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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Erzb. J. v. Wallenrade. zur Zeit der Reg. Conrads v. Vietinghof.
nachbarschaftliche Verordnungen bedungen wurden, so war dennoch der Vergleich1404
von schlechtem Bestande.

Der Ordensmeister wohnte einem Generalkapitel in Preussen bey, welches1405
der Hochmeister Conr. von Jungingen zu Marienburg hielt, und worin die
alten Ordnungen bestätiget, folgende neue aber hierzu gethan wurden. Erstlich,
nur den Ordensbrüdern werden die Aemter des Landes verlehnet. Zweytens, kein
Bruder hält mehr als 10 Pferde, ein Comtur nicht über 100, ausser denen so
zum Ackerbau gebraucht werden. Drittens, nur rittermäßige Leute führen Ge-
wehr, Waffen oder Geschos. Viertens, an den Feiertagen komt aus jedem
Hause wenigstens eine Person in die Kirche. Fünftens, kein Verurtheilter wird
abgethan, ehe er gebeichtet und das Sacrament empfangen. Sechstens, Wahr-
sager, Zauberer und Teufelskünstler werden lebendig mit Feuer verbrant. Sie-
bentens, Gewerke und Gilden halten nur einmal des Jahrs ihre Zusammenkunft.
Achtens, jeder greift sein entlaufenes Gesinde, wo ers antrift. Neuntens, ein in
die Acht Erklärter ist vogelfrey. Zehntens, an heiliger Städte begehet niemand
Unfug, bey Verlust Leibes und Gutes. Eilftens, wer an heiliger Städte einen
schläget oder verwundet, verlieret die Faust. Zwölftens, die Handwerker brau-
chen die Wrake, um die Fälscherey zu erkennen. Dreyzehntens, wer eine Jung-
frau entführet, wird des Landes verwiesen; williget sie darein, so verlieret sie alle
Erbgüter. Vierzehntens, wer eine Jungfrau nothzüchtiget, heirathet sie oder
verlieret den Kopf. Fünfzehntens, wer seinem Pfarrherrn den Zehnden versaget,
wird für ehrlos gehalten und in keinem Gerichte zu Rechte verstattet.

Conrad bekam bald darauf eine andre Verrichtung in Samogitien.1406
Dieses dem Orden abgetretene Land sehnte sich nach seinen alten Herrn wieder, da-
her der dasige Comtur Martialis von Helfenbach einigen Bojaren die Köpfe
abschlagen lies. Um aber den übrigen die Rechtmäßigkeit seines Verfahrens ge-
gen die Aufrürer darzulegen, so lies er die Vornehmsten unter ihnen zusammen
fordern, denen denn der Dolmetscher aus List oder Ungeschicklichkeit die Sache so
vorstelte, daß sie ihr Misvergnügen deutlich merken liessen; Helfenbach be-
fahl daher sie alle auf dem Schlosse Friedeburg in gefängliche Haft zu nehmen.
Allein der Kerkermeister lies seine Gefangenen frey, die denn aus Rache den Landcom-
tur und alle Deutschen die Nacht über, da sie im tiefsten Schlafe waren, ermor-
deten, und noch mehr Plätze verwüsteten. Der liefländische Ordensmeister
aber machte den Schuldigen einen kurzen Proces, und lies etliche Schlösser von
neuen aufbauen, um diese gefährliche Nachbaren und Ordensunterthanen enger
im Zaum zu halten.

Jn Riga ward die steinerne Peterskirche zu bauen angefangen und 10
Mark rigisch golten damals 9 Rosenobel und 1 Ferding*).

Unter
*) Auf einer meßingenen Tafel nach der Thüre zur Sünderstrasse beim Chor steht mit alter Mönchs-
schrift das Distichon:
Milleno, quadringento, sexto simul anno
Christi, principium fert chorus iste suum.

