Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] mung des Athenlensischen Gebietes/ Hanni-
bal nicht zu Verwahrung Hispaniens seine
Waffen gebraucht/ sondern jener hätte das
feindliche Sparta/ dieser Jtalien darmit ange-
fallen. Die Römer wären dadurch so groß
worden/ daß sie ihren Feind allezeit im Hertzen
angegriffen/ und als gleich Hannibal noch in den
Eingeweiden Jtaliens genaget/ hätte doch
Seipio eben so wol als der in Sicilien schier von
den Mohren zur Verzweifelung gebrachte Aga-
thocles das Haupt Carthago mit erwünschtem
Ausschlage angefallen/ weil die Africaner hier-
durch frembde Herrschsucht zu vergessen/ und
ihres Vaterlandes eigenem Feuer zuzulauffen
gezwungen worden. Hätte Darius des
Memnons Rathe gefolget/ und/ an statt der er-
sten Schlacht/ in Macedonien übergesetzt/ wä-
re Alexandern in Persien der gantze Compaß
verrückt worden. Nichts minder hätten die
Römer wol Asiens vergessen/ wenn Antiochus
nach Hannibals Anschlage sie in der Schwäche
ihres Jtaliens besprungen hätte. Eben so
würden diese allgemeine Räuber der Welt in
Deutschland weder Klaue/ noch Fuß aufgesetzt
haben/ hätten die Deutschen nicht ihrer Vor-
Eltern Fußstappen über die Alpen vergessen/
welche in Deutschland so viel leichter ihre Waf-
fen ausgebreitet/ weil diß ihr Vaterland mit
keinen Festungen/ ausser denen von der Natur
verliehenen Strömen und Gebürgen versor-
get gewest wäre. Bey welcher Beschaffenheit
es die ärgste Gefahr nach sich ziehe/ den Feind in
seinem offenem Lande zu erwarten/ welcher in
einem verschlossenen freylich mehrmals von sich
selbst zu Grunde gegangen wäre. Dannen-
her hielte er für rathsam/ die erschrockenen Rö-
mer nach ihrem eigenen mehrmals glücklich-
ausgeschlagenem Beyspiele selbst in dem ihri-
gen heimzusuchen/ und dadurch denen Deut-
schen den beschwerlichen Dorn aus dem Fusse
zu ziehen. Der Riese Antäus wäre auf seinem
Grund und Boden unversehrlich gewest/ wes-
[Spaltenumbruch] wegen ihn Hercules auf frembdes Gebiete hät-
te locken müssen. Mit den Römern aber hät-
te es das Widerspiel/ welche in der Frembde Lö-
wen/ in ihrem Vaterlande Schaffe wären.
Jederman pflichtete des Feldherrn Meinung
bey/ und fiel der Schluß dahin/ daß Hertzog
Ganasch und Melo über den Rhein setzen/ Her-
tzog Catumer an der Donau sein Heil versu-
chen/ Jngviomer aber dem Könige Marbod
des Qvintilius Varus Kopf als ein Kennzei-
chen des so grossen Sieges überbringen/ und
selbtem zu einem Bindnüsse wider den allge-
meinen Feind bewegen solte. Der Feldherr
nam nebst dem Hertzoge der Catten inzwischen
auf sich/ denen innerlichen Kranckheiten
Deutschlandes/ nemlich dem eine zeither zwi-
schen den Fürsten eingerissenen Mißtrauen ab-
zuhelffen/ und die alte Vertrauligkeit zu befesti-
gen. Worzu seine beschlossene Heyrath ie-
dermänniglich ein sehr heilsames Mittel zu
seyn bedeuchtete/ und daher derselben Vollzie-
hung von den Fürsten und dem Volcke so begie-
rig verlangt/ als zu der herrlichen Ausrichtung
alle mögliche Anstalt gemacht ward. Der
