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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Erstes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen.
dichtete Forderungen im eigenen Namen oder durch
vorgeschobene Personen geltend gemacht hat.
Versuch und Teilnahme an diesem selbständigen De-
likte sind der allgemeinen Regel gemäß möglich.

IV. An den Bankbruch des Schuldners reiht das Gesetz
ein besonderes Delikt des Konkurs gläubigers an (Konk.-Odg.
§. 213): Ein Gläubiger, welcher sich von dem Gemein-
schuldner oder anderen Personen besondere Vorteile dafür hat
gewähren oder versprechen lassen, daß er bei den Abstim-
mungen der Konkursgläubiger in einem gewissen Sinne stimme,
wird mit Geldstrafe bis zu 3000 Mark oder mit Gefängnis
bis zu einem Jahre bestraft.

Bevorstehende Abstimmung ist vorausgesetzt; mit dem Ge-
währen oder Versprechen tritt die Vollendung ein, mag auch
die spätere Abstimmung der Verabredung nicht entsprechen;
Teilnahme dritter Personen ist möglich.

2.
§. 71. Die Untreue.1

I. Begriff.

Von der Untreue gilt das oben §. 70 vom Bankbruch
Gesagte in erhöhtem Maße. Wir finden in der modernen
Gesetzgebung nur schwache, meist kasuistische, Ansätze zu be-
grifflicher Entwicklung dieses Deliktes, das zur Ausfüllung
einer der fühlbarsten Lücken unseres Strafrechtes berufen ist.

Auch die Untreue ist gerichtet gegen obligatorische, aus
Verträgen oder vertragsähnlichen Verhältnissen ent-

1 Lit. bei Meyer S. 545 Note 1.
Erſtes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen.
dichtete Forderungen im eigenen Namen oder durch
vorgeſchobene Perſonen geltend gemacht hat.
Verſuch und Teilnahme an dieſem ſelbſtändigen De-
likte ſind der allgemeinen Regel gemäß möglich.

IV. An den Bankbruch des Schuldners reiht das Geſetz
ein beſonderes Delikt des Konkurs gläubigers an (Konk.-Odg.
§. 213): Ein Gläubiger, welcher ſich von dem Gemein-
ſchuldner oder anderen Perſonen beſondere Vorteile dafür hat
gewähren oder verſprechen laſſen, daß er bei den Abſtim-
mungen der Konkursgläubiger in einem gewiſſen Sinne ſtimme,
wird mit Geldſtrafe bis zu 3000 Mark oder mit Gefängnis
bis zu einem Jahre beſtraft.

Bevorſtehende Abſtimmung iſt vorausgeſetzt; mit dem Ge-
währen oder Verſprechen tritt die Vollendung ein, mag auch
die ſpätere Abſtimmung der Verabredung nicht entſprechen;
Teilnahme dritter Perſonen iſt möglich.

2.
§. 71. Die Untreue.1

I. Begriff.

Von der Untreue gilt das oben §. 70 vom Bankbruch
Geſagte in erhöhtem Maße. Wir finden in der modernen
Geſetzgebung nur ſchwache, meiſt kaſuiſtiſche, Anſätze zu be-
grifflicher Entwicklung dieſes Deliktes, das zur Ausfüllung
einer der fühlbarſten Lücken unſeres Strafrechtes berufen iſt.

Auch die Untreue iſt gerichtet gegen obligatoriſche, aus
Verträgen oder vertragsähnlichen Verhältniſſen ent-

1 Lit. bei Meyer S. 545 Note 1.
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[284/0310] Erſtes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen. dichtete Forderungen im eigenen Namen oder durch vorgeſchobene Perſonen geltend gemacht hat. Verſuch und Teilnahme an dieſem ſelbſtändigen De- likte ſind der allgemeinen Regel gemäß möglich. IV. An den Bankbruch des Schuldners reiht das Geſetz ein beſonderes Delikt des Konkurs gläubigers an (Konk.-Odg. §. 213): Ein Gläubiger, welcher ſich von dem Gemein- ſchuldner oder anderen Perſonen beſondere Vorteile dafür hat gewähren oder verſprechen laſſen, daß er bei den Abſtim- mungen der Konkursgläubiger in einem gewiſſen Sinne ſtimme, wird mit Geldſtrafe bis zu 3000 Mark oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre beſtraft. Bevorſtehende Abſtimmung iſt vorausgeſetzt; mit dem Ge- währen oder Verſprechen tritt die Vollendung ein, mag auch die ſpätere Abſtimmung der Verabredung nicht entſprechen; Teilnahme dritter Perſonen iſt möglich. 2. §. 71. Die Untreue. 1 I. Begriff. Von der Untreue gilt das oben §. 70 vom Bankbruch Geſagte in erhöhtem Maße. Wir finden in der modernen Geſetzgebung nur ſchwache, meiſt kaſuiſtiſche, Anſätze zu be- grifflicher Entwicklung dieſes Deliktes, das zur Ausfüllung einer der fühlbarſten Lücken unſeres Strafrechtes berufen iſt. Auch die Untreue iſt gerichtet gegen obligatoriſche, aus Verträgen oder vertragsähnlichen Verhältniſſen ent- 1 Lit. bei Meyer S. 545 Note 1.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/310>, abgerufen am 29.03.2024.