Da die Peterskirche jetzo die Hauptkirche in Riga ist, so wollen wir beiläufig doch kurz die vor-
nehmsten Schicksale derselben aus einer Nachricht beibringen, welche der damalige Grosczaar und
nachmalige Kaiser Peter von Rusland, der den Brand derselben mit angesehen, aus dem Ar-
chiv auszufertigen anbefohlen, und wie solche am 17ten May 1721 dem Generalgonverneur, Fürst
Repnin, durch den Burggraf und wortführenden Bürgermeister von Benckendorf überge-
ben worden:
Jm Jahr 1466 ward der erste Thurm daran gebauet, und 1491 der Hahn erneuret, der aber
vom Winde abgeworfen und 1538 wieder aufgesetzet werden muste. Der erschreckliche Sturm-
wind vom 2ten October 1576 bog ihm den Hals krum, und obgleich das Jahr drauf ein neuer
von verguldetem Kupfer gesetzet wurde, der auf 50 Thlr. zu stehen kam; so wehte ihn doch der
Wind am 4ten October 1577 wieder nm, da denn am 11ten Jul. 1578 wieder ein neuer aufgese-
tzet und mit der Stange fester eingetrieben wurde. Am 26sten Jun. zündete der Blitz das Kir-
chendach an, welches aber bald gelöschet ward. Ein Ungenanter verehrte 1595 den grossen mes-
singenen Leuchter mit 7 Pfeiffen vor dem Altare; Franz Werner aber, der scharzen Häupter El-
terman, schenkte 1613 die schöne Kanzel, die Pastor Baumann am 5ten November 1615 ein-
weihete. 1621 am 6ten Aug. erschlug das Wetter einen Kunstpfeiffergesellen Namens Marten
auf
G g 2

Erzb. J. v. Wallenrade. zur Zeit der Reg. Conrads v. Vietinghof.
nachbarſchaftliche Verordnungen bedungen wurden, ſo war dennoch der Vergleich1404
von ſchlechtem Beſtande.

Der Ordensmeiſter wohnte einem Generalkapitel in Preuſſen bey, welches1405
der Hochmeiſter Conr. von Jungingen zu Marienburg hielt, und worin die
alten Ordnungen beſtaͤtiget, folgende neue aber hierzu gethan wurden. Erſtlich,
nur den Ordensbruͤdern werden die Aemter des Landes verlehnet. Zweytens, kein
Bruder haͤlt mehr als 10 Pferde, ein Comtur nicht uͤber 100, auſſer denen ſo
zum Ackerbau gebraucht werden. Drittens, nur rittermaͤßige Leute fuͤhren Ge-
wehr, Waffen oder Geſchos. Viertens, an den Feiertagen komt aus jedem
Hauſe wenigſtens eine Perſon in die Kirche. Fuͤnftens, kein Verurtheilter wird
abgethan, ehe er gebeichtet und das Sacrament empfangen. Sechſtens, Wahr-
ſager, Zauberer und Teufelskuͤnſtler werden lebendig mit Feuer verbrant. Sie-
bentens, Gewerke und Gilden halten nur einmal des Jahrs ihre Zuſammenkunft.
Achtens, jeder greift ſein entlaufenes Geſinde, wo ers antrift. Neuntens, ein in
die Acht Erklaͤrter iſt vogelfrey. Zehntens, an heiliger Staͤdte begehet niemand
Unfug, bey Verluſt Leibes und Gutes. Eilftens, wer an heiliger Staͤdte einen
ſchlaͤget oder verwundet, verlieret die Fauſt. Zwoͤlftens, die Handwerker brau-
chen die Wrake, um die Faͤlſcherey zu erkennen. Dreyzehntens, wer eine Jung-
frau entfuͤhret, wird des Landes verwieſen; williget ſie darein, ſo verlieret ſie alle
Erbguͤter. Vierzehntens, wer eine Jungfrau nothzuͤchtiget, heirathet ſie oder
verlieret den Kopf. Fuͤnfzehntens, wer ſeinem Pfarrherrn den Zehnden verſaget,
wird fuͤr ehrlos gehalten und in keinem Gerichte zu Rechte verſtattet.

Conrad bekam bald darauf eine andre Verrichtung in Samogitien.1406
Dieſes dem Orden abgetretene Land ſehnte ſich nach ſeinen alten Herrn wieder, da-
her der daſige Comtur Martialis von Helfenbach einigen Bojaren die Koͤpfe
abſchlagen lies. Um aber den uͤbrigen die Rechtmaͤßigkeit ſeines Verfahrens ge-
gen die Aufruͤrer darzulegen, ſo lies er die Vornehmſten unter ihnen zuſammen
fordern, denen denn der Dolmetſcher aus Liſt oder Ungeſchicklichkeit die Sache ſo
vorſtelte, daß ſie ihr Misvergnuͤgen deutlich merken lieſſen; Helfenbach be-
fahl daher ſie alle auf dem Schloſſe Friedeburg in gefaͤngliche Haft zu nehmen.
Allein der Kerkermeiſter lies ſeine Gefangenen frey, die denn aus Rache den Landcom-
tur und alle Deutſchen die Nacht uͤber, da ſie im tiefſten Schlafe waren, ermor-
deten, und noch mehr Plaͤtze verwuͤſteten. Der lieflaͤndiſche Ordensmeiſter
aber machte den Schuldigen einen kurzen Proces, und lies etliche Schloͤſſer von
neuen aufbauen, um dieſe gefaͤhrliche Nachbaren und Ordensunterthanen enger
im Zaum zu halten.

