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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] diesen allerhand Entschuldigungen und Ver-
tröstungen ihrer Hülffe wieder den Melo ein-
lieffen/ lag Segesthes dem Varus auffs beweg-
lichste an: daß er diesen Vogel nicht aus dem
Garne lassen/ sondern ihn/ den Malovend und
den Segesthes selbst zum Scheine gefangen se-
tzen/ und derogestalt durch des Cheruskischen
Hertzogs Hinrichtung den Auffwieglern das
Haupt abschneiden; und denen noch zweiffel-
hafften ein Schrecken einjagen solte. Allei-
ne Varus war hier zu nicht zu bereden/ und ihm
also dißmahl selbst unähnlich; entweder/ weil
er durch seine angenommene Freundligkeit noch
Jngviomern/ ohne welchen Fuchß er nichts ge-
fangen zu haben fürgab/ ins Netze zu locken
ihm einbildete; oder/ weil er durch seine Grau-
samkeit sich zu einem Scheusal der gantzen
Welt zu machen/ und gantz Deuschland vol-
lends wieder sich in Harnisch zu jagen Beden-
cken/ oder auch an Herrmanns Beschuldigung
Zweiffel trug. Welche letztere Barmhertzig-
keit denn dem Hertzoge Herrmann/ welcher so
wol sein/ als Jngviomers halben wieder den
Melo Hülffe zu schicken versprach/ das Leben
erhielt/ dem Varus aber verkürtzte; in dem er
nicht verstand: daß der Glimpff eines Wütte-
richs ihm selbst die gefährlichste Grausamkeit/
und auff den Fuß seiner abscheulichen Laster ei-
ne Tugend-Seule zu bauen eben so thöricht
sey/ als auff einen stinckenden Misthauffen ein
güldenes Sonnen-Bild zu setzen. Sintemahl
in Warheit kein schlüpffriger Weg ist/ als auff
den Gräntzen der Tugend und der Boßheit
wandeln; und in dem einen nicht warm/ in
dem andern nicht kalt seyn. Also entrann Her-
tzog Herrmann nicht allein aus diesen Fallstri-
cken des unbeständigen Segesthes/ sondern er
machte auch den Varus noch mehr sicher: daß
er seine Kriegs-Rüstung wieder die Römer be-
werckstelligen konte. Ja er wiegte ihn vollends
gar in Schlaff/ als er den Varus um Vermit-
telung derer zwischen ihm und dem Arpus er-
wachsenden Streitigkeiten/ oder auch Sege-
[Spaltenumbruch] sthen zu einem Schieds-Richter zu vermögen
ersuchte; wormit er so viel sicherer seine Waffen
mit den Römischen gegen den Melo vereinba-
ren könte; also Hertzog Ganasch hernach selbst
Herzog Herrmanns Kühnheit loben und beken-
nen muste: daß derselbe nicht irrete/ wer mit sei-
nem vermeinten Jrrthume den rechten Zweck
treffe. Massen denn Varus sich zwischen beyde
Hertzoge legte/ und biß Segesthes bey ihrer Zu-
sammenkunft die Vereinbarung untersucht hätte/
einen Stillstand der Waffen zu wege brachte.
Die Zusammenkunft ward bey dem Tanfanischen
Tempel bestimmet/ wormit dieser heilige Ort ihre
Gemüther so viel mehr gewinnen möchte. Se-
gesthes selbst drang auf Beschleunigung dieses
Wercks/ nicht so wol/ daß es ihm ums Hertze war
die Zwistigen zu vereinbaren/ als die Warheit
ihrer Uneinigkeit/ und die Geheimnüsse ihrer
Gemüther auszuholen. Er kam mit zweytau-
send Chassuariern in den Deutschburgischen
Heyn/ um auf allen Fall sich dieser Kriegs-
Macht zu seinem Vortheil zu bedienen. Er ward
aber nicht wenig bestürtzet/ als er recht zwischen
die Cheruskische und Cattische Macht verfiel/
welche iederseits über zwantzig tausend Mann
starck war/ und also die Anzahl gewöhnlicher
Friedenshändler/ oder auch der vom Varus be-
gehrten Hülffs Völcker weit übertraff. Noch
mehr bekümmert war ihm: daß er die Cherusker
und Catten in grösserer Verträuligkeit mit ein-
ander leben sahe; als sonst Völeker/ welche nur
den Grimm ihrer feindlichen Waffen wenige
Zeit ruhen zu lassen belieben/ gewohnt sind. Weil
er nun von dieser grossen Macht unter dem
Schein der Ehren gantz umschlossen ward/ mu-
ste er nur sein Mißtrauen/ so gut er konte/ ver-
bergen; sonderlich als Hertzog Herrmann und Ar-
pus einanderwie Brüder umarmten; und folgen-
den Tag Hertzog Jngviomer mit zehentausend
Bructerern/ Herzog Ganasch mit zwölfftausend
Chauzen/ Hertzog Jubil mit sechstausend Her-
mundurern/ ja Segesthens eigener Bruder Se-
gimer und sein Sohn Siegesmund mit acht-

tausend
