Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Lebens-Mahlzeit.
Das zweyte Capitel.
Von dem Leben GOttes: von der Sendung und Zukunfft Christi wie
der erschienene Heiland lebe: die Verbindung zwischen dem Vatter und
Sohn in diesem Wercke.
Nähere
Einthei-
lung des
ersten
Punctens.

§. 1. Jm ersten Theil haben wir vier Puncten daß GOTT lebe:
Dieses Denck-Bild ist allen Menschen eingepräget, in Jhm leben,
weben und sind wir a, GOtt übertrifft alle Geschöpffe mündlich.

GOtt lebet:

GOtt le-
bet, dann
Er ist von
sich selb-
sten,

§. 2. a) Weil er von sich selbst ist, von Ewigkeit her, ohne Anfang,
welches uns unbegreifflich ist, wir können wol fassen, wie eine Sach
nicht aufhöre zu seyn, darum weilen wir zur unaufhörlichen Ewig-
keit geschaffen sind; können aber nicht fassen, wie etwas seyn könne
ohne angefangen haben zu seyn, weilen wir ein Anfang haben in der
Zeit, wann wir aber in die seelige (dann in dem Unseeligen ists fin-
ster, da die Gottlosen noch weniger Heilsames, Erfreuliches und
Wonne-seeliges, Himmlisches fassen können, als in der Zeit ihre
falsche Bilder von göttlichen Dingen, so sie in dieser Welt geheget,
dienen ihnen zu entsetzlicher greulicher Qual, sie können nichts klares
von GOtt und seinem Reich erkennen, als was nur zu lauter Angst
und Schrecken gerichtet) Ewigkeit kommen werden, alsdann wer-
den wirs nicht nur aus Vernunfft-Schlüssen erkennen; sondern klar
sehen, wie GOTT von Ewigkeit her seye, und das Leben habe aus
sich selbst b.

Er besitzt
alle nur
mögliche
Vollkom-
menhei-
ten.

§. 3. b) Weil er alle übersteigende Vollkommenheiten die man
nur ausdencken kan unendlich in sich hat; Er ist der Allgenug-
same
c, der vor Sich und alle genug hat, Er vermag alles, Er
kan alles vollfüllen und sättigen, daß das Geschöpff schreyen muß
vor entzuckender und erstaunender Freude! höre auf mein GOtt, ich
habe genug, ich habe genug, die Liebe, Süßigkeit und Freude ist zu
groß vor mich, mein Hertzens-Gefäß laufft über, ich kan nicht mehr
ertragen, gib nun auch anderen, O mein guter GOTT die nichts
haben und dich noch nicht kennen: GOTT ist das Licht selbst, Er
ist die ewige Weißheit, Er ist die wesentliche Heiligkeit und Reinig-
keit, Er ist die Seeligkeit und das wahre höchste Gut; Er vermag

jeder-
a Act. XVII. 28.
b Joh. V. 26.
c Gen. XVII. 1.
Lebens-Mahlzeit.
Das zweyte Capitel.
Von dem Leben GOttes: von der Sendung und Zukunfft Chriſti wie
der erſchienene Heiland lebe: die Verbindung zwiſchen dem Vatter und
Sohn in dieſem Wercke.
Naͤhere
Einthei-
lung des
erſten
Punctens.

§. 1. Jm erſten Theil haben wir vier Puncten daß GOTT lebe:
Dieſes Denck-Bild iſt allen Menſchen eingepraͤget, in Jhm leben,
weben und ſind wir a, GOtt uͤbertrifft alle Geſchoͤpffe muͤndlich.

GOtt lebet:

GOtt le-
bet, dann
Er iſt von
ſich ſelb-
ſten,

§. 2. a) Weil er von ſich ſelbſt iſt, von Ewigkeit her, ohne Anfang,
welches uns unbegreifflich iſt, wir koͤnnen wol faſſen, wie eine Sach
nicht aufhoͤre zu ſeyn, darum weilen wir zur unaufhoͤrlichen Ewig-
keit geſchaffen ſind; koͤnnen aber nicht faſſen, wie etwas ſeyn koͤnne
ohne angefangen haben zu ſeyn, weilen wir ein Anfang haben in der
Zeit, wann wir aber in die ſeelige (dann in dem Unſeeligen iſts fin-
ſter, da die Gottloſen noch weniger Heilſames, Erfreuliches und
Wonne-ſeeliges, Himmliſches faſſen koͤnnen, als in der Zeit ihre
falſche Bilder von goͤttlichen Dingen, ſo ſie in dieſer Welt geheget,
dienen ihnen zu entſetzlicher greulicher Qual, ſie koͤnnen nichts klares
von GOtt und ſeinem Reich erkennen, als was nur zu lauter Angſt
und Schrecken gerichtet) Ewigkeit kommen werden, alsdann wer-
den wirs nicht nur aus Vernunfft-Schluͤſſen erkennen; ſondern klar
ſehen, wie GOTT von Ewigkeit her ſeye, und das Leben habe aus
ſich ſelbſt b.

