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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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III. Buch. Die friedl. Regelung u. Verwaltung gemeins. Interessen.
§ 30. Post- und Telegraphenbetrieb.
I.

Auch hier sind zunächst zahlreiche Einzelverträge, insbesondere
wieder zwischen den benachbarten Staaten, über die Beförderung von
Postsendungen sowie über andere Betriebsfragen zu nennen. Von Wich-
tigkeit ist das auf altem Herkommen beruhende, von der Türkei ohne
Erfolg bestrittene Recht der christlich-europäischen Staaten, in den
Ländern der Türkei ihre eigenen Postämter zu errichten.

Vgl. R. G. II 365.

II.

Aber gerade auf diesem Gebiet hat der Gedanke der völker-
rechtlichen Verwaltungsgemeinschaften (oben § 17 I) frühzeitig über-
raschende Früchte getragen.

Zahlreich sind die Verträge, welche die europäischen Staaten
untereinander, welche insbesondere erst der Norddeutsche Bund, dann
das Deutsche Reich, mit den übrigen Staaten geschlossen hatten.
Besonders innig gestalteten sich die Beziehungen der Deutschen
Staaten zu dem benachbarten Österreich, die in dem Postverein
vom 6. April 1850 und später in dem Postvertrag vom 23. No-
vember 1867 (R. G. Bl. 1868 S. 69) ihre feste Regelung gefunden
hatten.

Nach dem Muster der von kleineren Staatengruppen geschlossenen
Verträge wurde am 9. Oktober 1874 zu Bern der allgemeine Postverein
(die Union generale des postes) von 21 Staaten begründet.

Diese Staaten waren: Deutschland, Österreich-Ungarn, Belgien,
Dänemark, Egypten, Spanien, die Vereinigten Staaten, Frankreich,
Grossbritannien, Griechenland, Italien, Luxemburg, Norwegen,
die Niederlande, Portugal, Rumänien, Russland, Serbien, Schweden,
die Schweiz und die Türkei.

An Stelle des "Allgemeinen Postvereins" trat durch die Pariser
Vereinbarung vom 1. Januar 1878 auf Deutschlands Antrag der Welt-
postverein (die Union postale universelle) die, durch verschiedene spätere
Kongresse mehrfach revidiert (insbesondere zu Lissabon 1885, Wien
4. Juli 1891, Washington 15. Juni 1897), jetzt die ganze Welt, nicht nur
die civilisierten Staaten, umfasst.

1. Der Hauptvertrag (convention principale) bezieht sich auf
die Beförderung von Briefen, von einfachen Postkarten und Post-

III. Buch. Die friedl. Regelung u. Verwaltung gemeins. Interessen.
§ 30. Post- und Telegraphenbetrieb.
I.

Auch hier sind zunächst zahlreiche Einzelverträge, insbesondere
wieder zwischen den benachbarten Staaten, über die Beförderung von
Postsendungen sowie über andere Betriebsfragen zu nennen. Von Wich-
tigkeit ist das auf altem Herkommen beruhende, von der Türkei ohne
Erfolg bestrittene Recht der christlich-europäischen Staaten, in den
Ländern der Türkei ihre eigenen Postämter zu errichten.

Vgl. R. G. II 365.

II.

Aber gerade auf diesem Gebiet hat der Gedanke der völker-
rechtlichen Verwaltungsgemeinschaften (oben § 17 I) frühzeitig über-
raschende Früchte getragen.

Zahlreich sind die Verträge, welche die europäischen Staaten
untereinander, welche insbesondere erst der Norddeutsche Bund, dann
das Deutsche Reich, mit den übrigen Staaten geschlossen hatten.
Besonders innig gestalteten sich die Beziehungen der Deutschen
Staaten zu dem benachbarten Österreich, die in dem Postverein
vom 6. April 1850 und später in dem Postvertrag vom 23. No-
vember 1867 (R. G. Bl. 1868 S. 69) ihre feste Regelung gefunden
hatten.

Nach dem Muster der von kleineren Staatengruppen geschlossenen
Verträge wurde am 9. Oktober 1874 zu Bern der allgemeine Postverein
(die Union générale des postes) von 21 Staaten begründet.

Diese Staaten waren: Deutschland, Österreich-Ungarn, Belgien,
Dänemark, Egypten, Spanien, die Vereinigten Staaten, Frankreich,
Groſsbritannien, Griechenland, Italien, Luxemburg, Norwegen,
die Niederlande, Portugal, Rumänien, Ruſsland, Serbien, Schweden,
die Schweiz und die Türkei.

An Stelle des „Allgemeinen Postvereins“ trat durch die Pariser
Vereinbarung vom 1. Januar 1878 auf Deutschlands Antrag der Welt-
postverein (die Union postale universelle) die, durch verschiedene spätere
Kongresse mehrfach revidiert (insbesondere zu Lissabon 1885, Wien
4. Juli 1891, Washington 15. Juni 1897), jetzt die ganze Welt, nicht nur
die civilisierten Staaten, umfaſst.

1. Der Hauptvertrag (convention principale) bezieht sich auf
die Beförderung von Briefen, von einfachen Postkarten und Post-

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[162/0184] III. Buch. Die friedl. Regelung u. Verwaltung gemeins. Interessen. § 30. Post- und Telegraphenbetrieb. I. Auch hier sind zunächst zahlreiche Einzelverträge, insbesondere wieder zwischen den benachbarten Staaten, über die Beförderung von Postsendungen sowie über andere Betriebsfragen zu nennen. Von Wich- tigkeit ist das auf altem Herkommen beruhende, von der Türkei ohne Erfolg bestrittene Recht der christlich-europäischen Staaten, in den Ländern der Türkei ihre eigenen Postämter zu errichten. Vgl. R. G. II 365. II. Aber gerade auf diesem Gebiet hat der Gedanke der völker- rechtlichen Verwaltungsgemeinschaften (oben § 17 I) frühzeitig über- raschende Früchte getragen. Zahlreich sind die Verträge, welche die europäischen Staaten untereinander, welche insbesondere erst der Norddeutsche Bund, dann das Deutsche Reich, mit den übrigen Staaten geschlossen hatten. Besonders innig gestalteten sich die Beziehungen der Deutschen Staaten zu dem benachbarten Österreich, die in dem Postverein vom 6. April 1850 und später in dem Postvertrag vom 23. No- vember 1867 (R. G. Bl. 1868 S. 69) ihre feste Regelung gefunden hatten. Nach dem Muster der von kleineren Staatengruppen geschlossenen Verträge wurde am 9. Oktober 1874 zu Bern der allgemeine Postverein (die Union générale des postes) von 21 Staaten begründet. Diese Staaten waren: Deutschland, Österreich-Ungarn, Belgien, Dänemark, Egypten, Spanien, die Vereinigten Staaten, Frankreich, Groſsbritannien, Griechenland, Italien, Luxemburg, Norwegen, die Niederlande, Portugal, Rumänien, Ruſsland, Serbien, Schweden, die Schweiz und die Türkei. An Stelle des „Allgemeinen Postvereins“ trat durch die Pariser Vereinbarung vom 1. Januar 1878 auf Deutschlands Antrag der Welt- postverein (die Union postale universelle) die, durch verschiedene spätere Kongresse mehrfach revidiert (insbesondere zu Lissabon 1885, Wien 4. Juli 1891, Washington 15. Juni 1897), jetzt die ganze Welt, nicht nur die civilisierten Staaten, umfaſst. 1. Der Hauptvertrag (convention principale) bezieht sich auf die Beförderung von Briefen, von einfachen Postkarten und Post-

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/184>, abgerufen am 28.03.2024.