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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Der Verweis. §. 48.

Die Vollstreckung der Geldstrafen erfolgt nach den
Vorschriften über die Vollstreckung der Urteile der Civil-
gerichte (StPO. § 495). Ueber die Vollstreckung in den
Nachlaß des Verurteilten (StGB. §. 30) vgl. unten §. 57
II; über die Umwandlung der Geldstrafe in Freiheitsstrafe
(StGB. §§. 28 und 29) unten §. 55 I 1.

4.
§. 48. Der Verweis.1

I. Der Verweis, schon im gemeinen Recht und in mehre-
ren deutschen Partikularstrafgesetzbüchern als Strafmittel an-
erkannt, findet sich in der Reichsgesetzgebung in einem ein-
zigen Falle (StGB. §. 57 Ziff. 4): Hat ein jugendlicher
Thäter ein Vergehen oder eine Uebertretung begangen, so
kann in besonders leichten Fällen auf Verweis erkannt
werden.

II. Der Verweis ist eigentliche Strafe, und zwar die
einzige Hauptstrafe an der Ehre. Er kann daher erst erteilt
werden, wenn das auf ihn erkennende Urteil rechtskräftig
geworden ist. Ueber den Vollzug dieser Strafart fehlt
es -- auch in der StPO. -- an ausdrücklichen Anord-
nungen; es sind daher die übrigen Bestimmungen der
StPO. zur analogen Anwendung zu bringen. So hat
z. B. die Erteilung des Verweises gemäß §. 483 StPO.
durch die Staatsanwaltschaft auf Grund einer von dem Ge-
richtsschreiber zu erteilenden, mit der Bescheinigung der Voll-

1 [Spaltenumbruch] Lit. bei Binding Grund-
riß S. 124. Dazu die Dar-
stellungen des Strafprozeßrechts[Spaltenumbruch] bei der Lehre von der Straf-
vollstreckung.
von Liszt, Strafrecht. 13
Der Verweis. §. 48.

Die Vollſtreckung der Geldſtrafen erfolgt nach den
Vorſchriften über die Vollſtreckung der Urteile der Civil-
gerichte (StPO. § 495). Ueber die Vollſtreckung in den
Nachlaß des Verurteilten (StGB. §. 30) vgl. unten §. 57
II; über die Umwandlung der Geldſtrafe in Freiheitsſtrafe
(StGB. §§. 28 und 29) unten §. 55 I 1.

4.
§. 48. Der Verweis.1

I. Der Verweis, ſchon im gemeinen Recht und in mehre-
ren deutſchen Partikularſtrafgeſetzbüchern als Strafmittel an-
erkannt, findet ſich in der Reichsgeſetzgebung in einem ein-
zigen Falle (StGB. §. 57 Ziff. 4): Hat ein jugendlicher
Thäter ein Vergehen oder eine Uebertretung begangen, ſo
kann in beſonders leichten Fällen auf Verweis erkannt
werden.

II. Der Verweis iſt eigentliche Strafe, und zwar die
einzige Hauptſtrafe an der Ehre. Er kann daher erſt erteilt
werden, wenn das auf ihn erkennende Urteil rechtskräftig
geworden iſt. Ueber den Vollzug dieſer Strafart fehlt
es — auch in der StPO. — an ausdrücklichen Anord-
nungen; es ſind daher die übrigen Beſtimmungen der
StPO. zur analogen Anwendung zu bringen. So hat
z. B. die Erteilung des Verweiſes gemäß §. 483 StPO.
durch die Staatsanwaltſchaft auf Grund einer von dem Ge-
richtsſchreiber zu erteilenden, mit der Beſcheinigung der Voll-

1 [Spaltenumbruch] Lit. bei Binding Grund-
riß S. 124. Dazu die Dar-
ſtellungen des Strafprozeßrechts[Spaltenumbruch] bei der Lehre von der Straf-
vollſtreckung.
von Liszt, Strafrecht. 13
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[193/0219] Der Verweis. §. 48. Die Vollſtreckung der Geldſtrafen erfolgt nach den Vorſchriften über die Vollſtreckung der Urteile der Civil- gerichte (StPO. § 495). Ueber die Vollſtreckung in den Nachlaß des Verurteilten (StGB. §. 30) vgl. unten §. 57 II; über die Umwandlung der Geldſtrafe in Freiheitsſtrafe (StGB. §§. 28 und 29) unten §. 55 I 1. 4. §. 48. Der Verweis. 1 I. Der Verweis, ſchon im gemeinen Recht und in mehre- ren deutſchen Partikularſtrafgeſetzbüchern als Strafmittel an- erkannt, findet ſich in der Reichsgeſetzgebung in einem ein- zigen Falle (StGB. §. 57 Ziff. 4): Hat ein jugendlicher Thäter ein Vergehen oder eine Uebertretung begangen, ſo kann in beſonders leichten Fällen auf Verweis erkannt werden. II. Der Verweis iſt eigentliche Strafe, und zwar die einzige Hauptſtrafe an der Ehre. Er kann daher erſt erteilt werden, wenn das auf ihn erkennende Urteil rechtskräftig geworden iſt. Ueber den Vollzug dieſer Strafart fehlt es — auch in der StPO. — an ausdrücklichen Anord- nungen; es ſind daher die übrigen Beſtimmungen der StPO. zur analogen Anwendung zu bringen. So hat z. B. die Erteilung des Verweiſes gemäß §. 483 StPO. durch die Staatsanwaltſchaft auf Grund einer von dem Ge- richtsſchreiber zu erteilenden, mit der Beſcheinigung der Voll- 1 Lit. bei Binding Grund- riß S. 124. Dazu die Dar- ſtellungen des Strafprozeßrechts bei der Lehre von der Straf- vollſtreckung. von Liszt, Strafrecht. 13

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/219>, abgerufen am 28.03.2024.