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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Labsal in Trübsal.
Das fünffte Capitel.
Zu was End JEsus die Mübseligen und Belästigten zu sich ruffe,
oder wie er denselben Erquickung verheisse.

§. 1. V. Kommt zu mir, was will er ihnen thun? wieJEsus
ruffet die
Belästig-
ten zu sich
um sie zu
erquicken.

wills JEsus mit ihnen vornehmen und unterfangen? Will er sie stür-
misch anfahren und vollends zu Boden stossen, so wären die armen
Leut wohl übel dran und wohl gar geschlagene Leut, Teufel, Zorn,
Welt, Fleisch, Sünd liegt ihnen auf dem Hals, müssen dazu offt
im Karren des leiblichen Elends ziehen, Armuth, Kranckheit, Ver-
folgung, Schaden und alles Unglück auf einem Hauffen haben, wis-
sen nicht wo aus als zu diesem JEsu, wenn er sie denn auch noch
rauch tractierte etc. Aber nein! JEsus sagt selbst, wie er mit der-
gleichen elenden Leuten umgehen wolle.

Jch will sie erquicken: hiemit rufft er niemand darum zu sich, daß
man JEsu etwas geben oder helffen könnte, sondern daß er Güte er-
zeigte.

Einem Menschen, der müd, schwach und matt ist, dem kan man
nicht liebers thun, denn daß man ihm einen Labtrunck gebe, sein
Hertz erfrische, erquicke, nun was mag das wohl seyn, daß Seelen,
die von Sünd und Elend und Verderben recht matt und kranck
sind, von JESU haben zu ihrer Labung und Befriedigung?

Lieber Leser! Welch[e]m es recht angelegen ist das zu wissen und zu
vernehmen, der wird wohl am weißlichsten thun, so er seine kurtze
Lebens-Zeit hindurch unaufhörlich bemühet ist, daß er so viel davon
erfahre, als der gute HErr, so gerne gibt; dennoch will ich mit we-
nig Worten andeuten, was diese Zufriedenstellung und Beruhigung
Christi sey:

§. 2. (1.) Die Offenbahrung des Vatters Vers 27. wornachDiese Zu-
frieden-
stellung
bestehet in
der

Tag und Nacht zu dürsten ist. Joh. 14, 8. 17, 3. 25, 26.
Wodurch die Seel von viel verkehrten Einbildungen und schreck-
hafften Schatten so vieler wunderlicher Einfällen der Gedancken,
in den Dingen die JESU und GOTT angehören geholffen
wird, die ihren Geist vor dieser Erleuchtung zermartert, daß

sie
Labſal in Truͤbſal.
Das fuͤnffte Capitel.
Zu was End JEſus die Muͤbſeligen und Belaͤſtigten zu ſich ruffe,
oder wie er denſelben Erquickung verheiſſe.

§. 1. V. Kommt zu mir, was will er ihnen thun? wieJEſus
ruffet die
Belaͤſtig-
ten zu ſich
um ſie zu
erquicken.

wills JEſus mit ihnen vornehmen und unterfangen? Will er ſie ſtuͤr-
miſch anfahren und vollends zu Boden ſtoſſen, ſo waͤren die armen
Leut wohl uͤbel dran und wohl gar geſchlagene Leut, Teufel, Zorn,
Welt, Fleiſch, Suͤnd liegt ihnen auf dem Hals, muͤſſen dazu offt
im Karren des leiblichen Elends ziehen, Armuth, Kranckheit, Ver-
folgung, Schaden und alles Ungluͤck auf einem Hauffen haben, wiſ-
ſen nicht wo aus als zu dieſem JEſu, wenn er ſie denn auch noch
rauch tractierte ꝛc. Aber nein! JEſus ſagt ſelbſt, wie er mit der-
gleichen elenden Leuten umgehen wolle.

Jch will ſie erquicken: hiemit rufft er niemand darum zu ſich, daß
man JEſu etwas geben oder helffen koͤnnte, ſondern daß er Guͤte er-
zeigte.

