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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

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Analytische Belege.
Biene den Honig ablegen kann, nur so viel in den Darm-
kanal übergeht, als zur Ernährung derselben nöthig ist.
Die Honigblase der Bienen braucht kaum 40 Stunden mit
Honig angefüllt zu sein, um auf den 8 Fleckchen, 8 Wachs-
blättchen vollkommen zur Reife zu bringen, so daß diese ab-
fallen. Ich machte den Versuch und gab Bienen, die ich am
Ende des Monats September mit ihrer Königin in ein Käst-
chen setzte, statt Honig aufgelös'ten Candiszucker. Es bilde-
ten sich auch davon Wachsblättchen; aber sie wollten nicht
recht abspringen, sondern die weiter ausquellende Masse blieb
an den oberen Wachsblättchen bei den meisten Bienen hängen,
so daß die Blättchen so dick wurden, als es sonst viere zu-
sammen sind. Die Schuppen der Bienen wurden dadurch
ganz in die Höhe gehoben, und die Blättchen ragten hervor.
Beim Nachsehen fand ich, daß diese dicken Blättchen, welche
unter der Lupe mehrere Lamellen zeigten, nach dem Kopfe
der Biene hin von oben nach unten, und nach der Schwanz-
spitze hin von unten nach oben eine schiefe Fläche hatten.
Es war also das sich zuerst gebildete Blättchen durch das
nächstfolgende, und weil da, wo die Schuppen an der Fu-
genhaut festsitzen, kein Raum für 2 Blättchen vorhanden ist,
etwas abgeschoben worden, und so war es denn auch mit
dem dritten Blättchen gegangen, wodurch die schiefen Flä-
chen an den Seiten der Blättchen nach vorn und hinten ent-
standen waren. Ich habe hieraus recht deutlich ersehen, daß
die Wachsblättchen durch die nächstfolgend sich bildenden Blätt-
chen abgeschoben werden. Der Zuckersaft war von den Bie-

Analytiſche Belege.
Biene den Honig ablegen kann, nur ſo viel in den Darm-
kanal übergeht, als zur Ernährung derſelben nöthig iſt.
Die Honigblaſe der Bienen braucht kaum 40 Stunden mit
Honig angefüllt zu ſein, um auf den 8 Fleckchen, 8 Wachs-
blättchen vollkommen zur Reife zu bringen, ſo daß dieſe ab-
fallen. Ich machte den Verſuch und gab Bienen, die ich am
Ende des Monats September mit ihrer Königin in ein Käſt-
chen ſetzte, ſtatt Honig aufgelöſ’ten Candiszucker. Es bilde-
ten ſich auch davon Wachsblättchen; aber ſie wollten nicht
recht abſpringen, ſondern die weiter ausquellende Maſſe blieb
an den oberen Wachsblättchen bei den meiſten Bienen hängen,
ſo daß die Blättchen ſo dick wurden, als es ſonſt viere zu-
ſammen ſind. Die Schuppen der Bienen wurden dadurch
ganz in die Höhe gehoben, und die Blättchen ragten hervor.
Beim Nachſehen fand ich, daß dieſe dicken Blättchen, welche
unter der Lupe mehrere Lamellen zeigten, nach dem Kopfe
der Biene hin von oben nach unten, und nach der Schwanz-
ſpitze hin von unten nach oben eine ſchiefe Fläche hatten.
Es war alſo das ſich zuerſt gebildete Blättchen durch das
nächſtfolgende, und weil da, wo die Schuppen an der Fu-
genhaut feſtſitzen, kein Raum für 2 Blättchen vorhanden iſt,
etwas abgeſchoben worden, und ſo war es denn auch mit
dem dritten Blättchen gegangen, wodurch die ſchiefen Flä-
chen an den Seiten der Blättchen nach vorn und hinten ent-
ſtanden waren. Ich habe hieraus recht deutlich erſehen, daß
die Wachsblättchen durch die nächſtfolgend ſich bildenden Blätt-
chen abgeſchoben werden. Der Zuckerſaft war von den Bie-

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[308/0332] Analytiſche Belege. Biene den Honig ablegen kann, nur ſo viel in den Darm- kanal übergeht, als zur Ernährung derſelben nöthig iſt. Die Honigblaſe der Bienen braucht kaum 40 Stunden mit Honig angefüllt zu ſein, um auf den 8 Fleckchen, 8 Wachs- blättchen vollkommen zur Reife zu bringen, ſo daß dieſe ab- fallen. Ich machte den Verſuch und gab Bienen, die ich am Ende des Monats September mit ihrer Königin in ein Käſt- chen ſetzte, ſtatt Honig aufgelöſ’ten Candiszucker. Es bilde- ten ſich auch davon Wachsblättchen; aber ſie wollten nicht recht abſpringen, ſondern die weiter ausquellende Maſſe blieb an den oberen Wachsblättchen bei den meiſten Bienen hängen, ſo daß die Blättchen ſo dick wurden, als es ſonſt viere zu- ſammen ſind. Die Schuppen der Bienen wurden dadurch ganz in die Höhe gehoben, und die Blättchen ragten hervor. Beim Nachſehen fand ich, daß dieſe dicken Blättchen, welche unter der Lupe mehrere Lamellen zeigten, nach dem Kopfe der Biene hin von oben nach unten, und nach der Schwanz- ſpitze hin von unten nach oben eine ſchiefe Fläche hatten. Es war alſo das ſich zuerſt gebildete Blättchen durch das nächſtfolgende, und weil da, wo die Schuppen an der Fu- genhaut feſtſitzen, kein Raum für 2 Blättchen vorhanden iſt, etwas abgeſchoben worden, und ſo war es denn auch mit dem dritten Blättchen gegangen, wodurch die ſchiefen Flä- chen an den Seiten der Blättchen nach vorn und hinten ent- ſtanden waren. Ich habe hieraus recht deutlich erſehen, daß die Wachsblättchen durch die nächſtfolgend ſich bildenden Blätt- chen abgeſchoben werden. Der Zuckerſaft war von den Bie-

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/332>, abgerufen am 29.03.2024.