Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Verwesung stickstofffreier Körper. Essigbildung.
eine durch den Sauerstoff der Luft leicht veränderliche Materie
enthalten, welche entweder durch den bloßen Contact mit dem
Sauerstoff in Verwesung übergeht, oder die durch ihre Fäul-
niß und Gährung Produkte liefert, welche diese Eigenschaft
besitzen.

Eine kleine Quantität Bier, in Säurung begriffener Wein,
ein Malzabsud, Honig, zahllose Materien dieser Art können sich
in ihrer Wirkung hier ersetzen.

Die Verschiedenheit der Substanzen bei derselben Wir-
kungsweise beweis't hier, daß keine von ihnen einen Stoff ent-
halten kann, welcher als Erreger der Verwesung wirkt, sie sind
nur Träger einer Thätigkeit, die sich über die Sphäre ihrer
eignen Anziehungen hinaus erstreckt, es ist der Zustand ihrer
eignen Zersetzung und Verwesung, welcher den gleichen Zustand,
die nämliche Thätigkeit, den Atomen des Alkohols ertheilt, ge-
rade so, wie in einer Legirung von Platin mit Silber, das
erstere die Fähigkeit, sich mit Sauerstoff zu vereinigen, durch
das Silber erhält und zwar durch den Act seiner eigenen
Oxidation; der Wasserstoff des Alkohols oxidirt sich unter be-
merkbarer Wärmeentwickelung, auf Kosten des berührenden
Sauerstoffs, zu Wasser, es entsteht Aldehyd, welcher mit der-
selben Begierde, wie schweflige Säure, sich direct mit Sauer-
stoff zu Essigsäure verbindet.


Verweſung ſtickſtofffreier Körper. Eſſigbildung.
eine durch den Sauerſtoff der Luft leicht veränderliche Materie
enthalten, welche entweder durch den bloßen Contact mit dem
Sauerſtoff in Verweſung übergeht, oder die durch ihre Fäul-
niß und Gährung Produkte liefert, welche dieſe Eigenſchaft
beſitzen.

Eine kleine Quantität Bier, in Säurung begriffener Wein,
ein Malzabſud, Honig, zahlloſe Materien dieſer Art können ſich
in ihrer Wirkung hier erſetzen.