Feldherr schrieb auch selbst mit eigner Hand an
die Menapier und Eburoner: Es hätte das
Verhängnüß ihnen numehro gleichsam den
Himmel/ die Erde und die Flüsse wieder eröf-
net/ welche ihnen die Römer zugesperret/ daß
sie nicht einmahl hätten zusammen kommen/
und einander ihr Leid klagen/ weniger über das
gemeine Heil rathschlagen können. Nun wä-
re es die rechte Zeit/ daß sie als ein zun Waffen
gebohrnes Volck/ welches zeither gleichsam
nackt/ und unter frembder Aufsicht sich hätte
bücken müssen/ selbte ihren erschlagenen Fein-
den wieder abnehmen. Es dörffe keines Fech-
tens mehr/ sondern es sey nur noch übrig/ daß
sie der Römer leere Festungen/ als die Kapzäu-
ne freyer Völcker/ und die Ketten der Dienst-
barkeit schleifften. Wäre ja irgendswo noch
eine Handvoll Römer übrig/ müsten sie selbte

zu er-
B b 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] mung des Athenlenſiſchen Gebietes/ Hanni-
bal nicht zu Verwahrung Hiſpaniens ſeine
Waffen gebraucht/ ſondern jener haͤtte das
feindliche Sparta/ dieſer Jtalien darmit ange-
fallen. Die Roͤmer waͤren dadurch ſo groß
worden/ daß ſie ihren Feind allezeit im Hertzen
angegriffen/ und als gleich Hannibal noch in den
Eingeweiden Jtaliens genaget/ haͤtte doch
Seipio eben ſo wol als der in Sicilien ſchier von
den Mohren zuꝛ Verzweifelung gebrachte Aga-
thocles das Haupt Carthago mit erwuͤnſchtem
Ausſchlage angefallen/ weil die Africaner hier-
durch frembde Herrſchſucht zu vergeſſen/ und
ihres Vaterlandes eigenem Feuer zuzulauffen
gezwungen worden. Haͤtte Darius des
Memnons Rathe gefolget/ und/ an ſtatt der er-
ſten Schlacht/ in Macedonien uͤbergeſetzt/ waͤ-
re Alexandern in Perſien der gantze Compaß
verruͤckt worden. Nichts minder haͤtten die
Roͤmer wol Aſiens vergeſſen/ wenn Antiochus
nach Hannibals Anſchlage ſie in der Schwaͤche
ihres Jtaliens beſprungen haͤtte. Eben ſo
wuͤrden dieſe allgemeine Raͤuber der Welt in
Deutſchland weder Klaue/ noch Fuß aufgeſetzt
haben/ haͤtten die Deutſchen nicht ihrer Vor-
Eltern Fußſtappen uͤber die Alpen vergeſſen/
welche in Deutſchland ſo viel leichter ihre Waf-
fen ausgebreitet/ weil diß ihr Vaterland mit
keinen Feſtungen/ auſſer denen von der Natur
verliehenen Stroͤmen und Gebuͤrgen verſor-
get geweſt waͤre. Bey welcher Beſchaffenheit
es die aͤrgſte Gefahr nach ſich ziehe/ den Feind in
ſeinem offenem Lande zu erwarten/ welcher in
einem verſchloſſenen freylich mehrmals von ſich
ſelbſt zu Grunde gegangen waͤre. Dannen-
her hielte er fuͤr rathſam/ die erſchrockenen Roͤ-
mer nach ihrem eigenen mehrmals gluͤcklich-
ausgeſchlagenem Beyſpiele ſelbſt in dem ihri-
gen heimzuſuchen/ und dadurch denen Deut-
ſchen den beſchwerlichen Dorn aus dem Fuſſe
zu ziehen. Der Rieſe Antaͤus waͤre auf ſeinem
Grund und Boden unverſehrlich geweſt/ wes-
[Spaltenumbruch] wegen ihn Hercules auf frembdes Gebiete haͤt-
te locken muͤſſen. Mit den Roͤmern aber haͤt-
te es das Widerſpiel/ welche in der Frembde Loͤ-
wen/ in ihrem Vaterlande Schaffe waͤren.