Jn Riga ward die ſteinerne Peterskirche zu bauen angefangen und 10
Mark rigiſch golten damals 9 Roſenobel und 1 Ferding*).

Unter
*) Auf einer meßingenen Tafel nach der Thuͤre zur Suͤnderſtraſſe beim Chor ſteht mit alter Moͤnchs-
ſchrift das Diſtichon:
Milleno, quadringento, ſexto ſimul anno
Chriſti, principium fert chorus iſte ſuum.

Da die Peterskirche jetzo die Hauptkirche in Riga iſt, ſo wollen wir beilaͤufig doch kurz die vor-
nehmſten Schickſale derſelben aus einer Nachricht beibringen, welche der damalige Grosczaar und
nachmalige Kaiſer Peter von Rusland, der den Brand derſelben mit angeſehen, aus dem Ar-
chiv auszufertigen anbefohlen, und wie ſolche am 17ten May 1721 dem Generalgonverneur, Fuͤrſt
Repnin, durch den Burggraf und wortfuͤhrenden Buͤrgermeiſter von Benckendorf uͤberge-
ben worden:
Jm Jahr 1466 ward der erſte Thurm daran gebauet, und 1491 der Hahn erneuret, der aber
vom Winde abgeworfen und 1538 wieder aufgeſetzet werden muſte. Der erſchreckliche Sturm-
wind vom 2ten October 1576 bog ihm den Hals krum, und obgleich das Jahr drauf ein neuer
von verguldetem Kupfer geſetzet wurde, der auf 50 Thlr. zu ſtehen kam; ſo wehte ihn doch der
Wind am 4ten October 1577 wieder nm, da denn am 11ten Jul. 1578 wieder ein neuer aufgeſe-
tzet und mit der Stange feſter eingetrieben wurde. Am 26ſten Jun. zuͤndete der Blitz das Kir-
chendach an, welches aber bald geloͤſchet ward. Ein Ungenanter verehrte 1595 den groſſen meſ-
ſingenen Leuchter mit 7 Pfeiffen vor dem Altare; Franz Werner aber, der ſcharzen Haͤupter El-
terman, ſchenkte 1613 die ſchoͤne Kanzel, die Paſtor Baumann am 5ten November 1615 ein-
weihete. 1621 am 6ten Aug. erſchlug das Wetter einen Kunſtpfeiffergeſellen Namens Marten
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[119/0137] Erzb. J. v. Wallenrade. zur Zeit der Reg. Conrads v. Vietinghof. nachbarſchaftliche Verordnungen bedungen wurden, ſo war dennoch der Vergleich von ſchlechtem Beſtande. 1404 Der Ordensmeiſter wohnte einem Generalkapitel in Preuſſen bey, welches der Hochmeiſter Conr. von Jungingen zu Marienburg hielt, und worin die alten Ordnungen beſtaͤtiget, folgende neue aber hierzu gethan wurden. Erſtlich, nur den Ordensbruͤdern werden die Aemter des Landes verlehnet. Zweytens, kein Bruder haͤlt mehr als 10 Pferde, ein Comtur nicht uͤber 100, auſſer denen ſo zum Ackerbau gebraucht werden. Drittens, nur rittermaͤßige Leute fuͤhren Ge- wehr, Waffen oder Geſchos. Viertens, an den Feiertagen komt aus jedem Hauſe wenigſtens eine Perſon in die Kirche. Fuͤnftens, kein Verurtheilter wird abgethan, ehe er gebeichtet und das Sacrament empfangen. Sechſtens, Wahr- ſager, Zauberer und Teufelskuͤnſtler werden lebendig mit Feuer verbrant. Sie- bentens, Gewerke und Gilden halten nur einmal des Jahrs ihre Zuſammenkunft. Achtens, jeder greift ſein entlaufenes Geſinde, wo ers antrift. Neuntens, ein in die Acht Erklaͤrter iſt vogelfrey. Zehntens, an heiliger Staͤdte begehet niemand Unfug, bey Verluſt Leibes und Gutes. Eilftens, wer an heiliger Staͤdte einen ſchlaͤget oder verwundet, verlieret die Fauſt. Zwoͤlftens, die Handwerker brau- chen die Wrake, um die Faͤlſcherey zu erkennen. Dreyzehntens, wer eine Jung- frau entfuͤhret, wird des Landes verwieſen; williget ſie darein, ſo verlieret ſie alle Erbguͤter. Vierzehntens, wer eine Jungfrau nothzuͤchtiget, heirathet ſie oder verlieret den Kopf. Fuͤnfzehntens, wer ſeinem Pfarrherrn den Zehnden verſaget, wird fuͤr ehrlos gehalten und in keinem Gerichte zu Rechte verſtattet. 