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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Hochverrat. §. 93.
II 1--4, III 2 a und b) kann bei Eröffnung der Unter-
suchung das Vermögen, welches der Angeschuldigte besitzt
oder welches ihm später anfällt, bis zur rechtskräftigen Been-
digung des Verfahrens mit Beschlag belegt werden (StGB.
§. 93, vgl. mit StPO. §§. 480, 333 ff.).

VI. Wird eine der vorbezeichneten (II 2--4, III und V)
Handlungen gegen ein ausländisches Gemeinwesen begangen,
so liegt, wie bereits (oben I) bemerkt, zwar nicht eigentlicher
Hochverrat, wohl aber ein diesem nächstverwandtes Delikt
vor, das unter gewissen Voraussetzungen (StGB. §. 102) die
Thätigkeit der inländischen Strafgewalt wachruft. Diese
Voraussetzungen sind:

1. Verbürgte Gegenseitigkeit (nicht notwendig durch
Staatsvertrag; ein die Gewähr künftiger Festhaltung bie-
tender Gerichtsgebrauch genügt).

2. Während der deutsche Unterthan sowohl im In-
lande wie im Auslande und hier ohne die Beschränkungen
der §§. 4, 5 StGB. (oben §. 13 III) für die Begehung
derartiger Handlungen verantwortlich gemacht wird, haftet
der Ausländer nur während seines Aufenthaltes
im Inlande
, 7 also nur als subditus temporarius.

3. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der aus-
wärtigen Regierung ein
; der Antrag ist rücknehmbar.

Strafe:

a) In den oben II 2--4, III 2 a und b angeführten
Fällen Festungshaft von einem bis zu 10 Jahren,
bei mildernden Umständen von 6 Monaten bis zu
10 Jahren;
7 [Spaltenumbruch] Der Aufenthaltsort des
Thäters und der Begehungsort
des Verbrechens (oben §. 19 IV)[Spaltenumbruch] brauchen nicht notwendig zu-
sammenzufallen. Nur der erstere
ist maßgebend.

Hochverrat. §. 93.
II 1—4, III 2 a und b) kann bei Eröffnung der Unter-
ſuchung das Vermögen, welches der Angeſchuldigte beſitzt
oder welches ihm ſpäter anfällt, bis zur rechtskräftigen Been-
digung des Verfahrens mit Beſchlag belegt werden (StGB.
§. 93, vgl. mit StPO. §§. 480, 333 ff.).

VI. Wird eine der vorbezeichneten (II 2—4, III und V)
Handlungen gegen ein ausländiſches Gemeinweſen begangen,
ſo liegt, wie bereits (oben I) bemerkt, zwar nicht eigentlicher
Hochverrat, wohl aber ein dieſem nächſtverwandtes Delikt
vor, das unter gewiſſen Vorausſetzungen (StGB. §. 102) die
Thätigkeit der inländiſchen Strafgewalt wachruft. Dieſe
Vorausſetzungen ſind:

1. Verbürgte Gegenſeitigkeit (nicht notwendig durch
Staatsvertrag; ein die Gewähr künftiger Feſthaltung bie-
tender Gerichtsgebrauch genügt).

2. Während der deutſche Unterthan ſowohl im In-
lande wie im Auslande und hier ohne die Beſchränkungen
der §§. 4, 5 StGB. (oben §. 13 III) für die Begehung
derartiger Handlungen verantwortlich gemacht wird, haftet
der Ausländer nur während ſeines Aufenthaltes
im Inlande
, 7 alſo nur als subditus temporarius.

3. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der aus-
wärtigen Regierung ein
; der Antrag iſt rücknehmbar.

Strafe:

a) In den oben II 2—4, III 2 a und b angeführten
Fällen Feſtungshaft von einem bis zu 10 Jahren,
bei mildernden Umſtänden von 6 Monaten bis zu
10 Jahren;
7 [Spaltenumbruch] Der Aufenthaltsort des
Thäters und der Begehungsort
des Verbrechens (oben §. 19 IV)[Spaltenumbruch] brauchen nicht notwendig zu-
ſammenzufallen. Nur der erſtere
iſt maßgebend.
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[395/0421] Hochverrat. §. 93. II 1—4, III 2 a und b) kann bei Eröffnung der Unter- ſuchung das Vermögen, welches der Angeſchuldigte beſitzt oder welches ihm ſpäter anfällt, bis zur rechtskräftigen Been- digung des Verfahrens mit Beſchlag belegt werden (StGB. §. 93, vgl. mit StPO. §§. 480, 333 ff.). VI. Wird eine der vorbezeichneten (II 2—4, III und V) Handlungen gegen ein ausländiſches Gemeinweſen begangen, ſo liegt, wie bereits (oben I) bemerkt, zwar nicht eigentlicher Hochverrat, wohl aber ein dieſem nächſtverwandtes Delikt vor, das unter gewiſſen Vorausſetzungen (StGB. §. 102) die Thätigkeit der inländiſchen Strafgewalt wachruft. Dieſe Vorausſetzungen ſind: 1. Verbürgte Gegenſeitigkeit (nicht notwendig durch Staatsvertrag; ein die Gewähr künftiger Feſthaltung bie- tender Gerichtsgebrauch genügt). 2. Während der deutſche Unterthan ſowohl im In- lande wie im Auslande und hier ohne die Beſchränkungen der §§. 4, 5 StGB. (oben §. 13 III) für die Begehung derartiger Handlungen verantwortlich gemacht wird, haftet der Ausländer nur während ſeines Aufenthaltes im Inlande, 7 alſo nur als subditus temporarius. 3. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der aus- wärtigen Regierung ein; der Antrag iſt rücknehmbar. Strafe: a) In den oben II 2—4, III 2 a und b angeführten Fällen Feſtungshaft von einem bis zu 10 Jahren, bei mildernden Umſtänden von 6 Monaten bis zu 10 Jahren; 7 Der Aufenthaltsort des Thäters und der Begehungsort des Verbrechens (oben §. 19 IV) brauchen nicht notwendig zu- ſammenzufallen. Nur der erſtere iſt maßgebend.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/421>, abgerufen am 29.03.2024.