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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] sen zerberstende Klippen im Augenblicke eine
gantze Stadt begraben; also auff die bald folgen-
de Zerrüttung vieler Königreiche gleichsam mit
dem Finger gewiesen. Zeno verjahete dem Für-
sten Malovend/ daß zwar Schwantz-Sterne
und Erdbeben aus natürlichen Ursachen/ und
zwar jene aus den feurigen Ausdampffungen
der Gestirne/ diese vom Ausbrechen der unter-
irrdischen Lufft ihren Ursprung hätten; gleich-
wohl aber pflegte die göttliche Versehung ieder-
zeit darmit grosses Unheil anzudeuten. Auff
das Versincken der Stadt Lysimachia wäre al-
sofort der Stamm und die Herrschafft dessen/
der sie in Grund gelegt hätte/ untergegangen/
und er selbst hätte durch der Stieff-Mutter Ar-
sinoe Gifft seinen so tapffern Sohn Agathocles
unmenschlicher Weise hingerichtet. Als in Sy-
rien hundert und siebentzig tausend Menschen
verfallen wären/ hätten die Zeichendeuter die
Veränderung des Reichs angekündigt/ und
Pompejus die Königliche Herrschafft in Syri-
en auff gehoben. Wie bey Mutina zwey Ber-
ge! gegeneinander gerennet/ und Feuer und
Rauch gegen einander ausgespyen/ wäre gantz
Jtalien wider Rom auffgestanden/ und für
der Römer Niederlage an der Thrasymener
See hätte die Erde sieben und viertzig mahl ge-
bebet. Malovend setzte bey; Und ihr werdet
mit der Zeit von mir vernehmen/ daß nach dem
Rhetischen Felsenbruche Deutschland dreißig
Jahr erzittert sey.

Unter diesem Gespräche näherten sich diese
Fürsten an Deutschburg/ welche sie von einer
unzehlbaren Menge brennender Fackeln er-
leuchtet sahen/ und ein hefftiges Gethöne von
Trompeten und Kessel-Paucken höreten. Als
sie hinein kamen/ ward ihnen vermeldet/ daß
Melo der Sicambrer Hertzog mit seinem Bru-
der Beroris und dessen Sohne Dietrich seinen
Einzug gehalten/ und eine grosse Menge ge-
fangener Römer und Gallier mitgebracht hät-
ten. Diese Fürsten/ welche wider die Römer
[Spaltenumbruch] vermöge der mit dem Hertzog Herrmann ge-
pflogener Verständniß den ersten Auffstand ge-
macht hatten/ brachten diese den Deutschen er-
freuliche Zeitung mit/ daß weil Qvintilius Va-
rus alhier geschlagen/ habe Melo die von dem
Drusus auff dem Gebürge Taunus gebauete
Festung Tranburg mit stürmender Hand ein-
genommen/ seinem Bruder habe sich Mattium
und Segodun/ und in ihrem Rückwege auch die
Cattenburg an der Aeder ergeben; Hertzog Diet-
rich habe mit seiner leichten Reuterey noch den
abgematteten Cäditius ereilet/ selbten geschla-
gen/ also/ daß er mit einer geringen Uberblei-
bung mit Noth über den Rhein gediegen/ all-
wo die Menapier und Eburoner des Römi-
schen Jochs überdrüßig wären/ und/ da die
Deutschen mit einer mittelmäßigen Macht ü-
ber den Rhein setzen würden/ wider die Römer
zugleich auffzustehen und ihre Waffen mit den
ihrigen zu vereinigen sich anerboten hätten.
Derogestalt hätten die Römer disseit des Rheins
keine Besatzung mehr/ und hätte nunmehr ihre
Tapfferkeit ihre Reichs-Grentze dahin wieder
erweitert/ wohin sie die Natur durch diesen gros-
sen Fluß verleget hatte. Die unbeschreibliche
Freude über diesem neuen Siege verstattete den
Siegern/ die Bekümmerniß aber denen Uber-
wundenen keine Ruh; sondern die gantze Nacht
ward von jenen mit Gastereyen und ruhmrä-
thigen Erzehlungen ihrer Heldenthaten/ welche
sie so wie der Römer Verlust nicht groß genug
zu machen wusten/ von diesen aber mit Seuff-
tzen/ dem Schlaffe aus den Händen gewun-
den. Denn der Ruhm und das Geschrey
sind Geschwister der Riesen/ die von kei-
nem Mittel wissen/ sondern eitel Wunderwer-
cke oder Mißgeburten gebähren/ nehmlich des
Lobes oder der Verachtung. Biß endlich die
schläffrige Morgenröthe ihre Augenbranen der
Welt eröffnete/ diesen von zweyen so widrigen
Gemüths-Regungen aber ermunterten Leu-
ten endlich zufallen ließ.