Einem Menſchen, der muͤd, ſchwach und matt iſt, dem kan man
nicht liebers thun, denn daß man ihm einen Labtrunck gebe, ſein
Hertz erfriſche, erquicke, nun was mag das wohl ſeyn, daß Seelen,
die von Suͤnd und Elend und Verderben recht matt und kranck
ſind, von JESU haben zu ihrer Labung und Befriedigung?

Lieber Leſer! Welch[e]m es recht angelegen iſt das zu wiſſen und zu
vernehmen, der wird wohl am weißlichſten thun, ſo er ſeine kurtze
Lebens-Zeit hindurch unaufhoͤrlich bemuͤhet iſt, daß er ſo viel davon
erfahre, als der gute HErr, ſo gerne gibt; dennoch will ich mit we-
nig Worten andeuten, was dieſe Zufriedenſtellung und Beruhigung
Chriſti ſey:

§. 2. (1.) Die Offenbahrung des Vatters Vers 27. wornachDieſe Zu-
frieden-
ſtellung
beſtehet in
der

Tag und Nacht zu duͤrſten iſt. Joh. 14, 8. 17, 3. 25, 26.
Wodurch die Seel von viel verkehrten Einbildungen und ſchreck-
hafften Schatten ſo vieler wunderlicher Einfaͤllen der Gedancken,
in den Dingen die JESU und GOTT angehoͤren geholffen
wird, die ihren Geiſt vor dieſer Erleuchtung zermartert, daß

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[1103/1199] Labſal in Truͤbſal. Das fuͤnffte Capitel. Zu was End JEſus die Muͤbſeligen und Belaͤſtigten zu ſich ruffe, oder wie er denſelben Erquickung verheiſſe. §. 1. V. Kommt zu mir, was will er ihnen thun? wie wills JEſus mit ihnen vornehmen und unterfangen? Will er ſie ſtuͤr- miſch anfahren und vollends zu Boden ſtoſſen, ſo waͤren die armen Leut wohl uͤbel dran und wohl gar geſchlagene Leut, Teufel, Zorn, Welt, Fleiſch, Suͤnd liegt ihnen auf dem Hals, muͤſſen dazu offt im Karren des leiblichen Elends ziehen, Armuth, Kranckheit, Ver- folgung, Schaden und alles Ungluͤck auf einem Hauffen haben, wiſ- ſen nicht wo aus als zu dieſem JEſu, wenn er ſie denn auch noch rauch tractierte ꝛc. Aber nein! JEſus ſagt ſelbſt, wie er mit der- gleichen elenden Leuten umgehen wolle. JEſus ruffet die Belaͤſtig- ten zu ſich um ſie zu erquicken. Jch will ſie erquicken: hiemit rufft er niemand darum zu ſich, daß man JEſu etwas geben oder helffen koͤnnte, ſondern daß er Guͤte er- zeigte. Einem Menſchen, der muͤd, ſchwach und matt iſt, dem kan man nicht liebers thun, denn daß man ihm einen Labtrunck gebe, ſein Hertz erfriſche, erquicke, nun was mag das wohl ſeyn, daß Seelen, die von Suͤnd und Elend und Verderben recht matt und kranck ſind, von JESU haben zu ihrer Labung und Befriedigung? Lieber Leſer! Welchem es recht angelegen iſt das zu wiſſen und zu vernehmen, der wird wohl am weißlichſten thun, ſo er ſeine kurtze Lebens-Zeit hindurch unaufhoͤrlich bemuͤhet iſt, daß er ſo viel davon erfahre, als der gute HErr, ſo gerne gibt; dennoch will ich mit we- nig Worten andeuten, was dieſe Zufriedenſtellung und Beruhigung Chriſti ſey: §. 2. (1.) Die Offenbahrung des Vatters Vers 27. wornach Tag und Nacht zu duͤrſten iſt. Joh. 14, 8. 17, 3. 25, 26. Wodurch die Seel von viel verkehrten Einbildungen und ſchreck- hafften Schatten ſo vieler wunderlicher Einfaͤllen der Gedancken, in den Dingen die JESU und GOTT angehoͤren geholffen wird, die ihren Geiſt vor dieſer Erleuchtung zermartert, daß ſie Dieſe Zu- frieden- ſtellung beſtehet in der

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1199>, abgerufen am 29.03.2024.