Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Huren-Regiment.
nun auff den glatten Regierungs-Eyß sich verhielte/ ie eher er-
folgte sein Fall. Er ließ unter andern Christophoro, einem Cle-
rico,
der in seinen Diensten stunde/ fast alles in Händen. Die-
ser Mensch/ der die Untreue selber war/ und lieber diente als
herrschte/ vermeinte mit List und Gewalt bey damahliger Zer-
rüttung die Päbstliche Würde davon zu tragen: Entblödete sich
also nicht/ wieder seinen einfältigen Herrn einen Tumult unter
dem Volck anzurichten/ und bey dieser Ungelegenheit nahm er
ihn am 40sten Tag seiner Regierung gefangen/ und ließ sich
zum Pabst ausruffen; jener aber endigte sein Leben aus Gram
im Kärcker gar bald. Bey solchen Unwesen fand nun die Tu-
sculani
sche Partey guten Fug/ ihren so offt verschmäheten Ser-
gium
wieder zum Vorschein zu bringen. Derselbe stellte sich
nebst ihnen/ als wenn er die Unthat des neuen eigenmächtigen
Pabsts verfluchte/ und brachte dadurch das Volck in Eyffer;
Theodora, Marozia und Adelbert spielten auch ihre Rolle soSigon. p. 151.
wohl/ daß Christophorus, nachdem er 7. Monat regieret/ ge-
fangen genommen ward/ und Sergius gleichsam zur Belohnung
seines Eyffers/ den Päbstlichen Thron betratt/ da man zumahl
seine überwegende Macht/ nach verloschener Formosistischen
Partey sahe. Dieser ließ den unseeligen Christoph zuerst in ein
Closter verschliessen/ hernach aber/ da seine Unthaten untersu-
chet worden/ in ein schlimmes Gefängniß werffen/ in welchenBergom. ad
A.
907.

er noch elender als Leo sein Leben beschliessen muste.

II.

Wenn wir einigen Scribenten trauen/ so ließ Sergius
seines Feindes Formosi Leib abermahls schimpfflich aus dem
Grabe nehmen und in die Tyber versencken/ ordinirte auch die
von ihm gesetzte Bischöffe auffs neue/ und ließ dabey nach seiner
verhurten Maroziae und ihrer Mutter Willen alles ergehen. JnA. 905.
Deutschland gieng es indessen auch nicht viel besser/ indem ieder
von denen Großen bey Ludwigs Minderjährigkeit nach seinem
Willen lebte. Hertzog Conrad in Lothringen/ hatte mit denen auf-
rührischen Graffen/ Beringern/ Reginhold/ Matfried und Ger-
harden genung zu thun/ welche endlich überwunden/ und die

bey-
E 2

Huren-Regiment.
nun auff den glatten Regierungs-Eyß ſich verhielte/ ie eher er-
folgte ſein Fall. Er ließ unter andern Chriſtophoro, einem Cle-
rico,
der in ſeinen Dienſten ſtunde/ faſt alles in Haͤnden. Die-
ſer Menſch/ der die Untreue ſelber war/ und lieber diente als
herrſchte/ vermeinte mit Liſt und Gewalt bey damahliger Zer-
ruͤttung die Paͤbſtliche Wuͤrde davon zu tragen: Entbloͤdete ſich
alſo nicht/ wieder ſeinen einfaͤltigen Herrn einen Tumult unter
dem Volck anzurichten/ und bey dieſer Ungelegenheit nahm er
ihn am 40ſten Tag ſeiner Regierung gefangen/ und ließ ſich
zum Pabſt ausruffen; jener aber endigte ſein Leben aus Gram
im Kaͤrcker gar bald. Bey ſolchen Unweſen fand nun die Tu-
ſculani
ſche Partey guten Fug/ ihren ſo offt verſchmaͤheten Ser-
gium
wieder zum Vorſchein zu bringen. Derſelbe ſtellte ſich
nebſt ihnen/ als wenn er die Unthat des neuen eigenmaͤchtigen
Pabſts verfluchte/ und brachte dadurch das Volck in Eyffer;
Theodora, Marozia und Adelbert ſpielten auch ihre Rolle ſoSigon. p. 151.
wohl/ daß Chriſtophorus, nachdem er 7. Monat regieret/ ge-
fangen genommen ward/ und Sergius gleichſam zur Belohnung
ſeines Eyffers/ den Paͤbſtlichen Thron betratt/ da man zumahl
ſeine uͤberwegende Macht/ nach verloſchener Formoſiſtiſchen
Partey ſahe. Dieſer ließ den unſeeligen Chriſtoph zuerſt in ein
Cloſter verſchlieſſen/ hernach aber/ da ſeine Unthaten unterſu-
chet worden/ in ein ſchlimmes Gefaͤngniß werffen/ in welchenBergom. ad
A.
907.

er noch elender als Leo ſein Leben beſchlieſſen muſte.

