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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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§ 39. Der Krieg als völkerrechtliches Rechtsverhältnis.
führen können. In diesem Falle wird ihnen ein Geleitsbrief erteilt
werden, um sich in einem Hafen, den sie nach ihrer Wahl selbst
bezeichnen mögen, einzuschiffen, vorausgesetzt, dass derselbe vom
Feinde weder besetzt noch blokiert ist, noch ihre eigene Sicherheit
oder die des Staates die Abreise über diesen Hafen verbietet, in
welchem Falle dieselbe stattfinden wird, wie und wo es geschehen
kann."

Dagegen hat Frankreich 1870 die auf französischem Gebiet
weilenden Deutschen (angeblich etwa 100 000, davon 40 000 in
Paris) ausgewiesen, während eine Ausweisung der gegnerischen
Staatsangehörigen während des türkisch-russischen Krieges von 1877
und während des chinesisch-japanischen Krieges 1894 nicht erfolgte.

Vgl. R. G. I 468, II 577.

Die Beschlagnahme des auf dem Gebiet befindlichen Privat-
eigentums der gegnerischen Staatsangehörigen ist nicht gestattet.
Insbesondere gilt das von der Beschlagnahme feindlicher, in den
Häfen der Küstengewässer weilender Schiffe (Embargo), denen
vielmehr regelmässig eine bestimmte Frist gewährt wird, um sich
in Sicherheit zu bringen (pratique de l'indult). So haben die Ver-
einigten Staaten 1898 den in den amerikanischen Gewässern
weilenden spanischen Schiffen eine 30 tägige Frist zur Einnehmung
der Ladung und zur Abreise gestattet. (Oben § 25 I, S. 134.)

3. In völkerrechtlicher Beziehung auf das Verhältnis der krieg-
führenden zu den übrigen Mächten.

Vgl. darüber unten § 43. Doch kann den neutralen Schiffen,
um die Geheimhaltung militärischer Unternehmungen zu sichern,
die Ausfahrt zeitweilig untersagt werden (arret de prince; oben
§ 24 III).

V. Die Beendigung des Kriegszustandes.

v. Kirchenheim, H. H. IV 791.

1. Sie erfolgt entweder:

a) Formlos durch Einstellung der Feindseligkeiten von beiden
Seiten oder durch Unterjochung des Gegners
(Eroberung, de-
bellatio oder subjugatio).

§ 39. Der Krieg als völkerrechtliches Rechtsverhältnis.
führen können. In diesem Falle wird ihnen ein Geleitsbrief erteilt
werden, um sich in einem Hafen, den sie nach ihrer Wahl selbst
bezeichnen mögen, einzuschiffen, vorausgesetzt, daſs derselbe vom
Feinde weder besetzt noch blokiert ist, noch ihre eigene Sicherheit
oder die des Staates die Abreise über diesen Hafen verbietet, in
welchem Falle dieselbe stattfinden wird, wie und wo es geschehen
kann.“

Dagegen hat Frankreich 1870 die auf französischem Gebiet
weilenden Deutschen (angeblich etwa 100 000, davon 40 000 in
Paris) ausgewiesen, während eine Ausweisung der gegnerischen
Staatsangehörigen während des türkisch-russischen Krieges von 1877
und während des chinesisch-japanischen Krieges 1894 nicht erfolgte.

Vgl. R. G. I 468, II 577.

Die Beschlagnahme des auf dem Gebiet befindlichen Privat-
eigentums der gegnerischen Staatsangehörigen ist nicht gestattet.
Insbesondere gilt das von der Beschlagnahme feindlicher, in den
Häfen der Küstengewässer weilender Schiffe (Embargo), denen
vielmehr regelmäſsig eine bestimmte Frist gewährt wird, um sich
in Sicherheit zu bringen (pratique de l’indult). So haben die Ver-
einigten Staaten 1898 den in den amerikanischen Gewässern
weilenden spanischen Schiffen eine 30 tägige Frist zur Einnehmung
der Ladung und zur Abreise gestattet. (Oben § 25 I, S. 134.)

3. In völkerrechtlicher Beziehung auf das Verhältnis der krieg-
führenden zu den übrigen Mächten.

Vgl. darüber unten § 43. Doch kann den neutralen Schiffen,
um die Geheimhaltung militärischer Unternehmungen zu sichern,
die Ausfahrt zeitweilig untersagt werden (arrêt de prince; oben
§ 24 III).

V. Die Beendigung des Kriegszustandes.

v. Kirchenheim, H. H. IV 791.

1. Sie erfolgt entweder:

a) Formlos durch Einstellung der Feindseligkeiten von beiden
Seiten oder durch Unterjochung des Gegners
(Eroberung, de-
bellatio oder subjugatio).

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[213/0235] § 39. Der Krieg als völkerrechtliches Rechtsverhältnis. führen können. In diesem Falle wird ihnen ein Geleitsbrief erteilt werden, um sich in einem Hafen, den sie nach ihrer Wahl selbst bezeichnen mögen, einzuschiffen, vorausgesetzt, daſs derselbe vom Feinde weder besetzt noch blokiert ist, noch ihre eigene Sicherheit oder die des Staates die Abreise über diesen Hafen verbietet, in welchem Falle dieselbe stattfinden wird, wie und wo es geschehen kann.“ Dagegen hat Frankreich 1870 die auf französischem Gebiet weilenden Deutschen (angeblich etwa 100 000, davon 40 000 in Paris) ausgewiesen, während eine Ausweisung der gegnerischen Staatsangehörigen während des türkisch-russischen Krieges von 1877 und während des chinesisch-japanischen Krieges 1894 nicht erfolgte. Vgl. R. G. I 468, II 577. Die Beschlagnahme des auf dem Gebiet befindlichen Privat- eigentums der gegnerischen Staatsangehörigen ist nicht gestattet. Insbesondere gilt das von der Beschlagnahme feindlicher, in den Häfen der Küstengewässer weilender Schiffe (Embargo), denen vielmehr regelmäſsig eine bestimmte Frist gewährt wird, um sich in Sicherheit zu bringen (pratique de l’indult). So haben die Ver- einigten Staaten 1898 den in den amerikanischen Gewässern weilenden spanischen Schiffen eine 30 tägige Frist zur Einnehmung der Ladung und zur Abreise gestattet. (Oben § 25 I, S. 134.) 3. In völkerrechtlicher Beziehung auf das Verhältnis der krieg- führenden zu den übrigen Mächten. Vgl. darüber unten § 43. Doch kann den neutralen Schiffen, um die Geheimhaltung militärischer Unternehmungen zu sichern, die Ausfahrt zeitweilig untersagt werden (arrêt de prince; oben § 24 III). V. Die Beendigung des Kriegszustandes. v. Kirchenheim, H. H. IV 791. 1. Sie erfolgt entweder: a) Formlos durch Einstellung der Feindseligkeiten von beiden Seiten oder durch Unterjochung des Gegners (Eroberung, de- bellatio oder subjugatio).

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/235>, abgerufen am 24.04.2024.