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Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731.

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CAP. II. §. 8.
ten sich weidende und zum Vatter| auffstei-
gende Leibs- und Seelen-Kräfften umge-
ben, bedeckt, und als ein von weisser Un-
schuld gläntzendes Balsam-Oel Lebens-lang
ob ihnen geschwebt, also daß ihnen ihr stilles
Warten zu Jerusalem wohl zu statten kom-
men ist, und gewißlich auch uns wohl bekä-
me, so wir ihrem Exempel und Vorschrifft
folgeten. JEsus bringe doch unsere unbe-
ständigen, fladerhaffte Seelen in seine stille
Sabbaths-Ruh.

§. 8.

Deß Geistes Armuth muß durchauß stets
beybehalten werden, also daß man sich keiner
Gaab oder Gnad eigenthümlich anmasse, deß
lautern Glaubens an Christum gelebende.

DAs Abnehmen der Neidel lehret uns
in Demuht und Armuth deß Geistes
bleiben, daß wir uns keiner Göttlichen
Würckungen, als Predigen, Lehren,
Schreiben, Leiden, anmassen als deß un-
sern, dann wann es schon durch und in uns
geschihet, so gehörts dennoch uns nicht zu,
noch unendlich weniger als die Neidel der
Kuh angehört, welche auch selbige nicht
lang anschaut, noch davon hoffärtig wird,
sondern gönnets ohne Widerred oder Umse-
hen dem, der ihr die gute Weide gegönnet,
und ist gleich auf frisches bedacht, vergessen-
de was dahinden ist, und sich streckende nach
dem was davornen ist, worinnen sie kluger

ist,
D 4

CAP. II. §. 8.
ten ſich weidende und zum Vatter| auffſtei-
gende Leibs- und Seelen-Kraͤfften umge-
ben, bedeckt, und als ein von weiſſer Un-
ſchuld glaͤntzendes Balſam-Oel Lebens-lang
ob ihnen geſchwebt, alſo daß ihnen ihr ſtilles
Warten zu Jeruſalem wohl zu ſtatten kom-
men iſt, und gewißlich auch uns wohl bekaͤ-
me, ſo wir ihrem Exempel und Vorſchrifft
folgeten. JEſus bringe doch unſere unbe-
ſtaͤndigen, fladerhaffte Seelen in ſeine ſtille
Sabbaths-Ruh.

§. 8.

Deß Geiſtes Armuth muß durchauß ſtets
beybehalten werden, alſo daß man ſich keiner
Gaab oder Gnad eigenthuͤmlich anmaſſe, deß
lautern Glaubens an Chriſtum gelebende.

DAs Abnehmen der Neidel lehret uns
in Demuht und Armuth deß Geiſtes
bleiben, daß wir uns keiner Goͤttlichen
Wuͤrckungen, als Predigen, Lehren,
Schreiben, Leiden, anmaſſen als deß un-
ſern, dann wann es ſchon durch und in uns
geſchihet, ſo gehoͤrts dennoch uns nicht zu,
noch unendlich weniger als die Neidel der
Kuh angehoͤrt, welche auch ſelbige nicht
lang anſchaut, noch davon hoffaͤrtig wird,
ſondern goͤnnets ohne Widerred oder Umſe-
hen dem, der ihr die gute Weide gegoͤnnet,
und iſt gleich auf friſches bedacht, vergeſſen-
de was dahinden iſt, und ſich ſtreckende nach
dem was davornen iſt, worinnen ſie kluger

iſt,
D 4
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[55/0123] CAP. II. §. 8. ten ſich weidende und zum Vatter| auffſtei- gende Leibs- und Seelen-Kraͤfften umge- ben, bedeckt, und als ein von weiſſer Un- ſchuld glaͤntzendes Balſam-Oel Lebens-lang ob ihnen geſchwebt, alſo daß ihnen ihr ſtilles Warten zu Jeruſalem wohl zu ſtatten kom- men iſt, und gewißlich auch uns wohl bekaͤ- me, ſo wir ihrem Exempel und Vorſchrifft folgeten. JEſus bringe doch unſere unbe- ſtaͤndigen, fladerhaffte Seelen in ſeine ſtille Sabbaths-Ruh. §. 8. Deß Geiſtes Armuth muß durchauß ſtets beybehalten werden, alſo daß man ſich keiner Gaab oder Gnad eigenthuͤmlich anmaſſe, deß lautern Glaubens an Chriſtum gelebende. DAs Abnehmen der Neidel lehret uns in Demuht und Armuth deß Geiſtes bleiben, daß wir uns keiner Goͤttlichen Wuͤrckungen, als Predigen, Lehren, Schreiben, Leiden, anmaſſen als deß un- ſern, dann wann es ſchon durch und in uns geſchihet, ſo gehoͤrts dennoch uns nicht zu, noch unendlich weniger als die Neidel der Kuh angehoͤrt, welche auch ſelbige nicht lang anſchaut, noch davon hoffaͤrtig wird, ſondern goͤnnets ohne Widerred oder Umſe- hen dem, der ihr die gute Weide gegoͤnnet, und iſt gleich auf friſches bedacht, vergeſſen- de was dahinden iſt, und ſich ſtreckende nach dem was davornen iſt, worinnen ſie kluger iſt, D 4

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Zitationshilfe: Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731/123>, abgerufen am 28.03.2024.