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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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§ 19. Die völkerrechtl. Rechtsverhältnisse im allgemeinen.
Konferenz zu Venedig von 1897 bezüglich der Übertretungen der Pest-
vorschriften
(unten § 33 III).

V.

Auch die Donauflusskommission hat, wie bereits in § 16 II er-
wähnt, eine Strafgewalt bei Übertretungen der Schiffahrtspolizei.

VI.

Weitergehende, in der Litteratur (inbesondere auch im Schosse
des Instituts für Völkerrecht) vielfach gemachte Vorschläge, die
Entscheidung der Prisenangelegenheiten (wenigstens in letzter
Instanz) sowie über Verletzungen der Genfer Konvention inter-
nationalen Gerichten zu übertragen, haben bisher keinen Erfolg gehabt.



2. Abschnitt. Die Rechtsverhältnisse und die
rechtserheblichen Thatsachen
.
§ 19. Die völkerrechtlichen Rechtsverhältnisse
im allgemeinen.
I.

Die völkerrechtlichen Rechtsverhältnisse kennzeichnen sich durch
ein zweifaches Merkmal.

1. Es sind Rechtsverhältnisse zwischen Staaten, also Rechts-
verhältnisse, bei denen als berechtigt und verpflichtet Staaten einander
gegenüberstehen.

a) Rechtsverhältnisse zwischen einzelnen Angehörigen ver-
schiedener Staaten sind niemals völkerrechtliche Rechtsver-
hältnisse. Die Sätze des sogenannten internationalen Privat-
rechts sind nicht Sätze des Völkerrechts, sondern Sätze des
nationalen Rechts. Der Artikel 7 Absatz 1 Einführungsgesetz
zum Bürgerlichen Gesetzbuch: "Die Geschäftsfähigkeit einer
Person wird nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die
Person angehört" -- enthält deutsches Reichsrecht, nicht aber
Völkerrecht. Die Rechtsregeln aber, nach denen die einzelnen
Staaten durch ihre nationale Gesetzgebung den Geltungsbereich
ihrer Rechtsnormen (die Statutenkollision), sei es auf Grund

§ 19. Die völkerrechtl. Rechtsverhältnisse im allgemeinen.
Konferenz zu Venedig von 1897 bezüglich der Übertretungen der Pest-
vorschriften
(unten § 33 III).

V.

Auch die Donaufluſskommission hat, wie bereits in § 16 II er-
wähnt, eine Strafgewalt bei Übertretungen der Schiffahrtspolizei.

VI.

Weitergehende, in der Litteratur (inbesondere auch im Schoſse
des Instituts für Völkerrecht) vielfach gemachte Vorschläge, die
Entscheidung der Prisenangelegenheiten (wenigstens in letzter
Instanz) sowie über Verletzungen der Genfer Konvention inter-
nationalen Gerichten zu übertragen, haben bisher keinen Erfolg gehabt.



2. Abschnitt. Die Rechtsverhältnisse und die
rechtserheblichen Thatsachen
.
§ 19. Die völkerrechtlichen Rechtsverhältnisse
im allgemeinen.
I.

Die völkerrechtlichen Rechtsverhältnisse kennzeichnen sich durch
ein zweifaches Merkmal.

1. Es sind Rechtsverhältnisse zwischen Staaten, also Rechts-
verhältnisse, bei denen als berechtigt und verpflichtet Staaten einander
gegenüberstehen.

a) Rechtsverhältnisse zwischen einzelnen Angehörigen ver-
schiedener Staaten sind niemals völkerrechtliche Rechtsver-
hältnisse. Die Sätze des sogenannten internationalen Privat-
rechts sind nicht Sätze des Völkerrechts, sondern Sätze des
nationalen Rechts. Der Artikel 7 Absatz 1 Einführungsgesetz
zum Bürgerlichen Gesetzbuch: „Die Geschäftsfähigkeit einer
Person wird nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die
Person angehört“ — enthält deutsches Reichsrecht, nicht aber
Völkerrecht. Die Rechtsregeln aber, nach denen die einzelnen
Staaten durch ihre nationale Gesetzgebung den Geltungsbereich
ihrer Rechtsnormen (die Statutenkollision), sei es auf Grund
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[103/0125] § 19. Die völkerrechtl. Rechtsverhältnisse im allgemeinen. Konferenz zu Venedig von 1897 bezüglich der Übertretungen der Pest- vorschriften (unten § 33 III). V. Auch die Donaufluſskommission hat, wie bereits in § 16 II er- wähnt, eine Strafgewalt bei Übertretungen der Schiffahrtspolizei. VI. Weitergehende, in der Litteratur (inbesondere auch im Schoſse des Instituts für Völkerrecht) vielfach gemachte Vorschläge, die Entscheidung der Prisenangelegenheiten (wenigstens in letzter Instanz) sowie über Verletzungen der Genfer Konvention inter- nationalen Gerichten zu übertragen, haben bisher keinen Erfolg gehabt. 2. Abschnitt. Die Rechtsverhältnisse und die rechtserheblichen Thatsachen. § 19. Die völkerrechtlichen Rechtsverhältnisse im allgemeinen. I. Die völkerrechtlichen Rechtsverhältnisse kennzeichnen sich durch ein zweifaches Merkmal. 1. Es sind Rechtsverhältnisse zwischen Staaten, also Rechts- verhältnisse, bei denen als berechtigt und verpflichtet Staaten einander gegenüberstehen. a) Rechtsverhältnisse zwischen einzelnen Angehörigen ver- schiedener Staaten sind niemals völkerrechtliche Rechtsver- hältnisse. Die Sätze des sogenannten internationalen Privat- rechts sind nicht Sätze des Völkerrechts, sondern Sätze des nationalen Rechts. Der Artikel 7 Absatz 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch: „Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Person angehört“ — enthält deutsches Reichsrecht, nicht aber Völkerrecht. Die Rechtsregeln aber, nach denen die einzelnen Staaten durch ihre nationale Gesetzgebung den Geltungsbereich ihrer Rechtsnormen (die Statutenkollision), sei es auf Grund

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/125>, abgerufen am 29.03.2024.