Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Bewegungserscheinungen im Thierorganismus.
zuführen, sie werden sie von dem Muskularsystem erhalten,
ohne aber daß aus diesen ein Bestandtheil austritt; Galle-
und Harnsecretion können nicht stattfinden; die Temperatur
des Körpers muß abnehmen.

Dem Ernährungsproceß wird durch diesen Zustand eine
Grenze gesetzt und in kürzerer oder längerer Zeit muß der
Tod eintreten, ohne, was hier das Wichtigste ist, von Fie-
bererscheinungen begleitet zu sein.

Dieses Beispiel soll dazu dienen, um Veranlassung zu
einer Untersuchung des Bluts in Krankheitszuständen ähn-
licher Art, zu geben, denn es kann nicht dem geringsten
Zweifel unterliegen, daß die Rolle, welche den Blutkörper-
chen zugeschrieben worden ist, als vollkommen ausgemittelt
und aufgeklärt betrachtet werden kann, wenn sich in solchen
Zuständen eine Abweichung in der Form, Beschaffenheit und
dem Verhalten der Blutkörperchen ergiebt, die durch geeig-
nete Reagentien erkennbar sein muß.

Wenn die Kraft, welche die Lebenserscheinungen bedingt,
als eine Eigenschaft gewisser Materien angesehen wird, so
führt diese Vorstellung von selbst auf eine neue und schär-
fere Betrachtungsweise gewisser räthselhafter Erscheinungen,
welche die nämlichen Substanzen in Zuständen darbieten, wo
sie keine Bestandtheile belebter Organismen mehr ausmachen.



Die Bewegungserſcheinungen im Thierorganismus.
zuführen, ſie werden ſie von dem Muskularſyſtem erhalten,
ohne aber daß aus dieſen ein Beſtandtheil austritt; Galle-
und Harnſecretion können nicht ſtattfinden; die Temperatur
des Körpers muß abnehmen.

Dem Ernährungsproceß wird durch dieſen Zuſtand eine
Grenze geſetzt und in kürzerer oder längerer Zeit muß der
Tod eintreten, ohne, was hier das Wichtigſte iſt, von Fie-
bererſcheinungen begleitet zu ſein.

Dieſes Beiſpiel ſoll dazu dienen, um Veranlaſſung zu
einer Unterſuchung des Bluts in Krankheitszuſtänden ähn-
licher Art, zu geben, denn es kann nicht dem geringſten
Zweifel unterliegen, daß die Rolle, welche den Blutkörper-
chen zugeſchrieben worden iſt, als vollkommen ausgemittelt
und aufgeklärt betrachtet werden kann, wenn ſich in ſolchen
Zuſtänden eine Abweichung in der Form, Beſchaffenheit und
dem Verhalten der Blutkörperchen ergiebt, die durch geeig-
nete Reagentien erkennbar ſein muß.

