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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Lebens-Mahlzeit.
tiges Gewicht der Glorien und Seeligkeiten vor uns so wohl als vor
sich selbst erworben hat; Derowegen soll ja unsere Begierd nach
Christi Gemeinschafft nicht geringer seyn, als dem Natur-Menschen
ist glückhafftig und hochgeehrt zu seyn, weilen schlechterdings kein an-
derer Eingang zum ewigen Reich und Freuden-Ort ist als durch den
Vorhang, welcher ist Christi und Blut: Aber ach! fliegen wir nach
JEsu eben so begierig, als die Adler nach dem Aas? kan es uns
nimmer wohl seyn ohne Jhn? man entfernet sich vielmehr von der
Freuden-reichen Wonne dieser wahren Lebens-Sonne, von dem lu-
stigen, fruchtbaren, Wasser-reichen, Segens-Berg Gerisim und
kommt alle Stunden nächer dem felsichten, förchterlichen Fluchberg
Ebal, seinen finsteren Angst-Höhlenen und greulichen Klüfften der e-
wigen Schmach.

Das eilffte Capitel.
Vermahnung zu diesem geistlichen Essen auch durch was für Mittel
der Appetit könne vermehret werden.

§. 1. Zur Vermahnung. Esset doch einmahl das süsse undVermah-
nung zum
geistlichen
Essen.

niedliche der Lebens-Speise, so GOtt euch auftischet, kommet zu
JEsu und glaubet an ihne, damit eure Begierden gesättiget werden,
massen ihr ja verlanget Frieden zu machen mit GOtt, damit ihr doch
eures Wunsches gewähret werdet vom Tod und Höll erlöset zu seyn,
Theil zu haben an GOttes Schönheit und Heiligkeit, und endlich
seine herrliche Seeligkeit im Paradieß ewig zu geniessen, nehmet doch
das gute Wort JEsu an, da er den, der an ihn glaubet, ewiges
Leben verheißt.

§. 2. Fraget ihr mich, wie ihrs müsset angreiffen: so antworte ich,Man muß
der Köst-
lichkeit
dieser
Speise
wohl
nachsin-
nen.

ihr müsset die Augen aufthun diese himmlische Seelen-Speise zu be-
schauen und nach Christi Sinnen, wie über alle massen nöthig sie
auch seye; Schauet euch selbst an und erweget euer Elend und trau-
rigen Zustand, wendet euch darauf zu JEsu Christo, o was Gött-
licher Güter werdet ihr in ihm finden alles übel, so euch druckt,
gründlich zu heben und zu heilen, dagegen den Himmel-weiten Be-
gierden zu erfüllen: Ermunteret euch alsdann, so viel ihr durch GOt-

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Lebens-Mahlzeit.
tiges Gewicht der Glorien und Seeligkeiten vor uns ſo wohl als vor
ſich ſelbſt erworben hat; Derowegen ſoll ja unſere Begierd nach
Chriſti Gemeinſchafft nicht geringer ſeyn, als dem Natur-Menſchen
iſt gluͤckhafftig und hochgeehrt zu ſeyn, weilen ſchlechterdings kein an-
derer Eingang zum ewigen Reich und Freuden-Ort iſt als durch den
Vorhang, welcher iſt Chriſti und Blut: Aber ach! fliegen wir nach
JEſu eben ſo begierig, als die Adler nach dem Aas? kan es uns
nimmer wohl ſeyn ohne Jhn? man entfernet ſich vielmehr von der
Freuden-reichen Wonne dieſer wahren Lebens-Sonne, von dem lu-
ſtigen, fruchtbaren, Waſſer-reichen, Segens-Berg Geriſim und
kommt alle Stunden naͤcher dem felſichten, foͤrchterlichen Fluchberg
Ebal, ſeinen finſteren Angſt-Hoͤhlenen und greulichen Kluͤfften der e-
wigen Schmach.

Das eilffte Capitel.
Vermahnung zu dieſem geiſtlichen Eſſen auch durch was fuͤr Mittel
der Appetit koͤnne vermehret werden.

