Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
der Verführung der Jugend.
§. 10.

Es ist mein liebes junges Hertz, kein Wunder,
daß eine Menge der Kindern stirbet; das aber ist ein
Wunder der Liebe unsers Heylandes, daß so viele
Kinder bey Leben bleiben; dann kein Mensch wäre so
gedultig, daß er einem jungen Wolff das Leben schen-
cken wurde, wann er vorher wuste, daß er ihn und
seine Kinder nur beissen, auch keine andere als Wolf-
fes Art und Sitten sich wurde wollen angewehnen
lassen. Doch ist dis noch ein weit grösseres Wunder
des lieb-vollesten Hertzens JEsu, daß er nicht nur
dich, in deinen so verächtlichen Betragen gegen ihne,
gnädig getragen, und ohngeachtet du demselben sein
köstliches Abendmahl und theure Heyls-Schätze
8. bis zehen und mehr Jahre lang hast stehen, und vom
Geschmeiß des Fleisches-Sinnes die zärteste Blü-
the deines Lebens, deine holde Kindheit wegfressen
lassen, dannoch sein angedrohetes wohl-verdientes
Gericht an dir nicht ausgeführet hat; da er ja dein
Hertz hätte können ins Ankleben der sichtbaren Ver-
gänglichkeiten gantz versincken und in des Teuffels
Stricken so tief verwickelt werden lassen, daß du we-
der Lust noch Kust mehr in denen Unterweisungen von
Christo, den Weg der Seligkeit, gefunden, hättest;
zumalen da der grosse reiche HErr Himmels und der
Erden gedonnert und gesprochen hat: Sie sollen
von meinem Abendmal nichts schmecken/

Luc. 14, 25. Sondern daß er auch über das dein
verführtes und verstricktes Hertz noch in so weit aus-
wickelt, daß dir deine Seelen-Gefahr aufreucht, und
das Zeugniß seiner Liebe dir noch so zu Hertzen gehet,
daß auch noch etwas von dem Häng-Thau seiner

himm-
B 4
der Verfuͤhrung der Jugend.
§. 10.

Es iſt mein liebes junges Hertz, kein Wunder,
daß eine Menge der Kindern ſtirbet; das aber iſt ein
Wunder der Liebe unſers Heylandes, daß ſo viele
Kinder bey Leben bleiben; dann kein Menſch waͤre ſo
gedultig, daß er einem jungen Wolff das Leben ſchen-
cken wurde, wann er vorher wuſte, daß er ihn und
ſeine Kinder nur beiſſen, auch keine andere als Wolf-
fes Art und Sitten ſich wurde wollen angewehnen
laſſen. Doch iſt dis noch ein weit groͤſſeres Wunder
des lieb-volleſten Hertzens JEſu, daß er nicht nur
dich, in deinen ſo veraͤchtlichen Betragen gegen ihne,
gnaͤdig getragen, und ohngeachtet du demſelben ſein
koͤſtliches Abendmahl und theure Heyls-Schaͤtze
8. bis zehen und mehr Jahre lang haſt ſtehen, und vom
Geſchmeiß des Fleiſches-Sinnes die zaͤrteſte Bluͤ-
the deines Lebens, deine holde Kindheit wegfreſſen
laſſen, dannoch ſein angedrohetes wohl-verdientes
Gericht an dir nicht ausgefuͤhret hat; da er ja dein
Hertz haͤtte koͤnnen ins Ankleben der ſichtbaren Ver-
gaͤnglichkeiten gantz verſincken und in des Teuffels
Stricken ſo tief verwickelt werden laſſen, daß du we-
der Luſt noch Kuſt mehr in denen Unterweiſungen von
Chriſto, den Weg der Seligkeit, gefunden, haͤtteſt;
zumalen da der groſſe reiche HErr Himmels und der
Erden gedonnert und geſprochen hat: Sie ſollen
von meinem Abendmal nichts ſchmecken/

Luc. 14, 25. Sondern daß er auch uͤber das dein
verfuͤhrtes und verſtricktes Hertz noch in ſo weit aus-
wickelt, daß dir deine Seelen-Gefahr aufreucht, und
das Zeugniß ſeiner Liebe dir noch ſo zu Hertzen gehet,
daß auch noch etwas von dem Haͤng-Thau ſeiner