Jederman pflichtete des Feldherrn Meinung
bey/ und fiel der Schluß dahin/ daß Hertzog
Ganaſch und Melo uͤber den Rhein ſetzen/ Her-
tzog Catumer an der Donau ſein Heil verſu-
chen/ Jngviomer aber dem Koͤnige Marbod
des Qvintilius Varus Kopf als ein Kennzei-
chen des ſo groſſen Sieges uͤberbringen/ und
ſelbtem zu einem Bindnuͤſſe wider den allge-
meinen Feind bewegen ſolte. Der Feldherr
nam nebſt dem Hertzoge der Catten inzwiſchen
auf ſich/ denen innerlichen Kranckheiten
Deutſchlandes/ nemlich dem eine zeither zwi-
ſchen den Fuͤrſten eingeriſſenen Mißtrauen ab-
zuhelffen/ und die alte Vertrauligkeit zu befeſti-
gen. Worzu ſeine beſchloſſene Heyrath ie-
dermaͤnniglich ein ſehr heilſames Mittel zu
ſeyn bedeuchtete/ und daher derſelben Vollzie-
hung von den Fuͤrſten und dem Volcke ſo begie-
rig verlangt/ als zu der herrlichen Ausrichtung
alle moͤgliche Anſtalt gemacht ward. Der
Feldherr ſchrieb auch ſelbſt mit eigner Hand an
die Menapier und Eburoner: Es haͤtte das
Verhaͤngnuͤß ihnen numehro gleichſam den
Himmel/ die Erde und die Fluͤſſe wieder eroͤf-
net/ welche ihnen die Roͤmer zugeſperret/ daß
ſie nicht einmahl haͤtten zuſammen kommen/
und einander ihr Leid klagen/ weniger uͤber das
gemeine Heil rathſchlagen koͤnnen. Nun waͤ-
re es die rechte Zeit/ daß ſie als ein zun Waffen
gebohrnes Volck/ welches zeither gleichſam
nackt/ und unter frembder Aufſicht ſich haͤtte
buͤcken muͤſſen/ ſelbte ihren erſchlagenen Fein-
den wieder abnehmen. Es doͤrffe keines Fech-
tens mehr/ ſondern es ſey nur noch uͤbrig/ daß
ſie der Roͤmer leere Feſtungen/ als die Kapzaͤu-
ne freyer Voͤlcker/ und die Ketten der Dienſt-
barkeit ſchleifften. Waͤre ja irgendswo noch
eine Handvoll Roͤmer uͤbrig/ muͤſten ſie ſelbte

zu er-
B b 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0247" n="195"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
mung des Athenlen&#x017F;i&#x017F;chen Gebietes/ Hanni-<lb/>
bal nicht zu Verwahrung Hi&#x017F;paniens &#x017F;eine<lb/>
Waffen gebraucht/ &#x017F;ondern jener ha&#x0364;tte das<lb/>
feindliche Sparta/ die&#x017F;er Jtalien darmit ange-<lb/>
fallen. Die Ro&#x0364;mer wa&#x0364;ren dadurch &#x017F;o groß<lb/>
worden/ daß &#x017F;ie ihren Feind allezeit im Hertzen<lb/>
angegriffen/ und als gleich Hannibal noch in den<lb/>
Eingeweiden Jtaliens genaget/ ha&#x0364;tte doch<lb/>
Seipio eben &#x017F;o wol als der in Sicilien &#x017F;chier von<lb/>
den Mohren zu&#xA75B; Verzweifelung gebrachte Aga-<lb/>
thocles das Haupt Carthago mit erwu&#x0364;n&#x017F;chtem<lb/>
Aus&#x017F;chlage angefallen/ weil die Africaner hier-<lb/>
durch frembde Herr&#x017F;ch&#x017F;ucht zu verge&#x017F;&#x017F;en/ und<lb/>
ihres Vaterlandes eigenem Feuer zuzulauffen<lb/>
gezwungen worden. Ha&#x0364;tte Darius des<lb/>
Memnons Rathe gefolget/ und/ an &#x017F;tatt der er-<lb/>
&#x017F;ten Schlacht/ in Macedonien u&#x0364;berge&#x017F;etzt/ wa&#x0364;-<lb/>
re Alexandern in Per&#x017F;ien der gantze Compaß<lb/>
