenn er &#x017F;ie nur vor den <hi rendition="#fr">Da&#x0364;nen</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Oe&#x017F;elern</hi> &#x017F;chu&#x0364;tzen wolte, welche er auch in Schutz nahm. Nachdem kehrte<lb/>
er wieder in <hi rendition="#fr">Lettland,</hi> und in <hi rendition="#fr">Tricatien</hi> trafen die <hi rendition="#fr">Letten</hi> bey ihm ein aus der<lb/>
ganzen Provinz, die <hi rendition="#fr">Tolowa</hi> hieß; denen er das Wort GOttes mit Freuden<lb/>
predigte, und alle Glaubenslehren treulich und fleißig vortrug. Von da brach er<lb/>
nach <hi rendition="#fr">Wenden</hi> auf, und ward von den da&#x017F;elb&#x017F;t wohnenden Ordensbru&#x0364;dern und<lb/>
andern <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chen</hi> mit gro&#x017F;&#x017F;er Ehrfurcht in Empfang genommen, er fand auch<lb/>
eine &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;e Menge <hi rendition="#fr">Wenden</hi> und <hi rendition="#fr">Letten</hi> da vor &#x017F;ich. Demnach ließ er mit<lb/>
fru&#x0364;hem Morgen alle <hi rendition="#fr">Letten</hi> zu&#x017F;ammen kommen, und predigte ihnen lu&#x017F;tig und mit<lb/>
Freuden die fro&#x0364;liche Lehre un&#x017F;ers HErrn <hi rendition="#fr">JE&#x017F;u Chri&#x017F;ti</hi> vor, erinnerte &#x017F;ie oftmals<lb/>
an die Paßion des HErrn <hi rendition="#fr">JE&#x017F;u,</hi> machte die ohndem fro&#x0364;lich waren unter ihnen,<lb/>
damit nochmehr erfreuet, und ru&#x0364;hmte ihre Treue und Standhaftigkeit, weil &#x017F;ie<lb/>
von freyen Stu&#x0364;cken und ohne Kriegsgetu&#x0364;mmel gleich anfangs den chri&#x017F;tlichen Glau-<lb/>
ben angenommen, und nachher niemals den Bund der Taufe, wie die <hi rendition="#fr">Liven</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">E&#x017F;then</hi> doch gethan, gebrochen ha&#x0364;tten. Er prie&#x017F;e auch ihre Demuth und Ge-<lb/>
duld, als die den Namen <hi rendition="#fr">JE&#x017F;u Chri&#x017F;ti</hi> zu den <hi rendition="#fr">E&#x017F;then</hi> und zu den andern Na-<lb/>
tionen mit Freuden getragen, und viele aus ihren Landsleuten, die wegen des<lb/>
chri&#x017F;tlichen Glaubens hingerichtet worden, ohne Zweifel in die Gemein&#x017F;chaft der<lb/>
Ma&#x0364;rtyrer ge&#x017F;andt ha&#x0364;tten. Auch den <hi rendition="#fr">Wenden</hi> <note place="end" n="f)"/> entzog er die treuen Ermahnun-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0236] Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, ſieben und zwanzigſtes Jahr, Frauen, nebſt mehrern andern verſtaͤndigen und beſcheidenen Maͤnnern bey ſich hatte. Erſt kam er nach Cubbeſele e⁾ , hielt den Liven daſelbſt die Meſſe, und predigte das Wort des Heils, um ſie im katholiſchen Glauben zu ſtaͤrken. Nachher machte ers eben ſo in Vitiſele und Letthegore. Ferner that er ein gleiches in Metſepole, in Ydumea, und in Lettland, ſtreuete den Samen des Evan- gelii fuͤr alle aus, lehrte ſie gute Fruͤchte bringen, und erklaͤrte ihnen den chriſtlichen Glauben deutlich und fleißig. Hierauf begab er ſich nach Ungannien, und fand daſelbſt die Kirche der Glaͤubigen ſo wol an Deutſchen als Eſthen, wie auch das von den neuen Einwohnern bewohnte und veſt erbaute Schloß Odempe, und prieſe den HErrn, daß er auch in Eſthland eine Verſamlung der Glaͤubigen angetroffen. Die Eſthen unterwieß er im Glauben an JEſum Chriſtum: die Deutſchen vermahnte er treulich, und warnete ſie, wie ſie guͤtlich bey ein ander