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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Anhang.
Flüssigkeit der Gefäße absorbirten. Ich glaube daher zu dem
Schlusse berechtigt zu sein, daß die Pflanzenwurzeln keine Hu-
muslösung aus dem Boden aufnehmen.

2) Die Pflanzen nehmen Kohlensäure durch die Wurzeln
aus dem Boden auf.

Zwei Glasröhren von 8 Zoll Länge und 4 Linien innerem
Durchmesser wurden am unteren Ende durch eine sehr enge
gebogene Glasröhre in Verbindung gesetzt, so daß die beiden
Schenkel parallel neben einander standen. Nachdem der Appa-
rat mit kohlensaurem Wasser gefüllt worden, wurde in die
obere Oeffnung des einen Schenkels eine reich bewurzelte junge
Bohnenpflanze, deren Wurzeln 21/2 Zoll tief in die Flüssigkeit
hinab reichten, eingesenkt, und die Oeffnung mit Kautschuck
luftdicht verschlossen, der Luftzutritt zum kohlensauren Wasser
im zweiten Schenkel des Apparats durch eine Oelschicht ver-
hindert. Die Pflanze absorbirte täglich ihr eigenes Gewicht
an Feuchtigkeit, welche alle Abende in dem mit Oel abgesperr-
ten Schenkel durch destillirtes Wasser ergänzt wurde.

Die Menge des kohlensauren Wassers im Apparate lieferte
ursprünglich mit Kalkwasser einen Niederschlag von 0,0035 Loth
kohlensaurem Kalke; nachdem die Pflanze acht Tage in der
Flüssigkeit vegetirt hatte, wog der Niederschlag nur noch 0,0012
Loth. Bei der Untersuchung wurde die obere Oeffnung des
Schenkels ohne Pflanze luftdicht verschlossen, aus dem andern
Schenkel die Pflanze herausgenommen und die Flüssigkeit schich-
tenweise von 21/2 zu 21/2 Zoll untersucht. In der oberen
Schicht, welche die Pflanzenwurzeln umgeben hatte, fanden sich
kaum Spuren von Kohlensäure; die darauf folgenden Schich-
ten zeigten kaum eine Verringerung derselben gegen den ur-
sprünglichen Säuregehalt. Der Schenkel ohne Pflanze enthielt

Anhang.
Flüſſigkeit der Gefäße abſorbirten. Ich glaube daher zu dem
Schluſſe berechtigt zu ſein, daß die Pflanzenwurzeln keine Hu-
muslöſung aus dem Boden aufnehmen.

2) Die Pflanzen nehmen Kohlenſäure durch die Wurzeln
aus dem Boden auf.

Zwei Glasröhren von 8 Zoll Länge und 4 Linien innerem
Durchmeſſer wurden am unteren Ende durch eine ſehr enge
gebogene Glasröhre in Verbindung geſetzt, ſo daß die beiden
Schenkel parallel neben einander ſtanden. Nachdem der Appa-
rat mit kohlenſaurem Waſſer gefüllt worden, wurde in die
obere Oeffnung des einen Schenkels eine reich bewurzelte junge
Bohnenpflanze, deren Wurzeln 2½ Zoll tief in die Flüſſigkeit
hinab reichten, eingeſenkt, und die Oeffnung mit Kautſchuck
luftdicht verſchloſſen, der Luftzutritt zum kohlenſauren Waſſer
im zweiten Schenkel des Apparats durch eine Oelſchicht ver-
hindert. Die Pflanze abſorbirte täglich ihr eigenes Gewicht
an Feuchtigkeit, welche alle Abende in dem mit Oel abgeſperr-
ten Schenkel durch deſtillirtes Waſſer ergänzt wurde.

Die Menge des kohlenſauren Waſſers im Apparate lieferte
urſprünglich mit Kalkwaſſer einen Niederſchlag von 0,0035 Loth
kohlenſaurem Kalke; nachdem die Pflanze acht Tage in der
Flüſſigkeit vegetirt hatte, wog der Niederſchlag nur noch 0,0012
Loth. Bei der Unterſuchung wurde die obere Oeffnung des
Schenkels ohne Pflanze luftdicht verſchloſſen, aus dem andern
Schenkel die Pflanze herausgenommen und die Flüſſigkeit ſchich-
tenweiſe von 2½ zu 2½ Zoll unterſucht. In der oberen
Schicht, welche die Pflanzenwurzeln umgeben hatte, fanden ſich
kaum Spuren von Kohlenſäure; die darauf folgenden Schich-
ten zeigten kaum eine Verringerung derſelben gegen den ur-
ſprünglichen Säuregehalt. Der Schenkel ohne Pflanze enthielt

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[194/0212] Anhang. Flüſſigkeit der Gefäße abſorbirten. Ich glaube daher zu dem Schluſſe berechtigt zu ſein, daß die Pflanzenwurzeln keine Hu- muslöſung aus dem Boden aufnehmen. 2) Die Pflanzen nehmen Kohlenſäure durch die Wurzeln aus dem Boden auf. Zwei Glasröhren von 8 Zoll Länge und 4 Linien innerem Durchmeſſer wurden am unteren Ende durch eine ſehr enge gebogene Glasröhre in Verbindung geſetzt, ſo daß die beiden Schenkel parallel neben einander ſtanden. Nachdem der Appa- rat mit kohlenſaurem Waſſer gefüllt worden, wurde in die obere Oeffnung des einen Schenkels eine reich bewurzelte junge Bohnenpflanze, deren Wurzeln 2½ Zoll tief in die Flüſſigkeit hinab reichten, eingeſenkt, und die Oeffnung mit Kautſchuck luftdicht verſchloſſen, der Luftzutritt zum kohlenſauren Waſſer im zweiten Schenkel des Apparats durch eine Oelſchicht ver- hindert. Die Pflanze abſorbirte täglich ihr eigenes Gewicht an Feuchtigkeit, welche alle Abende in dem mit Oel abgeſperr- ten Schenkel durch deſtillirtes Waſſer ergänzt wurde. Die Menge des kohlenſauren Waſſers im Apparate lieferte urſprünglich mit Kalkwaſſer einen Niederſchlag von 0,0035 Loth kohlenſaurem Kalke; nachdem die Pflanze acht Tage in der Flüſſigkeit vegetirt hatte, wog der Niederſchlag nur noch 0,0012 Loth. Bei der Unterſuchung wurde die obere Oeffnung des Schenkels ohne Pflanze luftdicht verſchloſſen, aus dem andern Schenkel die Pflanze herausgenommen und die Flüſſigkeit ſchich- tenweiſe von 2½ zu 2½ Zoll unterſucht. In der oberen Schicht, welche die Pflanzenwurzeln umgeben hatte, fanden ſich kaum Spuren von Kohlenſäure; die darauf folgenden Schich- ten zeigten kaum eine Verringerung derſelben gegen den ur- ſprünglichen Säuregehalt. Der Schenkel ohne Pflanze enthielt

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/212>, abgerufen am 28.03.2024.