Er beſitzt
alle nur
moͤgliche
Vollkom-
menhei-
ten.

§. 3. b) Weil er alle uͤberſteigende Vollkommenheiten die man
nur ausdencken kan unendlich in ſich hat; Er iſt der Allgenug-
ſame
c, der vor Sich und alle genug hat, Er vermag alles, Er
kan alles vollfuͤllen und ſaͤttigen, daß das Geſchoͤpff ſchreyen muß
vor entzuckender und erſtaunender Freude! hoͤre auf mein GOtt, ich
habe genug, ich habe genug, die Liebe, Suͤßigkeit und Freude iſt zu
groß vor mich, mein Hertzens-Gefaͤß laufft uͤber, ich kan nicht mehr
ertragen, gib nun auch anderen, O mein guter GOTT die nichts
haben und dich noch nicht kennen: GOTT iſt das Licht ſelbſt, Er
iſt die ewige Weißheit, Er iſt die weſentliche Heiligkeit und Reinig-
keit, Er iſt die Seeligkeit und das wahre hoͤchſte Gut; Er vermag

jeder-
a Act. XVII. 28.
b Joh. V. 26.
c Gen. XVII. 1.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f1122" n="1026"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Lebens-Mahlzeit.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das zweyte Capitel.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">Von dem Leben GOttes: von der Sendung und Zukunfft Chri&#x017F;ti wie<lb/>
der er&#x017F;chienene Heiland lebe: die Verbindung zwi&#x017F;chen dem Vatter und<lb/>
Sohn in die&#x017F;em Wercke.</hi> </head><lb/>
          <note place="left">Na&#x0364;here<lb/>
Einthei-<lb/>
lung des<lb/>
er&#x017F;ten<lb/>
Punctens.</note>
          <p>§. 1. Jm er&#x017F;ten Theil haben wir vier Puncten daß GOTT lebe:<lb/>
Die&#x017F;es Denck-Bild i&#x017F;t allen Men&#x017F;chen eingepra&#x0364;get, in Jhm leben,<lb/>
weben und &#x017F;ind wir <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Act. XVII.</hi> 28.</note>, GOtt u&#x0364;bertrifft alle Ge&#x017F;cho&#x0364;pffe mu&#x0364;ndlich.</p><lb/>
          <p>GOtt lebet:</p><lb/>
          <note place="left">GOtt le-<lb/>
bet, dann<lb/>
Er i&#x017F;t von<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb-<lb/>
&#x017F;ten,</note>
          <p>§. 2. <hi rendition="#aq">a</hi>) Weil er von &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t, von Ewigkeit her, ohne Anfang,<lb/>
welches uns unbegreifflich i&#x017F;t, wir ko&#x0364;nnen wol fa&#x017F;&#x017F;en, wie eine Sach<lb/>
nicht aufho&#x0364;re zu &#x017F;eyn, darum weilen wir zur unaufho&#x0364;rlichen Ewig-<lb/>
keit ge&#x017F;chaffen &#x017F;ind; ko&#x0364;nnen aber nicht fa&#x017F;&#x017F;en, wie etwas &#x017F;eyn ko&#x0364;nne<lb/>
ohne angefangen haben zu &#x017F;eyn, weilen wir ein Anfang haben in der<lb/>
Zeit, wann wir aber in die &#x017F;eelige (dann in dem Un&#x017F;eeligen i&#x017F;ts fin-<lb/>
&#x017F;ter, da die Gottlo&#x017F;en noch weniger Heil&#x017F;ames, Erfreuliches und<lb/>
Wonne-&#x017F;eeliges, Himmli&#x017F;ches fa&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen, als in der Zeit ihre<lb/>
fal&#x017F;che Bilder von go&#x0364;ttlichen Dingen, &#x017F;o &#x017F;ie in die&#x017F;er Welt geheget,<lb/>
dienen ihnen zu ent&#x017F;etzlicher greulicher Qual, &#x017F;ie ko&#x0364;nnen nichts klares<lb/>
von GOtt und &#x017F;einem Reich erkennen, als was nur zu lauter Ang&#x017F;t<lb/>
und Schrecken gerichtet) Ewigkeit kommen werden, alsdann wer-<lb/>
den wirs nicht nur aus Vernunfft-Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en erkennen; &#x017F;ondern klar<lb/>
&#x017F;ehen, wie GOTT von Ewigkeit her &#x017F;eye, und das Leben habe aus<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t <note place="foot" n="b"><hi rendition="#aq">Joh. V.</hi> 26.</note>.</p><lb/>
          <note place="left">Er be&#x017F;itzt<lb/>
alle nur<lb/>
