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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Erstes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen.
begangen wird. Jedes Mittel genügt; List, Drohung,
Gewalt sind nicht erforderlich. Die Entführte selbst
kann, als Trägerin des angegriffenen Rechtsgutes,
nicht Teilnehmerin an dem Delikte sein. Ueber Voll-
endung gilt das zu a Gesagte (StGB. §. 237).

Die Entführung ist in beiden Fällen Antragsdelikt:
antragsberechtigt im ersten Falle die Entführte, im zweiten
der Gewalthaber. Hat der Entführer die Entführte gehei-
ratet, so findet die Verfolgung nur statt (StGB. §. 238),
nachdem die Ehe für ungültig erklärt worden ist. Diese
Erklärung ist Bedingung der Strafbarkeit in dem oben §. 30
angegebenen Sinne.

III. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen.
A. Gegen das Eigentum.
1.
§. 64. Der Diebstahl.1

I. Begriff.

1. Diebstahl ist Eigentumsverletzung durch rechts-
widrige Aneignung einer fremden beweglichen
Sache, wenn letztere zu diesem Zwecke erst in den
Gewahrsam des Thäters gebracht werden muß
.
Das letzterwähnte Moment unterscheidet Diebstahl und
Unterschlagung. Nach dieser Definition wären Diebstahl und
Unterschlagung erst mit der Aneignung vollendet. Das

1 [Spaltenumbruch] Lit. bei Meyer S. 444
Anm. 1. Dazu Merkel in HR.
"Diebstahl"; Bachem, der[Spaltenumbruch] Unterschied zwischen dem Furtum
des römischen Rechts und dem
Diebstahl nach RStGB. 1880.
Erſtes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen.
begangen wird. Jedes Mittel genügt; Liſt, Drohung,
Gewalt ſind nicht erforderlich. Die Entführte ſelbſt
kann, als Trägerin des angegriffenen Rechtsgutes,
nicht Teilnehmerin an dem Delikte ſein. Ueber Voll-
endung gilt das zu a Geſagte (StGB. §. 237).

Die Entführung iſt in beiden Fällen Antragsdelikt:
antragsberechtigt im erſten Falle die Entführte, im zweiten
der Gewalthaber. Hat der Entführer die Entführte gehei-
ratet, ſo findet die Verfolgung nur ſtatt (StGB. §. 238),
nachdem die Ehe für ungültig erklärt worden iſt. Dieſe
Erklärung iſt Bedingung der Strafbarkeit in dem oben §. 30
angegebenen Sinne.

III. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen.
A. Gegen das Eigentum.
1.
§. 64. Der Diebſtahl.1

I. Begriff.

1. Diebſtahl iſt Eigentumsverletzung durch rechts-
widrige Aneignung einer fremden beweglichen
Sache, wenn letztere zu dieſem Zwecke erſt in den
Gewahrſam des Thäters gebracht werden muß
.
Das letzterwähnte Moment unterſcheidet Diebſtahl und
Unterſchlagung. Nach dieſer Definition wären Diebſtahl und
Unterſchlagung erſt mit der Aneignung vollendet. Das

1 [Spaltenumbruch] Lit. bei Meyer S. 444
Anm. 1. Dazu Merkel in HR.
„Diebſtahl“; Bachem, der[Spaltenumbruch] Unterſchied zwiſchen dem Furtum
des römiſchen Rechts und dem
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[256/0282] Erſtes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen. begangen wird. Jedes Mittel genügt; Liſt, Drohung, Gewalt ſind nicht erforderlich. Die Entführte ſelbſt kann, als Trägerin des angegriffenen Rechtsgutes, nicht Teilnehmerin an dem Delikte ſein. Ueber Voll- endung gilt das zu a Geſagte (StGB. §. 237). Die Entführung iſt in beiden Fällen Antragsdelikt: antragsberechtigt im erſten Falle die Entführte, im zweiten der Gewalthaber. Hat der Entführer die Entführte gehei- ratet, ſo findet die Verfolgung nur ſtatt (StGB. §. 238), nachdem die Ehe für ungültig erklärt worden iſt. Dieſe Erklärung iſt Bedingung der Strafbarkeit in dem oben §. 30 angegebenen Sinne. III. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen. A. Gegen das Eigentum. 1. §. 64. Der Diebſtahl. 1 I. Begriff. 1. Diebſtahl iſt Eigentumsverletzung durch rechts- widrige Aneignung einer fremden beweglichen Sache, wenn letztere zu dieſem Zwecke erſt in den Gewahrſam des Thäters gebracht werden muß. Das letzterwähnte Moment unterſcheidet Diebſtahl und Unterſchlagung. Nach dieſer Definition wären Diebſtahl und Unterſchlagung erſt mit der Aneignung vollendet. Das 1 Lit. bei Meyer S. 444 Anm. 1. Dazu Merkel in HR. „Diebſtahl“; Bachem, der Unterſchied zwiſchen dem Furtum des römiſchen Rechts und dem Diebſtahl nach RStGB. 1880.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/282>, abgerufen am 16.04.2024.