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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Die Sonne der Gerechtigkeit.
sie haben, daß man sie heile und reinige, blieben lieber ihnen selbst un-
bekannt.

§. 9. Viel erwünschter wäre es solchen, sie wären Heiden, es ist jawelcher
so groß
ist als er
seyn kan.

nicht so erschröcklich Verderben, da niemand helffen kan, als muthwil-
lig zu Grund gehen mit Verachtung des zubereiteten Heils; Was hat
man für eine Entschuldigung? daß man nicht nur in der Finsternuß tap-
pet, sondern die Augen vor dem Liecht zuschliesset, ey welch ein Boß-
heit! so muß die Sonne, die zum Leben gegeben, zur Verdammnus
zünden, sintemal man bey deren Schein nur Böses würckt: Man
wird nach und nach dem Leim gleich im abgebrannten Gewissen.

Ja also werden die Sünden-Wunden nicht geheilet, sondern sie wer-
den täglich ärger, endlich kommt der ewige Angst-Tod und macht man
aus dem Evangelio eine Laterne zur Höll hinunter; und am Jüngsten
Tag? Worzu wird diese Sonne anderst leuchten? als die unzehliche
scheußliche Sünden zu offenbahren und den schnöden Undanck, Wi-
dersetzlichkeit, Unbußfertigkeit etc. vor aller Welt kundbar zu machen
und in denen Ewigkeiten die Feur-Stralen ihres Grimms auf das Hertz
abzuschiessen wie ein verzehrend Feur a.

Weh, weh! Die ihr diese Sonne nicht brauchet, es wird euch nicht
anderst gehen, als so viel andern Völckeren, daß diese Gnaden-Son-
ne nicht mehr scheine etc. und ihr im Finsteren tappet, stosset, fal-
let, etc. sehets an Franckreich, Piemont etc. Da nun die Son-
ne der Gerechtigkeit mit Blut und Wolcken verhüllet; O daß
wir gewitziget wurden durch andere Finsternussen am Himmel, da auch
uns die Sonne drohet unterzugehen, der Tag des Heyls neiget sich zum
Abend, da man im Friede nur üppiger wird und alles Ungeziefer an
Tag kommt! Ach daß man wahrnehme der Dräuung des Heylands:
Ach so du es auch erkennetest, auch noch an diesem deinem Tag, was
zu deinem Friede dienet, aber nun ist es für deinen Augen verborgen b.

Das achte Capitel.
Von der Selbst-Prüfung ob einem JEsus die Sonne der Gerechtigkeit auf-
gegangen.

Die Selbst-Prüfung ist das nöthigste und zugleich das beschwerlich-
ste Werck und darzu hat man weder Muth noch Geschicklichkeit: Bey-
des muß JEsus die Sonne geben.

§. 1. Will
a Hebr. X.
b Luc. XIX. 42.
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Die Sonne der Gerechtigkeit.
ſie haben, daß man ſie heile und reinige, blieben lieber ihnen ſelbſt un-
bekannt.

§. 9. Viel erwuͤnſchter waͤre es ſolchen, ſie waͤren Heiden, es iſt jawelcher
ſo groß
iſt als er
ſeyn kan.

nicht ſo erſchroͤcklich Verderben, da niemand helffen kan, als muthwil-
lig zu Grund gehen mit Verachtung des zubereiteten Heils; Was hat
man fuͤr eine Entſchuldigung? daß man nicht nur in der Finſternuß tap-
pet, ſondern die Augen vor dem Liecht zuſchlieſſet, ey welch ein Boß-
heit! ſo muß die Sonne, die zum Leben gegeben, zur Verdammnus
zuͤnden, ſintemal man bey deren Schein nur Boͤſes wuͤrckt: Man
wird nach und nach dem Leim gleich im abgebrannten Gewiſſen.

Ja alſo werden die Suͤnden-Wunden nicht geheilet, ſondern ſie wer-
den taͤglich aͤrger, endlich kommt der ewige Angſt-Tod und macht man
aus dem Evangelio eine Laterne zur Hoͤll hinunter; und am Juͤngſten
Tag? Worzu wird dieſe Sonne anderſt leuchten? als die unzehliche
ſcheußliche Suͤnden zu offenbahren und den ſchnoͤden Undanck, Wi-
derſetzlichkeit, Unbußfertigkeit ꝛc. vor aller Welt kundbar zu machen
und in denen Ewigkeiten die Feur-Stralen ihres Grimms auf das Hertz
abzuſchieſſen wie ein verzehrend Feur a.