mo&#x0364;gliche<lb/>
Vollkom-<lb/>
menhei-<lb/>
ten.</note>
          <p>§. 3. <hi rendition="#aq">b</hi>) Weil er alle u&#x0364;ber&#x017F;teigende Vollkommenheiten die man<lb/>
nur ausdencken kan unendlich in &#x017F;ich hat; Er i&#x017F;t der <hi rendition="#fr">Allgenug-<lb/>
&#x017F;ame</hi> <note place="foot" n="c"><hi rendition="#aq">Gen. XVII.</hi> 1.</note>, der vor Sich und alle genug hat, Er vermag alles, Er<lb/>
kan alles vollfu&#x0364;llen und &#x017F;a&#x0364;ttigen, daß das Ge&#x017F;cho&#x0364;pff &#x017F;chreyen muß<lb/>
vor entzuckender und er&#x017F;taunender Freude! ho&#x0364;re auf mein GOtt, ich<lb/>
habe genug, ich habe genug, die Liebe, Su&#x0364;ßigkeit und Freude i&#x017F;t zu<lb/>
groß vor mich, mein Hertzens-Gefa&#x0364;ß laufft u&#x0364;ber, ich kan nicht mehr<lb/>
ertragen, gib nun auch anderen, O mein guter GOTT die nichts<lb/>
haben und dich noch nicht kennen: GOTT i&#x017F;t das Licht &#x017F;elb&#x017F;t, Er<lb/>
i&#x017F;t die ewige Weißheit, Er i&#x017F;t die we&#x017F;entliche Heiligkeit und Reinig-<lb/>
keit, Er i&#x017F;t die Seeligkeit und das wahre ho&#x0364;ch&#x017F;te Gut; Er vermag<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">jeder-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1026/1122] Lebens-Mahlzeit. Das zweyte Capitel. Von dem Leben GOttes: von der Sendung und Zukunfft Chriſti wie der erſchienene Heiland lebe: die Verbindung zwiſchen dem Vatter und Sohn in dieſem Wercke. §. 1. Jm erſten Theil haben wir vier Puncten daß GOTT lebe: Dieſes Denck-Bild iſt allen Menſchen eingepraͤget, in Jhm leben, weben und ſind wir a, GOtt uͤbertrifft alle Geſchoͤpffe muͤndlich. GOtt lebet: §. 2. a) Weil er von ſich ſelbſt iſt, von Ewigkeit her, ohne Anfang, welches uns unbegreifflich iſt, wir koͤnnen wol faſſen, wie eine Sach nicht aufhoͤre zu ſeyn, darum weilen wir zur unaufhoͤrlichen Ewig- keit geſchaffen ſind; koͤnnen aber nicht faſſen, wie etwas ſeyn koͤnne ohne angefangen haben zu ſeyn, weilen wir ein Anfang haben in der Zeit, wann wir aber in die ſeelige (dann in dem Unſeeligen iſts fin- ſter, da die Gottloſen noch weniger Heilſames, Erfreuliches und Wonne-ſeeliges, Himmliſches faſſen koͤnnen, als in der Zeit ihre falſche Bilder von goͤttlichen Dingen, ſo ſie in dieſer Welt geheget, dienen ihnen zu entſetzlicher greulicher Qual, ſie koͤnnen nichts klares von GOtt und ſeinem Reich erkennen, als was nur zu lauter Angſt und Schrecken gerichtet) Ewigkeit kommen werden, alsdann wer- den wirs nicht nur aus Vernunfft-Schluͤſſen erkennen; ſondern klar ſehen, wie GOTT von Ewigkeit her ſeye, und das Leben habe aus ſich ſelbſt b. §. 3. b) Weil er alle uͤberſteigende Vollkommenheiten die man nur ausdencken kan unendlich in ſich hat; Er iſt der Allgenug- ſame c, der vor Sich und alle genug hat, Er vermag alles, Er kan alles vollfuͤllen und ſaͤttigen, daß das Geſchoͤpff ſchreyen muß vor entzuckender und erſtaunender Freude! hoͤre auf mein GOtt, ich habe genug, ich habe genug, die Liebe, Suͤßigkeit und Freude iſt zu groß vor mich, mein Hertzens-Gefaͤß laufft uͤber, ich kan nicht mehr ertragen, gib nun auch anderen, O mein guter GOTT die nichts haben und dich noch nicht kennen: GOTT iſt das Licht ſelbſt, Er iſt die ewige Weißheit, Er iſt die weſentliche Heiligkeit und Reinig- keit, Er iſt die Seeligkeit und das wahre hoͤchſte Gut; Er vermag jeder- a Act. XVII. 28. b Joh. V. 26. c Gen. XVII. 1.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1122
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1026. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1122>, abgerufen am 20.04.2024.