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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Viertes Buch. III. Delikte geg. den Gang der Staatsverw.
"als vollbracht angenommen wird", ist vielfach in der de-
tailliertesten Weise geschildert; man vgl. §. 136 Vereins-
Zollgesetz mit seinen 9 Ziffern, die wieder mehrfach unter-
geteilt sind.

2. Häufig begegnen Schuldpräsumptionen (vgl. oben
§. 27 Note 3); die "Thatsachen" sollen genügen, um die
Strafe herbeizuführen, und dem Angeklagten obliegt es, durch
die Führung des Beweises seiner Unschuld sich die Straf-
freiheit oder doch die Ersetzung der kriminellen Strafe durch
eine Ordnungsstrafe zu sichern.

3. Die regelmäßig an erster Stelle verwendete Geldstrafe
wird als Vielfaches oder als quoter Teil der im Einzelfalle
hinterzogenen Abgabe bemessen (vgl. auch oben §. 47 II).
Die Umwandlung in Freiheitsstrafe, in einem Falle (Wechsel-
stempelgesetz) ausgeschlossen, findet häufig nach einem anderen
als dem im StGB. aufgestellten Maßstabe statt (oben
§. 55 I 1).

Die Nebenstrafe der Konfiskation wird reichlichst ver-
wendet, und ihre Anwendung durch detaillierte Bestimmungen
geregelt (z. B. Vereinszollgesetz §§. 154--157; vgl. auch
oben §. 50 II).

Auch die Nebenstrafe der Entziehung der Gewerbeberech-
tigung spielt hier eine gewisse Rolle (vgl. oben §. 50 IV).

4. Eines der für den konstruierenden Theoretiker inter-
essantesten Rechtsinstitute ist die regelmäßig wiederkehrende
subsidiäre Haftung dritter unschuldiger Personen für die von
dem Schuldigen verwirkte Geldstrafe (vgl. oben §. 42 III 2).

5. Mit größter, wir können sagen: dem ganzen Systeme
der Reichsgesetzgebung gegenüber anormaler Strenge wird
der Rückfall getroffen: die Geldstrafe verwandelt sich in

Viertes Buch. III. Delikte geg. den Gang der Staatsverw.
„als vollbracht angenommen wird“, iſt vielfach in der de-
taillierteſten Weiſe geſchildert; man vgl. §. 136 Vereins-
Zollgeſetz mit ſeinen 9 Ziffern, die wieder mehrfach unter-
geteilt ſind.

2. Häufig begegnen Schuldpräſumptionen (vgl. oben
§. 27 Note 3); die „Thatſachen“ ſollen genügen, um die
Strafe herbeizuführen, und dem Angeklagten obliegt es, durch
die Führung des Beweiſes ſeiner Unſchuld ſich die Straf-
freiheit oder doch die Erſetzung der kriminellen Strafe durch
eine Ordnungsſtrafe zu ſichern.

3. Die regelmäßig an erſter Stelle verwendete Geldſtrafe
wird als Vielfaches oder als quoter Teil der im Einzelfalle
hinterzogenen Abgabe bemeſſen (vgl. auch oben §. 47 II).
Die Umwandlung in Freiheitsſtrafe, in einem Falle (Wechſel-
ſtempelgeſetz) ausgeſchloſſen, findet häufig nach einem anderen
als dem im StGB. aufgeſtellten Maßſtabe ſtatt (oben
§. 55 I 1).

Die Nebenſtrafe der Konfiskation wird reichlichſt ver-
wendet, und ihre Anwendung durch detaillierte Beſtimmungen
geregelt (z. B. Vereinszollgeſetz §§. 154—157; vgl. auch
oben §. 50 II).

Auch die Nebenſtrafe der Entziehung der Gewerbeberech-
tigung ſpielt hier eine gewiſſe Rolle (vgl. oben §. 50 IV).

4. Eines der für den konſtruierenden Theoretiker inter-
eſſanteſten Rechtsinſtitute iſt die regelmäßig wiederkehrende
ſubſidiäre Haftung dritter unſchuldiger Perſonen für die von
dem Schuldigen verwirkte Geldſtrafe (vgl. oben §. 42 III 2).

5. Mit größter, wir können ſagen: dem ganzen Syſteme
der Reichsgeſetzgebung gegenüber anormaler Strenge wird
der Rückfall getroffen: die Geldſtrafe verwandelt ſich in

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[458/0484] Viertes Buch. III. Delikte geg. den Gang der Staatsverw. „als vollbracht angenommen wird“, iſt vielfach in der de- taillierteſten Weiſe geſchildert; man vgl. §. 136 Vereins- Zollgeſetz mit ſeinen 9 Ziffern, die wieder mehrfach unter- geteilt ſind. 2. Häufig begegnen Schuldpräſumptionen (vgl. oben §. 27 Note 3); die „Thatſachen“ ſollen genügen, um die Strafe herbeizuführen, und dem Angeklagten obliegt es, durch die Führung des Beweiſes ſeiner Unſchuld ſich die Straf- freiheit oder doch die Erſetzung der kriminellen Strafe durch eine Ordnungsſtrafe zu ſichern. 3. Die regelmäßig an erſter Stelle verwendete Geldſtrafe wird als Vielfaches oder als quoter Teil der im Einzelfalle hinterzogenen Abgabe bemeſſen (vgl. auch oben §. 47 II). Die Umwandlung in Freiheitsſtrafe, in einem Falle (Wechſel- ſtempelgeſetz) ausgeſchloſſen, findet häufig nach einem anderen als dem im StGB. aufgeſtellten Maßſtabe ſtatt (oben §. 55 I 1). Die Nebenſtrafe der Konfiskation wird reichlichſt ver- wendet, und ihre Anwendung durch detaillierte Beſtimmungen geregelt (z. B. Vereinszollgeſetz §§. 154—157; vgl. auch oben §. 50 II). Auch die Nebenſtrafe der Entziehung der Gewerbeberech- tigung ſpielt hier eine gewiſſe Rolle (vgl. oben §. 50 IV). 4. Eines der für den konſtruierenden Theoretiker inter- eſſanteſten Rechtsinſtitute iſt die regelmäßig wiederkehrende ſubſidiäre Haftung dritter unſchuldiger Perſonen für die von dem Schuldigen verwirkte Geldſtrafe (vgl. oben §. 42 III 2). 5. Mit größter, wir können ſagen: dem ganzen Syſteme der Reichsgeſetzgebung gegenüber anormaler Strenge wird der Rückfall getroffen: die Geldſtrafe verwandelt ſich in

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/484>, abgerufen am 24.04.2024.