§. 1. Zur Vermahnung. Eſſet doch einmahl das ſuͤſſe undVermah-
nung zum
geiſtlichen
Eſſen.

niedliche der Lebens-Speiſe, ſo GOtt euch auftiſchet, kommet zu
JEſu und glaubet an ihne, damit eure Begierden geſaͤttiget werden,
maſſen ihr ja verlanget Frieden zu machen mit GOtt, damit ihr doch
eures Wunſches gewaͤhret werdet vom Tod und Hoͤll erloͤſet zu ſeyn,
Theil zu haben an GOttes Schoͤnheit und Heiligkeit, und endlich
ſeine herrliche Seeligkeit im Paradieß ewig zu genieſſen, nehmet doch
das gute Wort JEſu an, da er den, der an ihn glaubet, ewiges
Leben verheißt.

§. 2. Fraget ihr mich, wie ihrs muͤſſet angreiffen: ſo antworte ich,Man muß
der Koͤſt-
lichkeit
dieſer
Speiſe
wohl
nachſin-
nen.

ihr muͤſſet die Augen aufthun dieſe himmliſche Seelen-Speiſe zu be-
ſchauen und nach Chriſti Sinnen, wie uͤber alle maſſen noͤthig ſie
auch ſeye; Schauet euch ſelbſt an und erweget euer Elend und trau-
rigen Zuſtand, wendet euch darauf zu JEſu Chriſto, o was Goͤtt-
licher Guͤter werdet ihr in ihm finden alles uͤbel, ſo euch druckt,
gruͤndlich zu heben und zu heilen, dagegen den Himmel-weiten Be-
gierden zu erfuͤllen: Ermunteret euch alsdann, ſo viel ihr durch GOt-

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[1069/1165] Lebens-Mahlzeit. tiges Gewicht der Glorien und Seeligkeiten vor uns ſo wohl als vor ſich ſelbſt erworben hat; Derowegen ſoll ja unſere Begierd nach Chriſti Gemeinſchafft nicht geringer ſeyn, als dem Natur-Menſchen iſt gluͤckhafftig und hochgeehrt zu ſeyn, weilen ſchlechterdings kein an- derer Eingang zum ewigen Reich und Freuden-Ort iſt als durch den Vorhang, welcher iſt Chriſti und Blut: Aber ach! fliegen wir nach JEſu eben ſo begierig, als die Adler nach dem Aas? kan es uns nimmer wohl ſeyn ohne Jhn? man entfernet ſich vielmehr von der Freuden-reichen Wonne dieſer wahren Lebens-Sonne, von dem lu- ſtigen, fruchtbaren, Waſſer-reichen, Segens-Berg Geriſim und kommt alle Stunden naͤcher dem felſichten, foͤrchterlichen Fluchberg Ebal, ſeinen finſteren Angſt-Hoͤhlenen und greulichen Kluͤfften der e- wigen Schmach. Das eilffte Capitel. Vermahnung zu dieſem geiſtlichen Eſſen auch durch was fuͤr Mittel der Appetit koͤnne vermehret werden. §. 1. Zur Vermahnung. Eſſet doch einmahl das ſuͤſſe und niedliche der Lebens-Speiſe, ſo GOtt euch auftiſchet, kommet zu JEſu und glaubet an ihne, damit eure Begierden geſaͤttiget werden, maſſen ihr ja verlanget Frieden zu machen mit GOtt, damit ihr doch eures Wunſches gewaͤhret werdet vom Tod und Hoͤll erloͤſet zu ſeyn, Theil zu haben an GOttes Schoͤnheit und Heiligkeit, und endlich ſeine herrliche Seeligkeit im Paradieß ewig zu genieſſen, nehmet doch das gute Wort JEſu an, da er den, der an ihn glaubet, ewiges Leben verheißt. Vermah- nung zum geiſtlichen Eſſen. §. 2. Fraget ihr mich, wie ihrs muͤſſet angreiffen: ſo antworte ich, ihr muͤſſet die Augen aufthun dieſe himmliſche Seelen-Speiſe zu be- ſchauen und nach Chriſti Sinnen, wie uͤber alle maſſen noͤthig ſie auch ſeye; Schauet euch ſelbſt an und erweget euer Elend und trau- rigen Zuſtand, wendet euch darauf zu JEſu Chriſto, o was Goͤtt- licher Guͤter werdet ihr in ihm finden alles uͤbel, ſo euch druckt, gruͤndlich zu heben und zu heilen, dagegen den Himmel-weiten Be- gierden zu erfuͤllen: Ermunteret euch alsdann, ſo viel ihr durch GOt- tes Man muß der Koͤſt- lichkeit dieſer Speiſe wohl nachſin- nen. T t t t t t 3

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1069. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1165>, abgerufen am 25.04.2024.