Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

Bild:
<< vorherige Seite
Viertes Buch. I. Gegen Bestand u. Sicherheit des Staates.
b) in den oben III 2 c und IV angeführten Fällen
Festungshaft von einem Monat bis zu 3 Jahren.
2.
§. 94. Landesverrat.

I. 1. Landesverrat ist der Angriff auf Bestand und
Sicherheit des Staates als eines Gliedes der Völker-
familie
. Er wird -- im Gegensatze zum Hochverrat --
erst möglich durch das Nebeneinanderbestehen mehrerer Ge-
meinwesen. Nicht die Benachteiligung des eigenen Gemein-
wesens, sondern die damit verbundene Unterstützung eines
fremden Staates bildet sein charakteristisches Merkmal.
Der Staatsbürger wird nicht nur zum Feinde, er wird zu-
gleich zum Verräter des Vaterlandes. 1

2. Dieser Charakter des Landesverrates, der ihm zu
Grunde liegende qualifizierte Treubruch, bringt es mit sich,
daß der Kreis der möglichen Subjekte dieses Deliktes eine
Einschränkung erleidet. Der Deutsche haftet zwar auch,
wenn er im Auslande einen Landesverrat gegen das deutsche
Reich oder einen Bundesstaat begeht, ohne weiteres nach in-
ländischem Rechte (StGB. §. 4 Ziff. 2, vgl. oben §. 13 III);
aber der Ausländer kann sich des in §. 88 StGB. be-
drohten Falles (unten II 2) gar nicht, der übrigen Fälle
nur als subditus temporarius (während seines Aufenthaltes
innerhalb des Bundesgebietes unter dem Schutze des deutschen

1 [Spaltenumbruch] Nur hier, nicht beim Hoch-
verrat, kann von einer Ver-
letzung der dem Staate schuldi-
gen Treue, als dem charakteri-
stischen Merkmale des Deliktes[Spaltenumbruch] gesprochen, die Unterscheidung
zwischen Inländern und Aus-
ländern gebilligt werden. A. A.
Zorn Staatsrecht S. 276 ff.
Viertes Buch. I. Gegen Beſtand u. Sicherheit des Staates.
b) in den oben III 2 c und IV angeführten Fällen
Feſtungshaft von einem Monat bis zu 3 Jahren.
2.
§. 94. Landesverrat.

I. 1. Landesverrat iſt der Angriff auf Beſtand und
Sicherheit des Staates als eines Gliedes der Völker-
familie
. Er wird — im Gegenſatze zum Hochverrat —
erſt möglich durch das Nebeneinanderbeſtehen mehrerer Ge-
meinweſen. Nicht die Benachteiligung des eigenen Gemein-
weſens, ſondern die damit verbundene Unterſtützung eines
fremden Staates bildet ſein charakteriſtiſches Merkmal.
Der Staatsbürger wird nicht nur zum Feinde, er wird zu-
gleich zum Verräter des Vaterlandes. 1

2. Dieſer Charakter des Landesverrates, der ihm zu
Grunde liegende qualifizierte Treubruch, bringt es mit ſich,
daß der Kreis der möglichen Subjekte dieſes Deliktes eine
Einſchränkung erleidet. Der Deutſche haftet zwar auch,
wenn er im Auslande einen Landesverrat gegen das deutſche
Reich oder einen Bundesſtaat begeht, ohne weiteres nach in-
ländiſchem Rechte (StGB. §. 4 Ziff. 2, vgl. oben §. 13 III);
aber der Ausländer kann ſich des in §. 88 StGB. be-
drohten Falles (unten II 2) gar nicht, der übrigen Fälle
nur als subditus temporarius (während ſeines Aufenthaltes
innerhalb des Bundesgebietes unter dem Schutze des deutſchen

