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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Nachträge.
Mal 25 Wagen voll Dünger gebraucht und die mich, bis sie
im Boden gewesen, 3 fl. pr. Wagen, also 75 fl. und für
drei Mal 225 fl. gekostet hätten. Diese sind erspart und
meine Aecker sind in sehr gutem Zustande.

Wenn ich im Früh- und Spätjahr die mühevolle Arbeit
ansehe, wie der Dünger mit 2 bis 3 und oft mit 4 Pferden
an die Weinberge gefahren, dann durch viele Leute, oft noch
weit, auf dem Kopfe getragen wird, während ihre Sandäcker
ihn so nöthig haben, dann möchte ich ihnen zurufen: Kommt
doch in meinen Weinberg und seht, wie der gütige Schöpfer
schon dafür gesorgt hat, daß der Weinstock so gut wie der
Baum im Walde seinen Dünger selbst abwirst, ja ich behaupte:
noch reichlicher und besser. Das Laub im Walde fällt erst im
Herbste, wenn es dürr ist, ab und liegt jahrelang, bis es ver-
weset, und kann, weil die Luft alle Kraft ausgesogen hat, dem
Reblaub, welches in der letzten Hälfte Juli oder Anfangs Au-
gust sammt den Reben ab- und kleingehauen und grün unter-
gehackt wird, keineswegs gleichgerechnet werden, indem dieses,
was mich die Erfahrung lehrte, binnen 4 Wochen so in Ver-
wesung übergeht, daß auch nicht die entfernteste Spur mehr
zu finden ist. Sodann stehen auf dem Raume, den ein Buch-
und Eichbaum einnimmt, wenigstens 10 Weinstöcke, die weit
mehr Dünger als der größte Baum abwerfen, wenn man be-
denkt, wie viel manchmal dem Walde entzogen wird und er
dennoch fortbesteht.

Anmerkung der Redaction. In Al. Hendersohn's
Geschichte der Weine der alten und neuen Zeit heißt es:

"Das beste Dungmittel für den Weinstock sind die beim
Beschneiden desselben erhaltenen frisch untergebrachten Reben."

An der Bergstraße, badischer Seits, wird das Rebholz
noch längst da und dort als Dungmittel der Weinberge

Nachträge.
Mal 25 Wagen voll Dünger gebraucht und die mich, bis ſie
im Boden geweſen, 3 fl. pr. Wagen, alſo 75 fl. und für
drei Mal 225 fl. gekoſtet hätten. Dieſe ſind erſpart und
meine Aecker ſind in ſehr gutem Zuſtande.

Wenn ich im Früh- und Spätjahr die mühevolle Arbeit
anſehe, wie der Dünger mit 2 bis 3 und oft mit 4 Pferden
an die Weinberge gefahren, dann durch viele Leute, oft noch
weit, auf dem Kopfe getragen wird, während ihre Sandäcker
ihn ſo nöthig haben, dann möchte ich ihnen zurufen: Kommt
doch in meinen Weinberg und ſeht, wie der gütige Schöpfer
ſchon dafür geſorgt hat, daß der Weinſtock ſo gut wie der
Baum im Walde ſeinen Dünger ſelbſt abwirſt, ja ich behaupte:
noch reichlicher und beſſer. Das Laub im Walde fällt erſt im
Herbſte, wenn es dürr iſt, ab und liegt jahrelang, bis es ver-
weſet, und kann, weil die Luft alle Kraft ausgeſogen hat, dem
Reblaub, welches in der letzten Hälfte Juli oder Anfangs Au-
guſt ſammt den Reben ab- und kleingehauen und grün unter-
gehackt wird, keineswegs gleichgerechnet werden, indem dieſes,
was mich die Erfahrung lehrte, binnen 4 Wochen ſo in Ver-
weſung übergeht, daß auch nicht die entfernteſte Spur mehr
zu finden iſt. Sodann ſtehen auf dem Raume, den ein Buch-
und Eichbaum einnimmt, wenigſtens 10 Weinſtöcke, die weit
mehr Dünger als der größte Baum abwerfen, wenn man be-
denkt, wie viel manchmal dem Walde entzogen wird und er
dennoch fortbeſteht.

Anmerkung der Redaction. In Al. Henderſohn’s
Geſchichte der Weine der alten und neuen Zeit heißt es:

»Das beſte Dungmittel für den Weinſtock ſind die beim
Beſchneiden deſſelben erhaltenen friſch untergebrachten Reben.«

An der Bergſtraße, badiſcher Seits, wird das Rebholz
noch längſt da und dort als Dungmittel der Weinberge

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[350/0368] Nachträge. Mal 25 Wagen voll Dünger gebraucht und die mich, bis ſie im Boden geweſen, 3 fl. pr. Wagen, alſo 75 fl. und für drei Mal 225 fl. gekoſtet hätten. Dieſe ſind erſpart und meine Aecker ſind in ſehr gutem Zuſtande. Wenn ich im Früh- und Spätjahr die mühevolle Arbeit anſehe, wie der Dünger mit 2 bis 3 und oft mit 4 Pferden an die Weinberge gefahren, dann durch viele Leute, oft noch weit, auf dem Kopfe getragen wird, während ihre Sandäcker ihn ſo nöthig haben, dann möchte ich ihnen zurufen: Kommt doch in meinen Weinberg und ſeht, wie der gütige Schöpfer ſchon dafür geſorgt hat, daß der Weinſtock ſo gut wie der Baum im Walde ſeinen Dünger ſelbſt abwirſt, ja ich behaupte: noch reichlicher und beſſer. Das Laub im Walde fällt erſt im Herbſte, wenn es dürr iſt, ab und liegt jahrelang, bis es ver- weſet, und kann, weil die Luft alle Kraft ausgeſogen hat, dem Reblaub, welches in der letzten Hälfte Juli oder Anfangs Au- guſt ſammt den Reben ab- und kleingehauen und grün unter- gehackt wird, keineswegs gleichgerechnet werden, indem dieſes, was mich die Erfahrung lehrte, binnen 4 Wochen ſo in Ver- weſung übergeht, daß auch nicht die entfernteſte Spur mehr zu finden iſt. Sodann ſtehen auf dem Raume, den ein Buch- und Eichbaum einnimmt, wenigſtens 10 Weinſtöcke, die weit mehr Dünger als der größte Baum abwerfen, wenn man be- denkt, wie viel manchmal dem Walde entzogen wird und er dennoch fortbeſteht. Anmerkung der Redaction. In Al. Henderſohn’s Geſchichte der Weine der alten und neuen Zeit heißt es: »Das beſte Dungmittel für den Weinſtock ſind die beim Beſchneiden deſſelben erhaltenen friſch untergebrachten Reben.« An der Bergſtraße, badiſcher Seits, wird das Rebholz noch längſt da und dort als Dungmittel der Weinberge

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/368>, abgerufen am 18.04.2024.