Die Verſchiedenheit der Subſtanzen bei derſelben Wir-
kungsweiſe beweiſ’t hier, daß keine von ihnen einen Stoff ent-
halten kann, welcher als Erreger der Verweſung wirkt, ſie ſind
nur Träger einer Thätigkeit, die ſich über die Sphäre ihrer
eignen Anziehungen hinaus erſtreckt, es iſt der Zuſtand ihrer
eignen Zerſetzung und Verweſung, welcher den gleichen Zuſtand,
die nämliche Thätigkeit, den Atomen des Alkohols ertheilt, ge-
rade ſo, wie in einer Legirung von Platin mit Silber, das
erſtere die Fähigkeit, ſich mit Sauerſtoff zu vereinigen, durch
das Silber erhält und zwar durch den Act ſeiner eigenen
Oxidation; der Waſſerſtoff des Alkohols oxidirt ſich unter be-
merkbarer Wärmeentwickelung, auf Koſten des berührenden
Sauerſtoffs, zu Waſſer, es entſteht Aldehyd, welcher mit der-
ſelben Begierde, wie ſchweflige Säure, ſich direct mit Sauer-
ſtoff zu Eſſigſäure verbindet.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0270" n="252"/><fw place="top" type="header">Verwe&#x017F;ung &#x017F;tick&#x017F;tofffreier Körper. E&#x017F;&#x017F;igbildung.</fw><lb/>
eine durch den Sauer&#x017F;toff der Luft leicht veränderliche Materie<lb/>
enthalten, welche entweder durch den bloßen Contact mit dem<lb/>
Sauer&#x017F;toff in Verwe&#x017F;ung übergeht, oder die durch ihre Fäul-<lb/>
niß und Gährung Produkte liefert, welche die&#x017F;e Eigen&#x017F;chaft<lb/>
be&#x017F;itzen.</p><lb/>
          <p>Eine kleine Quantität Bier, in Säurung begriffener Wein,<lb/>
ein Malzab&#x017F;ud, Honig, zahllo&#x017F;e Materien die&#x017F;er Art können &#x017F;ich<lb/>
in ihrer Wirkung hier er&#x017F;etzen.</p><lb/>
          <p>Die Ver&#x017F;chiedenheit der Sub&#x017F;tanzen bei der&#x017F;elben Wir-<lb/>
kungswei&#x017F;e bewei&#x017F;&#x2019;t hier, daß keine von ihnen einen Stoff ent-<lb/>
halten kann, welcher als Erreger der Verwe&#x017F;ung wirkt, &#x017F;ie &#x017F;ind<lb/>
nur Träger einer Thätigkeit, die &#x017F;ich über die Sphäre ihrer<lb/>
eignen Anziehungen hinaus er&#x017F;treckt, es i&#x017F;t der Zu&#x017F;tand ihrer<lb/>
eignen Zer&#x017F;etzung und Verwe&#x017F;ung, welcher den gleichen Zu&#x017F;tand,<lb/>
die nämliche Thätigkeit, den Atomen des Alkohols ertheilt, ge-<lb/>
rade &#x017F;o, wie in einer Legirung von Platin mit Silber, das<lb/>
er&#x017F;tere die Fähigkeit, &#x017F;ich mit Sauer&#x017F;toff zu vereinigen, durch<lb/>
das Silber erhält und zwar durch den Act &#x017F;einer eigenen<lb/>
Oxidation; der Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toff des Alkohols oxidirt &#x017F;ich unter be-<lb/>
merkbarer Wärmeentwickelung, auf Ko&#x017F;ten des berührenden<lb/>
Sauer&#x017F;toffs, zu Wa&#x017F;&#x017F;er, es ent&#x017F;teht Aldehyd, welcher mit der-<lb/>
&#x017F;elben Begierde, wie &#x017F;chweflige Säure, &#x017F;ich direct mit Sauer-<lb/>
&#x017F;toff zu E&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;äure verbindet.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0270] Verweſung ſtickſtofffreier Körper. Eſſigbildung. eine durch den Sauerſtoff der Luft leicht veränderliche Materie enthalten, welche entweder durch den bloßen Contact mit dem Sauerſtoff in Verweſung übergeht, oder die durch ihre Fäul- niß und Gährung Produkte liefert, welche dieſe Eigenſchaft beſitzen. Eine kleine Quantität Bier, in Säurung begriffener Wein, ein Malzabſud, Honig, zahlloſe Materien dieſer Art können ſich in ihrer Wirkung hier erſetzen. Die Verſchiedenheit der Subſtanzen bei derſelben Wir- kungsweiſe beweiſ’t hier, daß keine von ihnen einen Stoff ent- halten kann, welcher als Erreger der Verweſung wirkt, ſie ſind nur Träger einer Thätigkeit, die ſich über die Sphäre ihrer eignen Anziehungen hinaus erſtreckt, es iſt der Zuſtand ihrer eignen Zerſetzung und Verweſung, welcher den gleichen Zuſtand, die nämliche Thätigkeit, den Atomen des Alkohols ertheilt, ge- rade ſo, wie in einer Legirung von Platin mit Silber, das erſtere die Fähigkeit, ſich mit Sauerſtoff zu vereinigen, durch das Silber erhält und zwar durch den Act ſeiner eigenen Oxidation; der Waſſerſtoff des Alkohols oxidirt ſich unter be- merkbarer Wärmeentwickelung, auf Koſten des berührenden Sauerſtoffs, zu Waſſer, es entſteht Aldehyd, welcher mit der- ſelben Begierde, wie ſchweflige Säure, ſich direct mit Sauer- ſtoff zu Eſſigſäure verbindet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/270
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/270>, abgerufen am 20.04.2024.