1 [Spaltenumbruch] Nur hier, nicht beim Hoch-
verrat, kann von einer Ver-
letzung der dem Staate ſchuldi-
gen Treue, als dem charakteri-
ſtiſchen Merkmale des Deliktes[Spaltenumbruch] geſprochen, die Unterſcheidung
zwiſchen Inländern und Aus-
ländern gebilligt werden. A. A.
Zorn Staatsrecht S. 276 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0422" n="396"/>
                <fw place="top" type="header">Viertes Buch. <hi rendition="#aq">I.</hi> Gegen Be&#x017F;tand u. Sicherheit des Staates.</fw><lb/>
                <list>
                  <item><hi rendition="#aq">b</hi>) in den oben <hi rendition="#aq">III 2 c</hi> und <hi rendition="#aq">IV</hi> angeführten Fällen<lb/>
Fe&#x017F;tungshaft von einem Monat bis zu 3 Jahren.</item>
                </list>
              </div>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>2.</head><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">§. 94. Landesverrat.</hi> </head><lb/>
                <p><hi rendition="#aq">I.</hi> 1. Landesverrat i&#x017F;t der Angriff auf Be&#x017F;tand und<lb/>
Sicherheit des Staates <hi rendition="#g">als eines Gliedes der Völker-<lb/>
familie</hi>. Er wird &#x2014; im Gegen&#x017F;atze zum Hochverrat &#x2014;<lb/>
er&#x017F;t möglich durch das Nebeneinanderbe&#x017F;tehen mehrerer Ge-<lb/>
meinwe&#x017F;en. Nicht die Benachteiligung des eigenen Gemein-<lb/>
we&#x017F;ens, &#x017F;ondern die damit verbundene Unter&#x017F;tützung eines<lb/><hi rendition="#g">fremden</hi> Staates bildet &#x017F;ein charakteri&#x017F;ti&#x017F;ches Merkmal.<lb/>
Der Staatsbürger wird nicht nur zum Feinde, er wird zu-<lb/>
gleich zum <hi rendition="#g">Verräter</hi> des Vaterlandes. <note place="foot" n="1"><cb/>
Nur hier, nicht beim Hoch-<lb/>
verrat, kann von einer Ver-<lb/>
letzung der dem Staate &#x017F;chuldi-<lb/>
gen Treue, als dem charakteri-<lb/>
&#x017F;ti&#x017F;chen Merkmale des Deliktes<cb/>
ge&#x017F;prochen, die Unter&#x017F;cheidung<lb/>
zwi&#x017F;chen Inländern und Aus-<lb/>
ländern gebilligt werden. A. A.<lb/><hi rendition="#g">Zorn</hi> Staatsrecht S. 276 ff.</note></p><lb/>
                <p>2. Die&#x017F;er Charakter des Landesverrates, der ihm zu<lb/>
Grunde liegende qualifizierte Treubruch, bringt es mit &#x017F;ich,<lb/>
daß der Kreis der möglichen Subjekte die&#x017F;es Deliktes eine<lb/>
Ein&#x017F;chränkung erleidet. Der <hi rendition="#g">Deut&#x017F;che</hi> haftet zwar auch,<lb/>
wenn er im Auslande einen Landesverrat gegen das deut&#x017F;che<lb/>
Reich oder einen Bundes&#x017F;taat begeht, ohne weiteres nach in-<lb/>
ländi&#x017F;chem Rechte (StGB. §. 4 Ziff. 2, vgl. oben §. 13 <hi rendition="#aq">III</hi>);<lb/>
aber der Ausländer kann &#x017F;ich des in §. 88 StGB. be-<lb/>
drohten Falles (unten <hi rendition="#aq">II</hi> 2) gar nicht, der übrigen Fälle<lb/>
nur als <hi rendition="#aq">subditus temporarius</hi> (während &#x017F;eines Aufenthaltes<lb/>
innerhalb des Bundesgebietes unter dem Schutze des deut&#x017F;chen<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[396/0422] Viertes Buch. I. Gegen Beſtand u. Sicherheit des Staates. b) in den oben III 2 c und IV angeführten Fällen Feſtungshaft von einem Monat bis zu 3 Jahren. 2. §. 94. Landesverrat. I. 1. Landesverrat iſt der Angriff auf Beſtand und Sicherheit des Staates als eines Gliedes der Völker- familie. Er wird — im Gegenſatze zum Hochverrat — erſt möglich durch das Nebeneinanderbeſtehen mehrerer Ge- meinweſen. Nicht die Benachteiligung des eigenen Gemein- weſens, ſondern die damit verbundene Unterſtützung eines fremden Staates bildet ſein charakteriſtiſches Merkmal. Der Staatsbürger wird nicht nur zum Feinde, er wird zu- gleich zum Verräter des Vaterlandes. 1 2. Dieſer Charakter des Landesverrates, der ihm zu Grunde liegende qualifizierte Treubruch, bringt es mit ſich, daß der Kreis der möglichen Subjekte dieſes Deliktes eine Einſchränkung erleidet. Der Deutſche haftet zwar auch, wenn er im Auslande einen Landesverrat gegen das deutſche Reich oder einen Bundesſtaat begeht, ohne weiteres nach in- ländiſchem Rechte (StGB. §. 4 Ziff. 2, vgl. oben §. 13 III); aber der Ausländer kann ſich des in §. 88 StGB. be- drohten Falles (unten II 2) gar nicht, der übrigen Fälle nur als subditus temporarius (während ſeines Aufenthaltes innerhalb des Bundesgebietes unter dem Schutze des deutſchen 1 Nur hier, nicht beim Hoch- verrat, kann von einer Ver- letzung der dem Staate ſchuldi- gen Treue, als dem charakteri- ſtiſchen Merkmale des Deliktes geſprochen, die Unterſcheidung zwiſchen Inländern und Aus- ländern gebilligt werden. A. A. Zorn Staatsrecht S. 276 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/422
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/422>, abgerufen am 19.04.2024.