Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Entstehung des Begriffs der Teilnahme. §. 35.
ßungsgrundes, oder eines nur den Thäter berührenden Hin-
dernisses der Strafverfolgung (vgl. §. 17 und §. 30 III).

4. Teilnahme an der Teilnahme ist wegen der un-
selbständigen Natur der letzteren nur als mittelbare Teil-
nahme an der Haupthandlung strafbar.

5. Mehrfache Teilnahme an derselben Hauptthat ist
immer nur ein Verbrechen; bei Teilnahme an mehreren
Hauptthaten durch dieselbe Handlung (z. B. ein anstiftendes
Wort) ist wegen der unselbständigen, von der Hauptthat
bestimmten Natur der Teilnahme, reale Konkurrenz eben-
sovieler Verbrechen anzunehmen.

III. Die Abgrenzung der Thäterschaft von der Anstiftung
ist eine einfache und klare: diese ist die Ursache jener.
Schwieriger sind Thäterschaft und Beihülfe auseinander zu
halten; es bedarf hier positivrechtlicher Anordnung. Das
Gesetz verwendet zur Abgrenzung den bereits oben §. 33
IV besprochenen Begriff der Ausführungshandlung.
Thäter
ist derjenige, der die Ausführungshandlung setzt;
Gehülfe derjenige, der in anderer Weise an der That be-
teiligt ist. Aber diese Unterscheidung genügt dem Gesetze
noch nicht, und so bildet es den Begriff der Mitthäter-
schaft
als Zwischenglied. Mitthäter ist derjenige, der einen
Teil der Ausführungshandlung
begangen hat; Thäter
derjenige, der die ganze Ausführungshandlung gesetzt hat.

Und damit haben wir das von der R. Gesetzgebung auf-
gestellte Schema gewonnen:

1. Thäterschaft;
2. Teilnahme:
a) Mitthäterschaft,
b) Anstiftung,
c) Beihülfe.

Die Entſtehung des Begriffs der Teilnahme. §. 35.
ßungsgrundes, oder eines nur den Thäter berührenden Hin-
derniſſes der Strafverfolgung (vgl. §. 17 und §. 30 III).

4. Teilnahme an der Teilnahme iſt wegen der un-
ſelbſtändigen Natur der letzteren nur als mittelbare Teil-
nahme an der Haupthandlung ſtrafbar.

5. Mehrfache Teilnahme an derſelben Hauptthat iſt
immer nur ein Verbrechen; bei Teilnahme an mehreren
Hauptthaten durch dieſelbe Handlung (z. B. ein anſtiftendes
Wort) iſt wegen der unſelbſtändigen, von der Hauptthat
beſtimmten Natur der Teilnahme, reale Konkurrenz eben-
ſovieler Verbrechen anzunehmen.

III. Die Abgrenzung der Thäterſchaft von der Anſtiftung
iſt eine einfache und klare: dieſe iſt die Urſache jener.
Schwieriger ſind Thäterſchaft und Beihülfe auseinander zu
halten; es bedarf hier poſitivrechtlicher Anordnung. Das
Geſetz verwendet zur Abgrenzung den bereits oben §. 33
IV beſprochenen Begriff der Ausführungshandlung.
Thäter
iſt derjenige, der die Ausführungshandlung ſetzt;
Gehülfe derjenige, der in anderer Weiſe an der That be-
teiligt iſt. Aber dieſe Unterſcheidung genügt dem Geſetze
noch nicht, und ſo bildet es den Begriff der Mitthäter-
ſchaft
als Zwiſchenglied. Mitthäter iſt derjenige, der einen
Teil der Ausführungshandlung
begangen hat; Thäter
derjenige, der die ganze Ausführungshandlung geſetzt hat.

Und damit haben wir das von der R. Geſetzgebung auf-
geſtellte Schema gewonnen:

1. Thäterſchaft;
2. Teilnahme:
a) Mitthäterſchaft,
b) Anſtiftung,
c) Beihülfe.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0175" n="149"/><fw place="top" type="header">Die Ent&#x017F;tehung des Begriffs der Teilnahme. §. 35.</fw><lb/>
ßungsgrundes, oder eines nur den Thäter berührenden Hin-<lb/>
derni&#x017F;&#x017F;es der Strafverfolgung (vgl. §. 17 und §. 30 <hi rendition="#aq">III</hi>).</p><lb/>
              <p>4. <hi rendition="#g">Teilnahme an der Teilnahme</hi> i&#x017F;t wegen der un-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;tändigen Natur der letzteren nur als mittelbare Teil-<lb/>
nahme an der Haupthandlung &#x017F;trafbar.</p><lb/>
              <p>5. <hi rendition="#g">Mehrfache Teilnahme</hi> an der&#x017F;elben Hauptthat i&#x017F;t<lb/>
immer nur <hi rendition="#g">ein</hi> Verbrechen; bei Teilnahme an mehreren<lb/>
Hauptthaten durch die&#x017F;elbe Handlung (z. B. <hi rendition="#g">ein</hi> an&#x017F;tiftendes<lb/>
Wort) i&#x017F;t wegen der un&#x017F;elb&#x017F;tändigen, von der Hauptthat<lb/>
be&#x017F;timmten Natur der Teilnahme, <hi rendition="#g">reale</hi> Konkurrenz eben-<lb/>
&#x017F;ovieler Verbrechen anzunehmen.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">III.</hi> Die Abgrenzung der Thäter&#x017F;chaft von der An&#x017F;tiftung<lb/>
i&#x017F;t eine einfache und klare: die&#x017F;e i&#x017F;t die Ur&#x017F;ache jener.<lb/>
Schwieriger &#x017F;ind Thäter&#x017F;chaft und Beihülfe auseinander zu<lb/>
halten; es bedarf hier po&#x017F;itivrechtlicher Anordnung. Das<lb/>
Ge&#x017F;etz verwendet zur Abgrenzung den bereits oben §. 33<lb/><hi rendition="#aq">IV</hi> be&#x017F;prochenen Begriff der <hi rendition="#g">Ausführungshandlung.<lb/>
Thäter</hi> i&#x017F;t derjenige, der die Ausführungshandlung &#x017F;etzt;<lb/><hi rendition="#g">Gehülfe</hi> derjenige, der in anderer Wei&#x017F;e an der That be-<lb/>
teiligt i&#x017F;t. Aber die&#x017F;e Unter&#x017F;cheidung genügt dem Ge&#x017F;etze<lb/>
noch nicht, und &#x017F;o bildet es den Begriff der <hi rendition="#g">Mitthäter-<lb/>
&#x017F;chaft</hi> als Zwi&#x017F;chenglied. Mitthäter i&#x017F;t derjenige, der <hi rendition="#g">einen<lb/>
Teil der Ausführungshandlung</hi> begangen hat; Thäter<lb/>
derjenige, der die <hi rendition="#g">ganze</hi> Ausführungshandlung ge&#x017F;etzt hat.</p><lb/>
              <p>Und damit haben wir das von der R. Ge&#x017F;etzgebung auf-<lb/>
ge&#x017F;tellte Schema gewonnen:</p><lb/>
              <list>
                <item>1. Thäter&#x017F;chaft;</item><lb/>
                <item>2. Teilnahme:<lb/><list><item><hi rendition="#aq">a)</hi> Mitthäter&#x017F;chaft,</item><lb/><item><hi rendition="#aq">b)</hi> An&#x017F;tiftung,</item><lb/><item><hi rendition="#aq">c)</hi> Beihülfe.</item></list></item>
              </list><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0175] Die Entſtehung des Begriffs der Teilnahme. §. 35. ßungsgrundes, oder eines nur den Thäter berührenden Hin- derniſſes der Strafverfolgung (vgl. §. 17 und §. 30 III). 4. Teilnahme an der Teilnahme iſt wegen der un- ſelbſtändigen Natur der letzteren nur als mittelbare Teil- nahme an der Haupthandlung ſtrafbar. 5. Mehrfache Teilnahme an derſelben Hauptthat iſt immer nur ein Verbrechen; bei Teilnahme an mehreren Hauptthaten durch dieſelbe Handlung (z. B. ein anſtiftendes Wort) iſt wegen der unſelbſtändigen, von der Hauptthat beſtimmten Natur der Teilnahme, reale Konkurrenz eben- ſovieler Verbrechen anzunehmen. III. Die Abgrenzung der Thäterſchaft von der Anſtiftung iſt eine einfache und klare: dieſe iſt die Urſache jener. Schwieriger ſind Thäterſchaft und Beihülfe auseinander zu halten; es bedarf hier poſitivrechtlicher Anordnung. Das Geſetz verwendet zur Abgrenzung den bereits oben §. 33 IV beſprochenen Begriff der Ausführungshandlung. Thäter iſt derjenige, der die Ausführungshandlung ſetzt; Gehülfe derjenige, der in anderer Weiſe an der That be- teiligt iſt. Aber dieſe Unterſcheidung genügt dem Geſetze noch nicht, und ſo bildet es den Begriff der Mitthäter- ſchaft als Zwiſchenglied. Mitthäter iſt derjenige, der einen Teil der Ausführungshandlung begangen hat; Thäter derjenige, der die ganze Ausführungshandlung geſetzt hat. Und damit haben wir das von der R. Geſetzgebung auf- geſtellte Schema gewonnen: 1. Thäterſchaft; 2. Teilnahme: a) Mitthäterſchaft, b) Anſtiftung, c) Beihülfe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/175
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/175>, abgerufen am 28.03.2024.