verru&#x0364;ckt worden. Nichts minder ha&#x0364;tten die<lb/>
Ro&#x0364;mer wol A&#x017F;iens verge&#x017F;&#x017F;en/ wenn Antiochus<lb/>
nach Hannibals An&#x017F;chlage &#x017F;ie in der Schwa&#x0364;che<lb/>
ihres Jtaliens be&#x017F;prungen ha&#x0364;tte. Eben &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;rden die&#x017F;e allgemeine Ra&#x0364;uber der Welt in<lb/>
Deut&#x017F;chland weder Klaue/ noch Fuß aufge&#x017F;etzt<lb/>
haben/ ha&#x0364;tten die Deut&#x017F;chen nicht ihrer Vor-<lb/>
Eltern Fuß&#x017F;tappen u&#x0364;ber die Alpen verge&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
welche in Deut&#x017F;chland &#x017F;o viel leichter ihre Waf-<lb/>
fen ausgebreitet/ weil diß ihr Vaterland mit<lb/>
keinen Fe&#x017F;tungen/ au&#x017F;&#x017F;er denen von der Natur<lb/>
verliehenen Stro&#x0364;men und Gebu&#x0364;rgen ver&#x017F;or-<lb/>
get gewe&#x017F;t wa&#x0364;re. Bey welcher Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
es die a&#x0364;rg&#x017F;te Gefahr nach &#x017F;ich ziehe/ den Feind in<lb/>
&#x017F;einem offenem Lande zu erwarten/ welcher in<lb/>
einem ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen freylich mehrmals von &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t zu Grunde gegangen wa&#x0364;re. Dannen-<lb/>
her hielte er fu&#x0364;r rath&#x017F;am/ die er&#x017F;chrockenen Ro&#x0364;-<lb/>
mer nach ihrem eigenen mehrmals glu&#x0364;cklich-<lb/>
ausge&#x017F;chlagenem Bey&#x017F;piele &#x017F;elb&#x017F;t in dem ihri-<lb/>
gen heimzu&#x017F;uchen/ und dadurch denen Deut-<lb/>
&#x017F;chen den be&#x017F;chwerlichen Dorn aus dem Fu&#x017F;&#x017F;e<lb/>
zu ziehen. Der Rie&#x017F;e Anta&#x0364;us wa&#x0364;re auf &#x017F;einem<lb/>
Grund und Boden unver&#x017F;ehrlich gewe&#x017F;t/ wes-<lb/><cb/>
wegen ihn Hercules auf frembdes Gebiete ha&#x0364;t-<lb/>
te locken mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Mit den Ro&#x0364;mern aber ha&#x0364;t-<lb/>
te es das Wider&#x017F;piel/ welche in der Frembde Lo&#x0364;-<lb/>
wen/ in ihrem Vaterlande Schaffe wa&#x0364;ren.<lb/>
Jederman pflichtete des Feldherrn Meinung<lb/>
bey/ und fiel der Schluß dahin/ daß Hertzog<lb/>
Gana&#x017F;ch und Melo u&#x0364;ber den Rhein &#x017F;etzen/ Her-<lb/>
tzog Catumer an der Donau &#x017F;ein Heil ver&#x017F;u-<lb/>
chen/ Jngviomer aber dem Ko&#x0364;nige Marbod<lb/>
des Qvintilius Varus Kopf als ein Kennzei-<lb/>
chen des &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en Sieges u&#x0364;berbringen/ und<lb/>
&#x017F;elbtem zu einem Bindnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e wider den allge-<lb/>
meinen Feind bewegen &#x017F;olte. Der Feldherr<lb/>
nam neb&#x017F;t dem Hertzoge der Catten inzwi&#x017F;chen<lb/>
auf &#x017F;ich/ denen innerlichen Kranckheiten<lb/>
Deut&#x017F;chlandes/ nemlich dem eine zeither zwi-<lb/>
&#x017F;chen den Fu&#x0364;r&#x017F;ten eingeri&#x017F;&#x017F;enen Mißtrauen ab-<lb/>
