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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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§ 28. Der Aussenhandel.
d) Mehrfach findet sich aber auch noch eine weitergehende
Klausel, kraft welcher die Vertragschliessenden sich vorbe-
halten, "aus Rücksichten der öffentlichen Sicherheit oder der
Moral" Einfuhr- und Ausfuhrverbote auch in Beziehung auf
andere Waren zu erlassen.
e) Einzelne Staaten (so Italien und Griechenland) lassen die
Ausfuhr von Kunstgegenständen oder Denkmälern nur unter
besonderen einschränkenden Voraussetzungen zu.

2. Von den einzuführenden Waren werden, soweit nicht Frei-
handel herrscht, Eingangszölle erhoben, während die Durchgangszölle
nur mehr selten sich finden.

Die Waren müssen, um der vertragsmässigen Behandlung
teilhaftig zu werden, mit Ursprungszeugnissen versehen sein. Be-
sondere Erleichterungen gelten regelmässig für den Grenz-, Markt-
und Veredelungsverkehr, für die Muster von Handlungsreisenden u. s. w.
Häufig werden auch besondere Zollkartelle geschlossen, mit Ver-
einbarungen zur Verhütung und Bestrafung des Schleichhandels
(unten § 32 IV).

III.

In zahlreichen Handelsverträgen der neueren Zeit, insbesondere
in denen, die von Italien, Belgien und der Schweiz geschlossen worden
sind, findet sich die Schiedsgerichtsklausel
(kompromissarische Klausel),
d. h. die Vereinbarung, dass die Vertragschliessenden sich ver-
pflichten, alle Streitigkeiten, die aus der Anwendung und Aus-
legung des Vertrages entstehen sollten, einem Schiedsgericht zu
übertragen (unten § 38 II). Das Deutsche Reich hat sich bisher
geweigert, diese Klausel in die von ihm geschlossenen Verträge
aufzunehmen.

IV.

Mehrere Staaten können auch wohl einen Zollverband schliessen,
durch den sie dem Ausland gegenüber als einheitliches Handelsgebiet
erscheinen.

Ein solcher Verband, der ohne ein einheitliches Zollparla-
ment zur Beratung der gemeinsamen Angelegenheiten nicht gut
denkbar ist, setzt politische Einigung der verbundenen Staaten
nicht voraus, hat sie aber erfahrungsgemäss meist zur Folge. Das

§ 28. Der Auſsenhandel.
d) Mehrfach findet sich aber auch noch eine weitergehende
Klausel, kraft welcher die Vertragschlieſsenden sich vorbe-
halten, „aus Rücksichten der öffentlichen Sicherheit oder der
Moral“ Einfuhr- und Ausfuhrverbote auch in Beziehung auf
andere Waren zu erlassen.
e) Einzelne Staaten (so Italien und Griechenland) lassen die
Ausfuhr von Kunstgegenständen oder Denkmälern nur unter
besonderen einschränkenden Voraussetzungen zu.

2. Von den einzuführenden Waren werden, soweit nicht Frei-
handel herrscht, Eingangszölle erhoben, während die Durchgangszölle
nur mehr selten sich finden.

Die Waren müssen, um der vertragsmäſsigen Behandlung
teilhaftig zu werden, mit Ursprungszeugnissen versehen sein. Be-
sondere Erleichterungen gelten regelmäſsig für den Grenz-, Markt-
und Veredelungsverkehr, für die Muster von Handlungsreisenden u. s. w.
Häufig werden auch besondere Zollkartelle geschlossen, mit Ver-
einbarungen zur Verhütung und Bestrafung des Schleichhandels
(unten § 32 IV).

III.

In zahlreichen Handelsverträgen der neueren Zeit, insbesondere
in denen, die von Italien, Belgien und der Schweiz geschlossen worden
sind, findet sich die Schiedsgerichtsklausel
(kompromissarische Klausel),
d. h. die Vereinbarung, daſs die Vertragschlieſsenden sich ver-
pflichten, alle Streitigkeiten, die aus der Anwendung und Aus-
legung des Vertrages entstehen sollten, einem Schiedsgericht zu
übertragen (unten § 38 II). Das Deutsche Reich hat sich bisher
geweigert, diese Klausel in die von ihm geschlossenen Verträge
aufzunehmen.

IV.

Mehrere Staaten können auch wohl einen Zollverband schlieſsen,
durch den sie dem Ausland gegenüber als einheitliches Handelsgebiet
erscheinen.

Ein solcher Verband, der ohne ein einheitliches Zollparla-
ment zur Beratung der gemeinsamen Angelegenheiten nicht gut
denkbar ist, setzt politische Einigung der verbundenen Staaten
nicht voraus, hat sie aber erfahrungsgemäſs meist zur Folge. Das

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[157/0179] § 28. Der Auſsenhandel. d) Mehrfach findet sich aber auch noch eine weitergehende Klausel, kraft welcher die Vertragschlieſsenden sich vorbe- halten, „aus Rücksichten der öffentlichen Sicherheit oder der Moral“ Einfuhr- und Ausfuhrverbote auch in Beziehung auf andere Waren zu erlassen. e) Einzelne Staaten (so Italien und Griechenland) lassen die Ausfuhr von Kunstgegenständen oder Denkmälern nur unter besonderen einschränkenden Voraussetzungen zu. 2. Von den einzuführenden Waren werden, soweit nicht Frei- handel herrscht, Eingangszölle erhoben, während die Durchgangszölle nur mehr selten sich finden. Die Waren müssen, um der vertragsmäſsigen Behandlung teilhaftig zu werden, mit Ursprungszeugnissen versehen sein. Be- sondere Erleichterungen gelten regelmäſsig für den Grenz-, Markt- und Veredelungsverkehr, für die Muster von Handlungsreisenden u. s. w. Häufig werden auch besondere Zollkartelle geschlossen, mit Ver- einbarungen zur Verhütung und Bestrafung des Schleichhandels (unten § 32 IV). III. In zahlreichen Handelsverträgen der neueren Zeit, insbesondere in denen, die von Italien, Belgien und der Schweiz geschlossen worden sind, findet sich die Schiedsgerichtsklausel (kompromissarische Klausel), d. h. die Vereinbarung, daſs die Vertragschlieſsenden sich ver- pflichten, alle Streitigkeiten, die aus der Anwendung und Aus- legung des Vertrages entstehen sollten, einem Schiedsgericht zu übertragen (unten § 38 II). Das Deutsche Reich hat sich bisher geweigert, diese Klausel in die von ihm geschlossenen Verträge aufzunehmen. IV. Mehrere Staaten können auch wohl einen Zollverband schlieſsen, durch den sie dem Ausland gegenüber als einheitliches Handelsgebiet erscheinen. Ein solcher Verband, der ohne ein einheitliches Zollparla- ment zur Beratung der gemeinsamen Angelegenheiten nicht gut denkbar ist, setzt politische Einigung der verbundenen Staaten nicht voraus, hat sie aber erfahrungsgemäſs meist zur Folge. Das

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/179>, abgerufen am 28.03.2024.