leben, und ſich unter ein ander keinen Verdruß machen ſolten; daß die Deutſchen den Schultern der Neubekehrten kein unertraͤglich Joch zur Beſchwerde auflegen, ſondern das ſanfte und leichte Joch des HErrn, und ihnen immerfort die Geheimniſſe des Glaubens beybringen moͤchten. Er ſegnete ſie hierauf ein, und reiſte nach Saccala, wo er im erſten Kirchſpiel, das er bey der See Worce- gerbe fand, die Neubekehrten ſehr erbaulich lehrte, und vermahnte, nimmer vom Glauben unſers HErrn JEſu Chriſti abzutreten. Von da machte er ſich nach dem Schloſſe Viliende, welches den Ordensbruͤdern gehoͤrig war, und ſie damals ſehr veſte erbauet hatten. Die Bruͤder ſelbſt kamen heraus und gingen mit Freu- den dem Geſandten des apoſtoliſchen Stuhls entgegen, nahmen ihn in ihr Schloß, und erzaͤhlten ihm alles Ungluͤck, ſo ſie des chriſtlichen Glaubens halber von den Eſthen ausgeſtanden. Er ließ hierauf die Eſthen, Maͤnner und Weiber, zur Kirche rufen, ging zu ihnen, ertheilte ihnen treulich das Wort der Ermahnung, und warnete ſie, ſie moͤchten nicht mehr ſolch Boͤſes thun, und ſich unterfangen die Geheimniſſe des Glaubens zu beſchimpfen. Gleichfals ertheilte er den Bruͤdern der Ritterſchaft Ermahnungen der heiligen Lehre gar erwecklich, und ſtelte ihnen vor, ſie moͤchten doch nicht ihren Unterthanen den dummen Eſthen weder in Em- pfang des Zehnden, noch irgend in andern Stuͤcken alzuſchwer fallen, damit ſie nicht durch dergleichen Veranlaßung wieder in den abgoͤttiſchen Dienſt des Heidenthums verfielen. Es kamen auch die Boten der Daͤnen aus Revel daſelbſt zu ihm, die ihn mit Freuden wilkommen hieſſen, und ihm ihre Anfechtungen und Kriege erzaͤhl- ten. Ebenfals langten die Boten der Strandeſten, ſo mit den Daͤnen ſich im- mer in Haaren lagen, bey ihm an, erboten ihm ihr Land und ihre Provinzen, wie ſie dieſelben auch den Rigiſchen immer anboten, wenn er ſie nur vor den Daͤnen und Oeſelern ſchuͤtzen wolte, welche er auch in Schutz nahm. Nachdem kehrte er wieder in Lettland, und in Tricatien trafen die Letten bey ihm ein aus der ganzen Provinz, die Tolowa hieß; denen er das Wort GOttes mit Freuden predigte, und alle Glaubenslehren treulich und fleißig vortrug. Von da brach er nach Wenden auf, und ward von den daſelbſt wohnenden Ordensbruͤdern und andern Deutſchen mit groſſer Ehrfurcht in Empfang genommen, er fand auch eine ſehr groſſe Menge Wenden und Letten da vor ſich. Demnach ließ er mit fruͤhem Morgen alle Letten zuſammen kommen, und predigte ihnen luſtig und mit Freuden die froͤliche Lehre unſers HErrn JEſu Chriſti vor, erinnerte ſie oftmals an die Paßion des HErrn JEſu, machte die ohndem froͤlich waren unter ihnen, damit nochmehr erfreuet, und ruͤhmte ihre Treue und Standhaftigkeit, weil ſie von freyen Stuͤcken und ohne Kriegsgetuͤmmel gleich anfangs den chriſtlichen Glau- ben angenommen, und nachher niemals den Bund der Taufe, wie die Liven und Eſthen doch gethan, gebrochen haͤtten. Er prieſe auch ihre Demuth und Ge- duld, als die den Namen JEſu Chriſti zu den Eſthen und zu den andern Na- tionen mit Freuden getragen, und viele aus ihren Landsleuten, die wegen des chriſtlichen Glaubens hingerichtet worden, ohne Zweifel in die Gemeinſchaft der Maͤrtyrer geſandt haͤtten. Auch den Wenden f⁾ entzog er die treuen Ermahnun- gen 1224

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/236
Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/236>, abgerufen am 28.03.2024.