zuhelffen/ und die alte Vertrauligkeit zu befe&#x017F;ti-<lb/>
gen. Worzu &#x017F;eine be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Heyrath ie-<lb/>
derma&#x0364;nniglich ein &#x017F;ehr heil&#x017F;ames Mittel zu<lb/>
&#x017F;eyn bedeuchtete/ und daher der&#x017F;elben Vollzie-<lb/>
hung von den Fu&#x0364;r&#x017F;ten und dem Volcke &#x017F;o begie-<lb/>
rig verlangt/ als zu der herrlichen Ausrichtung<lb/>
alle mo&#x0364;gliche An&#x017F;talt gemacht ward. Der<lb/>
Feldherr &#x017F;chrieb auch &#x017F;elb&#x017F;t mit eigner Hand an<lb/>
die Menapier und Eburoner: Es ha&#x0364;tte das<lb/>
Verha&#x0364;ngnu&#x0364;ß ihnen numehro gleich&#x017F;am den<lb/>
Himmel/ die Erde und die Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e wieder ero&#x0364;f-<lb/>
net/ welche ihnen die Ro&#x0364;mer zuge&#x017F;perret/ daß<lb/>
&#x017F;ie nicht einmahl ha&#x0364;tten zu&#x017F;ammen kommen/<lb/>
und einander ihr Leid klagen/ weniger u&#x0364;ber das<lb/>
gemeine Heil rath&#x017F;chlagen ko&#x0364;nnen. Nun wa&#x0364;-<lb/>
re es die rechte Zeit/ daß &#x017F;ie als ein zun Waffen<lb/>
gebohrnes Volck/ welches zeither gleich&#x017F;am<lb/>
nackt/ und unter frembder Auf&#x017F;icht &#x017F;ich ha&#x0364;tte<lb/>
bu&#x0364;cken mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;elbte ihren er&#x017F;chlagenen Fein-<lb/>
den wieder abnehmen. Es do&#x0364;rffe keines Fech-<lb/>
tens mehr/ &#x017F;ondern es &#x017F;ey nur noch u&#x0364;brig/ daß<lb/>
&#x017F;ie der Ro&#x0364;mer leere Fe&#x017F;tungen/ als die Kapza&#x0364;u-<lb/>
ne freyer Vo&#x0364;lcker/ und die Ketten der Dien&#x017F;t-<lb/>
barkeit &#x017F;chleifften. Wa&#x0364;re ja irgendswo noch<lb/>
eine Handvoll Ro&#x0364;mer u&#x0364;brig/ mu&#x0364;&#x017F;ten &#x017F;ie &#x017F;elbte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B b 2</fw><fw place="bottom" type="catch">zu er-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0247] Arminius und Thußnelda. mung des Athenlenſiſchen Gebietes/ Hanni- bal nicht zu Verwahrung Hiſpaniens ſeine Waffen gebraucht/ ſondern jener haͤtte das feindliche Sparta/ dieſer Jtalien darmit ange- fallen. Die Roͤmer waͤren dadurch ſo groß worden/ daß ſie ihren Feind allezeit im Hertzen angegriffen/ und als gleich Hannibal noch in den Eingeweiden Jtaliens genaget/ haͤtte doch Seipio eben ſo wol als der in Sicilien ſchier von den Mohren zuꝛ Verzweifelung gebrachte Aga- thocles das Haupt Carthago mit erwuͤnſchtem Ausſchlage angefallen/ weil die Africaner hier- durch frembde Herrſchſucht zu vergeſſen/ und ihres Vaterlandes eigenem Feuer zuzulauffen gezwungen worden. Haͤtte Darius des Memnons Rathe gefolget/ und/ an ſtatt der er- ſten Schlacht/ in Macedonien uͤbergeſetzt/ waͤ- re Alexandern in Perſien der gantze Compaß verruͤckt worden. Nichts minder haͤtten die Roͤmer wol Aſiens vergeſſen/ wenn Antiochus nach Hannibals Anſchlage ſie in der Schwaͤche ihres Jtaliens beſprungen haͤtte. Eben ſo wuͤrden dieſe