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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Erzb. Henn. Scharfenberg. zur Zeit der Reg. Frankens v. Kerßdorf.

Der Ordensmeister Cysse war indessen wider die Litthauer auf Rache be-1434
dacht, und bot die ganze liefländische Ritterschaft bey 600 Personen auf, dar-
unter ein Comtur 100, ein Ritter aber 10 von seinen Leuten mitnahm, wozu
der weltliche Adel sowol als die Stände und Bistümer ihre Manschaft mit
hergaben. Er brach auch mit ihnen nach Litthauen auf, die Feinde wichen
aber, und liessen der Liefländer erste Hitze beim Rauben und Plündern verrau-
chen. Er würde ohne Zweifel in 12 Wochen fertig geworden seyn, wenn nicht
ein mächtigerer Feind, nemlich die rothe Ruhr ins Lager gekommen, an welcher
er nebst vielen neuangekommenen Herren aus Geldern und Westphalen ster-
ben muste. Der Hochmeister Paul Pelnitzer von Rusdorf, den die Poh-
len
seines frommen Gemüths wegen nur Sanctum Spiritum nenten, drung den
Liefländern nach Cyssens Tode seinen Verwandten auf. Dieser war

Der sechs und dreißigste Ordensmeister in Liefland,
deutschen Ordens,
Francke von Kerßdorf
a).

Er begab sich gleich zu dem Heer, welches in Litthauen noch streifte,
lies sich aber so tief in die Wildnis heinein locken, daß weder Zufuhr
noch Rückweg offen blieb. Die Wälder waren verhauen, die Pässe
stark besetzet, keine Lebensmittel im Lager, und die feindliche Macht
vor Augen. Das Gefecht war unvermeidlich und die Niederlage für die Lief-
länder
so unglücklich, daß der Landmarschal Heinrich von Buckenvorde froh
war, den wenigen Rest der Manschaft mit unsäglichem Ungemach durch lauter
Wüsteneien zurück zu führen. Hierdurch gerieth der liefländische Orden in ein
solches Bad als der preußische in der Schlacht bey Tanneberg; die vornehm-
sten Häuser in Deutschland aber in Bestürzung und Trauer b).

Am
a) Chyträus nennet ihn Franck von Kersdorp; Horner, Keistorf; Strubicz,
Johannes Kyrchow;
die eine Handschrift, Christoph Kerskorf; die andere, Kerk-
hof,
und Kese Korf; Russow, von Kersstorp; Ceumern, Franciscus von
Kersdorff; Spangenberg von Kersebrück. Schütz schreibet von Kerschdorff,
die Pohlen aus dem Revisionsdocumenten, Frantz von Kirchhoff. Schurtz-
fleisch
wil in alten Schriften Kerczdorf gefunden haben. Jn dem Briefe, worin
er die lateinischen vermoderten Privilegien der Stadt Goldingen ins Deutsche
übersetzen lassen von 1434, heist sein Zuname Kerkdorf. Nach dem Schurtzfleisch
war er aus dem alten Geschlecht der Herren von Gersdorf, die ursprünglich Sach-
sen,
nicht aber Wenden gewesen, ohnerachtet manche wendische Familien aus Böh-
men
nach der Lausnitz gezogen, und sich daselbst nieder gelassen. Michow meldet
B. IV, k. 44, daß ein gewisser Georg Gerczdorff im preußischen Kriege gefangen
worden.
b) Crantz B. XI, k. 35, Wandal. meldet viele Umstände anders. Kersebrock, schreibt
er, machte mit Svitergailen ein Bündnis, und versprach ihn zur Thronfolge zu ver-
helfen. Der preußische Hochmeister lies sichs gefallen. Kersebrock zog aus ganz
Liefland 600 Ordensbrüder, Hülfsvölker aus den Städten, Esten, Liven und
Letten, wie auch viele Ausländer zusammen. Als er sich mit den Litthauern verei-
nigte, muste ihm Svitergail versprechen, mit den Rigischen als Feinden des Or-
dens anzubinden. Er schickte auch gleich den ältesten Comtur mit 30 Reutern zurück,
die inzwischen die Ordensschlösser schützen solten. Unterdessen geschahe das unglückliche
Treffen, wobey über 20000 der besten Ritterpferde in feindliche Hände kamen. Auf
die Nachricht schickte zwar der Hochmeister einen andern Meister nach Liefland, allein
die Liefländer liessen sich ihr Recht nicht nehmen, und erwehlten den Landmarschal zu
dieser Würde. Es kostete ihnen aber viel Geld und gute Worte, ehe sie desselben
Bestätigung erhalten konten.
K k 2
Erzb. Henn. Scharfenberg. zur Zeit der Reg. Frankens v. Kerßdorf.