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] dieſen allerhand Entſchuldigungen und Ver-
troͤſtungen ihrer Huͤlffe wieder den Melo ein-
lieffen/ lag Segeſthes dem Varus auffs beweg-
lichſte an: daß er dieſen Vogel nicht aus dem
Garne laſſen/ ſondern ihn/ den Malovend und
den Segeſthes ſelbſt zum Scheine gefangen ſe-
tzen/ und derogeſtalt durch des Cheruskiſchen
Hertzogs Hinrichtung den Auffwieglern das
Haupt abſchneiden; und denen noch zweiffel-
hafften ein Schrecken einjagen ſolte. Allei-
ne Varus war hier zu nicht zu bereden/ und ihm
alſo dißmahl ſelbſt unaͤhnlich; entweder/ weil
er durch ſeine angenom̃ene Freundligkeit noch
Jngviomern/ ohne welchen Fuchß er nichts ge-
fangen zu haben fuͤrgab/ ins Netze zu locken
ihm einbildete; oder/ weil er durch ſeine Grau-
ſamkeit ſich zu einem Scheuſal der gantzen
Welt zu machen/ und gantz Deuſchland vol-
lends wieder ſich in Harniſch zu jagen Beden-
cken/ oder auch an Herꝛmanns Beſchuldigung
Zweiffel trug. Welche letztere Barmhertzig-
keit denn dem Hertzoge Herꝛmann/ welcher ſo
wol ſein/ als Jngviomers halben wieder den
Melo Huͤlffe zu ſchicken verſprach/ das Leben
erhielt/ dem Varus aber verkuͤrtzte; in dem er
nicht verſtand: daß der Glimpff eines Wuͤtte-
richs ihm ſelbſt die gefaͤhrlichſte Grauſamkeit/
und auff den Fuß ſeiner abſcheulichen Laſter ei-
ne Tugend-Seule zu bauen eben ſo thoͤricht
ſey/ als auff einen ſtinckenden Miſthauffen ein
guͤldenes Sonnen-Bild zu ſetzen. Sintemahl
in Warheit kein ſchluͤpffriger Weg iſt/ als auff
den Graͤntzen der Tugend und der Boßheit
wandeln; und in dem einen nicht warm/ in
dem andern nicht kalt ſeyn. Alſo entrann Her-
tzog Herꝛmann nicht allein aus dieſen Fallſtri-
cken des unbeſtaͤndigen Segeſthes/ ſondern er
machte auch den Varus noch mehr ſicher: daß
er ſeine Kriegs-Ruͤſtung wieder die Roͤmer be-
werckſtelligen konte. Ja er wiegte ihn vollends
gar in Schlaff/ als er den Varus um Vermit-
telung derer zwiſchen ihm und dem Arpus er-
wachſenden Streitigkeiten/ oder auch Sege-
[Spaltenumbruch] ſthen zu einem Schieds-Richter zu vermoͤgen
erſuchte; wormit er ſo viel ſicherer ſeine Waffen
mit den Roͤmiſchen gegen den Melo vereinba-
ren koͤnte; alſo Hertzog Ganaſch hernach ſelbſt
Herzog Herꝛmanns Kuͤhnheit loben und beken-
nen muſte: daß derſelbe nicht irrete/ wer mit ſei-
nem vermeinten Jrꝛthume den rechten Zweck
treffe. Maſſen denn Varus ſich zwiſchen beyde
Hertzoge legte/ und biß Segeſthes bey ihrer Zu-
ſam̃enkunft die Vereinbarung unteꝛſucht haͤtte/
einen Stillſtand der Waffen zu wege brachte.
Die Zuſam̃enkunft ward bey dem Tanfaniſchen
Tempel beſtim̃et/ wormit dieſer heilige Ort ihre
Gemuͤther ſo viel mehr gewinnen moͤchte. Se-
geſthes ſelbſt drang auf Beſchleunigung dieſes
Wercks/ nicht ſo wol/ daß es ihm ums Heꝛtze waꝛ
die Zwiſtigen zu vereinbaren/ als die Warheit
ihrer Uneinigkeit/ und die Geheimnuͤſſe ihrer
Gemuͤther auszuholen. Er kam mit zweytau-
ſend Chaſſuariern in den Deutſchburgiſchen
Heyn/ um auf allen Fall ſich dieſer Kriegs-
Macht zu ſeinem Vortheil zu bedienẽ. Er ward
aber nicht wenig beſtuͤrtzet/ als er recht zwiſchen
die Cheruskiſche und Cattiſche Macht verfiel/
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Friedenshaͤndler/ oder auch der vom Varus be-
gehrten Huͤlffs Voͤlcker weit uͤbertraff. Noch
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und Catten in groͤſſerer Vertraͤuligkeit mit ein-
ander leben ſahe; als ſonſt Voͤleker/ welche nur
den Grimm ihrer feindlichen Waffen wenige
Zeit ruhen zu laſſen beliebẽ/ gewohnt ſind. Weil
er nun von dieſer groſſen Macht unter dem
Schein der Ehren gantz umſchloſſen ward/ mu-
ſte er nur ſein Mißtrauen/ ſo gut er konte/ ver-
bergen; ſonderlich als Hertzog Herꝛmañ und Ar-
pus einanderwie Bruͤder umarmten; uñ folgen-
den Tag Hertzog Jngviomer mit zehentauſend
Bructereꝛn/ Herzog Ganaſch mit zwoͤlfftauſend
Chauzen/ Hertzog Jubil mit ſechstauſend Her-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1317[1319]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1383>, abgerufen am 28.03.2024.