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Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665.

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Dem Käyser in die Seel'. Er stand gleich als ein Stein/
Als Leichen/ die gerühr't von lichtem Blitze seyn/
25.Wenn itzt der Swefel-loh durch Glied und Adern fähret.
Jn dem der Lides-strahl das Hertz in Asche kehret
Die Glieder in Porphyr. Diß/ und was sonst noch kan
Der Unzucht Vorschmack seyn/ sah' ich und ander' an;
Biß/ als diß Zauberwerck ihn nur mehr hungrig machte/
30.Sie auf Ersättigung der letzten Speise dachte/
Und ihn durch einen Winck rief in sein Schlafgemach.
Burrh. Jhr Götter! aber folg't ihr denn der Käyser nach?
Acte. Wie ein noch saugend Lamb der Mutterlichen Am-
me.
Sencc. Der Satyrus umbarm't so auch die schöne Flam-
me/
35.Ob ihm gleich Lieb und Glutt dar sein Begräbnüs bau'n.
Burrh Jst Agrippinen wol die Unthat zu zutrau'n?
Acte Die Ehrsucht schämet sich kein Laster zu begehen.
Die macht: Daß Purperbett' auch Knechten offen stehen/
Daß Agrippine wird vom Lepidus befleck't/
40.Daß sie die geile Schooß des Pallas Brunst entdeck't.
Da nun verzweifelnde Gifft oft zur Artzney nähmen;
Viel minder wird itzt sie den gift' gen Eyfer zähmen/
Weil sie/ die vor gehersch't/ nunmehr gehorchen muß.
Denn diß/ was man geschmeck't/ wird mit vielmehr Ver-
druß
45.Und schälerm Aug' entpehr't/ als was uns nie ergetzet.
Burrh. Gesätz't: Daß Ehrgeitz sie zu solcher Brunst ver-
hetzet/
Gesätz't: Daß sie Versuch anreitzend auf ihn thu':
So trau' ich doch so viel des Käysers Tugend zu:
Er werde sich behertz't der Boßheit widerlegen.
50.
Senec. Der Jugend weiches Wachs läßt alles in sich pre-
gen.
Voraus drück't sich das Bild der Wollust ihm leicht ein.
Welch zarter Geist kan auch mehr rau/ als eisern seyn?
Der sich nicht den Magnet der Schönheit lasse zihen.
Wo der Gelegenheit bequeme Blumen blühen/
55.Reitz't das Zuneigungs-Aug' auf Rosen auch den Geist/
Wo
Dem Kaͤyſer in die Seel’. Er ſtand gleich als ein Stein/
Als Leichen/ die geruͤhr’t von lichtem Blitze ſeyn/
25.Wenn itzt der Swefel-loh durch Glied und Adern faͤhret.
Jn dem der Lides-ſtrahl das Hertz in Aſche kehret
Die Glieder in Porphyr. Diß/ und was ſonſt noch kan
Der Unzucht Vorſchmack ſeyn/ ſah’ ich und ander’ an;
Biß/ als diß Zauberwerck ihn nur mehr hungrig machte/
30.Sie auf Erſaͤttigung der letzten Speiſe dachte/
Und ihn durch einen Winck rief in ſein Schlafgemach.
Burrh. Jhr Goͤtter! aber folg’t ihr denn der Kaͤyſer nach?
Acte. Wie ein noch ſaugend Lamb der Mutterlichen Am-
me.
Sencc. Der Satyrus umbarm’t ſo auch die ſchoͤne Flam-
me/
35.Ob ihm gleich Lieb und Glutt dar ſein Begraͤbnuͤs bau’n.
Burrh Jſt Agrippinen wol die Unthat zu zutrau’n?
Acte Die Ehrſucht ſchaͤmet ſich kein Laſter zu begehen.
Die macht: Daß Purperbett’ auch Knechten offen ſtehen/
Daß Agrippine wird vom Lepidus befleck’t/
40.Daß ſie die geile Schooß des Pallas Brunſt entdeck’t.
