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Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].

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Hans der Schwärmer.


Hans Töffel liebt Schön Doris sehr,
Schön Doris Hans Töffel vielleicht noch mehr.
Doch seine Liebe, ich weiß nicht wie,
Ist zu scheu, zu schüchtern, zu viel Elegie.
Im Kreise liest er Gedichte vor,
Schön Doris steht unten am Gartenthor:
Ach, käm' er doch frisch zu mir hergesprungen,
Wie wollt' ich ihn herzen, den lieben Jungen.
Hans Töffel liest oben Gedichte.
Am andern Abend, der blöde Thor,
Hans Töffel trägt wieder Gedichte vor.
Schön Doris das wirklich sehr verdrießt,
Daß er immer weiter und weiter liest.
Sie schleicht sich hinaus, er gewahrt es nicht,
Just sagt er von Heine ein herrlich Gedicht.
Schön Doris steht unten in Rosendüften
Und hätte so gern seinen Arm um die Hüften.
Hans Töffel ließt oben Gedichte.
Am andern Abend ist großes Fest,
Viel Menschen sind eng aneinander gepreßt.
Heut muß er's doch endlich sehn der Poet,
Wenn Schön Doris sacht aus der Thüre geht.
Potz Tausend, er merkt es und merkt es auch nicht,
Er spricht und verzapft gar ein eigen Gedicht.
Und unten im stillen, dunklen Garten
Muß Schön Doris vergeblich, vergeblich warten.
Hans Töffel ließt oben Gedichte.

4*
Hans der Schwärmer.


Hans Töffel liebt Schön Doris ſehr,
Schön Doris Hans Töffel vielleicht noch mehr.
Doch ſeine Liebe, ich weiß nicht wie,
Iſt zu ſcheu, zu ſchüchtern, zu viel Elegie.
Im Kreiſe lieſt er Gedichte vor,
Schön Doris ſteht unten am Gartenthor:
Ach, käm’ er doch friſch zu mir hergeſprungen,
Wie wollt’ ich ihn herzen, den lieben Jungen.
Hans Töffel lieſt oben Gedichte.
Am andern Abend, der blöde Thor,
Hans Töffel trägt wieder Gedichte vor.
Schön Doris das wirklich ſehr verdrießt,
Daß er immer weiter und weiter lieſt.
Sie ſchleicht ſich hinaus, er gewahrt es nicht,
Juſt ſagt er von Heine ein herrlich Gedicht.
Schön Doris ſteht unten in Roſendüften
Und hätte ſo gern ſeinen Arm um die Hüften.
Hans Töffel ließt oben Gedichte.
Am andern Abend iſt großes Feſt,
Viel Menſchen ſind eng aneinander gepreßt.
Heut muß er’s doch endlich ſehn der Poet,
Wenn Schön Doris ſacht aus der Thüre geht.
Potz Tauſend, er merkt es und merkt es auch nicht,
Er ſpricht und verzapft gar ein eigen Gedicht.
Und unten im ſtillen, dunklen Garten
Muß Schön Doris vergeblich, vergeblich warten.
Hans Töffel ließt oben Gedichte.

4*
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[51/0059] Hans der Schwärmer. Hans Töffel liebt Schön Doris ſehr, Schön Doris Hans Töffel vielleicht noch mehr. Doch ſeine Liebe, ich weiß nicht wie, Iſt zu ſcheu, zu ſchüchtern, zu viel Elegie. Im Kreiſe lieſt er Gedichte vor, Schön Doris ſteht unten am Gartenthor: Ach, käm’ er doch friſch zu mir hergeſprungen, Wie wollt’ ich ihn herzen, den lieben Jungen. Hans Töffel lieſt oben Gedichte. Am andern Abend, der blöde Thor, Hans Töffel trägt wieder Gedichte vor. Schön Doris das wirklich ſehr verdrießt, Daß er immer weiter und weiter lieſt. Sie ſchleicht ſich hinaus, er gewahrt es nicht, Juſt ſagt er von Heine ein herrlich Gedicht. Schön Doris ſteht unten in Roſendüften Und hätte ſo gern ſeinen Arm um die Hüften. Hans Töffel ließt oben Gedichte. Am andern Abend iſt großes Feſt, Viel Menſchen ſind eng aneinander gepreßt. Heut muß er’s doch endlich ſehn der Poet, Wenn Schön Doris ſacht aus der Thüre geht. Potz Tauſend, er merkt es und merkt es auch nicht, Er ſpricht und verzapft gar ein eigen Gedicht. Und unten im ſtillen, dunklen Garten Muß Schön Doris vergeblich, vergeblich warten. Hans Töffel ließt oben Gedichte. 4*

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Zitationshilfe: Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/59>, abgerufen am 16.04.2024.