Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

der Eltern in Ansehung ihrer Kinder.
gen wird, so, daß sie sich darob schrecklich entse-
tzen und ihr eigen Gewissen das traurige Urtheil fal-
len wird: GOtt müßte nicht gerecht und alle seine
Drohungen nichtig seyn, wann er sie nicht mit ewi-
gem Feuer straffen wurde, nachdeme sie die Heyls-
Mittel, JEsum, den Sohn der Liebe, den hold-
seligen Jmmanuel, das höchste Geschenck, die
Wollust der Engeln, die Freude des Himmels,
die schönste Paradis-Blum, die Krafft und Süs-
sigkeit der himmlischen Speis und Trancks so leicht-
sinnig verschmähet, und so gar keinen Geschmack
darinn gefunden, daß es ihnen nur nie in den Sinn
gestiegen wäre, diese Seligkeiten ihren Kindern an-
zupreisen, mithin sie zu einem höhern Freuden-Le-
ben anzulocken.

§. 9.

II. Der Hoffart-Sinn: Wann man
die Kinder unmäßig putzet/ sie in ihrem
Staat lobet/ ihnen Gedancken des Vor-
zugs vor andern in den Kopff setzet/ in
ihrer Gegenwart von andern verächt-
lich redet/ der Kindern Untugenden als
etwas treffliches heraus streichet/ und
sie deswegen nicht scharff bestraffet. Das
ist lauter Zunder der Eigenliebe.

Jnsonderheit wird der Hoffarts-Sinn bey jun-
gen Leuten auch dardurch aufgewärmet, wann
man ihnen Anlaß gibet, auch die heiligsten
Dinge als weltliche Ehren anzusehen.

Wie einbildisch wird z. Ex. ein Knab, wann er

das
K 4

der Eltern in Anſehung ihrer Kinder.
gen wird, ſo, daß ſie ſich darob ſchrecklich entſe-
tzen und ihr eigen Gewiſſen das traurige Urtheil fal-
len wird: GOtt muͤßte nicht gerecht und alle ſeine
Drohungen nichtig ſeyn, wann er ſie nicht mit ewi-
gem Feuer ſtraffen wurde, nachdeme ſie die Heyls-
Mittel, JEſum, den Sohn der Liebe, den hold-
ſeligen Jmmanuel, das hoͤchſte Geſchenck, die
Wolluſt der Engeln, die Freude des Himmels,
die ſchoͤnſte Paradis-Blum, die Krafft und Suͤſ-
ſigkeit der himmliſchen Speis und Trancks ſo leicht-
ſinnig verſchmaͤhet, und ſo gar keinen Geſchmack
darinn gefunden, daß es ihnen nur nie in den Sinn
geſtiegen waͤre, dieſe Seligkeiten ihren Kindern an-
zupreiſen, mithin ſie zu einem hoͤhern Freuden-Le-
ben anzulocken.

§. 9.

II. Der Hoffart-Sinn: Wann man
die Kinder unmaͤßig putzet/ ſie in ihrem
Staat lobet/ ihnen Gedancken des Vor-
zugs vor andern in den Kopff ſetzet/ in
ihrer Gegenwart von andern veraͤcht-
lich redet/ der Kindern Untugenden als
etwas treffliches heraus ſtreichet/ und
ſie deswegen nicht ſcharff beſtraffet. Das
iſt lauter Zunder der Eigenliebe.

Jnſonderheit wird der Hoffarts-Sinn bey jun-
gen Leuten auch dardurch aufgewaͤrmet, wann
man ihnen Anlaß gibet, auch die heiligſten
Dinge als weltliche Ehren anzuſehen.