Der Ordensmeiſter Cyſſe war indeſſen wider die Litthauer auf Rache be-1434
dacht, und bot die ganze lieflaͤndiſche Ritterſchaft bey 600 Perſonen auf, dar-
unter ein Comtur 100, ein Ritter aber 10 von ſeinen Leuten mitnahm, wozu
der weltliche Adel ſowol als die Staͤnde und Biſtuͤmer ihre Manſchaft mit
hergaben. Er brach auch mit ihnen nach Litthauen auf, die Feinde wichen
aber, und lieſſen der Lieflaͤnder erſte Hitze beim Rauben und Pluͤndern verrau-
chen. Er wuͤrde ohne Zweifel in 12 Wochen fertig geworden ſeyn, wenn nicht
ein maͤchtigerer Feind, nemlich die rothe Ruhr ins Lager gekommen, an welcher
er nebſt vielen neuangekommenen Herren aus Geldern und Weſtphalen ſter-
ben muſte. Der Hochmeiſter Paul Pelnitzer von Rusdorf, den die Poh-
len
ſeines frommen Gemuͤths wegen nur Sanctum Spiritum nenten, drung den
Lieflaͤndern nach Cyſſens Tode ſeinen Verwandten auf. Dieſer war

Der ſechs und dreißigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Francke von Kerßdorf
a).

Er begab ſich gleich zu dem Heer, welches in Litthauen noch ſtreifte,
lies ſich aber ſo tief in die Wildnis heinein locken, daß weder Zufuhr
noch Ruͤckweg offen blieb. Die Waͤlder waren verhauen, die Paͤſſe
ſtark beſetzet, keine Lebensmittel im Lager, und die feindliche Macht
vor Augen. Das Gefecht war unvermeidlich und die Niederlage fuͤr die Lief-
laͤnder
ſo ungluͤcklich, daß der Landmarſchal Heinrich von Buckenvorde froh
war, den wenigen Reſt der Manſchaft mit unſaͤglichem Ungemach durch lauter
Wuͤſteneien zuruͤck zu fuͤhren. Hierdurch gerieth der lieflaͤndiſche Orden in ein
ſolches Bad als der preußiſche in der Schlacht bey Tanneberg; die vornehm-
ſten Haͤuſer in Deutſchland aber in Beſtuͤrzung und Trauer b).

