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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

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im Thierorganismus.
äußern die belebten Körpertheile stets noch einen Widerstand.

In der Beobachtung zeigt sich die Wirkung einer Krank-
heitsursache in dem gestörten Verhältnisse zwischen dem, ei-
nem jeden Lebensalter zukommenden, Verbrauch und Ersatz.
In der Heilkunde heißt Krankheit jeder abnorme Zustand des
Ersatzes oder Verbrauchs, in allen Körpertheilen oder in ei-
nem einzelnen Körpertheil.

Es ist klar, daß eine und dieselbe Krankheitsursache auf
den Organismus, je nach dem Lebensalter, eine höchst ungleiche
Wirkung äußern muß, daß ein gewisses Maß von Störung,
welche Krankheit in dem erwachsenen Zustande bewirkt, ohne
Einfluß auf die Lebensäußerungen im Kindes- oder Greisen-
alter sein kann. Eine Krankheitsursache kann im Greisen-
alter, wenn sie sich der Wirkung der Ursache des Verbrauchs
hinzufügt, den Tod bewirken (allen Widerstand der Lebens-
kraft vernichten), während sie im reifen Lebensalter nur ein
Mißverhältniß im Verbrauch und Ersatz (Krankheit), und im
Kindesalter nur ein Gleichgewichtsverhältniß zwischen Ver-
brauch und Ersatz, das ist, den abstracten Zustand von Ge-
sundheit, hervorbringt.

Eine Krankheitsursache, welche die Ursache des Ersatzes
verstärkt, entweder direct, oder insofern die Ursache des Ver-
brauchs in ihrer Wirkung dadurch geschwächt wird, hebt den
relativ normalen Gesundheitszustand im Kindesalter und im
reifen Alter auf, und setzt im Greisenalter Verbrauch und
Ersatz in's Gleichgewicht.

Ein Kind erträgt, leicht gekleidet, Abkühlung durch hohe

im Thierorganismus.
äußern die belebten Körpertheile ſtets noch einen Widerſtand.

In der Beobachtung zeigt ſich die Wirkung einer Krank-
heitsurſache in dem geſtörten Verhältniſſe zwiſchen dem, ei-
nem jeden Lebensalter zukommenden, Verbrauch und Erſatz.
In der Heilkunde heißt Krankheit jeder abnorme Zuſtand des
Erſatzes oder Verbrauchs, in allen Körpertheilen oder in ei-
nem einzelnen Körpertheil.

Es iſt klar, daß eine und dieſelbe Krankheitsurſache auf
den Organismus, je nach dem Lebensalter, eine höchſt ungleiche
Wirkung äußern muß, daß ein gewiſſes Maß von Störung,
welche Krankheit in dem erwachſenen Zuſtande bewirkt, ohne
Einfluß auf die Lebensäußerungen im Kindes- oder Greiſen-
alter ſein kann. Eine Krankheitsurſache kann im Greiſen-
alter, wenn ſie ſich der Wirkung der Urſache des Verbrauchs
hinzufügt, den Tod bewirken (allen Widerſtand der Lebens-
kraft vernichten), während ſie im reifen Lebensalter nur ein
Mißverhältniß im Verbrauch und Erſatz (Krankheit), und im
Kindesalter nur ein Gleichgewichtsverhältniß zwiſchen Ver-
brauch und Erſatz, das iſt, den abſtracten Zuſtand von Ge-
ſundheit, hervorbringt.

Eine Krankheitsurſache, welche die Urſache des Erſatzes
verſtärkt, entweder direct, oder inſofern die Urſache des Ver-
brauchs in ihrer Wirkung dadurch geſchwächt wird, hebt den
relativ normalen Geſundheitszuſtand im Kindesalter und im
reifen Alter auf, und ſetzt im Greiſenalter Verbrauch und
Erſatz in’s Gleichgewicht.

Ein Kind erträgt, leicht gekleidet, Abkühlung durch hohe

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[261/0285] im Thierorganismus. äußern die belebten Körpertheile ſtets noch einen Widerſtand. In der Beobachtung zeigt ſich die Wirkung einer Krank- heitsurſache in dem geſtörten Verhältniſſe zwiſchen dem, ei- nem jeden Lebensalter zukommenden, Verbrauch und Erſatz. In der Heilkunde heißt Krankheit jeder abnorme Zuſtand des Erſatzes oder Verbrauchs, in allen Körpertheilen oder in ei- nem einzelnen Körpertheil. Es iſt klar, daß eine und dieſelbe Krankheitsurſache auf den Organismus, je nach dem Lebensalter, eine höchſt ungleiche Wirkung äußern muß, daß ein gewiſſes Maß von Störung, welche Krankheit in dem erwachſenen Zuſtande bewirkt, ohne Einfluß auf die Lebensäußerungen im Kindes- oder Greiſen- alter ſein kann. Eine Krankheitsurſache kann im Greiſen- alter, wenn ſie ſich der Wirkung der Urſache des Verbrauchs hinzufügt, den Tod bewirken (allen Widerſtand der Lebens- kraft vernichten), während ſie im reifen Lebensalter nur ein Mißverhältniß im Verbrauch und Erſatz (Krankheit), und im Kindesalter nur ein Gleichgewichtsverhältniß zwiſchen Ver- brauch und Erſatz, das iſt, den abſtracten Zuſtand von Ge- ſundheit, hervorbringt. Eine Krankheitsurſache, welche die Urſache des Erſatzes verſtärkt, entweder direct, oder inſofern die Urſache des Ver- brauchs in ihrer Wirkung dadurch geſchwächt wird, hebt den relativ normalen Geſundheitszuſtand im Kindesalter und im reifen Alter auf, und ſetzt im Greiſenalter Verbrauch und Erſatz in’s Gleichgewicht. Ein Kind erträgt, leicht gekleidet, Abkühlung durch hohe

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/285>, abgerufen am 25.04.2024.