Jn-
Erster Theil. A a

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſen zerberſtende Klippen im Augenblicke eine
gantze Stadt begraben; alſo auff die bald folgen-
de Zerruͤttung vieler Koͤnigreiche gleichſam mit
dem Finger gewieſen. Zeno verjahete dem Fuͤr-
ſten Malovend/ daß zwar Schwantz-Sterne
und Erdbeben aus natuͤrlichen Urſachen/ und
zwar jene aus den feurigen Ausdampffungen
der Geſtirne/ dieſe vom Ausbrechen der unter-
irrdiſchen Lufft ihren Urſprung haͤtten; gleich-
wohl aber pflegte die goͤttliche Verſehung ieder-
zeit darmit groſſes Unheil anzudeuten. Auff
das Verſincken der Stadt Lyſimachia waͤre al-
ſofort der Stamm und die Herrſchafft deſſen/
der ſie in Grund gelegt haͤtte/ untergegangen/
und er ſelbſt haͤtte durch der Stieff-Mutter Ar-
ſinoe Gifft ſeinen ſo tapffern Sohn Agathocles
unmenſchlicher Weiſe hingerichtet. Als in Sy-
rien hundert und ſiebentzig tauſend Menſchen
verfallen waͤren/ haͤtten die Zeichendeuter die
Veraͤnderung des Reichs angekuͤndigt/ und
Pompejus die Koͤnigliche Herrſchafft in Syri-
en auff gehoben. Wie bey Mutina zwey Ber-
ge! gegeneinander gerennet/ und Feuer und
Rauch gegen einander ausgeſpyen/ waͤre gantz
Jtalien wider Rom auffgeſtanden/ und fuͤr
der Roͤmer Niederlage an der Thraſymener
See haͤtte die Erde ſieben und viertzig mahl ge-
bebet. Malovend ſetzte bey; Und ihr werdet
mit der Zeit von mir vernehmen/ daß nach dem
Rhetiſchen Felſenbruche Deutſchland dreißig
Jahr erzittert ſey.

Unter dieſem Geſpraͤche naͤherten ſich dieſe
Fuͤrſten an Deutſchburg/ welche ſie von einer
unzehlbaren Menge brennender Fackeln er-
leuchtet ſahen/ und ein hefftiges Gethoͤne von
Trompeten und Keſſel-Paucken hoͤreten. Als
ſie hinein kamen/ ward ihnen vermeldet/ daß
Melo der Sicambrer Hertzog mit ſeinem Bru-
der Beroris und deſſen Sohne Dietrich ſeinen
Einzug gehalten/ und eine groſſe Menge ge-
fangener Roͤmer und Gallier mitgebracht haͤt-
ten. Dieſe Fuͤrſten/ welche wider die Roͤmer
[Spaltenumbruch] vermoͤge der mit dem Hertzog Herrmann ge-
pflogener Verſtaͤndniß den erſten Auffſtand ge-
macht hatten/ brachten dieſe den Deutſchen er-
freuliche Zeitung mit/ daß weil Qvintilius Va-
rus alhier geſchlagen/ habe Melo die von dem
Druſus auff dem Gebuͤrge Taunus gebauete
Feſtung Tranburg mit ſtuͤrmender Hand ein-
genommen/ ſeinem Bruder habe ſich Mattium
und Segodun/ und in ihrem Ruͤckwege auch die
Cattenburg an der Aeder ergeben; Hertzog Diet-
rich habe mit ſeiner leichten Reuterey noch den
abgematteten Caͤditius ereilet/ ſelbten geſchla-
gen/ alſo/ daß er mit einer geringen Uberblei-
bung mit Noth uͤber den Rhein gediegen/ all-
wo die Menapier und Eburoner des Roͤmi-
ſchen Jochs uͤberdruͤßig waͤren/ und/ da die
Deutſchen mit einer mittelmaͤßigen Macht uͤ-
ber den Rhein ſetzen wuͤrden/ wider die Roͤmer
zugleich auffzuſtehen und ihre Waffen mit den
ihrigen zu vereinigen ſich anerboten haͤtten.
Derogeſtalt haͤtten die Roͤmer diſſeit des Rheins
keine Beſatzung mehr/ und haͤtte nunmehr ihre
Tapfferkeit ihre Reichs-Grentze dahin wieder
erweitert/ wohin ſie die Natur durch dieſen groſ-
ſen Fluß verleget hatte. Die unbeſchreibliche
Freude uͤber dieſem neuen Siege verſtattete den
Siegern/ die Bekuͤmmerniß aber denen Uber-
wundenen keine Ruh; ſondern die gantze Nacht
ward von jenen mit Gaſtereyen und ruhmraͤ-
thigen Erzehlungen ihrer Heldenthaten/ welche
ſie ſo wie der Roͤmer Verluſt nicht groß genug
zu machen wuſten/ von dieſen aber mit Seuff-
tzen/ dem Schlaffe aus den Haͤnden gewun-
den. Denn der Ruhm und das Geſchrey
ſind Geſchwiſter der Rieſen/ die von kei-
nem Mittel wiſſen/ ſondern eitel Wunderwer-
cke oder Mißgeburten gebaͤhren/ nehmlich des
Lobes oder der Verachtung. Biß endlich die
ſchlaͤffrige Morgenroͤthe ihre Augenbranen der
Welt eroͤffnete/ dieſen von zweyen ſo widrigen
Gemuͤths-Regungen aber ermunterten Leu-
ten endlich zufallen ließ.

Jn-
Erſter Theil. A a
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/235>, abgerufen am 29.03.2024.