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Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680.

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SOPHONISBE.
Sophon. Die Demuth reißt das Schwerd Tyrannen aus der
Faust.

310
Vermin. Wie/ daß ihr itzt nicht mehr für Masinissen graust?
Sophon. Mein Hertze schmeltzt für Lieb'/ und wünscht für ihm zu
büssen.
Amilc. Die Feinde dreun oft mehr/ als sie hernach entschlüssen.
Himilc. Wir sahn an's Syphax Hals bereit das Beil gesetzt.
Vermin. Doch hat es noch zur Zeit kein Haarbreit ihn verletzt.
315
Micips. Der Grim ist nicht verkühlt/ der Schlag nur aufge-
schoben.
Amilc. Solch Aufschub machet lan auch rasend-tolles Toben.
Sophon. Nicht/ wo ein alter Feind durch Aufschub zielt auf Nutz.
Vermin. Großmüttigkeit schafft Ruhm/ Furcht ist der Hasen
Schutz.
Sophon. Ach leider! Jhr fühlt nicht die ängst'gen Hertzens-Bisse.
320
Amilc. Gesätzt auch: daß der Feind den Syphax tödten liesse/
Was hätten wir und er mehr als bereit verlohrn?
Die Fürsten/ denen ist der Purper angebohrn/
Sind ohne Zepter kranck/ und mehr als todt in Ketten.
Verlangt der Fürst und Held das Leben ihm zu retten?
325Mäßt unserm Könige nicht solche Kleinmuth bey:
Daß ihm der Hals nicht feil für Reich und Kinder sey.
Himilc. Wahr ist's; dis was man hier itzt auf die Wage leget/
Verdammet Syphax selbst; und heißt uns unbeweget
Für unsre Wolfahrt stehn; betheuernde: Sein Tod
330Sey uns mehr kein Verlust/ doch's Ende seiner Noth.
Ja als der Feind nahm wahr; wie ihn kein Dreuen schreckte/
Wie hertzhafft er den Hals bis unters Richtbeil steckte/
Zoch selbst die Tyranney die steilen Hörner ein.
Amilc. Auch unsre Tugend wird des Feindes Anstoß sein.
335
Himilc. Bomilcar aber dringt auf Cyrthens Ubergabe.
Sophon Wol! nun ich diesen Schluß von meinem Syphax habe/
Liegt mir kein Centner mehr des Zweifels auf der Brust/
Und Sophonisbe schöpft auch aus dem Elend Lust.
Weil Athem meine Brüst'/ und Blutt die Adern schwellet/
340Wolln wir den Degen führn/ wenn Syphax zwölfmal fället.
Micipsa geh' und schaf' itzt bald Bomilcarn heim;
Der nicht mehr hörens werth. Des Feindes Honigseim
Flößt
SOPHONISBE.
Sophon. Die Demuth reißt das Schwerd Tyrannen aus der
Fauſt.