Wie einbildiſch wird z. Ex. ein Knab, wann er

das
K 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0169" n="151"/><fw place="top" type="header">der Eltern in An&#x017F;ehung ihrer Kinder.</fw><lb/>
gen wird, &#x017F;o, daß &#x017F;ie &#x017F;ich darob &#x017F;chrecklich ent&#x017F;e-<lb/>
tzen und ihr eigen Gewi&#x017F;&#x017F;en das traurige Urtheil fal-<lb/>
len wird: GOtt mu&#x0364;ßte nicht gerecht und alle &#x017F;eine<lb/>
Drohungen nichtig &#x017F;eyn, wann er &#x017F;ie nicht mit ewi-<lb/>
gem Feuer &#x017F;traffen wurde, nachdeme &#x017F;ie die Heyls-<lb/>
Mittel, JE&#x017F;um, den Sohn der Liebe, den hold-<lb/>
&#x017F;eligen Jmmanuel, das ho&#x0364;ch&#x017F;te Ge&#x017F;chenck, die<lb/>
Wollu&#x017F;t der Engeln, die Freude des Himmels,<lb/>
die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Paradis-Blum, die Krafft und Su&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;igkeit der himmli&#x017F;chen Speis und Trancks &#x017F;o leicht-<lb/>
&#x017F;innig ver&#x017F;chma&#x0364;het, und &#x017F;o gar keinen Ge&#x017F;chmack<lb/>
darinn gefunden, daß es ihnen nur nie in den Sinn<lb/>
ge&#x017F;tiegen wa&#x0364;re, die&#x017F;e Seligkeiten ihren Kindern an-<lb/>
zuprei&#x017F;en, mithin &#x017F;ie zu einem ho&#x0364;hern Freuden-Le-<lb/>
ben anzulocken.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 9.</head><lb/>
            <p> <hi rendition="#aq">II.</hi> <hi rendition="#fr">Der Hoffart-Sinn: Wann man<lb/>
die Kinder unma&#x0364;ßig putzet/ &#x017F;ie in ihrem<lb/>
Staat lobet/ ihnen Gedancken des Vor-<lb/>
zugs vor andern in den Kopff &#x017F;etzet/ in<lb/>
ihrer Gegenwart von andern vera&#x0364;cht-<lb/>
lich redet/ der Kindern Untugenden als<lb/>
etwas treffliches heraus &#x017F;treichet/ und<lb/>
&#x017F;ie deswegen nicht &#x017F;charff be&#x017F;traffet. Das<lb/>
i&#x017F;t lauter Zunder der Eigenliebe.</hi> </p><lb/>
            <p>Jn&#x017F;onderheit wird der Hoffarts-Sinn bey jun-<lb/>
gen Leuten auch dardurch aufgewa&#x0364;rmet, wann<lb/>
man ihnen Anlaß gibet, auch <hi rendition="#fr">die heilig&#x017F;ten<lb/>
Dinge als weltliche Ehren anzu&#x017F;ehen.</hi><lb/>
Wie einbildi&#x017F;ch wird z. Ex. ein Knab, wann er<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 4</fw><fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0169] der Eltern in Anſehung ihrer Kinder. gen wird, ſo, daß ſie ſich darob ſchrecklich entſe- tzen und ihr eigen Gewiſſen das traurige Urtheil fal- len wird: GOtt muͤßte nicht gerecht und alle ſeine Drohungen nichtig ſeyn, wann er ſie nicht mit ewi- gem Feuer ſtraffen wurde, nachdeme ſie die Heyls- Mittel, JEſum, den Sohn der Liebe, den hold- ſeligen Jmmanuel, das hoͤchſte Geſchenck, die Wolluſt der Engeln, die Freude des Himmels, die ſchoͤnſte Paradis-Blum, die Krafft und Suͤſ- ſigkeit der himmliſchen Speis und Trancks ſo leicht- ſinnig verſchmaͤhet, und ſo gar keinen Geſchmack darinn gefunden, daß es ihnen nur nie in den Sinn geſtiegen waͤre, dieſe Seligkeiten ihren Kindern an- zupreiſen, mithin ſie zu einem hoͤhern Freuden-Le- ben anzulocken. §. 9. II. Der Hoffart-Sinn: Wann man die Kinder unmaͤßig putzet/ ſie in ihrem Staat lobet/ ihnen Gedancken des Vor- zugs vor andern in den Kopff ſetzet/ in ihrer Gegenwart von andern veraͤcht- lich redet/ der Kindern Untugenden als etwas treffliches heraus ſtreichet/ und ſie deswegen nicht ſcharff beſtraffet. Das iſt lauter Zunder der Eigenliebe. Jnſonderheit wird der Hoffarts-Sinn bey jun- gen Leuten auch dardurch aufgewaͤrmet, wann man ihnen Anlaß gibet, auch die heiligſten Dinge als weltliche Ehren anzuſehen. Wie einbildiſch wird z. Ex. ein Knab, wann er das K 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/169
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/169>, abgerufen am 24.04.2024.