Am
a) Chytraͤus nennet ihn Franck von Kersdorp; Horner, Keiſtorf; Strubicz,
Johannes Kyrchow;
die eine Handſchrift, Chriſtoph Kerskorf; die andere, Kerk-
hof,
und Keſe Korf; Ruſſow, von Kersſtorp; Ceumern, Franciſcus von
Kersdorff; Spangenberg von Kerſebruͤck. Schuͤtz ſchreibet von Kerſchdorff,
die Pohlen aus dem Reviſionsdocumenten, Frantz von Kirchhoff. Schurtz-
fleiſch
wil in alten Schriften Kerczdorf gefunden haben. Jn dem Briefe, worin
er die lateiniſchen vermoderten Privilegien der Stadt Goldingen ins Deutſche
uͤberſetzen laſſen von 1434, heiſt ſein Zuname Kerkdorf. Nach dem Schurtzfleiſch
war er aus dem alten Geſchlecht der Herren von Gersdorf, die urſpruͤnglich Sach-
ſen,
nicht aber Wenden geweſen, ohnerachtet manche wendiſche Familien aus Boͤh-
men
nach der Lausnitz gezogen, und ſich daſelbſt nieder gelaſſen. Michow meldet
B. IV, k. 44, daß ein gewiſſer Georg Gerczdorff im preußiſchen Kriege gefangen
worden.
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er, machte mit Svitergailen ein Buͤndnis, und verſprach ihn zur Thronfolge zu ver-
helfen. Der preußiſche Hochmeiſter lies ſichs gefallen. Kerſebrock zog aus ganz
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Letten, wie auch viele Auslaͤnder zuſammen. Als er ſich mit den Litthauern verei-
nigte, muſte ihm Svitergail verſprechen, mit den Rigiſchen als Feinden des Or-
dens anzubinden. Er ſchickte auch gleich den aͤlteſten Comtur mit 30 Reutern zuruͤck,
die inzwiſchen die Ordensſchloͤſſer ſchuͤtzen ſolten. Unterdeſſen geſchahe das ungluͤckliche
Treffen, wobey uͤber 20000 der beſten Ritterpferde in feindliche Haͤnde kamen. Auf
die Nachricht ſchickte zwar der Hochmeiſter einen andern Meiſter nach Liefland, allein
die Lieflaͤnder lieſſen ſich ihr Recht nicht nehmen, und erwehlten den Landmarſchal zu
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[131/0149] Erzb. Henn. Scharfenberg. zur Zeit der Reg. Frankens v. Kerßdorf. Der Ordensmeiſter Cyſſe war indeſſen wider die Litthauer auf Rache be- dacht, und bot die ganze lieflaͤndiſche Ritterſchaft bey 600 Perſonen auf, dar- unter ein Comtur 100, ein Ritter aber 10 von ſeinen Leuten mitnahm, wozu der weltliche Adel ſowol als die Staͤnde und Biſtuͤmer ihre Manſchaft mit hergaben. Er brach auch mit ihnen nach Litthauen auf, die Feinde wichen aber, und lieſſen der Lieflaͤnder erſte Hitze beim Rauben und Pluͤndern verrau- chen. Er wuͤrde ohne Zweifel in 12 Wochen fertig geworden ſeyn, wenn nicht ein maͤchtigerer Feind, nemlich die rothe Ruhr ins Lager gekommen, an welcher er nebſt vielen neuangekommenen Herren aus Geldern und Weſtphalen ſter- ben muſte. Der Hochmeiſter Paul Pelnitzer von Rusdorf, den die Poh- len ſeines frommen Gemuͤths wegen nur Sanctum Spiritum nenten, drung den Lieflaͤndern nach Cyſſens Tode ſeinen Verwandten auf. Dieſer war 1434 Der ſechs und dreißigſte Ordensmeiſter in Liefland, deutſchen Ordens, Francke von Kerßdorf a). Er begab ſich gleich zu dem Heer, welches in Litthauen noch ſtreifte, lies ſich aber ſo tief in die Wildnis heinein locken, daß weder Zufuhr noch Ruͤckweg offen blieb. Die Waͤlder waren verhauen, die Paͤſſe ſtark beſetzet, keine Lebensmittel im Lager, und die feindliche Macht vor Augen. Das Gefecht war unvermeidlich und die Niederlage fuͤr die Lief- laͤnder ſo ungluͤcklich, daß der Landmarſchal Heinrich von Buckenvorde froh war, den wenigen Reſt der Manſchaft mit unſaͤglichem Ungemach durch lauter Wuͤſteneien zuruͤck zu fuͤhren. Hierdurch gerieth der lieflaͤndiſche Orden in ein ſolches Bad als der preußiſche in der Schlacht bey Tanneberg; die vornehm- ſten Haͤuſer in Deutſchland aber in Beſtuͤrzung und Trauer b). Am a) Chytraͤus nennet ihn Franck von Kersdorp; Horner, Keiſtorf; Strubicz, Johannes Kyrchow; die eine Handſchrift, Chriſtoph Kerskorf; die andere, Kerk- hof, und Keſe Korf; Ruſſow, von Kersſtorp; Ceumern, Franciſcus von Kersdorff; Spangenberg von Kerſebruͤck. Schuͤtz ſchreibet von Kerſchdorff, die Pohlen aus dem Reviſionsdocumenten, Frantz von Kirchhoff. Schurtz- fleiſch wil in alten Schriften Kerczdorf gefunden haben. Jn dem Briefe, worin er die lateiniſchen vermoderten Privilegien der Stadt Goldingen ins Deutſche uͤberſetzen laſſen von 1434, heiſt ſein Zuname Kerkdorf. Nach dem Schurtzfleiſch war er aus dem alten Geſchlecht der Herren von Gersdorf, die urſpruͤnglich Sach- ſen, nicht aber Wenden geweſen, ohnerachtet manche wendiſche Familien aus Boͤh- men nach der Lausnitz gezogen, und ſich daſelbſt nieder gelaſſen. Michow meldet B. IV, k. 44, daß ein gewiſſer Georg Gerczdorff im preußiſchen Kriege gefangen worden. b) Crantz B. XI, k. 35, Wandal. meldet viele Umſtaͤnde anders. Kerſebrock, ſchreibt er, machte mit Svitergailen ein Buͤndnis, und verſprach ihn zur Thronfolge zu ver- helfen. Der preußiſche Hochmeiſter lies ſichs gefallen. Kerſebrock zog aus ganz Liefland 600 Ordensbruͤder, Huͤlfsvoͤlker aus den Staͤdten, Eſten, Liven und Letten, wie auch viele Auslaͤnder zuſammen. Als er ſich mit den Litthauern verei- nigte, muſte ihm Svitergail verſprechen, mit den Rigiſchen als Feinden des Or- dens anzubinden. Er ſchickte auch gleich den aͤlteſten Comtur mit 30 Reutern zuruͤck, die inzwiſchen die Ordensſchloͤſſer ſchuͤtzen ſolten. Unterdeſſen geſchahe das ungluͤckliche Treffen, wobey uͤber 20000 der beſten Ritterpferde in feindliche Haͤnde kamen. Auf die Nachricht ſchickte zwar der Hochmeiſter einen andern Meiſter nach Liefland, allein die Lieflaͤnder lieſſen ſich ihr Recht nicht nehmen, und erwehlten den Landmarſchal zu dieſer Wuͤrde. Es koſtete ihnen aber viel Geld und gute Worte, ehe ſie deſſelben Beſtaͤtigung erhalten konten. K k 2

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/149>, abgerufen am 18.04.2024.