1405 Conrad bekam bald darauf eine andre Verrichtung in Samogitien. Dieſes dem Orden abgetretene Land ſehnte ſich nach ſeinen alten Herrn wieder, da- her der daſige Comtur Martialis von Helfenbach einigen Bojaren die Koͤpfe abſchlagen lies. Um aber den uͤbrigen die Rechtmaͤßigkeit ſeines Verfahrens ge- gen die Aufruͤrer darzulegen, ſo lies er die Vornehmſten unter ihnen zuſammen fordern, denen denn der Dolmetſcher aus Liſt oder Ungeſchicklichkeit die Sache ſo vorſtelte, daß ſie ihr Misvergnuͤgen deutlich merken lieſſen; Helfenbach be- fahl daher ſie alle auf dem Schloſſe Friedeburg in gefaͤngliche Haft zu nehmen. Allein der Kerkermeiſter lies ſeine Gefangenen frey, die denn aus Rache den Landcom- tur und alle Deutſchen die Nacht uͤber, da ſie im tiefſten Schlafe waren, ermor- deten, und noch mehr Plaͤtze verwuͤſteten. Der lieflaͤndiſche Ordensmeiſter aber machte den Schuldigen einen kurzen Proces, und lies etliche Schloͤſſer von neuen aufbauen, um dieſe gefaͤhrliche Nachbaren und Ordensunterthanen enger im Zaum zu halten. 1406 Jn Riga ward die ſteinerne Peterskirche zu bauen angefangen und 10 Mark rigiſch golten damals 9 Roſenobel und 1 Ferding *). Unter *) Auf einer meßingenen Tafel nach der Thuͤre zur Suͤnderſtraſſe beim Chor ſteht mit alter Moͤnchs- ſchrift das Diſtichon: Milleno, quadringento, ſexto ſimul anno Chriſti, principium fert chorus iſte ſuum. Da die Peterskirche jetzo die Hauptkirche in Riga iſt, ſo wollen wir beilaͤufig doch kurz die vor- nehmſten Schickſale derſelben aus einer Nachricht beibringen, welche der damalige Grosczaar und nachmalige Kaiſer Peter von Rusland, der den Brand derſelben mit angeſehen, aus dem Ar- chiv auszufertigen anbefohlen, und wie ſolche am 17ten May 1721 dem Generalgonverneur, Fuͤrſt Repnin, durch den Burggraf und wortfuͤhrenden Buͤrgermeiſter von Benckendorf uͤberge- ben worden: Jm Jahr 1466 ward der erſte Thurm daran gebauet, und 1491 der Hahn erneuret, der aber vom Winde abgeworfen und 1538 wieder aufgeſetzet werden muſte. Der erſchreckliche Sturm- wind vom 2ten October 1576 bog ihm den Hals krum, und obgleich das Jahr drauf ein neuer von verguldetem Kupfer geſetzet wurde, der auf 50 Thlr. zu ſtehen kam; ſo wehte ihn doch der Wind am 4ten October 1577 wieder nm, da denn am 11ten Jul. 1578 wieder ein neuer aufgeſe- tzet und mit der Stange feſter eingetrieben wurde. Am 26ſten Jun. zuͤndete der Blitz das Kir- chendach an, welches aber bald geloͤſchet ward. Ein Ungenanter verehrte 1595 den groſſen meſ- ſingenen Leuchter mit 7 Pfeiffen vor dem Altare; Franz Werner aber, der ſcharzen Haͤupter El- terman, ſchenkte 1613 die ſchoͤne Kanzel, die Paſtor Baumann am 5ten November 1615 ein- weihete. 1621 am 6ten Aug. erſchlug das Wetter einen Kunſtpfeiffergeſellen Namens Marten auf G g 2

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/137>, abgerufen am 24.04.2024.