Da nun verzweifelnde Gifft oft zur Artzney naͤhmen;
Viel minder wird itzt ſie den gift’ gen Eyfer zaͤhmen/
Weil ſie/ die vor geherſch’t/ nunmehr gehorchen muß.
Denn diß/ was man geſchmeck’t/ wird mit vielmehr Ver-
druß
45.Und ſchaͤlerm Aug’ entpehr’t/ als was uns nie ergetzet.
Burrh. Geſaͤtz’t: Daß Ehrgeitz ſie zu ſolcher Brunſt ver-
hetzet/
Geſaͤtz’t: Daß ſie Verſuch anreitzend auf ihn thu’:
So trau’ ich doch ſo viel des Kaͤyſers Tugend zu:
Er werde ſich behertz’t der Boßheit widerlegen.
50.
Senec. Der Jugend weiches Wachs laͤßt alles in ſich pre-
gen.
Voraus druͤck’t ſich das Bild der Wolluſt ihm leicht ein.
Welch zarter Geiſt kan auch mehr rau/ als eiſern ſeyn?
Der ſich nicht den Magnet der Schoͤnheit laſſe zihen.
Wo der Gelegenheit bequeme Blumen bluͤhen/
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[48./0066] Dem Kaͤyſer in die Seel’. Er ſtand gleich als ein Stein/ Als Leichen/ die geruͤhr’t von lichtem Blitze ſeyn/ Wenn itzt der Swefel-loh durch Glied und Adern faͤhret. Jn dem der Lides-ſtrahl das Hertz in Aſche kehret Die Glieder in Porphyr. Diß/ und was ſonſt noch kan Der Unzucht Vorſchmack ſeyn/ ſah’ ich und ander’ an; Biß/ als diß Zauberwerck ihn nur mehr hungrig machte/ Sie auf Erſaͤttigung der letzten Speiſe dachte/ Und ihn durch einen Winck rief in ſein Schlafgemach. Burrh. Jhr Goͤtter! aber folg’t ihr denn der Kaͤyſer nach? Acte. Wie ein noch ſaugend Lamb der Mutterlichen Am- me. Sencc. Der Satyrus umbarm’t ſo auch die ſchoͤne Flam- me/ Ob ihm gleich Lieb und Glutt dar ſein Begraͤbnuͤs bau’n. Burrh Jſt Agrippinen wol die Unthat zu zutrau’n? Acte Die Ehrſucht ſchaͤmet ſich kein Laſter zu begehen. Die macht: Daß Purperbett’ auch Knechten offen ſtehen/ Daß Agrippine wird vom Lepidus befleck’t/ Daß ſie die geile Schooß des Pallas Brunſt entdeck’t. Da nun verzweifelnde Gifft oft zur Artzney naͤhmen; Viel minder wird itzt ſie den gift’ gen Eyfer zaͤhmen/ Weil ſie/ die vor geherſch’t/ nunmehr gehorchen muß. Denn diß/ was man geſchmeck’t/ wird mit vielmehr Ver- druß Und ſchaͤlerm Aug’ entpehr’t/ als was uns nie ergetzet. Burrh. Geſaͤtz’t: Daß Ehrgeitz ſie zu ſolcher Brunſt ver- hetzet/ Geſaͤtz’t: Daß ſie Verſuch anreitzend auf ihn thu’: So trau’ ich doch ſo viel des Kaͤyſers Tugend zu: Er werde ſich behertz’t der Boßheit widerlegen. Senec. Der Jugend weiches Wachs laͤßt alles in ſich pre- gen. Voraus druͤck’t ſich das Bild der Wolluſt ihm leicht ein. Welch zarter Geiſt kan auch mehr rau/ als eiſern ſeyn? Der ſich nicht den Magnet der Schoͤnheit laſſe zihen. Wo der Gelegenheit bequeme Blumen bluͤhen/ Reitz’t das Zuneigungs-Aug’ auf Roſen auch den Geiſt/ Wo

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665, S. 48.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/66>, abgerufen am 25.04.2024.