Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

Der chemische Proceß der
Menge von Speisen zu sich zu nehmen wie in seiner Hei-
math; allein der in den Körper übergegangene Kohlenstoff
dieser Speisen, er wird nicht verbraucht, die Temperatur der
Luft ist zu hoch und eine erschlaffende Hitze erlaubt nicht die
Anzahl der Athemzüge (durch Bewegung und Anstrengung)
zu steigern, den Verbrauch also mit dem, was er zu sich ge-
nommen, in Verhältniß zu setzen.

Im Gegensatz hierzu sendet England seine Patienten,
deren kranken Verdauungsorganen die Fähigkeit abgeht oder
vermindert ist, die Speisen in den Zustand zu versetzen, in
welchem sie sich zur Verbindung mit dem Sauerstoff eignen,
welche also weniger Widerstand produziren, als das Klima,
die Temperatur ihrer Heimath verlangt, nach südlichen Ge-
genden, wo die Menge des eingeathmeten Sauerstoffs in ei-
nem so großen Verhältniß sich vermindert, und das Resultat,
eine Verbesserung des Gesundheitzustandes, ist sichtbar. Die
kranken Verdauungsorgane haben Kraft genug, um die ge-
ringere Menge von Speise in Verhältniß zu setzen mit dem
verbrauchten Sauerstoff; in dem kälteren Klima würden die
Respirationsorgane selbst zu diesem Widerstande dienen müssen.

Im Sommer sind bei uns die Leberkrankheiten (Kohlen-
stoffkrankheiten), im Winter die Lungenkrankheiten (Sauer-
stoffkrankheiten) vorherrschend.

Die Abkühlung des Körpers, durch welche Ursache es
auch sei, bedingt eine größeres Maaß von Speise. Der
bloße Aufenthalt in freier Luft, gleichgültig ob im Reise-
wagen oder auf dem Verdecke von Schiffen, erhöht durch

Der chemiſche Proceß der
Menge von Speiſen zu ſich zu nehmen wie in ſeiner Hei-
math; allein der in den Körper übergegangene Kohlenſtoff
dieſer Speiſen, er wird nicht verbraucht, die Temperatur der
Luft iſt zu hoch und eine erſchlaffende Hitze erlaubt nicht die
Anzahl der Athemzüge (durch Bewegung und Anſtrengung)
zu ſteigern, den Verbrauch alſo mit dem, was er zu ſich ge-
nommen, in Verhältniß zu ſetzen.

Im Gegenſatz hierzu ſendet England ſeine Patienten,
deren kranken Verdauungsorganen die Fähigkeit abgeht oder
vermindert iſt, die Speiſen in den Zuſtand zu verſetzen, in
welchem ſie ſich zur Verbindung mit dem Sauerſtoff eignen,
welche alſo weniger Widerſtand produziren, als das Klima,
die Temperatur ihrer Heimath verlangt, nach ſüdlichen Ge-
genden, wo die Menge des eingeathmeten Sauerſtoffs in ei-
nem ſo großen Verhältniß ſich vermindert, und das Reſultat,
eine Verbeſſerung des Geſundheitzuſtandes, iſt ſichtbar. Die
kranken Verdauungsorgane haben Kraft genug, um die ge-
ringere Menge von Speiſe in Verhältniß zu ſetzen mit dem
verbrauchten Sauerſtoff; in dem kälteren Klima würden die
Reſpirationsorgane ſelbſt zu dieſem Widerſtande dienen müſſen.

Im Sommer ſind bei uns die Leberkrankheiten (Kohlen-
ſtoffkrankheiten), im Winter die Lungenkrankheiten (Sauer-
ſtoffkrankheiten) vorherrſchend.

