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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Andere Fälle. §. 72.
nach dem, noch immer von falschen Vorstellungen über die
Natur des kriminellen Unrechtes beherrschten, Reichsstrafrecht
nur in einem einzigen Falle unter Strafe gestellt. Es ist
dies der Bruch des Heuervertrages. Dieser wird:

1. Mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft, wenn die
Heuer bereits gegeben war, und der Schiffsmann mit
derselben
entläuft oder sich verborgen hält, um sich
dem übernommenen Dienste zu entziehen, und zwar
ohne Unterschied, ob das Vergehen im Inlande oder
im Auslande begangen ist (StGB. §. 298). Durch
den letzteren Zusatz wird der Eintritt der Strafe un-
abhängig gemacht von der sonst nach §. 4 StGB. er-
forderlichen Strafbarkeit der Handlung am Orte der
That (vgl. oben §. 13 S. 56). Der gesetzgeberische
Grund liegt in der Straflosigkeit dieses Deliktes nach
englischem und amerikanischem Recht.
2. Die anderen Fälle des Bruches des Heuervertrages
werden nach §. 81 Seemannsordnung vom 27. De-
zember 1872 auf Antrag des Schiffers mit Geldstrafe
bis zu 300 Mark (bez. 60 Mark) oder Gefängnis bis
zu 3 Monaten bestraft.

III. Nach StGB. §. 297 trifft den Reisenden oder
Schiffsmann, welcher ohne Vorwissen des Schiffers, in-
gleichen den Schiffer, welcher ohne Vorwissen des Rheders
Gegenstände an Bord nimmt, welche das Schiff oder die
Ladung gefährden, indem sie die Beschlagnahme oder Ein-
ziehung des Schiffes oder der Ladung veranlassen können,
Geldstrafe bis zu 1500 Mark oder Gefängnis bis zu 2 Jahren.

von Liszt, Strafrecht. 19

Andere Fälle. §. 72.
nach dem, noch immer von falſchen Vorſtellungen über die
Natur des kriminellen Unrechtes beherrſchten, Reichsſtrafrecht
nur in einem einzigen Falle unter Strafe geſtellt. Es iſt
dies der Bruch des Heuervertrages. Dieſer wird:

1. Mit Gefängnis bis zu einem Jahre beſtraft, wenn die
Heuer bereits gegeben war, und der Schiffsmann mit
derſelben
entläuft oder ſich verborgen hält, um ſich
dem übernommenen Dienſte zu entziehen, und zwar
ohne Unterſchied, ob das Vergehen im Inlande oder
im Auslande begangen iſt (StGB. §. 298). Durch
den letzteren Zuſatz wird der Eintritt der Strafe un-
abhängig gemacht von der ſonſt nach §. 4 StGB. er-
forderlichen Strafbarkeit der Handlung am Orte der
That (vgl. oben §. 13 S. 56). Der geſetzgeberiſche
Grund liegt in der Strafloſigkeit dieſes Deliktes nach
engliſchem und amerikaniſchem Recht.
2. Die anderen Fälle des Bruches des Heuervertrages
werden nach §. 81 Seemannsordnung vom 27. De-
zember 1872 auf Antrag des Schiffers mit Geldſtrafe
bis zu 300 Mark (bez. 60 Mark) oder Gefängnis bis
zu 3 Monaten beſtraft.

III. Nach StGB. §. 297 trifft den Reiſenden oder
Schiffsmann, welcher ohne Vorwiſſen des Schiffers, in-
gleichen den Schiffer, welcher ohne Vorwiſſen des Rheders
Gegenſtände an Bord nimmt, welche das Schiff oder die
Ladung gefährden, indem ſie die Beſchlagnahme oder Ein-
ziehung des Schiffes oder der Ladung veranlaſſen können,
Geldſtrafe bis zu 1500 Mark oder Gefängnis bis zu 2 Jahren.

von Liszt, Strafrecht. 19
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[289/0315] Andere Fälle. §. 72. nach dem, noch immer von falſchen Vorſtellungen über die Natur des kriminellen Unrechtes beherrſchten, Reichsſtrafrecht nur in einem einzigen Falle unter Strafe geſtellt. Es iſt dies der Bruch des Heuervertrages. Dieſer wird: 1. Mit Gefängnis bis zu einem Jahre beſtraft, wenn die Heuer bereits gegeben war, und der Schiffsmann mit derſelben entläuft oder ſich verborgen hält, um ſich dem übernommenen Dienſte zu entziehen, und zwar ohne Unterſchied, ob das Vergehen im Inlande oder im Auslande begangen iſt (StGB. §. 298). Durch den letzteren Zuſatz wird der Eintritt der Strafe un- abhängig gemacht von der ſonſt nach §. 4 StGB. er- forderlichen Strafbarkeit der Handlung am Orte der That (vgl. oben §. 13 S. 56). Der geſetzgeberiſche Grund liegt in der Strafloſigkeit dieſes Deliktes nach engliſchem und amerikaniſchem Recht. 2. Die anderen Fälle des Bruches des Heuervertrages werden nach §. 81 Seemannsordnung vom 27. De- zember 1872 auf Antrag des Schiffers mit Geldſtrafe bis zu 300 Mark (bez. 60 Mark) oder Gefängnis bis zu 3 Monaten beſtraft. III. Nach StGB. §. 297 trifft den Reiſenden oder Schiffsmann, welcher ohne Vorwiſſen des Schiffers, in- gleichen den Schiffer, welcher ohne Vorwiſſen des Rheders Gegenſtände an Bord nimmt, welche das Schiff oder die Ladung gefährden, indem ſie die Beſchlagnahme oder Ein- ziehung des Schiffes oder der Ladung veranlaſſen können, Geldſtrafe bis zu 1500 Mark oder Gefängnis bis zu 2 Jahren. von Liszt, Strafrecht. 19

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/315>, abgerufen am 19.04.2024.