Wenn die Kraft, welche die Lebenserſcheinungen bedingt,
als eine Eigenſchaft gewiſſer Materien angeſehen wird, ſo
führt dieſe Vorſtellung von ſelbſt auf eine neue und ſchär-
fere Betrachtungsweiſe gewiſſer räthſelhafter Erſcheinungen,
welche die nämlichen Subſtanzen in Zuſtänden darbieten, wo
ſie keine Beſtandtheile belebter Organismen mehr ausmachen.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0306" n="282"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bewegungser&#x017F;cheinungen im Thierorganismus</hi>.</fw><lb/>
zuführen, &#x017F;ie werden &#x017F;ie von dem Muskular&#x017F;y&#x017F;tem erhalten,<lb/>
ohne aber daß aus die&#x017F;en ein Be&#x017F;tandtheil austritt; Galle-<lb/>
und Harn&#x017F;ecretion können nicht &#x017F;tattfinden; die Temperatur<lb/>
des Körpers muß abnehmen.</p><lb/>
            <p>Dem Ernährungsproceß wird durch die&#x017F;en Zu&#x017F;tand eine<lb/>
Grenze ge&#x017F;etzt und in kürzerer oder längerer Zeit muß der<lb/>
Tod eintreten, ohne, was hier das Wichtig&#x017F;te i&#x017F;t, von Fie-<lb/>
berer&#x017F;cheinungen begleitet zu &#x017F;ein.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;es Bei&#x017F;piel &#x017F;oll dazu dienen, um Veranla&#x017F;&#x017F;ung zu<lb/>
einer Unter&#x017F;uchung des Bluts in Krankheitszu&#x017F;tänden ähn-<lb/>
licher Art, zu geben, denn es kann nicht dem gering&#x017F;ten<lb/>
Zweifel unterliegen, daß die Rolle, welche den Blutkörper-<lb/>
chen zuge&#x017F;chrieben worden i&#x017F;t, als vollkommen ausgemittelt<lb/>
und aufgeklärt betrachtet werden kann, wenn &#x017F;ich in &#x017F;olchen<lb/>
Zu&#x017F;tänden eine Abweichung in der Form, Be&#x017F;chaffenheit und<lb/>
dem Verhalten der Blutkörperchen ergiebt, die durch geeig-<lb/>
nete Reagentien erkennbar &#x017F;ein muß.</p><lb/>
            <p>Wenn die Kraft, welche die Lebenser&#x017F;cheinungen bedingt,<lb/>
als eine Eigen&#x017F;chaft gewi&#x017F;&#x017F;er Materien ange&#x017F;ehen wird, &#x017F;o<lb/>
führt die&#x017F;e Vor&#x017F;tellung von &#x017F;elb&#x017F;t auf eine neue und &#x017F;chär-<lb/>
fere Betrachtungswei&#x017F;e gewi&#x017F;&#x017F;er räth&#x017F;elhafter Er&#x017F;cheinungen,<lb/>
welche die nämlichen Sub&#x017F;tanzen in Zu&#x017F;tänden darbieten, wo<lb/>
&#x017F;ie keine Be&#x017F;tandtheile belebter Organismen mehr ausmachen.</p>
          </div>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[282/0306] Die Bewegungserſcheinungen im Thierorganismus. zuführen, ſie werden ſie von dem Muskularſyſtem erhalten, ohne aber daß aus dieſen ein Beſtandtheil austritt; Galle- und Harnſecretion können nicht ſtattfinden; die Temperatur des Körpers muß abnehmen. Dem Ernährungsproceß wird durch dieſen Zuſtand eine Grenze geſetzt und in kürzerer oder längerer Zeit muß der Tod eintreten, ohne, was hier das Wichtigſte iſt, von Fie- bererſcheinungen begleitet zu ſein. Dieſes Beiſpiel ſoll dazu dienen, um Veranlaſſung zu einer Unterſuchung des Bluts in Krankheitszuſtänden ähn- licher Art, zu geben, denn es kann nicht dem geringſten Zweifel unterliegen, daß die Rolle, welche den Blutkörper- chen zugeſchrieben worden iſt, als vollkommen ausgemittelt und aufgeklärt betrachtet werden kann, wenn ſich in ſolchen Zuſtänden eine Abweichung in der Form, Beſchaffenheit und dem Verhalten der Blutkörperchen ergiebt, die durch geeig- nete Reagentien erkennbar ſein muß. Wenn die Kraft, welche die Lebenserſcheinungen bedingt, als eine Eigenſchaft gewiſſer Materien angeſehen wird, ſo führt dieſe Vorſtellung von ſelbſt auf eine neue und ſchär- fere Betrachtungsweiſe gewiſſer räthſelhafter Erſcheinungen, welche die nämlichen Subſtanzen in Zuſtänden darbieten, wo ſie keine Beſtandtheile belebter Organismen mehr ausmachen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/306
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/306>, abgerufen am 28.03.2024.