Die Abkühlung des Körpers, durch welche Urſache es
auch ſei, bedingt eine größeres Maaß von Speiſe. Der
bloße Aufenthalt in freier Luft, gleichgültig ob im Reiſe-
wagen oder auf dem Verdecke von Schiffen, erhöht durch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0048" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der chemi&#x017F;che Proceß der</hi></fw><lb/>
Menge von Spei&#x017F;en zu &#x017F;ich zu nehmen wie in &#x017F;einer Hei-<lb/>
math; allein der in den Körper übergegangene Kohlen&#x017F;toff<lb/>
die&#x017F;er Spei&#x017F;en, er wird nicht verbraucht, die Temperatur der<lb/>
Luft i&#x017F;t zu hoch und eine er&#x017F;chlaffende Hitze erlaubt nicht die<lb/>
Anzahl der Athemzüge (durch Bewegung und An&#x017F;trengung)<lb/>
zu &#x017F;teigern, den Verbrauch al&#x017F;o mit dem, was er zu &#x017F;ich ge-<lb/>
nommen, in Verhältniß zu &#x017F;etzen.</p><lb/>
          <p>Im Gegen&#x017F;atz hierzu &#x017F;endet England &#x017F;eine Patienten,<lb/>
deren kranken Verdauungsorganen die Fähigkeit abgeht oder<lb/>
vermindert i&#x017F;t, die Spei&#x017F;en in den Zu&#x017F;tand zu ver&#x017F;etzen, in<lb/>
welchem &#x017F;ie &#x017F;ich zur Verbindung mit dem Sauer&#x017F;toff eignen,<lb/>
welche al&#x017F;o weniger Wider&#x017F;tand produziren, als das <hi rendition="#g">Klima</hi>,<lb/>
die Temperatur ihrer Heimath verlangt, nach &#x017F;üdlichen Ge-<lb/>
genden, wo die Menge des eingeathmeten Sauer&#x017F;toffs in ei-<lb/>
nem &#x017F;o großen Verhältniß &#x017F;ich vermindert, und das Re&#x017F;ultat,<lb/>
eine Verbe&#x017F;&#x017F;erung des Ge&#x017F;undheitzu&#x017F;tandes, i&#x017F;t &#x017F;ichtbar. Die<lb/>
kranken Verdauungsorgane haben Kraft genug, um die ge-<lb/>
ringere Menge von Spei&#x017F;e in Verhältniß zu &#x017F;etzen mit dem<lb/>
verbrauchten Sauer&#x017F;toff; in dem kälteren Klima würden die<lb/>
Re&#x017F;pirationsorgane &#x017F;elb&#x017F;t zu die&#x017F;em Wider&#x017F;tande dienen mü&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Im Sommer &#x017F;ind bei uns die Leberkrankheiten (Kohlen-<lb/>
&#x017F;toffkrankheiten), im Winter die Lungenkrankheiten (Sauer-<lb/>
&#x017F;toffkrankheiten) vorherr&#x017F;chend.</p><lb/>
          <p>Die Abkühlung des Körpers, durch welche Ur&#x017F;ache es<lb/>
auch &#x017F;ei, bedingt eine größeres Maaß von Spei&#x017F;e. Der<lb/>
bloße Aufenthalt in freier Luft, gleichgültig ob im Rei&#x017F;e-<lb/>
wagen oder auf dem Verdecke von Schiffen, erhöht durch<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0048] Der chemiſche Proceß der Menge von Speiſen zu ſich zu nehmen wie in ſeiner Hei- math; allein der in den Körper übergegangene Kohlenſtoff dieſer Speiſen, er wird nicht verbraucht, die Temperatur der Luft iſt zu hoch und eine erſchlaffende Hitze erlaubt nicht die Anzahl der Athemzüge (durch Bewegung und Anſtrengung) zu ſteigern, den Verbrauch alſo mit dem, was er zu ſich ge- nommen, in Verhältniß zu ſetzen. Im Gegenſatz hierzu ſendet England ſeine Patienten, deren kranken Verdauungsorganen die Fähigkeit abgeht oder vermindert iſt, die Speiſen in den Zuſtand zu verſetzen, in welchem ſie ſich zur Verbindung mit dem Sauerſtoff eignen, welche alſo weniger Widerſtand produziren, als das Klima, die Temperatur ihrer Heimath verlangt, nach ſüdlichen Ge- genden, wo die Menge des eingeathmeten Sauerſtoffs in ei- nem ſo großen Verhältniß ſich vermindert, und das Reſultat, eine Verbeſſerung des Geſundheitzuſtandes, iſt ſichtbar. Die kranken Verdauungsorgane haben Kraft genug, um die ge- ringere Menge von Speiſe in Verhältniß zu ſetzen mit dem verbrauchten Sauerſtoff; in dem kälteren Klima würden die Reſpirationsorgane ſelbſt zu dieſem Widerſtande dienen müſſen. Im Sommer ſind bei uns die Leberkrankheiten (Kohlen- ſtoffkrankheiten), im Winter die Lungenkrankheiten (Sauer- ſtoffkrankheiten) vorherrſchend. Die Abkühlung des Körpers, durch welche Urſache es auch ſei, bedingt eine größeres Maaß von Speiſe. Der bloße Aufenthalt in freier Luft, gleichgültig ob im Reiſe- wagen oder auf dem Verdecke von Schiffen, erhöht durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/48
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/48>, abgerufen am 23.04.2024.