Weh, weh! Die ihr dieſe Sonne nicht brauchet, es wird euch nicht
anderſt gehen, als ſo viel andern Voͤlckeren, daß dieſe Gnaden-Son-
ne nicht mehr ſcheine ꝛc. und ihr im Finſteren tappet, ſtoſſet, fal-
let, ꝛc. ſehets an Franckreich, Piemont ꝛc. Da nun die Son-
ne der Gerechtigkeit mit Blut und Wolcken verhuͤllet; O daß
wir gewitziget wurden durch andere Finſternuſſen am Himmel, da auch
uns die Sonne drohet unterzugehen, der Tag des Heyls neiget ſich zum
Abend, da man im Friede nur uͤppiger wird und alles Ungeziefer an
Tag kommt! Ach daß man wahrnehme der Draͤuung des Heylands:
Ach ſo du es auch erkenneteſt, auch noch an dieſem deinem Tag, was
zu deinem Friede dienet, aber nun iſt es fuͤr deinen Augen verborgen b.

Das achte Capitel.
Von der Selbſt-Pruͤfung ob einem JEſus die Sonne der Gerechtigkeit auf-
gegangen.

Die Selbſt-Pruͤfung iſt das noͤthigſte und zugleich das beſchwerlich-
ſte Werck und darzu hat man weder Muth noch Geſchicklichkeit: Bey-
des muß JEſus die Sonne geben.

§. 1. Will
a Hebr. X.
b Luc. XIX. 42.
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[1013/1109] Die Sonne der Gerechtigkeit. ſie haben, daß man ſie heile und reinige, blieben lieber ihnen ſelbſt un- bekannt. §. 9. Viel erwuͤnſchter waͤre es ſolchen, ſie waͤren Heiden, es iſt ja nicht ſo erſchroͤcklich Verderben, da niemand helffen kan, als muthwil- lig zu Grund gehen mit Verachtung des zubereiteten Heils; Was hat man fuͤr eine Entſchuldigung? daß man nicht nur in der Finſternuß tap- pet, ſondern die Augen vor dem Liecht zuſchlieſſet, ey welch ein Boß- heit! ſo muß die Sonne, die zum Leben gegeben, zur Verdammnus zuͤnden, ſintemal man bey deren Schein nur Boͤſes wuͤrckt: Man wird nach und nach dem Leim gleich im abgebrannten Gewiſſen. welcher ſo groß iſt als er ſeyn kan. Ja alſo werden die Suͤnden-Wunden nicht geheilet, ſondern ſie wer- den taͤglich aͤrger, endlich kommt der ewige Angſt-Tod und macht man aus dem Evangelio eine Laterne zur Hoͤll hinunter; und am Juͤngſten Tag? Worzu wird dieſe Sonne anderſt leuchten? als die unzehliche ſcheußliche Suͤnden zu offenbahren und den ſchnoͤden Undanck, Wi- derſetzlichkeit, Unbußfertigkeit ꝛc. vor aller Welt kundbar zu machen und in denen Ewigkeiten die Feur-Stralen ihres Grimms auf das Hertz abzuſchieſſen wie ein verzehrend Feur a. Weh, weh! Die ihr dieſe Sonne nicht brauchet, es wird euch nicht anderſt gehen, als ſo viel andern Voͤlckeren, daß dieſe Gnaden-Son- ne nicht mehr ſcheine ꝛc. und ihr im Finſteren tappet, ſtoſſet, fal- let, ꝛc. ſehets an Franckreich, Piemont ꝛc. Da nun die Son- ne der Gerechtigkeit mit Blut und Wolcken verhuͤllet; O daß wir gewitziget wurden durch andere Finſternuſſen am Himmel, da auch uns die Sonne drohet unterzugehen, der Tag des Heyls neiget ſich zum Abend, da man im Friede nur uͤppiger wird und alles Ungeziefer an Tag kommt! Ach daß man wahrnehme der Draͤuung des Heylands: Ach ſo du es auch erkenneteſt, auch noch an dieſem deinem Tag, was zu deinem Friede dienet, aber nun iſt es fuͤr deinen Augen verborgen b. Das achte Capitel. Von der Selbſt-Pruͤfung ob einem JEſus die Sonne der Gerechtigkeit auf- gegangen. Die Selbſt-Pruͤfung iſt das noͤthigſte und zugleich das beſchwerlich- ſte Werck und darzu hat man weder Muth noch Geſchicklichkeit: Bey- des muß JEſus die Sonne geben. §. 1. Will a Hebr. X. b Luc. XIX. 42. M m m m m m 3

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1013. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1109>, abgerufen am 25.04.2024.