310
Vermin. Wie/ daß ihr itzt nicht mehr fuͤr Maſiniſſen grauſt?
Sophon. Mein Hertze ſchmeltzt fuͤr Lieb’/ und wuͤnſcht fuͤr ihm zu
buͤſſen.
Amilc. Die Feinde dreun oft mehr/ als ſie hernach entſchluͤſſen.
Himilc. Wir ſahn an’s Syphax Hals bereit das Beil geſetzt.
Vermin. Doch hat es noch zur Zeit kein Haarbreit ihn verletzt.
315
Micipſ. Der Grim iſt nicht verkuͤhlt/ der Schlag nur aufge-
ſchoben.
Amilc. Solch Aufſchub machet lan auch raſend-tolles Toben.
Sophon. Nicht/ wo ein alter Feind durch Aufſchub zielt auf Nutz.
Vermin. Großmuͤttigkeit ſchafft Ruhm/ Furcht iſt der Haſen
Schutz.
Sophon. Ach leider! Jhr fuͤhlt nicht die aͤngſt’gen Hertzens-Biſſe.
320
Amilc. Geſaͤtzt auch: daß der Feind den Syphax toͤdten lieſſe/
Was haͤtten wir und er mehr als bereit verlohrn?
Die Fuͤrſten/ denen iſt der Purper angebohrn/
Sind ohne Zepter kranck/ und mehr als todt in Ketten.
Verlangt der Fuͤrſt und Held das Leben ihm zu retten?
325Maͤßt unſerm Koͤnige nicht ſolche Kleinmuth bey:
Daß ihm der Hals nicht feil fuͤr Reich und Kinder ſey.
Himilc. Wahr iſt’s; dis was man hier itzt auf die Wage leget/
Verdammet Syphax ſelbſt; und heißt uns unbeweget
Fuͤr unſre Wolfahrt ſtehn; betheuernde: Sein Tod
330Sey uns mehr kein Verluſt/ doch’s Ende ſeiner Noth.
Ja als der Feind nahm wahr; wie ihn kein Dreuen ſchreckte/
Wie hertzhafft er den Hals bis unters Richtbeil ſteckte/
Zoch ſelbſt die Tyranney die ſteilen Hoͤrner ein.
Amilc. Auch unſre Tugend wird des Feindes Anſtoß ſein.
335
Himilc. Bomilcar aber dringt auf Cyrthens Ubergabe.
Sophon Wol! nun ich dieſen Schluß von meinem Syphax habe/
Liegt mir kein Centner mehr des Zweifels auf der Bruſt/
Und Sophonisbe ſchoͤpft auch aus dem Elend Luſt.
Weil Athem meine Bruͤſt’/ und Blutt die Adern ſchwellet/
340Wolln wir den Degen fuͤhrn/ wenn Syphax zwoͤlfmal faͤllet.
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[11/0048] SOPHONISBE. Sophon. Die Demuth reißt das Schwerd Tyrannen aus der Fauſt. Vermin. Wie/ daß ihr itzt nicht mehr fuͤr Maſiniſſen grauſt? Sophon. Mein Hertze ſchmeltzt fuͤr Lieb’/ und wuͤnſcht fuͤr ihm zu buͤſſen. Amilc. Die Feinde dreun oft mehr/ als ſie hernach entſchluͤſſen. Himilc. Wir ſahn an’s Syphax Hals bereit das Beil geſetzt. Vermin. Doch hat es noch zur Zeit kein Haarbreit ihn verletzt. Micipſ. Der Grim iſt nicht verkuͤhlt/ der Schlag nur aufge- ſchoben. Amilc. Solch Aufſchub machet lan auch raſend-tolles Toben. Sophon. Nicht/ wo ein alter Feind durch Aufſchub zielt auf Nutz. Vermin. Großmuͤttigkeit ſchafft Ruhm/ Furcht iſt der Haſen Schutz. Sophon. Ach leider! Jhr fuͤhlt nicht die aͤngſt’gen Hertzens-Biſſe. Amilc. Geſaͤtzt auch: daß der Feind den Syphax toͤdten lieſſe/ Was haͤtten wir und er mehr als bereit verlohrn? Die Fuͤrſten/ denen iſt der Purper angebohrn/ Sind ohne Zepter kranck/ und mehr als todt in Ketten. Verlangt der Fuͤrſt und Held das Leben ihm zu retten? Maͤßt unſerm Koͤnige nicht ſolche Kleinmuth bey: Daß ihm der Hals nicht feil fuͤr Reich und Kinder ſey. Himilc. Wahr iſt’s; dis was man hier itzt auf die Wage leget/ Verdammet Syphax ſelbſt; und heißt uns unbeweget Fuͤr unſre Wolfahrt ſtehn; betheuernde: Sein Tod Sey uns mehr kein Verluſt/ doch’s Ende ſeiner Noth. Ja als der Feind nahm wahr; wie ihn kein Dreuen ſchreckte/ Wie hertzhafft er den Hals bis unters Richtbeil ſteckte/ Zoch ſelbſt die Tyranney die ſteilen Hoͤrner ein. Amilc. Auch unſre Tugend wird des Feindes Anſtoß ſein. Himilc. Bomilcar aber dringt auf Cyrthens Ubergabe. Sophon Wol! nun ich dieſen Schluß von meinem Syphax habe/ Liegt mir kein Centner mehr des Zweifels auf der Bruſt/ Und Sophonisbe ſchoͤpft auch aus dem Elend Luſt. Weil Athem meine Bruͤſt’/ und Blutt die Adern ſchwellet/ Wolln wir den Degen fuͤhrn/ wenn Syphax zwoͤlfmal faͤllet. Micipſa geh’ und ſchaf’ itzt bald Bomilcarn heim; Der nicht mehr hoͤrens werth. Des Feindes Honigſeim Floͤßt

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/48>, abgerufen am 25.04.2024.