allgemeine Raͤuber der Welt in Deutſchland weder Klaue/ noch Fuß aufgeſetzt haben/ haͤtten die Deutſchen nicht ihrer Vor- Eltern Fußſtappen uͤber die Alpen vergeſſen/ welche in Deutſchland ſo viel leichter ihre Waf- fen ausgebreitet/ weil diß ihr Vaterland mit keinen Feſtungen/ auſſer denen von der Natur verliehenen Stroͤmen und Gebuͤrgen verſor- get geweſt waͤre. Bey welcher Beſchaffenheit es die aͤrgſte Gefahr nach ſich ziehe/ den Feind in ſeinem offenem Lande zu erwarten/ welcher in einem verſchloſſenen freylich mehrmals von ſich ſelbſt zu Grunde gegangen waͤre. Dannen- her hielte er fuͤr rathſam/ die erſchrockenen Roͤ- mer nach ihrem eigenen mehrmals gluͤcklich- ausgeſchlagenem Beyſpiele ſelbſt in dem ihri- gen heimzuſuchen/ und dadurch denen Deut- ſchen den beſchwerlichen Dorn aus dem Fuſſe zu ziehen. Der Rieſe Antaͤus waͤre auf ſeinem Grund und Boden unverſehrlich geweſt/ wes- wegen ihn Hercules auf frembdes Gebiete haͤt- te locken muͤſſen. Mit den Roͤmern aber haͤt- te es das Widerſpiel/ welche in der Frembde Loͤ- wen/ in ihrem Vaterlande Schaffe waͤren. Jederman pflichtete des Feldherrn Meinung bey/ und fiel der Schluß dahin/ daß Hertzog Ganaſch und Melo uͤber den Rhein ſetzen/ Her- tzog Catumer an der Donau ſein Heil verſu- chen/ Jngviomer aber dem Koͤnige Marbod des Qvintilius Varus Kopf als ein Kennzei- chen des ſo groſſen Sieges uͤberbringen/ und ſelbtem zu einem Bindnuͤſſe wider den allge- meinen Feind bewegen ſolte. Der Feldherr nam nebſt dem Hertzoge der Catten inzwiſchen auf ſich/ denen innerlichen Kranckheiten Deutſchlandes/ nemlich dem eine zeither zwi- ſchen den Fuͤrſten eingeriſſenen Mißtrauen ab- zuhelffen/ und die alte Vertrauligkeit zu befeſti- gen. Worzu ſeine beſchloſſene Heyrath ie- dermaͤnniglich ein ſehr heilſames Mittel zu ſeyn bedeuchtete/ und daher derſelben Vollzie- hung von den Fuͤrſten und dem Volcke ſo begie- rig verlangt/ als zu der herrlichen Ausrichtung alle moͤgliche Anſtalt gemacht ward. Der Feldherr ſchrieb auch ſelbſt mit eigner Hand an die Menapier und Eburoner: Es haͤtte das Verhaͤngnuͤß ihnen numehro gleichſam den Himmel/ die Erde und die Fluͤſſe wieder eroͤf- net/ welche ihnen die Roͤmer zugeſperret/ daß ſie nicht einmahl haͤtten zuſammen kommen/ und einander ihr Leid klagen/ weniger uͤber das gemeine Heil rathſchlagen koͤnnen. Nun waͤ- re es die rechte Zeit/ daß ſie als ein zun Waffen gebohrnes Volck/ welches zeither gleichſam nackt/ und unter frembder Aufſicht ſich haͤtte buͤcken muͤſſen/ ſelbte ihren erſchlagenen Fein- den wieder abnehmen. Es doͤrffe keines Fech- tens mehr/ ſondern es ſey nur noch uͤbrig/ daß ſie der Roͤmer leere Feſtungen/ als die Kapzaͤu- ne freyer Voͤlcker/ und die Ketten der Dienſt- barkeit ſchleifften. Waͤre ja irgendswo noch eine Handvoll Roͤmer uͤbrig/ muͤſten ſie ſelbte zu er- B b 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/247
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/247>, abgerufen am 20.04.2024.