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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Strafbare Ausbeutung Anderer. §. 75.
Voraussetzungen, und verwendet die angedeutete Konstruk-
tion zur Bildung von nur zwei, eng umschriebenen Delikts-
begriffen.

I. Vermögensbeschädigung in Bereicherungs-
absicht durch Benutzung des Leichtsinns und der
Unerfahrenheit Minderjähriger
. Ueber die Bereiche-
rungsabsicht siehe oben §. 73 I 3. An Stelle der in unsere
Definition aufgenommenen "Vermögensbeschädigung" führt
das Gesetz die einzelnen Handlungen ausschließend auf, in
welchen es ein für allemale und ohne sich in eine Untersuchung
des konkreten Falles einzulassen, dieselbe erblicken zu wollen
erklärt. Demnach liegt das fragliche Delikt vor:

1. Wenn Jemand in gewinnsüchtiger Absicht1 und unter
Benutzung des Leichtsinnes und der Unerfahrenheit eines
Minderjährigen sich von demselben Schuldscheine, Wechsel,
Empfangsbekenntnisse, Bürgschaftsinstrumente oder eine an-
dere, eine Verpflichtung enthaltende Urkunde aus-
stellen oder auch nur mündlich ein Zahlungsver-
sprechen erteilen läßt
(StGB. §. 301). Strafe: Ge-
fängnis bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu 1500 Mark.
Antragsdelikt.

2. Wenn Jemand in gleicher Absicht und auf gleiche
Weise sich von dem Minderjährigen unter Verpfändung der
Ehre, auf Ehrenwort, eidlich oder unter ähnlichen Ver-
sicherungen oder Beteuerungen
die Zahlung einer Geld-
summe oder die Erfüllung einer anderen, auf Gewährung
geldwerter Sachen gerichteten Verpflichtung aus einem Rechts-
geschäfte versprechen läßt (StGB. §. 302). Strafe: Ge-
fängnis bis zu einem Jahre oder Geldstrafe bis zu 3000 Mark.

1 Soviel wie Bereicherungsabsicht.

Strafbare Ausbeutung Anderer. §. 75.
Vorausſetzungen, und verwendet die angedeutete Konſtruk-
tion zur Bildung von nur zwei, eng umſchriebenen Delikts-
begriffen.

I. Vermögensbeſchädigung in Bereicherungs-
abſicht durch Benutzung des Leichtſinns und der
Unerfahrenheit Minderjähriger
. Ueber die Bereiche-
rungsabſicht ſiehe oben §. 73 I 3. An Stelle der in unſere
Definition aufgenommenen „Vermögensbeſchädigung“ führt
das Geſetz die einzelnen Handlungen ausſchließend auf, in
welchen es ein für allemale und ohne ſich in eine Unterſuchung
des konkreten Falles einzulaſſen, dieſelbe erblicken zu wollen
erklärt. Demnach liegt das fragliche Delikt vor:

1. Wenn Jemand in gewinnſüchtiger Abſicht1 und unter
Benutzung des Leichtſinnes und der Unerfahrenheit eines
Minderjährigen ſich von demſelben Schuldſcheine, Wechſel,
Empfangsbekenntniſſe, Bürgſchaftsinſtrumente oder eine an-
dere, eine Verpflichtung enthaltende Urkunde aus-
ſtellen oder auch nur mündlich ein Zahlungsver-
ſprechen erteilen läßt
(StGB. §. 301). Strafe: Ge-
fängnis bis zu 6 Monaten oder Geldſtrafe bis zu 1500 Mark.
Antragsdelikt.

2. Wenn Jemand in gleicher Abſicht und auf gleiche
Weiſe ſich von dem Minderjährigen unter Verpfändung der
Ehre, auf Ehrenwort, eidlich oder unter ähnlichen Ver-
ſicherungen oder Beteuerungen
die Zahlung einer Geld-
ſumme oder die Erfüllung einer anderen, auf Gewährung
geldwerter Sachen gerichteten Verpflichtung aus einem Rechts-
geſchäfte verſprechen läßt (StGB. §. 302). Strafe: Ge-
fängnis bis zu einem Jahre oder Geldſtrafe bis zu 3000 Mark.

1 Soviel wie Bereicherungsabſicht.
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[301/0327] Strafbare Ausbeutung Anderer. §. 75. Vorausſetzungen, und verwendet die angedeutete Konſtruk- tion zur Bildung von nur zwei, eng umſchriebenen Delikts- begriffen. I. Vermögensbeſchädigung in Bereicherungs- abſicht durch Benutzung des Leichtſinns und der Unerfahrenheit Minderjähriger. Ueber die Bereiche- rungsabſicht ſiehe oben §. 73 I 3. An Stelle der in unſere Definition aufgenommenen „Vermögensbeſchädigung“ führt das Geſetz die einzelnen Handlungen ausſchließend auf, in welchen es ein für allemale und ohne ſich in eine Unterſuchung des konkreten Falles einzulaſſen, dieſelbe erblicken zu wollen erklärt. Demnach liegt das fragliche Delikt vor: 1. Wenn Jemand in gewinnſüchtiger Abſicht 1 und unter Benutzung des Leichtſinnes und der Unerfahrenheit eines Minderjährigen ſich von demſelben Schuldſcheine, Wechſel, Empfangsbekenntniſſe, Bürgſchaftsinſtrumente oder eine an- dere, eine Verpflichtung enthaltende Urkunde aus- ſtellen oder auch nur mündlich ein Zahlungsver- ſprechen erteilen läßt (StGB. §. 301). Strafe: Ge- fängnis bis zu 6 Monaten oder Geldſtrafe bis zu 1500 Mark. Antragsdelikt. 2. Wenn Jemand in gleicher Abſicht und auf gleiche Weiſe ſich von dem Minderjährigen unter Verpfändung der Ehre, auf Ehrenwort, eidlich oder unter ähnlichen Ver- ſicherungen oder Beteuerungen die Zahlung einer Geld- ſumme oder die Erfüllung einer anderen, auf Gewährung geldwerter Sachen gerichteten Verpflichtung aus einem Rechts- geſchäfte verſprechen läßt (StGB. §. 302). Strafe: Ge- fängnis bis zu einem Jahre oder Geldſtrafe bis zu 3000 Mark. 1 Soviel wie Bereicherungsabſicht.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/327>, abgerufen am 23.04.2024.