himm-
B 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0041" n="23"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">der Verfu&#x0364;hrung der Jugend.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 10.</head><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t mein liebes junges Hertz, kein Wunder,<lb/>
daß eine Menge der Kindern &#x017F;tirbet; das aber i&#x017F;t ein<lb/>
Wunder der Liebe un&#x017F;ers Heylandes, daß &#x017F;o viele<lb/>
Kinder bey Leben bleiben; dann kein Men&#x017F;ch wa&#x0364;re &#x017F;o<lb/>
gedultig, daß er einem jungen Wolff das Leben &#x017F;chen-<lb/>
cken wurde, wann er vorher wu&#x017F;te, daß er ihn und<lb/>
&#x017F;eine Kinder nur bei&#x017F;&#x017F;en, auch keine andere als Wolf-<lb/>
fes Art und Sitten &#x017F;ich wurde wollen angewehnen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Doch i&#x017F;t dis noch ein weit gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;eres Wunder<lb/>
des lieb-volle&#x017F;ten Hertzens JE&#x017F;u, daß er nicht nur<lb/>
dich, in deinen &#x017F;o vera&#x0364;chtlichen Betragen gegen ihne,<lb/>
gna&#x0364;dig getragen, und ohngeachtet du dem&#x017F;elben &#x017F;ein<lb/>
ko&#x0364;&#x017F;tliches Abendmahl und theure Heyls-Scha&#x0364;tze<lb/>
8. bis zehen und mehr Jahre lang ha&#x017F;t &#x017F;tehen, und vom<lb/>
Ge&#x017F;chmeiß des Flei&#x017F;ches-Sinnes die za&#x0364;rte&#x017F;te Blu&#x0364;-<lb/>
the deines Lebens, deine holde Kindheit wegfre&#x017F;&#x017F;en<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, dannoch &#x017F;ein angedrohetes wohl-verdientes<lb/>
Gericht an dir nicht ausgefu&#x0364;hret hat; da er ja dein<lb/>
Hertz ha&#x0364;tte ko&#x0364;nnen ins Ankleben der &#x017F;ichtbaren Ver-<lb/>
ga&#x0364;nglichkeiten gantz ver&#x017F;incken und in des Teuffels<lb/>
Stricken &#x017F;o tief verwickelt werden la&#x017F;&#x017F;en, daß du we-<lb/>
der Lu&#x017F;t noch Ku&#x017F;t mehr in denen Unterwei&#x017F;ungen von<lb/>
Chri&#x017F;to, den Weg der Seligkeit, gefunden, ha&#x0364;tte&#x017F;t;<lb/>
zumalen da der gro&#x017F;&#x017F;e reiche HErr Himmels und der<lb/>
Erden gedonnert und ge&#x017F;prochen hat: <hi rendition="#fr">Sie &#x017F;ollen<lb/>
von meinem Abendmal nichts &#x017F;chmecken/</hi><lb/>
Luc. 14, 25. Sondern daß er auch u&#x0364;ber das dein<lb/>
verfu&#x0364;hrtes und ver&#x017F;tricktes Hertz noch in &#x017F;o weit aus-<lb/>
wickelt, daß dir deine Seelen-Gefahr aufreucht, und<lb/>
das Zeugniß &#x017F;einer Liebe dir noch &#x017F;o zu Hertzen gehet,<lb/>
daß auch noch etwas von dem Ha&#x0364;ng-Thau &#x017F;einer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 4</fw><fw place="bottom" type="catch">himm-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0041] der Verfuͤhrung der Jugend. §. 10. Es iſt mein liebes junges Hertz, kein Wunder, daß eine Menge der Kindern ſtirbet; das aber iſt ein Wunder der Liebe unſers Heylandes, daß ſo viele Kinder bey Leben bleiben; dann kein Menſch waͤre ſo gedultig, daß er einem jungen Wolff das Leben ſchen- cken wurde, wann er vorher wuſte, daß er ihn und ſeine Kinder nur beiſſen, auch keine andere als Wolf- fes Art und Sitten ſich wurde wollen angewehnen laſſen. Doch iſt dis noch ein weit groͤſſeres Wunder des lieb-volleſten Hertzens JEſu, daß er nicht nur dich, in deinen ſo veraͤchtlichen Betragen gegen ihne, gnaͤdig getragen, und ohngeachtet du demſelben ſein koͤſtliches Abendmahl und theure Heyls-Schaͤtze 8. bis zehen und mehr Jahre lang haſt ſtehen, und vom Geſchmeiß des Fleiſches-Sinnes die zaͤrteſte Bluͤ- the deines Lebens, deine holde Kindheit wegfreſſen laſſen, dannoch ſein angedrohetes wohl-verdientes Gericht an dir nicht ausgefuͤhret hat; da er ja dein Hertz haͤtte koͤnnen ins Ankleben der ſichtbaren Ver- gaͤnglichkeiten gantz verſincken und in des Teuffels Stricken ſo tief verwickelt werden laſſen, daß du we- der Luſt noch Kuſt mehr in denen Unterweiſungen von Chriſto, den Weg der Seligkeit, gefunden, haͤtteſt; zumalen da der groſſe reiche HErr Himmels und der Erden gedonnert und geſprochen hat: Sie ſollen von meinem Abendmal nichts ſchmecken/ Luc. 14, 25. Sondern daß er auch uͤber das dein verfuͤhrtes und verſtricktes Hertz noch in ſo weit aus- wickelt, daß dir deine Seelen-Gefahr aufreucht, und das Zeugniß ſeiner Liebe dir noch ſo zu Hertzen gehet, daß auch noch etwas von dem Haͤng-Thau ſeiner himm- B 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/41
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/41>, abgerufen am 18.04.2024.