II.

Wenn wir einigen Scribenten trauen/ ſo ließ Sergius
ſeines Feindes Formoſi Leib abermahls ſchimpfflich aus dem
Grabe nehmen und in die Tyber verſencken/ ordinirte auch die
von ihm geſetzte Biſchoͤffe auffs neue/ und ließ dabey nach ſeiner
verhurten Maroziæ und ihrer Mutter Willen alles ergehen. JnA. 905.
Deutſchland gieng es indeſſen auch nicht viel beſſer/ indem ieder
von denen Großen bey Ludwigs Minderjaͤhrigkeit nach ſeinem
Willen lebte. Hertzog Conrad in Lothringen/ hatte mit denen auf-
ruͤhriſchen Graffen/ Beringern/ Reginhold/ Matfried und Ger-
harden genung zu thun/ welche endlich uͤberwunden/ und die

bey-
E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0045" n="35"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Huren-Regiment.</hi></fw><lb/>
nun auff den glatten Regierungs-Eyß &#x017F;ich verhielte/ ie eher er-<lb/>
folgte &#x017F;ein Fall. Er ließ unter andern <hi rendition="#aq">Chri&#x017F;tophoro,</hi> einem <hi rendition="#aq">Cle-<lb/>
rico,</hi> der in &#x017F;einen Dien&#x017F;ten &#x017F;tunde/ fa&#x017F;t alles in Ha&#x0364;nden. Die-<lb/>
&#x017F;er Men&#x017F;ch/ der die Untreue &#x017F;elber war/ und lieber diente als<lb/>
herr&#x017F;chte/ vermeinte mit Li&#x017F;t und Gewalt bey damahliger Zer-<lb/>
ru&#x0364;ttung die Pa&#x0364;b&#x017F;tliche Wu&#x0364;rde davon zu tragen: Entblo&#x0364;dete &#x017F;ich<lb/>
al&#x017F;o nicht/ wieder &#x017F;einen einfa&#x0364;ltigen Herrn einen Tumult unter<lb/>
dem Volck anzurichten/ und bey die&#x017F;er Ungelegenheit nahm er<lb/>
ihn am 40&#x017F;ten Tag &#x017F;einer Regierung gefangen/ und ließ &#x017F;ich<lb/>
zum Pab&#x017F;t ausruffen; jener aber endigte &#x017F;ein Leben aus Gram<lb/>
im Ka&#x0364;rcker gar bald. Bey &#x017F;olchen Unwe&#x017F;en fand nun die <hi rendition="#aq">Tu-<lb/>
&#x017F;culani</hi>&#x017F;che Partey guten Fug/ ihren &#x017F;o offt ver&#x017F;chma&#x0364;heten <hi rendition="#aq">Ser-<lb/>
gium</hi> wieder zum Vor&#x017F;chein zu bringen. Der&#x017F;elbe &#x017F;tellte &#x017F;ich<lb/>
neb&#x017F;t ihnen/ als wenn er die Unthat des neuen eigenma&#x0364;chtigen<lb/>
Pab&#x017F;ts verfluchte/ und brachte dadurch das Volck in Eyffer;<lb/><hi rendition="#aq">Theodora, Marozia</hi> und Adelbert &#x017F;pielten auch ihre Rolle &#x017F;o<note place="right"><hi rendition="#aq">Sigon. p.</hi> 151.</note><lb/>
wohl/ daß <hi rendition="#aq">Chri&#x017F;tophorus,</hi> nachdem er 7. Monat regieret/ ge-<lb/>
fangen genommen ward/ und <hi rendition="#aq">Sergius</hi> gleich&#x017F;am zur Belohnung<lb/>
&#x017F;eines Eyffers/ den Pa&#x0364;b&#x017F;tlichen Thron betratt/ da man zumahl<lb/>
&#x017F;eine u&#x0364;berwegende Macht/ nach verlo&#x017F;chener <hi rendition="#aq">Formo&#x017F;i&#x017F;ti</hi>&#x017F;chen<lb/>
Partey &#x017F;ahe. Die&#x017F;er ließ den un&#x017F;eeligen Chri&#x017F;toph zuer&#x017F;t in ein<lb/>
Clo&#x017F;ter ver&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en/ hernach aber/ da &#x017F;eine Unthaten unter&#x017F;u-<lb/>
chet worden/ in ein &#x017F;chlimmes Gefa&#x0364;ngniß werffen/ in welchen<note place="right"><hi rendition="#aq">Bergom. ad<lb/>
A.</hi> 907.</note><lb/>
er noch elender als <hi rendition="#aq">Leo</hi> &#x017F;ein Leben be&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en mu&#x017F;te.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">II.</hi> </head><lb/>
          <p>Wenn wir einigen <hi rendition="#aq">Scribent</hi>en trauen/ &#x017F;o ließ <hi rendition="#aq">Sergius</hi><lb/>
&#x017F;eines Feindes <hi rendition="#aq">Formo&#x017F;i</hi> Leib abermahls &#x017F;chimpfflich aus dem<lb/>
Grabe nehmen und in die Tyber ver&#x017F;encken/ <hi rendition="#aq">ordinir</hi>te auch die<lb/>
von ihm ge&#x017F;etzte Bi&#x017F;cho&#x0364;ffe auffs neue/ und ließ dabey nach &#x017F;einer<lb/>
verhurten <hi rendition="#aq">Maroziæ</hi> und ihrer Mutter Willen alles ergehen. Jn<note place="right"><hi rendition="#aq">A.</hi> 905.</note><lb/>
Deut&#x017F;chland gieng es inde&#x017F;&#x017F;en auch nicht viel be&#x017F;&#x017F;er/ indem ieder<lb/>
von denen Großen bey Ludwigs Minderja&#x0364;hrigkeit nach &#x017F;einem<lb/>
Willen lebte. Hertzog Conrad in Lothringen/ hatte mit denen auf-<lb/>
ru&#x0364;hri&#x017F;chen Graffen/ Beringern/ Reginhold/ Matfried und Ger-<lb/>
harden genung zu thun/ welche endlich u&#x0364;berwunden/ und die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 2</fw><fw place="bottom" type="catch">bey-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0045] Huren-Regiment. nun auff den glatten Regierungs-Eyß ſich verhielte/ ie eher er- folgte ſein Fall. Er ließ unter andern Chriſtophoro, einem Cle- rico, der in ſeinen Dienſten ſtunde/ faſt alles in Haͤnden. Die- ſer Menſch/ der die Untreue ſelber war/ und lieber diente als herrſchte/ vermeinte mit Liſt und Gewalt bey damahliger Zer- ruͤttung die Paͤbſtliche Wuͤrde davon zu tragen: Entbloͤdete ſich alſo nicht/ wieder ſeinen einfaͤltigen Herrn einen Tumult unter dem Volck anzurichten/ und bey dieſer Ungelegenheit nahm er ihn am 40ſten Tag ſeiner Regierung gefangen/ und ließ ſich zum Pabſt ausruffen; jener aber endigte ſein Leben aus Gram im Kaͤrcker gar bald. Bey ſolchen Unweſen fand nun die Tu- ſculaniſche Partey guten Fug/ ihren ſo offt verſchmaͤheten Ser- gium wieder zum Vorſchein zu bringen. Derſelbe ſtellte ſich nebſt ihnen/ als wenn er die Unthat des neuen eigenmaͤchtigen Pabſts verfluchte/ und brachte dadurch das Volck in Eyffer; Theodora, Marozia und Adelbert ſpielten auch ihre Rolle ſo wohl/ daß Chriſtophorus, nachdem er 7. Monat regieret/ ge- fangen genommen ward/ und Sergius gleichſam zur Belohnung ſeines Eyffers/ den Paͤbſtlichen Thron betratt/ da man zumahl ſeine uͤberwegende Macht/ nach verloſchener Formoſiſtiſchen Partey ſahe. Dieſer ließ den unſeeligen Chriſtoph zuerſt in ein Cloſter verſchlieſſen/ hernach aber/ da ſeine Unthaten unterſu- chet worden/ in ein ſchlimmes Gefaͤngniß werffen/ in welchen er noch elender als Leo ſein Leben beſchlieſſen muſte. Sigon. p. 151. Bergom. ad A. 907. II. Wenn wir einigen Scribenten trauen/ ſo ließ Sergius ſeines Feindes Formoſi Leib abermahls ſchimpfflich aus dem Grabe nehmen und in die Tyber verſencken/ ordinirte auch die von ihm geſetzte Biſchoͤffe auffs neue/ und ließ dabey nach ſeiner verhurten Maroziæ und ihrer Mutter Willen alles ergehen. Jn Deutſchland gieng es indeſſen auch nicht viel beſſer/ indem ieder von denen Großen bey Ludwigs Minderjaͤhrigkeit nach ſeinem Willen lebte. Hertzog Conrad in Lothringen/ hatte mit denen auf- ruͤhriſchen Graffen/ Beringern/ Reginhold/ Matfried und Ger- harden genung zu thun/ welche endlich uͤberwunden/ und die bey- A. 905. E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/45
Zitationshilfe: Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/45>, abgerufen am 19.04.2024.